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Blödelmann Böhmermann

«Hiermit beenden wir die Berichterstattung». Schreibt der «Spiegel» zu einer unsäglichen Dummsatire.

Während Charlie Hebdo auf seine Weise die Grenzen der Satire auslotet, bemüht sich der deutsche TV-Krawallant Jan Böhmermann darum, Satire ständig tieferzulegen.

So fand er (und einige wenige mehr) es furchtbar lustig, aus der FDP eine «Lindner/Lehfeldt-Bande» zu machen und ihre Exponenten, angereichert mit ihm unliebsamen Journalisten, im Stil eines RAF-Fahndungsplakats darzustellen.

Die Rote Armee Fraktion – für die Nachgeborenen – war eine linksradikale Terrortruppe, die in den 70er-Jahren mit der Ermordung von angeblichen Charaktermasken des Kapitals und vor allem der Entführung und späteren Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer für Schlagzeilen sorgte.

Nach ihren Mitgliedern wurde mit einer der grössten Fahndungsaktionen der neueren deutschen Polizeigeschichte gesucht. Das entsprechende Plakat nahm Böhmermann zum Anlass für eine seiner missglückten Satiren:

Zwecks Analogie figurieren zuoberst Franca Lehfeldt, eine Journalistin und Ehefrau des deutschen Ministers Christian Lindner. Unter anderen sind auch Stefan Aust, ehemaliger «Spiegel»-Chefredaktor, Mathias Döpfner, Chef des Springer-Verlags, die FDP-Spitzenpolitiker Wolfgang Kubicki und Alexander Graf Lambsdorf sowie ein Pferd «Tosca» aufgeführt.

Weiter in Analogie zum damaligen Fahndungsplakat sollen sie wegen «Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten gesucht» werden. Wie damals wird eine Belohnung von 100’000 DM ausgelobt; der Fahndungsaufruf endet mit dem Hinweis: «Vorsicht! Diese Gewalttäter machen u.U. von ihrem Jagdschein rücksichtslos Gebrauch

Soweit, so unkomisch. Allerdings fand es Stefan Aust, Autor mehrerer Bücher über die RAF, inzwischen Herausgeber der «Welt», auch nicht lustig und erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen Böhmermann.

Der reagierte wieder mit seinem Brachialhumor und ersetzte in neuen Versionen den Namen Aust durch denjenigen des Schauspielers Volker Bruch, der Aust in der Verfilmung seines RAF-Buchs gespielt hatte. Oder mit einem Foto von Evan Peters, der den Serienmörder Jeffrey Dahmer in einer Netflix-Serie spielte.

Anlass für Böhmermanns Blödelei war die etwas ungeschickte Verwendung von Worten wie Öko-Terroristen oder Klima-RAF durch die FDP.

Böhmermann war schon mit einem Spottgedicht über den türkischen Machthaber Erdogan verhaltensauffällig geworden. «Ziegenficker, Fellatio mit 100 Schafen, Präsident mit kleinem Schwanz», wer sich diese Sudelei nochmals vollständig reinziehen will, bitte sehr.

Gibt es nun Unterschiede zu Charlie Hebdo oder ist Böhmermann einfach die deutsche TV-Ausgabe davon? Es gibt gewaltige Unterschiede. Welche? Man ist zunächst versucht, Goethe zu zitieren: «Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen.»

Konkreter: Zunächst sind fundamentalistische Wahnsinnige andere Zielscheiben als deutsche FDP-Politiker. Dann würde sich Böhmermann nie trauen, die Mohamed-Karikaturen, für die die Redaktion von Charlie Hebdo einen blutigen Preis bezahlen musste, im TV zu zeigen. Beschützt durch die juristische Hilfstruppen eines deutschen Staats-TV ist es wohlfeil, ein angebliches «Schmähgedicht» über Erdogan vorzulesen, das kaum politische Kritik, dafür sehr viel reine Geschmacklosigkeit enthält.

Bedauerlich ist nur, dass sowohl Erdogan wie Aust dem Blödelmann den Gefallen tun, ihn ernst zu nehmen.