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Mutmassungen über einen Messerstecher

Orientierung, Einordnung, Analyse? Pustekuchen.

Anabel Schunke in der «Weltwoche» weiss über den Messerstecher von Mannheim: «Bereits 2014 wurde sein Asylantrag abgelehnt.» Nun soll man keine Scherze über Blondinen machen, auch wenn sich hier einer aufdrängt:

«Demnach wurde A., der zunächst in Frankfurt am Main gemeldet war, neun Jahre lang nicht abgeschoben, ehe der Afghane 2017 eine Frau mit deutscher Staatsbürgerschaft heiratete und mit ihr ein Kind bekam. Das reichte für eine befristete Aufenthaltserlaubnis.» 2014 bis 2017 sind neun Jahre im Universum Schunke.

Sie fährt fort: «Zehn Jahre konnte jemand in Deutschland leben, der eigentlich nie hätte hierbleiben dürfen. Das darf nicht sein.» Es darf sein, dass Schunke geltende Regeln über Abschiebungen ignoriert oder kritisiert. Aber ein «das darf nicht sein» darf auch nicht sein.

«Laut Akten war er ein Musterbeispiel für gelungene Integration», weiss hingegen der «Spiegel». Ohne sich der Ironie bewusst zu werden, dass wenn dieser Messerstecher ein Musterbeispiel wäre, die Integration offensichtlich völlig gescheitert ist.

Auch für «Focus» ist Suleiman A. in erster Linie ein «abgelehnter afghanischer Asylbewerber». Und das Magazin erwähnt, dass eine damals in Afghanistan durchgeführte Umfrage ergeben habe, dass 99 Prozent der Bevölkerung die islamische Scharia befürwortete. Was von Meinungsumfragen im Talibanland zu halten ist, nun ja. Insinuiert wird, dass auch der Messerstecher die Scharia befürworte und in Deutschland angewendet habe. Denn sie sieht den Tod für Ungläubige vor, die den Islam kritisieren.

Der «Focus» fragt sich noch faktenfrei: «War er also ein „Schläfer“, ein aus Afghanistan nach Deutschland eingeschleuster Islamist, der Jahre nach seiner Migration ein Attentat beging auf zwei deutsche Staatsbürger»?

Dann kritisiert der «Focus» zu recht: «Zwei Spitzenpolitiker der Sozialdemokraten erwähnen den offenkundig islamistischen Hintergrund des Attentats von Mannheim mit keinem einzigen Wort. Es sind die Nummer Eins und die Nummer Drei in der Staatshierarchie: der Bundespräsident und der Bundeskanzler. So hielt es auch der SPD-Vorsitzende.»

Die deutsche «Tagesschau» weiss über das eigentliche Ziel des Attentäters, Michael Stürzenberger, dass der «vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wird». Das riecht dann doch streng nach «selber schuld, eigentlich, du Islamkritiker».

Bei Tamedia hingegen traut man seinen Augen nicht. Das Messerattentat von Mannheim? War da was? Aber das hat doch nicht die Skandalkraft wie ein paar besoffene Gröler in Sylt, deshalb ist es bereits von der Homepage verschwunden. Da gibt es doch Wichtigeres, zum Beispiel: «Sexuelle Belästigung? Schwere Vorwürfe gegen den Star-Bergsteiger» .  Was, Sie haben noch nie von Nirmal Purja gehört? Oder «Eiersalat à la Mama». Oder aber, endlich ist der Zusammenhang erstellt: «Schon wieder Flutkatastrophen – aber bei der EU-Wahl dürften dennoch rechtspopulistische Kräfte zulegen, die den Klimawandel leugnen

Und der Schrumpf-Redaktor Mario Stäuble redet sich schön, dass die USA nur den Grüssaugust (generisches Maskulinum) vorbeischicken: «Die US-Vizepräsidentin nimmt Mitte Juni an der Schweizer Ukraine-Konferenz teil. Das steigert das Gewicht des Anlasses, obwohl Präsident Joe Biden nicht kommt.» Nein, das zeigt sehr gut, wie wichtig die USA diesen Anlass nehmen. Denn für den Präsidenten, der eigentlich in Europa weilt, ist eine Wahlveranstaltung in Kalifornien mit George Clooney und Julia Roberts wichtiger. Recht hat er.

Unverdrossen behauptet aber Chefredaktorin Raphaela Birrer: «Mit einem Tagi-Abo leisten Sie sich Qualitätsjournalismus». Die Dame hat schon eine Fähigkeit, in jedes Fettnäpfchen zu hopsen, das blöd rumsteht.  Man kann es nur amüsiert als Realsatire geniessen, wenn sie behauptet

«wir kuratieren für Sie die wichtigsten Nachrichten, erklären Ihnen die Hintergründe und ordnen Ereignisse und Entwicklungen ein. Wir gehen den Geschichten nach, die sonst nicht erzählt werden. Wir stellen die Fragen, die gestellt werden müssen. Und wir tun alles, damit Sie gut informiert, inspiriert und unterhalten sind».

Kuratieren? Wir wischen uns die Lachtränen ab und werfen eine Blick in den «Blick». Der hat immerhin einen Schweizer Aspekt gefunden: «Schweizer Polizisten trauern um deutschen Kollegen». Im einfühlsamen Kitschtext wird aber sorgfältig vermieden, das offensichtliche Motiv des mutmasslichen Mörders von Mannheim zu erwähnen.

Klartext hingegen redet die NZZ: «Ein Afghane ersticht einen Polizisten und verletzt einen Islamkritiker schwer. Deutschland muss sich endlich eingestehen, dass der politische Islam die gegenwärtig grösste Bedrohung für Freiheit und Sicherheit ist.»

Auch CH Media nimmt eindeutig Stellung: «Messerangriff in Mannheim: Die Politik sollte ihre Mitschuld am Problem des radikalen Islamismus eingestehen».

Ach, und wollen wir uns noch den Scherz leisten, in die «Republik» zu schauen? Die lehnt sich am Dienstag bereits nach einem Ankündigungspotpurri und zwei Artikeln erschöpft zurück. Der eine behauptet «Die Forschung boomt, doch keiner schaut hin», im zweiten befasst sich Westentaschendenker Daniel Strassberg mit dem «unangepassten Menschen». Das ist nun brandaktuell, hochinteressant und unverzichtbar. Aber es gibt eine gute Nachricht. In den ersten Junitagen haben 9 Abonnenten aufgegeben, und 33 neue schmeissen ihr Geld zum Fenster raus. Ob das Lockangebot der schreibenden Schmachtlocke gewirkt hat?

«Kommen Sie an Bord! Nur heute mit 25 Prozent Rabatt* auf das Jahresabo. Bezahlen Sie anstatt CHF 240 nur CHF 180.» Der billige Jakob ist unterwegs. Aber Vorsicht, das Jahresabo wurde schon viel billiger weggeschmissen. Also abwarten, und der 4. Juni ist sowieso vorbei!

Und wie man’s vielleicht nicht machen soll, dokumentiert «20 Minuten». Denn auch bei der Jungen SVP sollte es eine IQ-Untergrenze geben; wäre dringlich nötig:

Im Originalversuch der JSVP ist der Attentäter übrigens unverpixelt. Merke: auch Provokation will gelernt sein.