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Die NZZ knabbert an den Fingernägeln

Denn die Lage ist ernst. Wirklich wahr.

Gleich zwei grosse Köpfe machen sich tiefschürfende Gedanken, und das an einem harmlosen Montag und noch bevor sich der Heilige Geist ergiesst.

Da hätten wir Joseph de Weck. Der Sohn von Roger de Weck arbeitet bei einem Beratungsunternehmen, daher fühlt er sich bemüssigt, auch die NZZ-Leser zu beraten. Eigentlich ist der (dünne) Inhalt seiner Beratung schon in Titel und Lead vollständig wiedergegeben:

Es gäbe da zwei «eherne Regeln der Geschichte», behauptet de Weck: «Kein grosser Krieg ohne grosse Schulden und ohne Schulden keine Freiheit». Das habe schon Cicero gewusst, und dann muss es ja wohl stimmen.

Nach etwas einleitendem Geplänkel kommt de Weck zur Sache: «Europa muss noch mehr Verantwortung für die Ukraine übernehmen und in die eigene Rüstungsindustrie investieren.» Das untermauert er mit ein paar Taschenspielertricks: «Die Europäer können sich das leisten. Für die EU insgesamt lag das Staatsdefizit 2023 bei 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 7 Prozent in den USA. Auch der Schuldenstand der EU-Europäer (81,7 Prozent) liegt merklich tiefer als derjenige der Amerikaner (99 Prozent).»

Was er nicht schreibt: damit reisst Europa die selbstgesetzten Grenzen von maximal 60 Prozent Verschuldung und 3 Prozent Budgetdefizit. Ausserdem nimmt er die (niedrigere) Zahl der EU-27, der Schuldenstand der «EU-Europäer» in der Eurozone liegt in Wirklichkeit bei 88,6 Prozent, das Schwergewicht Frankreich stemmt 111 Prozent, Italien 137, Griechenland gar 162 Prozent. Desaströse Zahlen.

Aber das ist Pipifax im Vergleich zum fundamentalen Denkfehler de Wecks. Zum einen führen Kriege tatsächlich zu Schulden. Aber genauso führen Schulden auch zu Kriegen, wie nicht zuletzt der Zweite Weltkrieg beweist. Absurd ist auch die Behauptung, ohne Schulden gebe es keine Freiheit. Das würde ja bedeuten, dass je schuldenfreier ein Land sei, desto unfreier. Auch hier muss man sich wieder fragen, wo die Qualitätskontrolle der NZZ bleibt. Oder ist blühenden Unsinn publizieren inzwischen Bestandteil des Geschäftsmodells?

Dann gibt es noch einen zweiten tiefen Flachdenker:

ZACKBUM hat Georg Häsler schon mehrfach als Sandkastenschreibtischgeneral verspottet, als einfältigsten und kältesten aller kalten Krieger. Aber leider hört auch hier die NZZ zu wenig hin. Auch in seinem neusten Werk läuft er zu Tiefstformen auf: «Die Ächtung des Krieges als Fortsetzung der Politik ist spätestens seit der Annexion der Krim und den Kämpfen in der Ostukraine infrage gestellt.» Offenbar ist es Häslers Aufmerksamkeit entgangen, dass seit 1945 alleine die USA ein rundes Dutzend Kriege vom Zaun brachen (die unzähligen Einmischungen in innere Angelegenheiten anderer Länder gar nicht mitgezählt), so weit ist es mit der angeblichen «Ächtung» her.

Dann fantasiert Häsler haltlos weiter: «Der Westen kämpft im Jahr drei der russischen Invasion mit einer fatigue de guerre – ganz besonders in den USA. Die Ukraine-Lageberichte sind praktisch aus den News verschwunden.» Stattdessen dominierten zum Beispiel die «verbalen Exzesse der Studierenden an der Columbia University». Faktenfreier BlödsinnIm vergangenen Monat ergibt die Suche nach dem Stichwort Ukraine rund 12’000 Treffer in Medienarchiv SMD. Beim Stichwort «Columbia University» sind es – schlappe 555.

Genauso faktenfrei ist die nächste Behauptung von Kriegsgurgel Häsler: «Gleichzeitig hat der Kreml im vergangenen Jahr auf Kriegswirtschaft umgestellt. Allerdings nicht, um die Truppen in der Ukraine zu versorgen, sondern um eine zweite Offensive vorzubereiten, womöglich gegen ein osteuropäisches Nato-Land.»

Entweder hat der kalte Krieger ein Hörrohr in die innersten Entscheidungszirkel des Kreml – oder er fantasiert haltlos.

Zum Schluss seines famosen Streifzugs durch die Weiten des wilden Geschwafels kommt Häsler dann noch zu einer überraschenden Schlusspointe: «An der amerikanischen Bereitschaft, auch weiter für die Freiheit einzustehen, besteht kein Grund zu zweifeln. Vielleicht zeigte eine Regierung unter Trump sogar noch mehr Zähne als das Biden-Team

Wo sind denn die USA genau seit dem Zweiten Weltkrieg für die Freiheit eingestanden? In Vietnam? In Nicaragua? In Panama? Im Irak? In Libyen? Und Amok Trump, der schon mehrfach klargestellt hat, dass er am liebsten aus der NATO austreten möchte und europäische Länder ihrem Schicksal überlassen (was er dann jeweils ohne Rücksicht auf Widersprüche teilweise wieder eingefangen hat), ausgerechnet ein möglicher Präsident, der sich mehr um seine Prozesse als um den Ukrainekrieg kümmern würde, ausgerechnet der zeige «vielleicht mehr Zähne»? Oder meint Häsler damit einfach das tadellos-weisse Gebiss, das aus dem gelblich geschminkten Gesicht hervorblitzt?

Die NZZ leistet sich hier einen Doppelschlag der wirklichkeitsfremden Wunschdenke, eines faktenfreien Thesenjournalismus, schlimmer als in der «Republik». Ist Eric Gujer in den Ferien, oder ist das einfach ein Schwächeanfall? Der Leser ist besorgt bis beunruhigt.

Zu transparent?

Die «Republik» legt ihre Zahlen offen. Vielleicht ein Fehler.

Vielleicht ist der Titel des Beitrags absichtlich abschreckend: «Der Fokus liegt auf Stabilität». Denn was soll bei der «Republik» stabil sein? Desaströser Zustand der Finanzen, nach der Offensive die Defensive, Steuerschummelei, Sexismus-Affäre, knapp an der Pleite entlang, ein Irrwisch als VR-Präsident, zwei unerfahrene Chefredaktoren, reihenweise Abgänge in der Teppichetage, eine demotivierte Crew, die am liebsten mit Arschtreten beschäftigt ist und kaum noch Output hat – stabil im Desaster?

Aber greifen wir doch ein paar transparente Zahlen heraus. 3,9 Millionen Franken werden zwischen Juli 2023 bis Juni 2024 für die «Redaktion» ausgegeben. Von insgesamt 6,58 Millionen. Wenn’s die «Republik» noch solange macht.

2,1 Millionen kassieren die Festangestellten, 312’000 werden für Freie ausgegeben. Der Ausbildungsetat beträgt 0. Produktion und  Korrektorat verschlingen eine halbe Million, mit Dienstleistungen von aussen sogar 585’000. Der Flop «Republik zum Hören» wird weiterhin mit 200’000 Franken honoriert.

Tech und Design, Community, Departement des Inneren: satte 2,17 Millionen, plus «Unternehmensführung» eine halbe Kiste. Macht 2,67 für Overhead, Technik und redaktionsfremde Dienstleistungen.

Die Geschäftsleitung besteht aus zwei Personen, die 256’000 Franken verdienen; 128’000 pro Nase. So viel zum Einheitslohn. Dazu kommen noch 33’000 Franken «Sachkosten»; der VR und der Vorstand und der Genossenschaftsrat kassieren weitere 224’000 Franken. Von ehrenamtlicher Tätigkeit hat hier noch niemand etwas gehört.

Besonders stossend sind die schön versteckte Posten Rechtsberatungen (83’500 Franken) und «Übrige Beratungsdienstleistungen» in der Höhe von satten 286’300 Franken. Darin enthalten sind «Aufwendungen für die Revision in der Höhe von CHF 48’343 (Vorjahr CHF 46’207) sowie Kosten für die Findungskommission (FIKO) von CHF 26’110 (Vorjahr CHF 0) und Kosten für die Organisationsentwicklung von CHF 106’380 (Vorjahr CHF 0)». Organisationsentwicklung? Womit immer noch über 100’000 Franken für «Beratung» allgemeiner Art übrig blieben. Wie die «Republik» dermassen überberaten nicht mal den VR richtig besetzen konnte und in ein Fettnäpfchen nach dem anderen trat – unglaublich.

Das sind die Ausgaben, wie sieht es bei den Einnahmen aus? Die bestehen nur aus Abos; zurzeit zählt die «Republik» 28’450 «Mitgliedschaften und Abos». Das Magazin rechnet mit einer durchschnittlichen Erneuerungsrate von 75 Prozent. Das bedeutet, dass haargenau 7112 Abonnenten neu dazukommen müssen, wenn dieser Stand  gehalten werden soll.

Hier kommt das nun wirklich übliche Gejammer: «Die schlechte Nachricht zuerst: Über die Sommer­monate haben mehr Verlegerinnen die Republik verlassen, als neue dazu- (oder alte zurück-)gekommen sind. Das erhöht den Druck auf die verbleibenden Monate.»

Ergänzt mit dem üblichen haltlosen Optimismus: «Nun die gute Nachricht: Das ist kein Ding der Unmöglichkeit. Im Oktober stiegen die Verkaufs­zahlen sichtbar, zum ersten Mal seit einiger Zeit, was uns sehr freut und vorsichtig optimistisch stimmt. »

Hä? Laut der Abbildung im Cockpit sieht diese «sichtbare Steigerung» im Oktober so aus:

Grün sind die neuen Abos; der Balken im Oktober liegt über 250. Im September lag er darunter. Aber im September lagen die Abgänge bei über 500, im Oktober kratzten sie an dieser Zahl. Seit Beginn des Geschäftsjahrs im Juli 2023 gab es immer mehr Abgänge als Zuwachs. Woher soll da Optimismus kommen, selbst vorsichtiger?

Das ist so gaga, wie wenn man im Regen steht und sagen würde: okay, ein paar Tropfen haben mich erwischt, aber mich stimmt optimistisch, dass die meisten mich nicht getroffen haben.

Fokus auf Stabilität? Wie stabil kann der Aufenthalt in einer Gesinnungsblase sein, die immer höher über der Realität schwebt?

Das einzig Stabile ist: die nächste Bettelaktion kommt bestimmt.

Lotterladen Kosmos

Unglaublich, was im Konkurs des «Kosmos» in Zürich zum Vorschein kommt.

Ein «Kosmos-Kino-Kartenhaus» nennt Lukas Hässig auf «Inside Paradeplatz» den gescheiterten Kultur-Tempel der Zürcher Kunst-Schickeria. Die federführenden Erblinken haben sich aus dem Staub gemacht, SBB, Steuerzahler und andere bleiben auf ihren Forderungen sitzen. Mit freundlicher Genehmigung übernehmen wir die Recherche.

Von Lukas Hässig*

Die Schweizerische Bundesbahnen SBB, wie der Staatskoloss ausgeschrieben heisst, meldet im Konkurs der Kosmos-Kultur AG Forderungen über 26,7 Millionen Franken an.

Das zeigt der Kollokationsplan von Anfang Oktober. Der listet total fast 32 Millionen Gläubiger-Forderungen gegenüber der Eventstätte der „Linken“ an Zürichs Europaallee auf.

Die ging vor 11 Monaten mit Karacho Pleite. Noch vorhandene Aktiven: 150’000 Franken.

House of Cards, Ausgabe Little Big City.

Gescheitert sind die Macher hauptsächlich am SBB-Mietvertrag, der dem Bahn-Unternehmen jährlich rund 1,5 Millionen einbringen sollte – je zur Hälfte für das Gastro- und das Kino-Angebot.

Die fast 27 Millionen offenen Guthaben geteilt durch die Jahresmiete von 1,5 Millionen ergeben 18 Jahre.

So viele Jahres-Entschädigungen sind die Kosmos-Kultur-Betreiber aus dem Lager der „Erb-Linken“, die ihren Reichtum nicht selbst erarbeitet, sondern geerbt haben, den SBB schuldig.

Sprich: dem Steuerzahler.

Der betriebswirtschaftliche Schlendrian bei den Kosmos-Linken wird damit durch jenen der Staatsbahnen noch übertroffen.

Und wie.

Es kommt noch besser – oder schlechter, für den Bürger.

Der Kanton Zürich war sich auch nicht zu schade, dem Kosmos bis zum bitteren Ende die Stange zu halten.

452’000 Franken hat die „Finanzverwaltung des Kantons Zürich“ unter Säckelmeister Ernst Stocker von der SVP jetzt als Forderung gegenüber den Traumtänzern der alten Kosmos AG angemeldet.

Verbrieft ist das Guthaben im „Darlehensvertrag vom 19.05.2021 samt Zinsen“, wie auf Seite 47 des Kollokationsplans steht.

Weiter im Takt aus der Kantons-Administration, wo die Beamten jedem säumigen Normalo sofort die Daumenschrauben anziehen, bei den Kultur-Phantasten aber jahrelang wegschauten.

Die „Direktion der Justiz und des Innern“ des Kantons Zürich unter der Leitung von SP-Regierungsfrau Jacqueline Fehr meldete 79’887.30 Franken als offenes Guthaben an.

Grund: „Forderung aus Unterstützung des Transformationsprojektes“.

Was immer das ist.

Weiter im Takt mit verschleudertem Steuergeld:

EWZ, das städtische Stromwerk, hat fast 30’000 Franken offen, die Stadt Zürich rennt gut 12’000 Franken geschuldeten Quellensteuern hinterher.

Dann gibt es noch eine „Bürgschaftsgenossenschaft für KMU“, die sitzt in St.Gallen und hatte den Kosmos-Betreibern in der Pandemie ruckzuck eine halbe Million „Covid-19-Kredit“ überwiesen.

Den grössten Ausfall im Lager der Zürcher Gläubiger hat die Kantonalbank. Sie gab den Kosmos-Leuten einen Kreditrahmen von 2 Millionen.

Davon kann sich die ZKB 1,4 Millionen Franken ans Bein streichen. So viel haben die Kredit-Recovery-Leute der Bank als offene Forderung beim Konkursamt Aussersihl-Zürich angemeldet.

Dies unter „Forderung aus Kreditvertrag vom 04.10.2022“, heisst es dazu auf Seite 49.

Neben diesen staatlichen Grossgläubigern, bei denen man sich fragt, wieso die nicht früher eingeschritten sind, haben unzählige Privatpersonen sowie kleine und grosse Privatfirmen Geld mit dem Kosmos verloren.

Von einer Adria Film mit 7’000 Franken über die Brauerei Falken in Schaffhausen mit 13’000 zu Warner Bros. Entertainment mit 6’000 und Terlinden Textilpflege mit 3’000.

Ein Scherbenhaufen der Extraklasse.

Im Konkursverfahren hat die SBB selbstverständlich ihre finanziellen Interessen bestmöglich wahrgenommen“, sagt ein Sprecher auf die Frage, ob gegen die Kosmos-Verantwortlichen geklagt würde.

Die Sinnhaftigkeit einer Geltendmachung von weitergehenden Ansprüchen prüft die SBB mit den spezialisierten Juristen.“

Laut einer ZKB-Sprecherin kommentiere die Bank “mögliche ehemalige oder existierende Kundenbeziehungen nicht”.

Grosse Profiteurin des Debakels der “Salon-Linken” ist die rechte NZZ-Gruppe. Die erhielt von den SBB den Zuschlag für den Kosmos, den sie neu unter „Frame“ betreibt.

Übergangen wurden Mitbewerber wie die Neugass Kino AG. Die wurde ausgetrickst mit der Auflage der SBB, dass nur einen Vertragspartner wolle – für Gastro und Filmsäle zusammen.

Die NZZ erhielt dann doch den Zuschlag, obwohl ihr Zürcher Film-Festival ZFF sich lediglich um die Kinos kümmert, während das Restaurant und die Bar übergangsmässig bei einem jungen, innovativen Unternehmer landeten.

Im Frame herrscht derweil gähnende Leere. Michael Steiners hochgelobter „Early Birds“-Streifen fällt beim Publikum durch.

Netflix-Filme kommen im Kino selten auf Touren“, meint Steiner, der mit „Grounding“ durchgestartet war, als Grund. „Siehe Box Office von Roma & The Irishman.“

*Mit freundlicher Erlaubnis des Autors.