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Schleier oder Brett vor dem Kopf

Der Iran und das Burka-Verbot in der Schweiz.

Wir erinnern uns. Im Zusammenhang mit der gewonnenen Abstimmung über die sogenannte Burka-Initiative gab es von kampffeministischer Seite ein Sammelsurium von absurden Argumenten, wieso das Tragen eines Schleiers, eines Kopftuchs oder sogar eines Ganzkörperpräservativs keinesfalls Ausdruck von Unterdrückung und Mittelalter sei. Sondern im Gegenteil Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts von Frauen, die sich damit den lüsternen männlichen Blicken verweigern wollen.

Verdiente Feministinnen wie Alice Schwarzer wurden in der Schweiz übel beschimpft, weil sich die Ikone der deutschen Frauenbewegung schon seit Jahren gegen die Verwendung von Verschleierung als Ausdruck übler Unterdrückung ausspricht. Nehmen wir nur zwei (noch relativ gemässigte) Exponenten von damals beim Wort:

«In der Schweiz sind es vor allem einheimische Konvertitinnen, die freiwillig eine Burka oder einen Niqab tragen. Für sie ist die Verschleierung Ausdruck ihrer religiösen Identität oder ein Statement gegen das sexualisierte westliche Frauenbild.
Natürlich darf man in der Schweiz niemanden dazu zwingen, sich zu verschleiern. Aber darf man im Umkehrschluss Frauen dazu zwingen, sich zu enthüllen?»

Das war Deborah Bischof im «Beobachter». Frauen zwingen, sich zu enthüllen? Auch im «Beobachter» darf leider Unsinn verzapft werden. Aber unangefochten an der Spitze der Schleier-Versteher stand die schreibende Schmachtlocke der «Republik». Sie interviewte eine verpeilte Wissenschaftlerin, die sich zur Aussage verstieg: «Der Nikab ist nicht das Zeichen der Unterwerfung, sondern eine Revolte».

Aber auch Daniel Binswanger höchstselbst führte vor, zu welchen Absurditäten ein Intellektueller in der Lage ist, wenn er sich mit der rechten Hand hinter dem linken Ohr kratzt:

«Nikab-Trägerinnen in Europa sind typischer­weise unabhängige und selbst­bestimmte Frauen, die ihren Fundamentalismus gegen den Willen ihrer Familie praktizieren. Sie gehorchen mit der Vollverschleierung nicht einer Familien­tradition, sondern im Gegenteil, sie affirmieren ihre muslimische Born-again-Identität. Gerade für den Nikab greift also das Argument der Fremd­bestimmung nicht.»

Nun war Binswanger clever genug, das Wörtchen «in Europa» als Verschleierung seiner absurden Ansicht in den Text zu nehmen.

Es bleibt aber dennoch die Frage, was denn alle damaligen Anhänger des Körperschleiers als Ausdruck von was auch immer zu den aktuellen Auseinandersetzungen im Iran sagen. Der Protest gegen das Mullah-Regime hat sich nicht zuletzt daran entzündet, dass die Religionspolizei eine junge Frau verhaftete, weil die nicht ordnungsgemäss gekleidet sein sollte, vor allem habe man einen Blick auf ihr Haupthaar erhaschen können. Nicht als Erste starb sie dann während der Haft.

Seither brennen im Iran die Schleier und Kopftücher. Da sie eben unbestreitbar sowohl ausserhalb wie innerhalb von Europa Symbol eines menschen- und frauenverachtenden religiösen Fanatismus sind.

Natürlich dürfen Frauen Miniröcke tragen. Hohe Absätze oder bequeme Turnschuhe. Sie dürfen sich aufbrezeln oder betont neutral kleiden. Sie dürfen auch das Haupthaar bedecken; sei das mit Perücken, wie das unter orthodoxen Juden der Brauch ist, oder mit einem Stück Stoff. Sobald aber diese Verhüllung klar einen religiösen Symbolgehalt bekommt, ist sie nicht mehr Ausdruck der angeblichen Selbstbestimmung der Frau. Oder gar ihrer Weigerung, Objekt lüsterner männlicher Blicke zu sein.

Diese Auffassung ist genauso absurd wie die Meinung, durch Sprachreinigung und die Verwendung möglichst umständlicher Gender-Formen einen Beitrag zur Entdiskriminierung der Frau, zur Integrierung von Randgruppen zu leisten.

Beides sind Verirrungen von Intellektuellen, die nicht in der Lage sind, ihre Behauptungen, Forderungen und Vorschläge logisch zu durchdenken und an der Wirklichkeit zu messen.

Interessant ist nun allerdings, dass man von den feministischen oder linken Kreisen, die sich damals für das Selbstbestimmungsrecht der Frau in Verhüllungsfragen einsetzten, eigentlich kein Wort zu den Ereignissen im Iran hört. Immerhin, darin ist wohl eine leise Scham über vergangene, öffentlich bekundete Dummheiten enthalten.

Will man hoffen. Im schlimmsten Fall bedeutet das Schweigen aber, dass diese verpeilten Feministen und Nikab-Versteher das Verbrennen dieser Unterdrückungssymbole gar nicht gutheissen. Schliesslich zeigen diese Iranerinnen damit mangelnden Respekt vor religiösen Bräuchen, sind gar Opfer einer kulturellen Aneignung westlicher Gebräuche. Müssten also eigentlich so streng zurechtgewiesen werden – wie ein weisser Rastalocken-Träger. So rein logisch gesehen.