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Labbriger Text über einen besoffenen Kokser

Schlimmer als dass Daniel Ryser in der WeWo schreibt, ist, was er schreibt.

Man sieht das bübische Grinsen, als Roger Köppel im fernen Vietnam in die Tasten haute: «Wir freuen uns sehr, Daniel Ryser im Kreis unserer Autoren begrüssen zu dürfen.» Das Vergnügen dürfte von nicht allzu vielen Lesern geteilt werden.

Denn die Texte von Tom Kummer sind unlesbar, weil man bei ihm nie weiss, ob er etwas Wirkliches beschreibt oder mal wieder flunkert. Der Text von Ryser ist unlesbar, weil man einen solchen Charakter nicht ernst nehmen kann.

Wer sich die Seiten 55 bis 66 der aktuellen «Weltwoche» dennoch antut, erfährt im Wesentlichen, was in einem besoffenen Ami vorgeht, der sich den letzten Rest von Verstand weggekokst hat und – geschützt von der umfassenden Meinungsfreiheit der USA – einen Schwachsinn nach dem anderen raushaut. Aufgeschrieben wird das von einem ebenfalls besoffenen Journalisten, der furchtbar gerne ein Wiedergänger von Hunter S. Thompson wäre, den er ausgiebig lobhudelt, obwohl das überhaupt nichts zur Sache tut.

Wenn ein Möchtegern den Sound von Thompson nachahmen will, ergibt das dann eine Schlusspointe, die so unappetitlich ist wie die Ansichten von Gavin McInnes. Der ist entschuldigt, er will krampfhaft eine originelle Saftwurzel sein («Wenn ihr einen Pädophilen auf der Strasse seht, erschiesst ihr ihn nicht?»), Ryser ist nicht entschuldigt, der kann nur widerlich sein: «Mein Fotograf textet … Ich war gerade unter der Dusche am Masturbieren. Fucking hell. Gott hat uns für das bestraft, was wir gestern getan haben! … Was für eine verdammte Scheisse.»

Das könnte ein versteckter Hinweis darauf sein, dass Ryser der WeWo schon unterstellte, sie führe einen extremen Kulturkampf und es tummelten sich «Verschwörungsideologen» in ihr, während Köppel als Marionette Bannons die Schweiz mit Scheisse fluten wolle.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nun Ryser die WeWo mit der verschwörungsideologischen Scheisse von McInnes füllt.

Es lohnt nicht, die wirren, widersprüchlichen und markigen Sprüche des Gründers der «Proud Boys» wiederzugeben, einer gewalttätigen rechtsradikalen Spinnertruppe, deren Anführer (und Nachfolger von McInnes) die nächsten 22 Jahre im Knast sitzt, weil er einer der Rädelsführer des Sturms auf das Kapitol war, weil Loser Trump nicht akzeptieren wollte, dass er wieder mal verloren hatte.

McInnes weiss, was er seinem Image schuldig ist und spielt seine Rolle, so wie der angebräunte Björn Höcke seine Rolle als verfolgende Unschuld spielt, wenn er wieder mal einen Nazi-Spruch rausgehauen hat. Ryser hingegen möchte eigentlich nicht nur Thompson sein, sondern gleich auch noch Bukowski und Burroughs in Personalunion. Damit überhebt er sich aber gleich dreifach. Trotz angeblich 20 Bieren und jeder Menge Whisky hat Ryser einmal einen klaren Moment: «Sie, liebe Leserschaft, mögen sich fragen: Wen interessiert denn bitte ein Geschichte über solch einen Rüpel?»

Das hätte sich auch Köppel fragen sollen, anstatt 12 reichlich bebilderte Seiten auf den Leser loszulassen. Denn so repetitiv wie der Text sind auch die Fotos. Ein Irrer mit Gewehr (3 mal), ein Irrer auf Töff (2 mal), ein Irrer mit tätowiertem nackten Oberkörper (2 mal), ein Irrer mit Krawatte im TV (2 mal), furchtbar lustige Stilleben (6 mal).

Ob Geschäftsmann Köppel dachte, die Kosten, einen Ryser nach New York zu schicken und einen Fotografen aus Las Vegas einfliegen zu lassen, die müssen auf 12 Seiten verteilt werden? Wie bei Köppel-Interviews ist auch hier wieder schmerzlich bemerkbar: wenn der Chef einen Spleen hat, dann kann den Besitzer, Herausgeber, Verleger und Chefredaktor keiner bremsen. Der muss lernen: Aufmerksamkeit erregen und der Branche sagen «ätsch di bätsch», das ist lustig. Es um den Preis eines Ryser-Texts zu tun, das ist unlustig.

Es wäre problemlos möglich gewesen (wie bei den meisten Texten von Thompson auch), den Erguss auf ein Drittel einzudampfen. Dadurch wäre der Inhalt nicht weniger schwachsinnig geworden. Aber kürzer.