Beiträge

Kalter Krieger Häsler

Oberst und NZZ-Sicherheitspolitiker. Üble Mischung.

Wenn Georg Häsler in die Tasten greift, hört es sich an wie ein Echo aus alten Zeiten, als das Schweizer Bürgertum ernsthaft trompetete: lieber tot als rot.

Heute wirft Häsler «der Schweiz» vor, «für den schlimmsten Fall, einen schleichenden Sieg Russlands und die Fragmentierung Europas, weder mental noch militärisch vorbereitet» zu sein. Schlimmer noch: «Zudem taumelt der Bundesrat in eine Krise mit den USA

Defätisten und schwankende Gestalten statt zackiges Salutieren und Stechschritt. Schlappe Schweiz. Dabei sei die Lage besorgniserregend. «Russland reizt den Graubereich zu einer direkten Konfrontation mit der Nato weiter aus …». Dagegen hierzulande: «Es ist dies die radikale Reduktion einer verwöhnten Gesellschaft auf sich selbst, ein trotziger Blick ins Landesinnere, um ja keine Position einnehmen zu müssen …»

Dann verschwindet Häsler in einer Fantasiewelt: «Das Ende des Kalten Kriegs brachte sogar eine kurze Zeit des Vertrauens in eine regelbasierte Ordnung.» In Wirklichkeit brachte das Ende Allmachtsfantasien vom Ende der Geschichte und einer ewigwährenden imperialistischen US-Herrschaft.

Aber heute? Während die «Drohung des Kreml mit der Atom-Keule» wirke, fehle «den westlichen Regierungen die Kraft zur Konsequenz». Um mit der gleichen Waffen zurückzukeulen? Als strahlender Sieger vom Platz gehen, in einer Welt als atomarer Trümmerhaufen?

Dann wird’s sehr merkwürdig:

«Die Schweiz unterscheidet militärisch nicht zwischen dem Angreifer, der das Gewaltverbot der Uno-Charta gebrochen hat, und der ukrainischen Armee, die von ihrem Selbstverteidigungsrecht Gebrauch macht.»

Und wie sollte sie das tun? Das beantwortet der Oberst nicht, dafür unkt er: «Was diese aussen- und sicherheitspolitische Fessel bringen soll, ausser Punkte bei den internen Predigern der reinen Lehre des Neutralitätsrechts, bleibt das Geheimnis der Landesregierung. Unterstützt sie damit gar den Aggressor? Selbst die besten Freunde werden den Verdacht nicht los, die Schweiz wolle mit autoritären Regimen im Geschäft bleiben – auch mit dem Kreml. Unter dieser Affiche taumelt der Bundesrat wohl gerade in eine ernsthafte Krise mit den USA.»

Wie schaffen das die taumelnden Bundesräte? «Washington kann nicht nachvollziehen, weshalb die Schweiz der G-7-Task-Force nicht beitritt, die nach versteckten Geldern russischer Oligarchen sucht.» Washington kann nie nachvollziehen, wieso sich ein souveräner Rechtsstaat lieber an seine eigenen Gesetze hält als an rechtsimperialistische Vorgaben der grössten Militärmacht der Welt, die so ihre eigenen rechtsstaatlichen Probleme hat, nicht nur mit ihrem letzten Präsidenten.

Aber immerhin, die Schweiz darf 36 Kampfjets von den USA kaufen, «zu einem bemerkenswert tiefen Gesamtpreis von sechs Milliarden Franken. Die Plattform ist ein wesentlicher Bestandteil der westlichen Überlegenheit gegenüber der russischen Technologie». Ein Klacks gegen die rund 800 russischen Kampfjets, den insgesamt 1570 Kampfflugzeugen. Ein klitzekleiner Klacks gegen die 2757 Kampfflieger der USA.

Wie im kalten Krieg meint der Oberst, konventionelle Streitkräfte, Flugzeuge, Tanks, Artillerie, seien entscheidend für einen Kleinstaat wie die Schweiz. Von Cyberkrieg, virtuellen Angriffen auf AKW oder Staudämme, von modernen Formen der Kriegsführung scheint er wenig Ahnung zu haben.

Was rät er denn am Ende seiner 9000 Anschläge der Schweiz? «Wegschauen hilft nichts. Die überlieferte Skepsis der Schweiz gegenüber den Grossmächten ist eine Aufforderung, den Kampf gegen die autoritäre Versuchung nach Kräften zu unterstützen.»

Hier wird er wieder sehr, sehr dunkel. Wer will denn wegschauen? Eigentlich niemand. Was soll an der Skepsis gegen Grossmächte «überliefert» sein? Die ist brandaktuell. Sie sei eine Aufforderung, den Kampf gegen was zu unterstützen? Was ist eine «autoritäre Versuchung»? Russland? Die Ukraine? Oder existiert sie in der Schweiz? Das ist nun sackschwach für einen Militärstrategen. Denn schon Clausewitz wusste:

«So wird (…) der politische Zweck als das ursprüngliche Motiv des Krieges das Mass sein, sowohl für das Ziel, welches durch den kriegerischen Akt erreicht werden muss, als für die Anstrengungen, die erforderlich sind.»

Aber wer seinem Geschwurbel den Titel gibt «Dieser Krieg verschwindet nicht», der hat’s schon ganz am Anfang versemmelt. Die NZZ hat schon bessere Samstag-Kommentare gehabt. Dieser hier hisst die weisse Flagge vor Logik oder Verständlichkeit. Dass so jemand als Oberst die Schweiz verteidigen soll, das stimmt nicht gerade optimistisch für die Wehrkraft.