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Demagogie als Journalismus

In der modernen Relativ-Berichterstattung ist alles möglich.

Die Berufs-Unke Peter Burghardt aus Washington ist schon für diverse bittere Stunden des Journalismus verantwortlich. Seine Berichterstattung über die Vorwahlen, seine Befürchtung, dass in den USA die Demokratie sterbe, sein unablässiges Trump-Bashing, seine Wetterfahnen-Analysen über das Kandidatenkarussell der Demokraten – es wäre eine gewaltige Qualitätssteigerung für Tamedia, wenn auf die Beiträge des Irrwischs der «Süddeutschen Zeitung» verzichtet würde.

Aber mit welcher Qualität würde dann die hauseigene Ausland-Rumpfredaktion den Leerraum füllen? Also darf Burghardt eine Pirouette auf dem neuerlichen Attentatsversuch auf Donald Trump drehen.

Wenn RT mal was lernen will, was geschickte Demagogie und Wirklichkeitsmassage ist, dann kann es sich hier eine Lektion abholen. Zunächst muss der Protagonist eingeführt werden:

«Sonntag, früher Nachmittag, Trump war gerade beim Golfspielen. Er spielt gern und oft Golf, wenn er nicht gerade als Wahlkämpfer mit seiner Boeing 757 durch die USA fliegt. Bei seinem Hobby kommt ihm die Tatsache entgegen, dass ihm mehrere Golfplätze gehören, unter anderem im Süden Floridas.»

Sympathischer Typ, nicht war? Was ist denn dann passiert? ««Präsident Trump ist nach Schüssen in seiner Nähe in Sicherheit», gab Steven Cheung bekannt, der Sprecher von Trumps Präsidentschaftskampagne. Welche Schüsse? Von wem? Von wo?» Sind das schon wieder Fake News aus dem Lager des Berufslügners Trump?

Nun ja, irgendwas scheint doch dran zu sein, räumt Burghardt dann unter geschickter Verwendung des Irrealis ein:

«Die Nachricht von einem möglichen Attentatsversuch durch einen mutmasslichen Ukraine-Aktivisten namens Ryan R. zerreisst den längst surrealen Wahlkampf noch mehr.»

Ist real was passiert? Es gibt doch nur eine Nachricht von etwas Möglichem von einem Mutmasslichen, in der Surrealität.

Wollen wir das mal einbetten: «Wenige Tage nach seinem verstörenden Auftritt bei der Fernsehdebatte mit Kamala Harris, als gut 60 Millionen Zuschauer eine angriffslustige Demokratin erlebten und einen zornigen Republikaner.»

Hm, soll dieses mutmassliche Geschehen vielleicht von etwas ablenken? «Jetzt wird da von ganz rechts wieder der Verdacht geschürt, dass Trump mit allen Mitteln aus dem Weg geräumt werden soll, um sein Comeback zu verhindern.» Nun, es scheint ja doch das eine oder andere kleine Indiz für diesen geschürten Verdacht zu geben.

Da kommt ein gleich gelöschter Tweet von Elon Musk gerade recht: «Und niemand versucht, Biden/Kamala zu ermorden». Der Mann ist auch nicht ganz dicht.

Burghardt aber auch nicht: «Noch dazu geschah dieser zweite, besonders mysteriöse Zwischenfall jetzt zu einer Zeit, die von einem selbst für Trumps Verhältnisse aussergewöhnlich geschmacklosen Fall geprägt war. Trump und sein Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance hatten behauptet, Immigranten aus Haiti würden in Springfield, Ohio, Katzen und Hunde klauen und aufessen

Flugs dreht er daraus eine eigene Verschwörungstheorie: «Diese eindeutig rassistische Behauptung war bis zuletzt der Aufreger, der die Schlagzeilen beherrschte, ehe in der Nähe von Trumps Golfplatz geschossen wurde.»

Hm, kennen wir das nicht? «Dort in der Kleinstadt Butler soll ein Schütze mit einem Schnellfeuergewehr AR-15 vom Dach eines nahe gelegenen Gebäudes auf Trump gezielt haben, eine Kugel oder ein Splitter streiften sein rechtes Ohr.» Soll gezielt haben?

Auf jeden Fall nützte das wohl Trump: «Das Foto mit der erhobenen rechten Faust und dem blutüberströmten Gesicht löste das Bild ab, das Trump als Angeklagten zeigt, den Mugshot.»

Dann noch die Schlusspointe, zwar völlig abgehoben vom Gegenstand des Berichts, aber macht sich halt auch gut: «Was am Sonntag wirklich passiert ist, ist immer noch unklar. Es heisst, der mutmassliche Attentäter habe lang Trump unterstützt, dann sei er enttäuscht zu den Demokraten übergelaufen. … Es gibt in den USA mehr Schusswaffen als Einwohner, im Durchschnitt wird hier alle paar Minuten ein Mensch angeschossen. Nach dem Shooting kürzlich mit zwei toten Schülern und zwei toten Lehrern sagte J. D. Vance, das sei «die Realität, in der wir leben. Wir müssen uns damit abfinden.»»

Was insinuiert: dass auf Trump geschossen wird, damit sollte man sich gefälligst auch abfinden.

Was für ein stinkender Haufen Buchstabenjauche, die uns das Qualitätsmedienhaus Tamedia hier serviert. Das passt irgendwie zur wiederholten Fälschung der Aussagen von Statistiken, wie sie das deutsche Gebühren-TV seinen Zuschauern serviert. Eigentlich kann man das alles nur noch mit Humor nehmen:

Wie wohl eine entsprechende Umfrage unter Tamedia-Lesern aussähe und wie sie von Simon Bärtschi schöngeschwafelt würde?

Wussten Sie das nicht?

Vielleicht ist der Zugang von Andrea Fopp doch keine gute Idee.

Die Journalistin dilettierte einige Jahre beim Serbel-Projekt «bajour», das von Hansi Voigt lediglich mithilfe der tiefen Taschen einer Basler Pharmaerbin über Wasser gehalten wird. Sozusagen im Wachkoma an eine Geldtransfusion angeschlossen.

Dann wechselte Fopp im Januar 2024 als Bundeshausredaktorin zur NZZ. Und senkt nun dort das Niveau. Ihr neuster Streich: Die Schweiz sei längst im Krieg, behauptet sie so kühn wie überraschend. Wie das? «Wladimir Putins Bomben sind weit weg. Gegen die Eidgenossenschaft setzt er subtile Waffen ein. Mit verdrehten Wahrheiten versucht er, die freiheitliche Demokratie zu schwächen.»

Wow, Eidgenossen ergreift die Hellebarden und Morgensterne, bezieht das Alpenréduit, der Russe kommt. Fopp hat ihn bereits erspäht. Sie reitet nochmals auf dem Ausrutscher des Nachrichtenportals RT rum, das im Juni behauptet hatte: «Die Schweiz will russische Städte bombardieren lassen». Die SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf habe gesagt: Die Schweiz müsse «so schnell wie möglich in den Konflikt einbezogen werden», um Russland «die militärische Stärke des Landes zu demonstrieren».

Das war natürlich Schwachsinn, hergeleitet von ihrem Vorstoss als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, dass die Schweiz eine indirekte Weitergabe von Kriegsmaterial, bspw. via Deutschland, erlauben solle. Obwohl das das gültige Kriegsmaterialexportgesetz klar verbietet.

Daraus schliesst Fopp messerscharf: «Die Strategie ist perfid. Desinformation ist häufig schwer erkennbar, da sie auf Tatsachen basiert.» Auf dieses Beispiel trifft das allerdings gerade nicht zu, wie der tiefen Denkerin nicht auffällt.

Aber daraus zieht sie gleich den nächsten Fehlschluss:

«Die Episode zeigt: Die Schweiz befindet sich längst im Krieg. Russland greift zwar nicht mit Panzern und Lenkwaffen an, aber mit Falschinformationen, verdrehten Tatsachen, Lüge. Währenddessen streitet das Parlament in Bern darüber, ob sich die Milliarden für die Verteidigungsfähigkeit der Armee lohnen.»

Defätisten in Bern, während die Schweiz bereits voll unter russischem Dauerfeuer liegt. Aber damit ist Fopp noch nicht am Ende des Märchenlateins. «Die Desinformation ist ein klassisches Mittel der hybriden Kriegsführung. Sie geht zurück auf den chinesischen Militärstrategen Sunzi.» Dessen «Kunst des Krieges» darf in keinem pseudogelehrten Abriss fehlen.

Aber Fopp hat noch mehr historische Erkenntnisse auf Lager: «Kriegstreiber orientieren sich bis heute daran. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion betrieb in den 1920er Jahren eine «Abteilung für Agitation und Propaganda» (Agitprop). Sie diente Joseph Goebbels, Propagandaminister von Nazideutschland, später als Vorbild. Seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 hat auch Putin seine Propaganda verstärkt.»

Sowjetischer Agitprop (die damals kein Kriegstreiber, sondern Opfer imperialistischer Invasionen war, aber wozu historische Genauigkeit), Goebbels, Putin, et voilà.

Das ist nun lustig, weil völlig einäugig. Schon mal was von der Atlantik-Brücke gehört, von all den Journalisten im Westen, die auf der Payroll von US-Agenturen sind (so wie es andere gibt, die sich von Russland bezahlen lassen)? Von den brutalen Eingriffen der USA in Twitter und Facebook? Propaganda, seit Edward Bernays den Begriff als Kampfmittel definiert hat (aber den kennt Fopp wohl nicht), spielt seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine immer wichtigere Rolle in militärischen Auseinandersetzungen. Man denke auch nur an die Massenvernichtungswaffen- oder Brutkastenlüge der USA; ihre Lüge, um in Vietnam einzufallen.

Aber für Fopp steht der Propagandist und  Russlandversteher  ganz woanders. Genau, da muss man nicht lange raten: «Der «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel und ehemalige SVP-Nationalrat inszeniert den russischen Präsidenten gerne als vom Westen missverstandenen Machthaber, der sich gegen einen «Kreuzzug» gegen den Osten wehren müsse. Und sogar der angesehene Mitte-Politiker Peter Hegglin gab der Ukraine im Ständerat die Mitschuld am Krieg.»

Die Ukraine habe eine Mitschuld am Krieg? War da was mit Bombardierungen des Donbass und Tausenden von Toten vor der russischen Invasion? Ach nein, das sind sicherlich auch nur so Propagandalügen.

Aber Fopp muss mahnen und warnen: «Solche Wortmeldungen nützen nicht nur Putin, sie schaden auch der Schweiz.» Dann gründelt sie ganz, ganz tief: «Die Lüge ist eine anthropologische Grundkonstante. Gelogen wird überall und andauernd, im Privatleben, in der Wirtschaft, in der Politik.» Anthropologische Grundkonstante, aber hallo. Die Wahrheit hier ist: solche Tiefflieger-Kommentare nützen niemandem, schaden aber der NZZ.

Wie weiter, wie mit Lügen und Köppel umgehen? Da fährt Fopp Slalom: «Gefragt ist die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit. Die Freiheit der Rede, der Wettstreit der Meinungen sind Grundvoraussetzungen für die Freiheit jedes Einzelnen. Doch wo die Lüge überhandnimmt, funktioniert der politische Wettstreit nicht mehr.»

Tja, einerseits darf gestritten (und gelogen) werden. Andererseits ist das dann doch nicht so gut. Besteht denn ernsthaft die Gefahr, dass die Lüge in der Schweiz «überhandnimmt»? Da sind die Frauen und Männer draussen im Lande und auch in den Schweizer Städten gefordert: «Jede Bürgerin, jeder Bürger muss erkennen, dass Lüge und Desinformation den Staat unterhöhlen und damit letztlich Freiheit und Wohlstand bedrohen. Die kritische Auseinandersetzung mit Informationen liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft

Also übernehmt endlich Verantwortung; das gilt auch für ZACKBUM-Leser. Setzt euch kritisch mit diesem einäugigen, einseitigen, pseudogelehrten Kommentar von Fopp auseinander, dieser Fortsetzung der Kriegsgurgel Georg Häsler mit anderen Mitteln. Und lernt was draus.

Und merkt euch: der politische Wettstreit wird beschädigt, wenn das Denkerblatt NZZ solche unreflektierte, unrichtige Flachheiten veröffentlicht. Die sich mit der (meist) unbeholfenen und ungeschickten russischen Propaganda beschäftigen. Und die wirkliche Gefahr, die inzwischen mehrfach aufgedeckten Zensur- und Beeinflussungsmassnahmen westlicher Propagandainsitute aussen vor lässt.

Elon Musk veröffentlichte die Twitter-Files, Mark Zuckerberg gestand unlängst ein, dass er sich kräftiger gegen Zensurmassnahmen seitens der US-Regierung hätte zur Wehr setzen sollen. Dazu die Belege, wie während der Pandemie Regierungen die öffentliche Meinung steuerten und beeinflussten. Oder wie steht es um das Schweigekartell vor den letzten US-Wahlen, das bis heute andauert, über den üblen Inhalt des Computers des Biden-Sprösslings Hunter Biden?

Wer (zu recht) russische (und chinesische und nordkoreanische) Propaganda kritisiert, ist völlig unglaubwürdig, wenn er das nicht durch eine Kritik an westlicher Propaganda ergänzt. Gegen Propaganda aus fernen Staaten lässt sich wenig unternehmen. Aber hier bei uns, da könnte kritische Auseinandersetzung mit Information gefragt sein. Nur nicht für Fopp.

«Zensur ist verboten»

Steht so in der Bundesverfassung. Sieht BR Amherd anders.

Russland, der Zensurstaat, verbietet ausländische Berichterstattung und verbannt sogar die sozialen Medien aus seinem Internet. So grausam geht es in Putins Reich zu. Die armen Russen, einseitig informiert, verführt, kennen nicht die Segnungen des freien Westens. Wo sich jeder überall informieren darf.

Nun ja.

In der EU wurden die beiden russischen Medien «Russia Today» (RT) und «Sputnik» – verboten. Sie betrieben eine «systematische Manipulation von Informationen» und stellten sogar eine Bedrohung für die innere Sicherheit dar, behauptet die EU-Kommission. Davor muss sie nun die armen EU-Bürger schützen, diese Trottel, die sich sonst von der russischen Propaganda einlullen lassen würden.

In der Schweiz ist das etwas schwieriger, denn es gibt eben diese Bundesverfassung und darin diesen Artikel, der Zensur verbietet. Blöd aber auch. Dabei beteiligt sich die Schweiz doch sonst an allen EU-Sanktionen und friert Russengelder en masse ein. Auch hier ist die EU vorbildlich: RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan beteilige sich nach Brüsseler Angaben an einem «Desinformationskrieg» und darf nicht mehr in die EU einreisen, zudem wurde ihr Vermögen in der Union eingefroren.

So macht man das in lupenreinen, freiheitlichen Demokratien. Da kann die Schweiz doch nicht abseits stehen, oder? Swisscom, Sunrise und Salt haben die beiden Sender bereits aus ihren Programmen genommen. Wieso, aufgrund welcher gesetzlicher Grundlage? Ach, nö, einfach so.

Wehrhafte Verteidigungsministerin

Aber man kann diese Propagandaschleudern dennoch weiter in der Schweiz empfangen. Diese Willi Wühlers, entsprungen aus den Fantasien des Zivilverteidigungsbüchleins aus dem Kalten Krieg.

Bundesrat Guy Parmelin lehne ein Verbot der Staatssender ab, berichtet Tamedia. Das sei unverhältnismässig und ein Eingriff in die Medienlandschaft und die Meinungsäusserungsfreiheit. Typisch SVP halt, diese Putin-Versteher.

Wehrhafter ist unsere Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie befürwortet ein Verbot: «Nach konsequenter Übernahme der EU-Sanktionen durch die Schweiz wäre das Abseitsstehen in dieser wichtigen Frage unverständlich», so das Verteidigungsdepartement auf Anfrage des «Tages-Anzeigers».

Noch wilder ist die Behauptung, das sei erlaubt, weil es bei den russischen Staatssendern nicht um Meinungsfreiheit und -Vielfalt gehe. Schliesslich seien diese Medien nicht unabhängig, sondern von Moskau gesteuerte und finanzierte Propagandainstrumente, fasst der Tagi die Argumente des VBS zusammen.

Also: Zensur ist verboten. Ausser, sie ist erlaubt. Weil die Schweiz sonst abseits stehen würde. Sender zuliesse, denen es nicht um Meinungsfreiheit gehe. So wie sie in allen anderen Schweizer Medien gepflegt wird.

Nicht schlecht. Eine Bundesrätin will gegen die Bundesverfassung verstossen. Eine Verteidigungsministerin will unser Grundgesetz angreifen und besiegen. Und die freiheitlichen Meinungsblätter finden nichts weiter dran auszusetzen. Wie erbärmlich, oder sagten wir das schon.

 

 

 

Russen-Zensur

Schreckliches Russland, freier Westen. Echt jetzt?

«Russia Today» (RT) ist ein russischer Staatssender. Seine Selbsteinschätzung: «RT DE ist ein Medium, dessen Blick auf die Entwicklungen in Deutschland, Europa und der Welt durch Pragmatismus, Kompetenz und gesunden Menschenverstand geprägt ist», mögen nicht viele teilen.

Der dysfunktionalen EU fiel es aber ein, die weitere Ausstrahlung von«Russia Today» und von «Sputnik» schlicht zu verbieten.

Das verkündete Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission. Das ist, so mehr oder minder, die europäische Regierung, und von der Leyen war gar nicht als Kandidatin angetreten, wurde aber dennoch gewählt.

Das alles führt offenbar zu bedauerlichen rechtsstaatlichen Verwirrungen. Denn man mag von RT und Konsorten halten, was man will: In einem Rechtsstaat braucht es entsprechende Gesetze, die ein solches Verbot legitimieren. Es kann in erster Linie nicht sein, dass eine Regierungspräsidentin selbstherrlich und ohne Verweis auf die gesetzliche Basis ihres Handelns verkündet, dass ein Sender einfach verboten wird.

Der Vizepräsident fügte noch hinzu, diese Sender stellten «eine erhebliche und unmittelbare Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Union dar.» Echt jetzt? Würde der Randgruppen-Sender RT, den ja nur fanatische Russland-Fans ernst nehmen können, tatsächlich Ordnung und Sicherheit innerhalb der EU bedrohen? Womit? Mit seinen Sendungen? Echt jetzt?

Mindestens so kläglich wie dieses Verbot war die Reaktion der übrigen Massenmedien in Deutschland. Knappe Meldung, kein Kommentar. Die grossartige westliche Medienfreiheit, eines der wichtigsten Assets im Direktvergleich mit autoritären Staaten? Gesetzliche Regeln bilden die Grundlagen für das Handeln der Regierung, zweiter wichtiger Unterschied zu Russland oder China?

Gesetzliche Grundlagen für Entscheide? Ach was

Nun, das ist die EU; schön, dass die Schweiz nicht Mitglied ist und autark und souverän entscheiden kann, was sie ihren Eidgenossen zumutet. Es steht zu vermuten, dass RT hierzulande keine erhebliche Bedrohung der Ordnung und Sicherheit darstellt. Also kann man ihn als freier Schweizer doch frei empfangen?

Leider nein, so weit geht dann die Freiheit doch nicht mehr. Denn was der EU billig ist, ist der Schweiz, die ja die Sanktionen unbesehen übernimmt, billiger. Also ist hierzulande auch Mattscheibe. Aber nicht nur das. «Swisscom» und «Salt» haben beschlossen, den Sender aus ihrem Angebot zu nehmen. Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlagen? Keine vorhanden.

Ist es lebenswichtig, sich mit der Sicht der russischen Regierung, genauer des Kreml-Herrschers Wladimir Putin, beschallen zu lassen? Natürlich nicht, wer das tut, ist selber schuld. Sollte man aber in der freien Schweiz die Möglichkeit haben, das zu tun? Solange RT nicht klar gegen gesetzliche Bestimmungen verstösst, sollte das doch möglich sein.

«Die Swisscom hat aufgrund der ausserordentlichen Situation entschieden, Russia Today per sofort und bis auf weiteres nicht mehr auszustrahlen», lässt sich eine Sprecherin bei CH Media zitieren.

Natürlich herrschen deswegen in der Schweiz keine russischen Zustände. Natürlich sind in der Schweiz weiterhin kritische Recherchen möglich. Natürlich gibt es in der Schweiz weiterhin ein breites Informationsangebot. Natürlich kann man mit ein wenig Geschick weiterhin RT live verfolgen. Natürlich interessiert das eigentlich fast keinen.

Aber das nassforsche Vorgehen einer unter merkwürdigen Umständen ins Amt gewählten Präsidentin, die kommentarlose Übernahme durch Schweizer TV-Anbieter, das völlige Fehlen einer rechtlichen Grundlage für diese Entscheidungen, das ist leicht beunruhigend. Nein, das ist sehr beunruhigend.

 

 

 

 

 

Presseleichen

Die «Deutsche Welle» wird in Moskau rausgeworfen. Zensur, Skandal, typisch.

Die Deutsche Welle (DW) ist das Pendant zu Swissinfo. Sie wurde 1953 gegründet und ist Teil der ARD. Alleine in Deutschland arbeiten rund 3000 Medienschaffende für die DW. Sie unterhält Büros in vielen Staaten der Welt.

Dazu gehörte bis gestern auch Moskau. Das russische Aussenministerium gab bekannt, dass DW ihr Büro in Moskau schliessen muss, seine Mitarbeiter die Akkreditierung verlieren und die Übertragung in Russland auf allen Kanälen gestoppt wird.

Dagegen erhob sich allenthalben grosses Geschrei; Zensur, das sei «in keiner Weise hinnehmbar», keifte die Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Sie fügte hinzu, dass es sich im Fall von «Russia Today» (RT) um eine «völlig andere Situation» handle.

Am Mittwoch hat eine für Sendelizenzen zuständige deutsche Behörde herausgefunden, dass dem deutschen Programm von RT die «erforderliche medienrechtliche Zulassung» fehle. Und daher die Verbreitung des RT-Kanals im Geltungsbereich deutscher Gesetze vollständig verboten sei.

Glückliche Schweiz, hier kann man sowohl die DW wie auch RT weiterhin frei empfangen. Daher kann sich jeder ein Bild machen, welche Meinungen und Positionen über diese beiden Kanäle transportiert werden.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Natürlich sind sowohl die DW wie auch RT regierungsnah, um es sanft auszudrücken. Die deutschsprachige Ausgabe von RT sendet seit 2014 und verfügt über ein TV-Studio in Berlin. Bis Februar 2022 gab es dagegen keinerlei Zulassungsbedenken.

In Russland gibt es seit 2012 ein Gesetz, dass sich aus dem Ausland mitfinanzierte NGO speziell registrieren lassen müssen und diese Finanzquellen auch öffentlich machen. Das wird vielfach als Zensurmassnahme kritisiert.

RT existiert auch in den USA und sendet dort seit 2010 aus einem Studio nahe von Washington Programme in englischer Sprache. In den USA gibt es den «Foreign Agents Registration Act». Geboren in den Propagandakämpfen gegen das Dritte Reich und beibehalten im Kalten Krieg, existiert FARA bis heute und schreibt vor, «dass Personen, die in den USA politisch für ausländische Rechtspersonen tätig sind, diese Tätigkeit anmelden, dokumentieren und genehmigen lassen müssen».

2017 wurde RT (USA) dazu gezwungen, sich diesem Gesetz zu unterwerfen; seit 2018 kann RT nicht mehr im Kabelnetz empfangen werden.

Wer schon einmal versucht hat, ein Journalistenvisum für das Land of the Free zu bekommen, weiss, dass das keine kleine Unternehmung ist. Deshalb reisen bis heute die meisten Journalisten ohne ein. Das ist allerdings auch nicht risikolos.

Als es das noch gab, war es schöner Brauch, dass der Fotograf vor dem Reporter versuchte, die Immigration zu überwinden. Im blödesten Fall wurde er gefilzt und inquisitorisch gefragt, wieso er denn ein ganzes Arsenal an Fotoausrüstung mit sich führe. Standardantwort war, dass er ein begisterter Vogelfotograf sei. Brachte dann allerdings die Personenkontrolle einen Presseausweis oder einschlägige Dateien auf dem Computer zum Vorschein, konnte der Fotograf gleich wieder die Heimreise antreten.

Die Pressefreiheit liegt allenthalben auf dem Seziertisch

Das alles soll natürlich nicht ein billiges «die auch» sein. Der Streit um RT und DW beweist aber einmal mehr, dass es mit der ungehinderten Tätigkeit der Presse weltweit nicht zum Besten steht. Der alte Satz, dass im Krieg die Wahrheit zuerst stirbt, gilt inzwischen auch für oberflächlich friedliche Auseinandersetzungen.

In kriegerischen Konflikten ist es schon seit Jahren Brauch, dass sogenannte «embedded Journalists», also eingebettete Reporter, das zu sehen bekommen, was den jeweiligen Militärs passt.

Im grossartigen US-Film «Wag the Dog» gibt es die geniale Szene, wo sich die Berater eines US-Präsidenten darüber unterhalten, wie dessen absinkende Umfragewerte gedreht werden könnten. «Ich hab’s», sagt der eine, «wir sind im Krieg.» – «Ach ja» erwidert der andere, «das wüsste ich aber. Gegen wen denn?» – «Daran arbeite ich noch» sagt der erste.

Der deutsche Altkanzler meldet sich zu Wort

Hintergrund für diese Propaganda-Kriege mit gegenseitigen Zensurvorwürfen ist das besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Russland. Insbesondere wegen der Erdgaspipeline «Nordstream 2». Die ist gegen den erbitterten Widerstand der USA fertiggestellt worden und eigentlich einsatzbereit.

Den deutsche Altkanzler Gerhard Schröder verbindet eine Männerfreundschaft mit dem russischen Präsidenten Putin, den er schon mal als «lupenreinen Demokraten» bezeichnete, was ihm seither als Zitat nachläuft. Zudem ist Schröder gegen gutes Geld im Aufsichtsrat von russischen Staatsfirmen vertreten. Währenddessen duckt sich der neue deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz weg, was den Ukraine-Konflikt betrifft.

In all diesem Schlamassel ist weder die Verweigerung der Ausstrahlung von RT in Deutschland, noch die Schliessung des DW-Büros in Moskau ein Beitrag zur Pressefreiheit. Wobei man der Gerechtigkeit halber sagen muss, dass Deutschland diesen Kriegsschauplatz eröffnete.