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Kriegsgegurgel

Die Sandkasten-Strategen haben Hochkonjunktur.

Gut, das Aufmacherfoto hat nicht wirklich etwas mit dem Thema Ukrainekrieg zu tun. Aber es ist zurzeit der absolute Liebling von ZACKBUM. Und Symbobilder sind doch überall im Schwang.

Aber zum Thema:

In der Kinderzeitung «watson» ist Chefstratege und Oberanalyst Philipp Loepfe immer schnell zur Hand, wenn es darum geht, loszugaloppieren. Er zitiert fröhlich drittrangige «Analysten» aus den fernen USA und ukrainische Militärs, die sich in aller gebotenen Objektivität über die russischen Truppen lustig machen.

Auch Loepfe selbst wagt sich mit seiner «Analyse» weit vor: Der ukrainische Vorstoss «dürfte auch dazu führen, dass der Westen seine Waffenlieferungen wieder intensivieren wird. Der Beweis, dass die Russen alles andere als unbesiegbar sind, ist damit endgültig erbracht und die oft wiederholte Behauptung von Präsident Wolodymyr Selenskyj, seine Soldaten würden sämtliche besetze Gebiete befreien, mit Fakten belegt».

Wir sind schon jetzt gespannt, mit welchen Mätzchen Loepfe den ungeordneten Rückzug antreten wird, sollte sich das Kriegsglück wenden.

Der Sparkonzern Tamedia leistet sich nur noch beschränkt eine eigene Meinung zum Ukrainekrieg. Also übernimmt er einfach die Meinung aus München und lässt sie ungefiltert auf seine zahlenden Leser los:

Die Auslandredaktion gibt immerhin ein Lebenszeichen und ändert den Titel des Originalkommentars: «Befreit ist die Ukraine noch lange nicht». Diese Ansicht des SZ-Chefstrategen Stefan Kornelius war den Kriegsherren an der Werdstrasse offensichtlich zu pessimistisch. Dabei glänzt Kornelius, im Gegensatz zu Loepfe, mit militärischen Insights: «… überdehnte Invasionstruppe, … demoralisierenden Angriffe auf russische Basen, … personell ausgedünnte Truppe, … was die russische Invasionsarmee prompt zu einer Vernachlässigung des Nordens verleitete».

Doch Kornelius weiss, wie man sich an den Flanken absichert: «Aber wird dieser Erfolg von Dauer sein?» Nach dieser bangen Frage setzt er zu einem geradezu lyrischen Höhenflug an: «Diese durch Kommandoversagen, Arroganz und bewusste Lügengebilde erzeugte Scheinrealität bildet ja nur einen Teil des russischen Spiegelzimmers, in dem sich die vermeintlichen Wahrheiten unendlich oft brechen, überschneiden und verzerren. Die größte Gefahr für den Kreml liegt darin, dass nun die Spiegel zerbersten und selbst die beste Propaganda die Scheinwelt nicht mehr aufrechterhalten kann.»

Um schliesslich mit einer allgemeingültigen Erkenntnis zu enden: «Kriege werden nur beendet, indem sie unführbar und vor allem ungewinnbar werden.» Unsagbar, wie die deutsche Sprache hier das erste Opfer der Kriegsführung von Kornelius wird.

Bei den Kriegern von der Dufourstrasse würde eine solche Ansicht glatt als Defätismus beschimpft:

Aber immerhin, hier wird nicht einfach Geschehenes nachgekaut, man wagt sogar einen «Blick» in die Zukunft.

Der zweite grosse Medienkonzern CH Media verwendet die Stimme der journalistischen Allzweckwaffe Inna Hartwich. Die schreibt für die «Stuttgarter Nachrichten», die «taz» und alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist:

Sie schreibt nicht nur für diverse Organe, sie will auch zehn Sprachen fliessend sprechen und berichtet gerne ebenfalls aus Peking. Das alles spricht natürlich für eine vertiefte und objektive Berichterstattung, was man auch den Titeln ihrer jüngsten Werke entnehmen kann: «Heimatliebe steht jetzt auf dem Stundenplan», «Vorhang auf für Putins Propagandashow».

Und was sagt die Stimme der Vernunft und des gepflegten Nachdenkens?

Wunder gibt es immer wieder, trällert die alte Tante, sie fordert zwar nicht «Germans to the front», die NZZ ermahnt aber unseren Nachbarn im Norden streng, dass er gefälligst mehr Waffen liefern solle. Etwas unsensibel, da die letzten Waffenlieferungen der Deutschen vor rund 80 Jahren in der Ukraine nicht so gut ankamen. Da tobten nämlich die deutschen Barbaren, fleissig unterstützt von ukrainischen Kollaborateuren und lokalen Faschisten, während die Rote Armee unter gewaltigen Opfern die Ukraine vom hitlerdeutschen Joch befreite. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte, und wir leben in geschichtsvergessenen Zeiten.

In der «Weltwoche» hingegen zeigt sich immer deutlicher, was alles geplaudert wird, wenn sich niemand traut, dem Chefredaktor, Verleger, Herausgeber und Besitzer das Mikrophon wegzunehmen:

Ist schon schrecklich, was so passiert, wenn die Nato provoziert. Da sieht sich doch selbst der friedlichste Autokrat im Kreml gezwungen, mal alle Verträge zu brechen und präventiv ein Land zu überfallen. So wie es keinen Krieg ohne Putin gibt, gebe es auch keinen Frieden ohne ihn, weiss Roger Köppel.  Dafür wird auch er verleumdet von den Medien. Aber hier nicht. Wir machen uns nur ein wenig über ihn lustig.