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Strahlendes Porträt einer Geflopten

Schwärmen kann man bei der NZZaS. Immer wieder.

ZACKBUM gesteht: bei dieser Titelstory des aktuellen Magazins der NZZaS tippten wir als Autorin sofort auf Rafaela Roth. Und lagen daneben, es geht noch schlimmer.

Die ehemalige Mode- und Fashionredaktorin der «Annabelle» Andrea Bornhauser spürt dort nicht mehr neusten Trends nach, sondern versucht sich im ernsten Fach des Porträts. Nun ja.

Objekt der Anschmachtung ist Sanija Ameti, die Co-Präsidentin der «Operation Libero». Eine Frau, die ganz sicher nicht auf ihr Äusseres reduziert werden will. Bornhauser will sie aber liebend gerne auf eine Erfolgsstory reduzieren. Dabei macht sie den gleichen Fehler wie weiland Roth in ihrem völlig einseitigen und somit verunglückten Porträt einer angeblich unglaublich erfolgreichen Medienanwältin. Die aber dummerweise um die Publikation des Jubel- und Schmachtartikels herum eine Klatsche nach der anderen vor Gericht einfing. Sozusagen als Serienverliererin.

Alle Bildzitate aus «NZZ am Sonntag Magazin».

Das muss sich Bornhauser als Vorbild genommen haben, denn Pleiten, Pech und Pannen, die kommen in ihrem Porträt nicht vor. Schon gleich zum Stellenantritt bei «Libero» meldete sich Ameti mit der menschenfreundlichen Frage  zu Wort, ob wir als Mehrheit «in Kauf nehmen müssen, dass Menschen, die sich einer Impfung verweigern, ihre Mitmenschen gefährden, das Gesundheitssystem an den Anschlag bringen, Burn-outs beim Pflegepersonal und Schulschliessungen verursachen oder gar in einen Lockdown führen, welcher die Freiheit aller einschränkt». Nach dem Verursacherprinzip müssten diese Leute die wirtschaftlichen Schäden tragen

Dass sie damit zeigte, dass sie das Solidaritätsprinzip einer obligatorischen Gesundheitsversicherung nicht kapiert hat, was soll’s. Es gab sogar mehr Gesprächsstoff ab als ihre selbstverliebte Inszenierung in der SI. Lasziv mit rotgeschminkten Lippen und dicker Zigarre in der Hand. Aber bitte, liebe männlichen Leser, nicht zum Schwein werden und die Frau als Sexobjekt missverstehen.

Auch in der SI gab sie Vollgas mit der Selbstdarstellung.

Von ähnlich schwüler Tonlage sind auch die Fotos im Magazin der NZZaS. Besonders putzig ist die Bildlegende, dass sich Ameti auf Inszenierung verstehen würde – in einer mehr als inszenierten Fotoserie ausgedrückt.

Bei der Inszenierung stört der Kopf nur …

Aber bitte, es geht doch nicht etwa um Äusserliches, auf die Inhalte kommt es an. Also, da wäre mal die Forderung nach Selbstbezahlen von angeblich Selbstverschuldetem.

Im Jubelartikel geht’s ganz anders zur Sache: «Die Schweizer Politik hat Sanija Ameti ein romantisches Wochenende in Rom vermiest.» Schon der Einstieg gibt die Stimmlage des anhimmelnden hohen C vor.

«Die politische Aktivistin mit dem Inszenierungswillen einer Influencerin ist in der Presse kaum zu übersehen. Sanija Ameti provokant mit Zigarre im Mund, im Coca-Cola-T-Shirt, wie sie sich auf ihrem Designersofa räkelt.»

Hoppla, jetzt sind wir doch schon wieder in der Beschreibung von Äusserlichkeiten gelandet. Worum geht es ihr denn nun? «Sie sieht sich als eine Art moderner Laokoon, der einst die Trojaner vor dem Untergang retten wollte. «Ich möchte die Leute aufklären. Wer soll es sonst tun?»»

Vorne Ameti, hinten Laocoon.

Nun ja, mit oberflächlichen Kenntnissen der griechischen Sagen mag man das so formulieren. Gut ist auch immer die Frage nach Idolen. Die ist originell und die Befragte antwortet ganz spontan, als wäre es das erste Mal: «Sanija Ameti nennt alt Bundesrätin Elisabeth Kopp, weil sie für ihre Überzeugung eingestanden sei, auch wenn es nicht der Meinung ihrer Partei entsprach. Und Winston Churchill. Mit dem britischen Premierminister verbindet die Politikerin nicht nur die Vorliebe für Romeo-y-Julieta-Zigarren, die sie sich einmal im Monat und nicht nur fürs Foto gönnt, sondern auch die Vision eines vereinigten Europas.»

Wir laufen in die Zielgerade ein

Dann hätten wir’s ja fast, es fehlt nur noch der szenische Ausstieg. Es ist Zeit aufzubrechen, die Wahlfeier der Zürcher Grünliberalen beginnt gleich. Im Tram auf dem Weg ins «Terrasse» am Bellevue gesteht Ameti, dass sie Events nicht besonders mag.

Ein überraschendes Geständnis, wie süss. Als die beiden bei der Wahlfeier ankommen, macht sich Bornhauser noch so ihre tiefen Gedanken: «Inmitten der Parteikollegen wirkt sie fast ein wenig verloren. Während sie auf dem politischen Parkett regelmässig in den beast mode schaltet, scheint sie sich zurück in ihre Badewanne zu wünschen.»

Der Lohn der ganzen Mühe

411 Treffer verzeichnet die Mediendatenbank SMD in den letzten sechs Monaten für Ameti. Das ist zwar noch nicht in der Liga Molina (1658), Glättli (1665) oder Wermuth (2803). Aber sie ist gut unterwegs.

Allerdings neigt sie doch, wie bei ihren markigen Aussagen zur Pandemie und einem «differenzierten Impfzwang», auch sonst dazu, etwas viel Gas zu geben. Eine Todesanzeige zum «Gedenken an das Rahmenabkommen»? Kam angesichts der Ukraine nicht wirklich gut an. Die «Europa-Initiative»? Mit grossem Tamtam angekündigt, dabei gibt es weder Text noch Verbündete. Mitinitiator Balthasar Glättli hat inzwischen Besseres zu tun, selbst ihre eigene grünliberale Partei steht nicht mehr hinter diesem Flop.

Aber all das hat in einem Jubelporträt einer Moderedaktorin natürlich ungefähr so viel Platz wie die Erwähnung seines Verhältnisses zu Kindern in einer Würdigung auf Michael Jackson. Allerdings: die NZZaS hat nun doch ein Problem. Denn ihre Leser erwarten schon, dass es im Niveau, in der Darstellung und in der Qualität spürbare Unterschiede zu «Bravo», «Annabelle» oder SI gibt. Womit nichts gegen diese Zeitschriften gesagt sein soll.

Das Zielpublikum ist einfach etwas verschieden. Es gibt das Jubel-Hudel-Porträt der intellektuell etwas tiefergelegten Organe. Wie das mal visuell am Beispiel der «Schweizer Illustrierten» auf den Punkt gebracht wurde. Deren Porträtexte seien so wie die dazugestellten Fotos. Und die sähen so aus: Vorne hell, hinten hell, und in der Mitte lacht’s. Auch wenn hier in der Mitte ein leuchtend rot geschminkter Mund nicht lacht: das Prinzip ist das gleiche.

Leider auch das Prinzip, dass ein Porträt nicht mit einer Darstellung der Komplexität einer Person überladen werden sollte. Rückschläge, Flops, Niederlagen, Fragwürdiges, Widersprüchliches neben Strahlendem und Erfolgreichem? Das macht eigentlich jeden Menschen aus, macht ihn für den Leser fassbar, verständlich. Unkritische Lobhudelei und Oberflächenkosmetik hingegen wird von Fans goutiert, aber eigentlich weniger von erwachsenen Lesern. Die auf Wiederholungen zunehmend irritiert reagieren.