Beiträge

Trauerspiel Credit Suisse

Die Leiche lebt noch.

Ende dieses Monats wird die UBS zwei Dinge bekannt geben. Welchen Reibach sie mit der Übernahme der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis gemacht hat. Und wie brutal der Kahlschlag unter CS-Mitarbeitern weltweit und in der Schweiz ausfallen wird. Höchstwahrscheinlich werden Tausende von Bankern früher oder später dem RAV, also der Arbeitslosenversicherung und letztlich dem Steuerzahler zur Last fallen.

Während Verpeilte wie Markus Somm in der SoZ das Loblied auf die umsichtige Bewältigung der Krise durch Sergio Ermotti und Bundesrätin Karin Keller-Sutter singen, reibt Arthur Rutishauser in einer vierteiligen Serie den Versagern ganz oben bei der CS ihre Marotten und Fehler unter die Nase. Und stellt die Frage in den Raum, ob es analog zu Vincenz/Raiffeisen hier nicht auch um ungetreue Geschäftsbesorgung, also einen Straftatbestand, gehen könnte.

Indem Ermotti sich aller staatlichen Zusagen (ausser der Liquidität durch die SNB) entledigte, machte er einen geschickten Move, um vor der Beerdigung der CS gut Wetter zu machen. Ob diese Prognose allerdings besser eintrifft als Temperaturvorhersagen von SRF Meteo?

Denn die Leiche CS ist noch nicht wirklich tot. Vor allem auf zwei Gebieten gibt es Riesengebrüll. Oder seriöser formuliert: weltweite Klagen, Klagen in der Schweiz.

Zum einen geht es um die sogenannten AT1-Bonds. Das ist ein von den Behörden erfundenes Gebastel, mit dem das notorisch zu dünne Eigenkapital der Banken vermehrt werden sollte, ohne dass sie die Aktien verwässern mussten. Sie tragen auch den hübschen Übernamen Todesspiralen-Anlagen, da sie bei gewissen Triggern nicht länger Obligationen sind, sondern in Aktien zwangsgewandelt werden. Oder auf null abgeschrieben.

Genau das tat nicht etwa die CS, sondern die Bankenaufsicht Finma im Todeskampf der CS. Obwohl diese Entscheidung auf der Webseite der CS stand, machte zuerst die «Financial Times» darauf aufmerksam, dass der Abschreiber von sagenhaften 16 Milliarden Franken bei den geprellten Anlegern, darunter Riesenapparate wie BlackRock und US-Pensionskassen, heftige Gegenwehr auslöst. Seither wird aus allen Rohren gefeuert, Klagen in den USA, in Japan, in der Schweiz. Aussichten durchaus intakt.

Eine zweite Klage haben rund 1000 Kleinaktionäre und ehemalige CS-Mitarbeiter in der Pipeline. Obwohl es in der Schweiz das Instrument der Sammelklage nicht gibt, will der «Schweizerische Anlegerschutzverein» so etwas Ähnliches einreichen, um die Kosten für jeden Kläger zu senken.

Hintergrund: durch die Fusionsbedingungen rutschte der Wert einer CS-Aktie auf läppische 76 Rappen. Zwei Tage zuvor lag er noch bei 1.86. Dieser Umtauschpreis zur UBS-Aktie sei willkürlich festgelegt worden, monieren die Kläger, er habe zudem in keiner Weise dem noch vorhandenen Wert der CS entsprochen.

Tatsächlich kontrastiert der Schnäppchenpreis von 3 Milliarden Franken scharf mit dem damaligen Börsen- und dem Buchwert der Bank, der mindestens doppelt so hoch war. Allerdings ist es bei so komplizierten Konstrukten wie einer modernen Bank äusserst schwierig, ihren tatsächlichen Wert zu einem bestimmten Zeitpunkt festzulegen.

Zu kreativ ist die Buchhaltung, zu verschlungen sind die seitenlangen Bilanzen mit Sonderposten und allen erdenklichen buchhalterischen Tricks und Ösen. Selbst ausgewiesene Fachleute verzweifeln vor der einfachen Frage: und was ist das Teil nun wirklich wert?

Auf jeden Fall sind alle Lobeshymnen, wie gut doch Politik und Bankführung diese Krise bewältigt hätten, fehl am Platz. Die Prozesse werden sich über Jahre hinstrecken, aber am Ende wird sehr sicher ein Vergleich stehen, bei dem die Eidgenossenschaft, also der Steuerzahler, garantiert nicht ungeschoren davonkommen wird.