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«Weltwoche»: Bier her!

Auch das gut gelaunte Blatt des gepflegten Tischgesprächs leidet unter der Hitze.

Anders ist es nicht zu erklären, dass das sonst eher nüchterne Wochenmagazin ganze 15 Seiten dem Gerstensaft widmet. Das hat sicherlich überhaupt nichts mit diesen beiden Inseraten zu tun:

Nachdem das geklärt ist, können wir uns dem weniger flüssigen Inhalt widmen. Roger Köppel ist mal wieder begeistert. Das merkt man daran, dass er von «Viktor Orbáns grosser Rede in Dallas» schwärmt. «Hervorragend, selbstbewusst und humorvoll» habe der ungarische Autokrat für die «Werte des Westens plädiert: Christentum, Freiheit, traditionelle Familie, tiefe Steuern».

Freiheit und tiefe Steuern könnte man gelten lassen. Hier wird’s dann aber düster mittelalterlich: «Wir müssen unseren jüdisch-christlichen Lehren vertrauen», rief Orbán den Republikanern zu, «denn diese Lehren helfen uns zu entscheiden, welche unserer Handlungen gut und welche böse sind». Wer an Gott glaube, könne kein Rassist sein», zitiert Köppel zustimmend.

Ein Ayatollah hätte das auch nicht besser formulieren können, allerdings hätte er eher an Mohammeds Lehren gedacht. Wer an Gott glaubt, war und ist so was von einem Rassisten. Was Millionen und Abermillionen von versklavten, missbrauchten, wie Vieh behandelten und abgeschlachteten Menschen in Lateinamerika und Afrika und Asien bezeugen, alles mit dem Segen, dem Einverständnis und der gottesfürchtigen Legitimation der christlichen Kirche, dieser ältesten Verbrecherorganisation der Welt. Vielleicht sollte Köppel, der ja viel liest, nur ein paar Bände von Karlheinz Deschners Lebenswerk «Kriminalgeschichte des Christentums» lesen.

Hier merkt man wieder schmerzlich, dass der WeWo Checks and Balances fehlen, denn niemand konnte Köppel davon abhalten, diese im Übrigen eher mässige, demagogische und effekthascherische Rede auf vier Seiten abzudrucken. Bier her, kann man da nur sagen.

Dann geht’s erwartbar weiter. Copy/paste-King Urs Gehriger erregt sich über «Amerikas politisierte Justiz». Natürlich meint er die Razzia bei Donald Trump zu Hause, die sei «beispiellos», «Geheimniskrämerei», wieso sage der FBI-Chef nix? Der übrigens noch von Trump höchstselbst ernannt worden war, der Schlingel.

Weil auch Gehriger nicht mehr weiss als alle anderen, nämlich nix, spielt er dann «wieso der, aber der und die nicht?» Also wieso Trump und nicht Hunter Biden, der dubiose Sohn des amtierenden Präsidenten? «Für Hillary Clintons Hetzkampagne gegen Trump hat sich das FBI nie interessiert», klagt Gehriger. Um gleich zum Schluss zu kommen, dass sich der Eindruck bei vielen Amerikanern bestätige, «dass die US-Justiz nicht nur auf einem Auge blind ist, sondern aus politischen Motiven agiert». Das ist dann schlichtweg andersrum blöd als der Kommentar von Tamedia-Münger. Sollen die beiden doch mal ein Bier trinken gehen.

Aber für bösartige Qualität sorgt wie meist dann Christoph Mörgeli. Er nimmt sich die «gefährlichste Denkfabrik der Schweiz» vor. Übertriebene Ehre für Foraus, aber dass hier Bundesbeamte mitschreiben und der Haufen mit 120’000 Steuerfranken subventioniert wird, sind zwei schöne Giftpfeile. Über die mangelnde Eignung der Co-Geschätfsführerin Anna-Lina Müller konnte man hier schon lesen.

Gerecht wie Salomon haut Mörgeli dann auch noch ihrer Kollegin Sanija Ameti eins über die Rübe. Auch über diese Flop-Königin war hier schon zu lesen. Mit seinen giftigen Bemerkungen hat sich Mörgeli gleich eine genauso giftige Reaktion eingefangen. Denn auch Libero ist kein Kind von Traurigkeit:

Mit solchen spätpubertären Scherzen verspielt die einstmals erfolgreiche Lobbytruppe ihr Renommee.

Wir wissen nun nicht, ob Mörgeli gläubig genug ist, um Rassist zu sein. Ihn aber wegen dieser Polemik als solchen zu bezeichnen, ist schlichtweg dumm.

Es folgt Erwartbares und Wiedergekäutes, «Die scheinheilige Supermacht» USA, auch Gehriger macht im Spielchen mit «Journalisten interviewen Journalisten» und will sich in den gleichen Sessel gesetzt haben, den zuvor noch Richie Sunak gewärmt habe, einer der beiden Spitzenkandidaten um die Nachfolge von Boris Johnson. Doch der war schon wieder weg, also interviewt Gehriger seinen Kollegen Charles Moore vom «Spectator». Damit sich die Reise nach London auch gelohnt hat, auf drei Seiten. Erkenntnisgewinn?

Aber, sonst wär’s ja nicht die WeWo, die Erinnerung an Hellé Nice, Aktmodell, Nackttänzerin und Rennfahrerin, grossartig. Hier leuchtet das Blatt auch hell, denn als nächstes kommt «Ukraines polnische Gespenster», eine gewinnbringende historische Einordnung des Verhältnisses zwischen Polen, Russland und dem Land, das heute Ukraine heisst. Erkenntnisgewinn:

Auf kulturellem Gebiet kann der WeWo schon seit Längerem höchstens noch die NZZ das Wasser reichen. Ein Jean-Martin Büttner in Bestform über Reggae, Bob Marley und kulturelle Aneignung. Das Feuilleton von Peter Weber ist jedes Mal ein Genuss. Intelligent, der Platz ist gut verwaltet, Aktuelles und Interessantes im Wechselspiel. Vielleicht fand deswegen das Gejammer von Milosz Matuschek ausserhalb statt. Der erzählt nochmal, als Teaser für sein Buch zum Thema, die leidige Geschichte nach, wie er als NZZ-Kolumnist abserviert wurde. Sicher kann man ihm da keine allzu grosse Objektivität unterstellen. Richtig Liga Ameti (die mit dem Sprung vor Rodins Höllentor) wird’s allerdings bei der Bebilderung. Da sehen wir Matuschek auf einem Steinbänkchen mit der NZZ in der Hand. Er schaut links nach oben, wo ein Denkmal von Victor Hugo thront. Man spürt die Absicht und ist verstimmt: ich, Matuschek, bin schon deutlich kleiner als der. Aber irgendwie spiele ich doch in der gleichen Liga. Tut er aber nicht. Um die Proportionen zu wahren, hätte man ihn so schrumpfen müssen, dass man ihn nur mit Lupe und hoher Auflösung erkannt hätte.

Ab «Leben heute» seichtelt es etwas vor sich hin; mit einzelnen Ausnahmen sind die Texte einfach zu platt und flach geschrieben, als dass Lebensfreude aufkommen könnte. Und bei allem Verständnis für die Massage von Werbekunden, was soll so ein Lead? «Niemand braucht ein Auto wie den Porsche Cayenne Turbo GT. Zum Glück wird es trotzdem gebaut.» Niemand braucht so einen Text, zum Pech des Lesers wird er trotzdem gedruckt.

Das gilt auch für den «Werber des Jahres», der offenbar das Pech hatte, in einem All-Inclusive-Hotel auf Mallorca zu landen. Dabei hätte er sich problemlos ein schnuckeliges Artsy-Fartsy-Designerjuwel-Boutique-Hotel leisten können, in dessen Stühle schon Philipp Starck persönlich furzte.

Aber so bleibt David Schärer nur, «Grüsse aus der Mittelschichts-Hölle» auszurichten: «Es herrschte rastlose Ereignislosigkeit.» Am Buffet habe er doch tatsächlich «an Sartre gedacht: «L’enfer, c’est les autres» (die Hölle, das sind die anderen).» Nett von ihm, dass er des Französischen nicht so mächtige Leser gleich mit der Übersetzung beglückt. Nur fragen die sich vielleicht: wer ist Sartre, war das ein Kämpfer gegen schlechten Buffet-Frass? Und wenn man schon beim Fragen ist: wieso hat sich der Geizhalz diese Hölle angetan? Und ob er in der Lage wäre, ohne zu googeln zu sagen, aus welchem Buch das stammt und worum es darin geht?

Damit überspringen wir das EMS-Chemie-Kreuzworträtsel und sind auf Seite 100, also am Schluss angelangt. Himmel und Hölle liegen in der «Weltwoche» wirklich nahe beieinander.

Tartuffe lebt

Heucheln ist auch eine Kunst.

Tamedia-Redaktor Christian Zürcher verurteilt in einem Kommentar «zu 1.-August-Reden» einen Vorfall scharf. Der SVP-Nationalrat «Roger Köppel durfte seine 1.-August-Rede in Spreitenbach AG nicht halten, sie wurde vom Gemeinderat gestrichen. Wegen eines anonymen Drohbriefs mit konkreten Gewaltandrohungen.»

Das sei eine ganz schlechte Entwicklung, moniert Zürcher: «Die Diskussionskultur verroht.» Gerade der 1. August stehe doch dafür, «dass man andere Meinungen zulässt. Dass man diese anhört. … Das sind Grundpfeiler unseres Zusammenlebens, das gebietet der Respekt vor unserer Demokratie.»

Hört sich wunderbar an, als hätte Zürcher dafür geübt, selber eine salbungsvolle Rede zum Nationalfeiertag halten zu dürfen. Aber schnell ist’s dann auch mit diesem toleranten Tonfall vorbei.

«SVP-Präsident Marco Chiesa sagte in einer 1.-August-Rede, dass man Universitäten die Steuergelder streichen müsse, wenn diese «freiheitsfeindlichen Gender-Woke-Unsinn» verbreiten. Der Präsident der grössten Partei der Schweiz zeigt damit seinen fragwürdigen Umgang mit Andersdenkenden.»

Das mag so sein, aber wieso kehrt denn der grosse Anhänger von Zulassen und Anhören von anderen Meinungen nicht vor seiner eigenen Türe? Zürcher arbeitet doch für ein Blatt, in dem sein Kollege Andreas Tobler schon mal einen Mordaufruf gegen ebendiesen Roger Köppel verniedlichte. Er arbeitet doch für ein Blatt, das regelmässig rechtspopulistische Hetze und üble Demagogie der Rechten im Allgemeinen verurteilt. In diesem Zusammenhang fällt häufig auch der Name Köppel.

Wenn Zürcher die Verrohung der Diskussionskultur beklagt, wieso klagt er da sein eigenes Organ nicht an? Was hält er vom untauglichen Versuch zweier Kollegen, den Abgang eines Kolumnisten von der WeWo gleich zu einer Massenflucht hochzuschreiben? Wann gab es in seinem Organ denn das letzte Mal einen offenen Schlagabtausch von unterschiedlichen Meinungen über beispielsweise die richtige Bekämpfung der Pandemie? Über die Sinnhaftigkeit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland? Über den Gender-Wahnsinn oder Rasta-Raserei? Über die 10-Millionen-Schweiz? Dürfte bei Tamedia ein grantelnder Kolumnist auch auf zwei Seiten die Gründe für seinen Abgang darlegen?

Fällt Zürcher wirklich nicht auf, dass der von Tamedia so oft gescholtene Köppel in seinem Blatt ein viel breiteres Meinungsspektrum zulässt als das Zentralorgan der Gutmenschen, der woken, gendersensiblen, Zwangsimpfungsbefürwortern, die für Kritiker und Skeptiker nur das schöne Wort «Corona-Leugner» parat haben? Die differenzierende Meinungen zum Ukrainekrieg als Äusserungen von «Putin-Verstehern» abtun?

Die also einen wesentlichen Beitrag zur Verrohung der Diskussionskultur leisten. Eigentlich ist’s doch peinlich. Würde Tamedia tatsächlich diese liberale Diskussionskultur pflegen, dann wäre es doch durchaus möglich, dass sich Zürcher auch kritisch über sein eigenes Blatt äussern könnte.

Statt sich wohlfeil darüber aufzuregen, dass feige anonyme Drohschreiben ausreichen, um einen SVP-Nationalrat von einer 1.-August-Rede auszuladen. Statt diese Verrohung am Beispiel SVP-Köppel zu beklagen, um dann gleich SVP-Chiesa eine reinzubrennen. Denn so sieht offenbar die Ausgewogenheit à la Tamedia aus: wenn wir etwas ansatzweise Positives zu einem SVP-Exponenten sagen, müssen wir sofort etwas Negatives über einen anderen schreiben.

Rufmord am Rufmord

Was Andreas Tobler kann, muss man erst mal hinkriegen.

Der Tamedia-Redaktor entwickelt sich zum Spezialisten für Hinrichtungsversuche.  So arbeitete er sich bereits am NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer ab. Schon bevor der überhaupt sein Amt angetreten hatte, wusste Tobler:

«Als jetziger Chefredaktor bei einem Boulevardmedium wie Blick TV widerspricht Projer auch dem Qualitätsanspruch der «NZZ am Sonntag» – und der linksliberalen Positionierung des Blattes.»

Tobler selbst entspricht nun überhaupt keinem Qualitätsanspruch. Er schreibt unter jedem Niveau, beschönigte auch schon mal einen Mordaufruf gegen den WeWo-Chefredaktor Roger Köppel.

Aktuell arbeitet sich Tobler am neuen Internetradio «Kontrafunk»* ab. Das tat schon eine Reporterflasche des SoBli. Der spürte dem Redaktionssitz in Cham nach und entdeckte tatsächlich einen Namenskleber auf einem Briefkasten. Allerdings scheiterte der Investigativjournalist daran, die Büroräumlichkeiten aufzufinden. Unter Lebensgefahr drang er in ein Bürogebäude ein und fotografierte leere Zimmer und einen leeren Gang.

Wo solche Grosstaten des Schmierenjournalismus vollbracht werden, kann Tobler nicht fehlen. Wenn ein Journalist Unsinn schreibt und dem widersprochen wird, dann schreibt der nächste Journalist natürlich: «Kontroverse um Internetradio». Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Körnchen Wahrheit. Das besteht hier aus einem Satz:

«Gegründet wurde das Radio vom 65-jährigen Journalisten Burkhard Müller-Ullrich, einem Schweizer Staatsbürger, der in seiner Berufslaufbahn für verschiedene Medien gearbeitet hat. Zuletzt moderierte er als freier Mitarbeiter eine Diskussionssendung beim SWR.»

Wobei, die Erwähnung der letzten Tätigkeit unterschlägt die jahrzehntelange Radiokarriere von Müller-Ullrich. Aber item, schnell wird es aschgrau: «Das Zielpublikum vom Sender scheint vor allem in Deutschland zu leben, wenn es nach den thematischen Schwerpunkten der bisherigen Sendungen geht. In Deutschland hat Müller-Ullrich offensichtlich gute Kontakte zu stramm bürgerlichen Publizisten, die auf Kontrafunk weitgehend unwidersprochen zu Wort kommen.»

Gäbe es bei Tamedia noch so etwas wie Qualitätskontrolle, hätte hier gefragt werden müssen: steile These, gibt es dafür wenigstens ein Beispiel, einen Namen, einen Beleg? Aber da es diese Kontrolle nicht mehr gibt …

Von aschgrau wechselt der Ton dann zu Schmiere: «Im «SonntagsBlick» wurde die Vermutung laut, Kontrafunk habe seinen Sitz in der Schweiz, um die in Deutschland geltenden Qualitätsauflagen zu umgehen.» Eine völlig unsinnige Vermutung, wie schon dem SoBli erklärt wurde. Aber das hält Tobler nicht davon ab, sie zu wiederholen.

Was schon der SoBli andeutete, muss Tobler wiederkäuen: «Die Frage nach Geldern aus der AfD drängt sich auf, da der Kontrafunk-Gründer bereits seit September 2017 Mitglied der rechtspopulistischen Partei ist. Für die Gründung von Kontrafunk erhielt Müller-Ullrich auf Facebook Applaus von prominenten Parteimitgliedern wie Erika Steinbach und dem AfD-Scharfmacher Björn Höcke.»

Gerne wüssten wir, welcher Partei Tobler angehört, denn das scheint entscheidend wichtig zu sein bei der Beurteilung journalistischer Leistungen. Wir können allerdings nur hoffen, dass weder Freiheitstrychler, noch Nicolas Rimoldi, noch Gottseibeiuns Christoph Blocher jemals einem Artikel von Tobler applaudieren. Denn dann könnte man ihn auch in die «rechtspopulistische» Ecke stellen.

Der nächste Tiefpunkt im Schaffen von Tobler folgt sogleich: «Was die Höhe des Kapitals von Kontrafunk anbelangt, das nach Medienberichten bereits auf über eine Million Franken angewachsen sein soll, sind Zweifel angebracht: Im Zuger Handelsregister und auf dem Meldeformular des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) ist für Kontrafunk nur ein Aktienkapital von 100’000 Franken eingetragen.»

Vielleicht sollte ein Wirtschaftsredaktor von Tamedia Tobler mal kurz beiseite nehmen und ihm den Unterschied zwischen Aktienkapital und Betriebskapital erklären. Aber ganz, ganz langsam, er scheint da begriffsstutzig zu sein.

Dann nimmt Tobler verschiedene Angaben über die Anzahl der Mitarbeiter zum Anlass, Müller-Ullrich «mit diesen Widersprüchen zu konfrontieren», als sei Tobler ermittelnder Staatsanwalt. Dabei ist er nur ein Schreibwürstchen, schwimmend in seiner Gesinnungsblase. All das kulminiert dann zum abschliessenden Tiefpunkt:

«Angesichts der Fluktuationen und vielen Unbekannten könnte der Eindruck entstehen, dass Kontrafunk – in finanzieller Hinsicht – ein Scheinriese ist, für den Thiel seine Arbeitskraft und seinen Namen zur Verfügung stellt, mit dem er sein Büro teilt – und mit dem er nun so viel Ärger hat.» ZACKBUM wollte Tobler Gelegenheit zur Stellungnahme geben und fragte ihn unter anderem zu diesem Schluss: Glauben Sie nicht, dass man diese Zusammenstellung als Musterbeispiel für billige Demagogie in jeden Schulungskurs für angehende Journalisten aufnehmen sollte?

Aber zu niveaulosem Journalismus gehört es, als selbstverständlich vorauszusetzen, dass angefragte Personen dem Schreiber antworten. Tun sie das nicht, wird das übellaunig vermerkt. Aber selber antworten auf eine journalistische Anfrage – niemals.

Tobler kniff schon damals, als er den Mordaufruf schönschrieb, Tobler kneift auch jetzt. Wer wissen will, wie tief Journalismus sinken kann – nur Tobler lesen.

*Packungsbeilage: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer sendet gelegentlich auf «Kontrafunk».

Hilfe, mein Papagei onaniert: Der Sonntags-Salat

Wöchentlich frisch serviert. Diesmal die SoZ und der SoBli.

Mit der NZZaS hat sich ZACKBUM gerade beschäftigt. Also geben wir dem zweiten Organ der gepflegten Nachdenke, des herrschaftsfreien Diskurses und der geistigen Höhenflüge die Ehre: wir sprechen natürlich vom «SonntagsBlick».

Und lassen sogar dessen Chefredaktor in Ruhe. Denn das Wochenblatt thematisiert, was uns allen unter den Nägeln brennt:

Für ganz Gwundrige: was ist wohl das süsse Geheimnis? Wer mehr als einen Rateversuch braucht, ist disqualifiziert. Aber viel wichtiger als eine Schwangerschaft, als die U-Haft für Bersets Medienchef Peter Lauener ist die schöne Idee, einen Streit vom Zaun zu brechen. Sollte das Gas knapp werden, wer kriegt mehr ab? Industrie oder Haushalte? Was wollt Ihr, frische Gipfeli oder warme Stuben?

Der SoBli fordert seine Leser zu seherischen Höchstleistungen auf:

ZACKBUM sagt ganz klar: ja. Im Winter ist es nicht unüblich, dass man friert. Vor allem im Freien und bei Temperaturen unter null Grad. Ausser natürlich, die Klimaerwärmung verhindert das.

Endlich. Der SoBli zeigt wieder einmal, was Boulevard von fein ziseslierter Analyse in Intelligenz-Blättern unterscheidet. Wobei der Titel sogar eine gewisse kulturelle Bildung durchblitzen lässt, denn er ist eine Anspielung auf den Romantitel «Herr der Fliegen». Hier geht’s dann unzimperlich zur Sache:

Soziopath, wütend, kindisch, plump, machtgierig, skrupellos, narzisstisch. Da stünden Boris Johnson sicher die Haare zu Berge, müsste er diese vernichtende Niedermache lesen. Schön, dass es der SoBli krachen lässt. Einziger Wermutstropfen: seine eigenen Schreiber sind bereits so «metoo»-gestrählt, auf Weichspüler geeicht, können vor Rücksichtnahme fast nicht mehr geradeaus laufen, dass es einen britischen Journalisten braucht, um Johnson fertigzumachen. Dass dessen Namen darauf hinweist, dass er nicht englischer, sondern irischer Herkunft ist, macht sein Rabaukentum verständlich.

Das war die Abteilung Hellebarde und Morgenstern, nun noch zum Meister des feinen Floretts, der geschmackvollen Anspielung. Nun ist es aber leider so, dass ihm ein anderer vor der Sonne steht. Denn obwohl er selbst begnadeter Welterklärer, Ratgeber und analytischer Einordner ist, steht da Erich Gysling, «ein weiser alter weisser Mann», im Scheinwerferlicht. Wird interviewt, befragt, in Funk, Fernsehen und auch im Print. Das weckert ungemein, also nimmt beleidigte Leberwurst Frank A. Meyer ein Kurzzitat unter die Lupe. Gysling sagte nämlich: «Der Westen glaubt, er stehe für gute Werte. Vielerorts sieht man das ganz anders.»

Ist das so, fragt Meyer rhetorisch, gibt es neben westlichen Werten auch andere, südliche, östliche zum Beispiel? Obwohl man den armen Gysling dort eher nicht verorten kann, schimpft Meyer drauflos: «Exakt darauf zielt die Infragestellung der westlichen Wertewelt durch die akademische Kulturlinke: Ihr marxistisches Fortschrittsprojekt ist gescheitert.» Nimm das, Gysling, du Kulturlinker mit gescheitertem Projekt.

Denn sind westliche Werte nur westliche Werte? Keinesfalls, behauptet Meyer, so sei beispielsweise der Kantsche Imperativ, also der Stehsatz von jedem, der sich das Mäntelchen eines philosophisch Gebildeten umhängen will, «ebenso universal wie die Erkenntnis, dass jeder Mensch als Gleicher geboren wird».

Wunderbare Formulierung, nur: als Kant diesen angeblich universal gültigen Imperativ formulierte, wäre es weder ihm noch den meisten Denkern seiner Zeit auch nur im Traum eingefallen, Frauen, Schwarze, fremde Völker im Allgemeinen als «Gleiche» anzusehen.

Aber statt sich um solche Kleinigkeiten zu kümmern, rauscht Meyer eine Baustelle weiter und wirft Kraut, Rüben, Gerübeltes und Gequirltes zusammen: «Mit der Idealisierung der «Edlen Wilden» aus dem «globalen Süden», die für jungfräuliche Reinheit stehen, tarnt die Rousseau-romantische Linke ihr reaktionäres Revoluzzertum und die Gegenaufklärung als hippe Rebellion gegen die verachtete Bürgerlichkeit.»

Nein, lieber Leser, weder aus poststrukturalistischer Sicht, noch unter Zuhilfenahme der Luhmannschen Systemtheorie, auch nicht mit Lacan oder Baudrillard, lässt sich das verstehen, selbst Sloterdijk würde sich vergeblich das zerzauste Haupthaar raufen – wir alle verstehen Meyer nicht.

Vielleicht versteht er auch sich selbst nicht, denn zum Schluss kommt es ihm in den Sinn, dass er doch eigentlich Gysling eine reinwürgen wollte. Also kommt er darauf zurück:

«Der hochverehrte Kollege Erich Gysling hat in besagtem Interview noch einen weiteren einprägsamen Satz formuliert: «Wir im Westen glauben immer, die ganze Welt ticke ungefähr so wie wir. Jetzt sehen wir: Das stimmt nicht.» Weil nicht die ganze Welt tickt wie wir, muss die westliche Welt – die offene Gesellschaft – auch für jene Menschen mitticken, die nicht so leben können, die nicht so leben dürfen wie wir. Die Freiheitsfahne flattert im Westen – aber sie flattert für alle.»

Hier verlassen wir den mittickenden Flattermann Meyer und wenden, leicht unfair, ein abgewandeltes Zitat auf ihn an. Denn er ist wohl der Meinung, am universalen westlichen Wesen müsse die Welt genesen. Aber die Zeiten dieser eurozentristischen Weltsicht sind, ausser bei einigen alten, weissen Männern, schon längst passé.

Als Absackerchen diesmal die «SonntagsZeitung». Beginnen wir mit einem bedenkenswerten Satz der Kriegsgurgel Arthur Rutishauser in seinem aktuellen Editorial:

«Würde der Westen die Ukraine fallenlassen und zu einem Diktatfrieden zwingen, nähmen wir die Kriegsverbrechen der Russen hin. … denn auch bei uns rufen Populisten wie Roger Köppel bereits dazu auf, möglichst rasch einen Frieden auszuhandeln, egal ob wir damit Putins Vorgehen legitimieren.»

Das ist so feine Demagogie, dass ZACKBUM sich fragt, ob Rutishauser das absichtlich so geschrieben hat – oder ob es Zufall war. Eigentlich niemand im «Westen», also zumindest in Westeuropa oder in den USA, was nicht ganz die ganze Welt ist, will die Ukraine «fallenlassen». Niemand will sie zu einem «Diktatfrieden zwingen». Nun kommt der Höhepunkt der Demagogie, er steckt in dem Wörtchen «denn». Damit wird ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Forderung Köppels –möglichst schnell Frieden aushandeln – und einen die Kriegsverbrechen legitimierenden Diktatfrieden hergestellt.

Logische Schlussfolgerung: Köppel fordert einen Diktatfrieden, der die russischen Kriegsverbrechen hinnähme. Nicht schlecht für den Chefredaktor eines sogenannten Qualitätsmedienkonzerns.

Der ukrainische Ministerpräsident Denis Schmihal füllt in der SoZ problemlos die Lücke, die durch die Abberufung des ukrainischen Botschafters Melnyk entstand: «Die ganze zivilisierte Welt unterstützt uns.» Konkret unterstützen rund 35 Staaten die Ukraine. Damit will Schimhal offenbar sagen, dass die anderen 165 Staaten der Welt von unzivilisierten Wilden bewohnt oder regiert werden. Und ob sich der Regierungschef mit folgender Aussage noch im Streubereich einer realistischen Weltsicht befindet?

«Unsere Waffen schweigen erst, wenn wir das gesamte ukrainische Territorium zurückerobert haben.»

Das scheint doch, mit Verlaub, so wahnhaft wie der Glaube an einen deutschen Endsieg im Jahre 1944.

Aber, das sei erwähnt und gelobt, die SoZ bietet dem Gottseibeiuns Roger Köppel tatsächlich die Plattform eines grossen Interviews. Das auch der Chefredaktor höchstpersönlich führte. Wenn er allerdings in seinem Editorial so nachtreten muss, ist anzunehmen, dass er im Interview selbst sich den rhetorischen Fähigkeiten Köppel unterlegen fühlte.

Sonst nichts Nennenswertes. Höchstens, dass der «Gesellschaft»-Bund sich offenbar entschlossen hatte, einem Leitmotiv zu frönen. Denn durch faktisch alle Artikel mäandert sich das gleiche Wort. Sie handeln nämlich von Problemhunden, Problemkörpern, Problemgrillieren, Problemlieben und Problemportionen.

Schade, dass der Problembär fehlt.

Balken im Auge

Tamedia hämt gegen Köppels «Weltwoche». Ziemlich betriebsblind.

Andreas Tobler und Sandro Benini haben sich zusammengetan, um eine Breitseite gegen die «Weltwoche» abzufeuern:

Tobler hat eine lange Tradition als Köppel-Missversteher und -hasser. Er äusserte sich schon verständnisvoll zu einem angeblich künstlerischen Mordaufruf gegen den Chefredaktor, als es ein Brachial-Polemiker schick fand, «Roger Köppel tötet. Tötet Köppel Roger» zum Besten zu geben. Das Strassenmagazin «Surprise», das diese Schweinerei veröffentlichte, entschuldigte sich immerhin dafür. Tobler nicht.

Nun wollen Benini und Tobler den lautstarken Abgang des deutschen Publizisten Henryk M. Broder nützen, um eine Massenflucht aus der «Weltwoche» herbeizuschreiben.

Wie häufig, wenn Recherchierkünstler bei Tamedia (oder bei der «Republik») «recherchieren», wird’s allerdings schnell sehr dünn. Auch Claudia Schumacher habe «zwei Wochen nach Kriegsausbruch» bei der WeWo aufgehört. Ihre ausgeleierte Beziehungskolumne schreibt die begabte Selbstvermarkterin nun – bei Tamedia weiter.

Nun kann sie diesen Wechsel in wenigen Tagen gedeichselt haben. Oder aber, sie wollte schon länger eine grössere Plattform für ihre Plattitüden. Selbst sagt sie nichts, müssen die Autoren bedauernd festhalten. Aber man darf doch insinuieren …

Dann hätten wir den Kriegsreporter Kurt Pelda. Der habe im Juni zu CH Media «gewechselt», schreibe aber «weiterhin als freier Mitarbeiter» für die WeWo. Doch seine Artikel zeigten, dass er «Köppels Putin-freundlichen Kurs nicht mitträgt». Schon persoenlich.com versuchte, aus diesem Wechsel einen Tritt gegen Köppel herbeizuschreiben. ZACKBUM macht dann das, was diese beiden Recherchiergenies offensichtlich unterliessen: wir fragten bei Pelda nach. Und der gab Entwarnung. Aber wieso soll man sich durch unnötiges Recherchieren eine schöne Verleumdung kaputtmachen lassen.

Was kriegt Tobler, einer der übelsten Konzernjournalisten bei Tamedia, sonst noch gebacken? Zusammen mit Benini hat er eine Kollektion von tatsächlich fragwürdigen Köppel-Äusserungen zum Thema Putin und Russland zusammengestellt. Das wäre durchaus Anlass zu Kritik, aber der Tamedia-Thesenjournalismus will ja einen Massenexodus bei der WeWo herbeischreiben.

Leider wird man ausser bei Broder nicht fündig. Obwohl die beiden Schreibhelden inquisitorisch bei weiteren Kolumnisten der WeWo nachgefragt haben. Zuvorderst beim Genossen Peter Bodenmann. Aber im Gegensatz zu den beiden Tamedia-Inquisitoren sieht der es locker: «Wenn man im Zentralorgan der rechts vorherrschenden Dummheiten wöchentlich Widerspruch anmelden kann, muss man dies tun. Wo denn sonst?» Auch Peter Rothenbühler lobt die WeWo als «eine Insel», auf der immer noch möglich sei, was bei Ringier aus Gründen der «Diversity» untersagt sei. Kolumnist Zimi unterstreicht: «In der «Weltwoche» darf jeder schreiben, was er will.» Dem schliesst sich auch Jean-Martin Büttner an, der bei Tamedia aufs Übelste gekübelt wurde.

Den beiden Lohnschreibern im Dienste ihres Arbeitgebers kann man nur ein Jesus-Zitat vorhalten: «Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?» Damit ist gemeint: In der WeWo muss man nicht mit dem Chefredaktor und Verleger übereinstimmen, um dort publizieren zu dürfen. In der WeWo darf man ihn sogar im eigenen Blatt scharf kritisieren. Das schätzen viele Autoren, die dort publizieren.

Bei Tamedia wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, eine von der offiziellen Linie abweichende Meinung zu Russland, der Ukraine, Corona, der EU oder vielen anderen Themen zu publizieren. Weder Tobler noch Benini noch sonst jemand käme auch nur im Traum auf die Idee, einen kritischen Kommentar zu Supino, Rutishauser oder die Familie Coninx und ihre Bildersammlung zu schreiben.

In eigener Sache sind sie Eunuchen, aber statt zu loben, dass in der WeWo ein Kolumnist sogar auf zwei Seiten mit diesem und jenem abrechnen darf, um am Schluss seinen Abgang zu verkünden, regen sich die zwei Heuchler fürchterlich über die Ansichten des dortigen Chefredaktors auf. Das ist erlaubt, aber Köppel hätte sogar diesem Duo Infernal sicherlich die Möglichkeit zu einer Kritik in den Spalten der WeWo gegeben – hätten die beiden nur gefragt.

Stattdessen machen sie sich öffentlich lächerlich, indem sie den Abgang eines einzigen Kolumnisten zu einem Massenexodus hochschreiben wollen. Im gleichen Sinn und Geist wie die «Republik» mit ihrem Schwachsinn über die «Info-Krieger» ohne jeden Beleg. Es ist geradezu widersinnig: indem sie der WeWo ans Schienenbein treten wollen, erweisen sie der Reputation und Glaubwürdigkeit von Tamedia einen Bärendienst. Trost kann nur darin liegen, dass das Renommee dieser Blätter bereits dermassen angeknackst ist, dass es auf einen weiteren Anschlag auch nicht mehr ankommt.

Konzern- oder Schmierenjournalismus nennt man das, üble Haltungs- und Gesinnungsschreibe, eine Schandtat, für die sich jeder anständige Redaktor eigentlich schämen müsste. Ausser, er arbeitet für Tamedia und ist in dieser Hinsicht völlig schmerzfrei.

 

Sie ist eine Echse!

Die «Republik» glaubt an Science Fiction.

Man sieht doch das Böse im Gesicht dieser Frau. Oder nicht? Angeblich soll es sich um die Schauspielerin Jane Badler handeln. Offenbar erinnern sich einige Mitarbeiter der «Republik» an die SciFi-Serie «V – die ausserirdischen Besucher kommen». In den 1980er-Jahren erschreckte dieses Weltraummärchen so manchen Zuschauer.

Die Story: über der Erde erscheint eine Flotte von UFOs. Die Besatzung behauptet, man käme in friedlicher Absicht. Das humanoide Aussehen der Ausserirdischen täuscht aber. In Wirklichkeit haben sich eklige Reptilien so verkleidet, und diese Kommandantin Badler wird dabei beobachtet, wie sie gelegentlich eine Maus verspeist – die sie mit ihrer gespaltenen Reptilienzunge fängt. Brr.

Badler, immer noch mit Maske, im Jahr 2014.

Ein Redaktor der «Frankfurter Rundschau» erinnert sich schreckensbleich an sein TV-Erlebnis als Jugendlicher: «Die Aliens im feschen Dress verstehen sich gut auf das Manipulieren der Medien, gründen gar eine Jugendorganisation, reißen immer mehr Menschen in ihren Bann, die die Besucher und ihr Symbol frenetisch feiern.»

Aber glücklicherweise entsteht auf der Erde tapferer Widerstand, ihr an Hauswände gespraytes «V» für Victory wird zum Symbol der menschlichen Resilienz gegen solche Verführung.

Daran haben sich offensichtlich die Verschwörungstheoretiker von der «Republik» erinnert. Das Organ zur Rettung der Demokratie eröffnet nochmals den Kampf gegen Raubreptilien. Genauer gegen Menschen, die an solche Reptilien glauben. Und gegen Menschen, die sie daran glauben lassen wollen. Vielleicht wird diesmal der Buchstabe R an Wände gesprayt. R wie Reptilien. Wie Resilienz. Wie «Republik».

Das ist die dialektische Weiterentwicklung des Serien-Plots. Dank der «Republik» wissen wir nun, dass finstere Verschwörer wie Roger Köppel, Markus Somm oder Stefan Millius den Glauben an solche Echsenmenschen befördern. Nicht etwa jeder für sich. Sondern alle zusammen ziehen da am gleichen, nun ja, Echsenschwanz.

Am Schluss dieser abstrusen Behauptung will die «Republik» noch einen Funken Hoffnung versprühen, nachdem sie den schreckensbleichen Leser auf eine zweiteiligen «Reise ans Ende der Demokratie» mitgenommen hat. Aber immerhin, Echsen müssten sich gelegentlich häuten, weiss die «Republik». Lasst uns also Ausschau halten nach Reptilienhäuten in der Umgebung dieser Verschwörer.

Allerdings hat das Hauptquartier der Reptilienrecherche für den riesenlangen Riemen über angeblich konspirierende «Infokrieger» zwar rund 30 namentlich genannte Reptilien-Verführer und ein gutes Dutzend ihrer Organe denunziert, dafür aber lediglich mit einem einzigen solchen Krieger gesprochen.

Wieso wiederholen wir das? Ganz einfach: damit hat die «Republik» die Reise ans Ende des Journalismus absolviert. Ihre früheren, geplatzten Versuche, mit angeblichen Skandalen Aufmerksamkeit zu erregen, ihre Drohungen mit Selbstmord, das ist alles Pipifax im Vergleich zu diesem brüllenden Wahnsinn.

Journalismus hat als Fundament Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Das erwirbt man sich, indem man anständig, so faktentreu und so akkurat wie möglich berichtet. Dabei sorgfältig auf eine Trennung von Faktenbeschrieb und Kommentar achtet. Zum Anstand gehört auch, namentlich Kritisierten und Denunzierten die Möglichkeit zur Replik zu geben.

Wer all das nicht tut, hat sich von der Welt des ernstzunehmenden Journalismus verabschiedet. Damit wurden schon wieder viele Millionen zum Fenster rausgeschmissen. Damit ist die «Republik» zu einem Sektenorgan für gläubige Haltungsmenschen verkommen, die keine «Expeditionen in die Wirklichkeit» lesen wollen, sondern fiktionale Märchenerzählungen, wo die Welt hinter Wille und Wahn verschwindet.

Kein Anlass für Frohlocken, denn das ist ein Trauerspiel.

Gähn: Ein Nicht-Ereignis

Die «Weltwoche» unter scharfer Beobachtung.

Für die Verschwörungstheoretiker von der «Republik» gehört die WeWo zu einem Netzwerk rechter «Info-Krieger». Das kann man nicht ernst nehmen. Aber das Blatt kann stolz darauf sein, dass es unter scharfer Beobachtung der Kollegen steht.

Normalerweise ist es denen eine Notiz wert, wenn ein neuer Autor anheuert. Das wird dann gerne dem staunenden Publikum mitgeteilt. In der irrigen Annahme, dass den Leser auch interessiert, was den Journalisten brennend beschäftigt. Aber leider ist es in Wirklichkeit so, dass es dem Konsumenten schwer an einem gewissen Körperteil vorbeigeht. Genauso wie Beschreibungen der inneren Befindlichkeiten von Schreibern. Genauso wie deren ordnende Ansichten und Meinungen zu den Weltläufen. Genauso wie deren Ratschläge, wie die Welt besser werden könnte, würde man nur auf den Schreiberling hören.

Die WeWo-Beobachtung hat gerade einen neuen Höhepunkt erreicht. Sie kann berichten, dass ein Autor nicht mehr für das Magazin schreibt. Für einmal sind sich «Blick» und NZZ ganz nahe. Das Boulevardblatt vermeldet:

Und das Blatt für die gehobenen Stände echot:

Nun werden von beiden Gazetten die Wortmeldungen des deutschen Kolumnisten Henryk M. Broder prinzipiell mit Missachtung gestraft. Schliesslich gehört er zu den Mitbegründern von «achgut.de», der ironisch so genannten Achse des Guten. Hier schreibt eine bunte Truppe gegen den Strom, angeführt von Dirk Maxeiner und eben Broder. Die meisten dieser Autoren würden von der «Republik» ohne zu zögern der grossen, rechten Medienverschwörung zugeschlagen werden. Ja, es gibt auch ein paar Beitrage von René Zeyer hier, wie in der WeWo.

Nun hat aber der langjährige WeWo-Kolumnist Broder mitgeteilt, dass er nicht mehr für die WeWo schreiben wird. Dafür holt er auf zwei Seiten aus – in der WeWo, notabene:

Sein Einstieg ist recht eigen, um nicht zu sagen merkwürdig. Alle, die es wagen, darauf hinzuweisen, dass der Ukrainekrieg wie eigentlich alles eine Vorgeschichte habe, «rechtfertigen die russische Intervention unausgesprochen, aber unüberhörbar». Auch ZACKBUM hat sich schon zur Vorgeschichte und weiteren Umständen geäussert, was aber niemals eine Rechtfertigung des russischen Überfalls ist. Wenn Broder fordert, man dürfe darüber nur ahistorisch schreiben, der Jetztzeit verhaftet, dann begibt er sich damit ausserhalb des vernünftigen Diskurses.

Zusätzlich störend an dieser Position ist, dass er selbst keine Gelegenheit auslässt, aktuelle Ereignisse mit der braunen deutschen Vergangenheit zu verbinden und unermüdlich an Judenverfolgung und Holocaust erinnert. Das ist sein gutes Recht, das aber gleichzeitig im Fall der Ukraine denunzieren?

Nach längeren Ausführungen, die mehr mit Deutschland und an ihn gerichteten Zuschriften als mit der WeWo zu tun haben, kommt er im letzten Absatz ansatzlos zu folgendem Fazit:

Putin-Versteher ist ein böses Wort, das normalerweise als Kampfbegriff allen entgegengeschleudert wird, die nicht in den Chor der Putin-Verdammnis einstimmen. Es gibt zwar tatsächlich Autoren mit zu grosser Putin-Nähe, und Köppel hat es mit der unreflektierten «Gegen den Strom»-Titelgeschichte «Der Missverstandene» punktgenau zum Kriegsausbruch mal wieder geschafft, mit beiden Füssen in den Fettnapf zu springen.

Dieser Abgang Broders ist nun der NZZ und dem «Blick» je einen länglichen Artikel wert. Die widerspiegeln mehr die Befindlichkeit der Autoren, den Hass, vielleicht auch den Neid auf die WeWo – als dass sie einem Informationsbedürfnis des Lesers nachkämen. Wenn bei der NZZaS die halbe Mannschaft des «Hintergrund» von Bord geht, die unablässigen Abgänge beim «Blick», das ist den Gazetten natürlich keine Zeile wert. Aber wenn ein einziger Kolumnist bei der WeWo aus Protest hinschmeisst, dann wird berichtet.

Was die Kritikaster in erster Linie dabei übersehen: niemals könnte das in ihren eigenen Blättern geschehen. Ein Kolumnist des «Blick», der im «Blick» erklärt, wieso er wegen diesem oder jenem nicht mehr für das Blatt schreiben wird? Undenkbar. Ein Mitarbeiter der NZZ, dem man eine Seite einräumt, um seine Motive darzulegen, wieso er unter Gujer nicht länger schreiben will? Unvorstellbar.

So ist der Abgang Broders kein Armutszeugnis für die WeWo. Aber die Berichterstattung darüber schon.

 

Rettet die Welt!

Denn sie ist schlecht. Aber die «Weltwoche» weiss Abhilfe.

Ihre aktuelle Ausgabe ist wieder einmal voller Hiobsbotschaften. Und leider nur sehr wenigen Hoffnungsschimmern. Noch seltener sind Ratschläge, wie denn die Welt besser werden könnte.

Gleich einleitend berichtet ein gewisser «R.K.» von seinen Erlebnissen in Dubai. Viel Sand dort, da wird ihm «schlagartig bewusst: alle diese Länder möchten sein wie die Schweiz». Passend dazu trifft er einen Riesengeschäftsmann, der sich vor zehn Jahren entschied, in der Schweiz zu leben. Aber, Himmels willen: «Heute überlegt sich der Unternehmer, ob er in der Schweiz bleiben soll.» Denn die ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Banges Fazit: «Ob die Schweiz ihre über Jahrhunderte hart erkämpfte Stellung behauptet oder leichtfertig verscherzt, ist unsicherer denn je.»

Dazu passt: «Der Blackout von Skyguide ist nur das jüngste Beispiel für das schludrige Management und die Verwahrlosung der grossen Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand.» Auch das noch: Das Massnahmenpaket der Freisinnigen zur Flüchtlingskrise «zielt an der Schweizer Lebenswirklichkeit vorbei». Keine Zukunft hierzulande: «Der Nachwuchs wird mit Psychopharmaka ruhigstellt oder gar abgetrieben

Sogar Peter Bodenmann, die rote Unke aus dem Wallis, sieht schwarz: «Die Aufhebung des Mindestkurses war ein gigantischer Fehler. Die Anhebung der Negativzinsen ist ein vergleichbares Eigengoal.» Dieses Verdikt hat die WeWo so beeindruckt, dass sie es gleich zweimal wiedergibt. Auf Seite 19 und auf Seite 25 – zumindest online.

Nicht nur in der Schweiz geht’s zu wie im hölzigen Himmel: «Westen ohne Führung», beklagt Copy/paste-Meister Urs Gehriger. Grundfesten der Schweiz wanken auch: «Was ist nur mit den Bauern los?» Früher seien die erfolgreiche Lobbyisten gewesen, nun «stecken sie empfindliche Niederlagen ein».

Dafür darf dann der Chefredaktor, was halt nur ein Chefredaktor darf: ein viel zu langes Interview mit dem deutschen Schriftsteller Uwe Tellkamp führen.

Sozusagen ausser Konkurrenz läuft der Putin-Missversteher Thomas Fasbender, der endlich die uns alle unter den Nägeln brennende Frage beantwortet: «Warum hat Putin die Ukraine angegriffen?» Die Antwort ist allerdings so hanebüchen, dass wir sie dem Leser ersparen. Fehlt noch etwas? Aber klar, das Schweizer Farbfernsehen. Dazu sagt der berufene Interviewpartner Thomas Matter: «Früher war es eindeutig sachlicher und neutraler.» Früher war halt wirklich alles besser.

Ausser Konkurrenz läuft natürlich das Feuilleton der «Weltwoche», nicht zuletzt deswegen, weil Autor René Zeyer hier gelegentlich publiziert. Ab «Leben heute» wird’s dann endlich heller, aber auch seichter.

Vorher wird aber der Leser mit einer dicken Portion Pessimismus überschüttet. Einziger Lichtblick ist Christoph Mörgeli, der sich mit Lust und List an einem seiner Lieblingsfeinde abarbeitet: «Historiker Tanner vergaloppiert sich». Er schmiert ihm nochmals aufs Brot, dass der seine über 300’000 Franken in der Bergier-Kommission laut eigenen Angaben «redlich verdient» habe. Das aber, so Mörgeli, ohne eine einzige Zeile selbst verfasst zu haben. Hinterfotzige Schlussfolgerung von Mörgeli: «Um seine Haut zu retten, unterstellt Tanner indirekt den wirklichen Autoren, er sei ihr Ghostwriter gewesen und habe ihnen seine Texte untergeschoben. Damit stehen diese «unabhängigen, intelligenten jungen Historikerinnen und Historiker» (Tanner) unter Verdacht, ihn plagiiert zu haben. Eigentlich müssten sie sich gegen diese ungeheuerliche Verdächtigung zur Wehr setzen

Das ist wenigstens mal eine lustvolle Polemik, voll auf die Zwölf. Ein kleines Glanzlicht in der Beschreibung einer elenden, verelendenden Welt.

 

 

«Hier läuft was falsch»

Woran merkt man, dass ein Thema erledigt ist?

Der intelligente ZACKBUM-Leser ahnt es: dann, wenn Philipp Loser noch seinen Senf dazugibt. Oder vielleicht eher seine Mayonnaise, denn seine Schreibe hat so etwas bräsig Fettes, Überflüssiges auch.

Der grosse Frauenheld, Pardon, Frauenversteher, Pardon, Kämpfer für die Gleichberechtigung, beklagt: «Gleichstellung? Jetzt grad nid!» Schwer zu sagen, welche Schweizer Dialekt hier durch besondere Frauenfeindlichkeit auffällt. Schon der erste Satz erschliesst sich in seinem Sinn dem Leser nicht wirklich: «Wir leben in einer aufgeklärten Gesellschaft, es ist das Jahr 2022, doch wenn Roger Köppel nach der Debatte über das neue Sexualstrafrecht im Ständerat twittert «Jede grosse Liebe beginnt mit einem Nein der Frau», dann sorgt die im Grunde unfassbare Aussage für nicht mehr als ein paar ironische Kommentare.»

Also wieso das Leben in einer aufgeklärten Gesellschaft im Gegensatz zu einer angeblich unfassbaren Aussage stehen soll, und wieso Loser all die fassungslosen und giftigen Kommentare übersieht, die Köppel provozierte, dazu auch die Cover-Story der neusten WeWo, das ist im Grunde unfassbar, zumindest unbegreiflich.

Wer sich bis zum Ende der Kolumne durchquält, erahnt, wieso Loser diesen rumpeligen Anfang gewählt hat; er wollte eine Klammer um sein Geschreibsel konstruieren: «Wir leben in einer aufgeklärten und modernen Gesellschaft, das Jahr ist 2022, aber im Bundeshaus machen sie eine Politik wie früher. Hier läuft etwas falsch.»

Also läuft nicht etwa nur Köppel, sondern das ganze Parlament falsch. Wobei eine «Politik wie früher» per Definition falsch ist, während wir alle aber in einer aufgeklärten und modernen Gesellschaft leben. Trotz des Parlaments. Trotz Köppel.

Aber sind wir so modern und aufgeklärt, dass wir auch Loser vertragen? Das, meine Damen und Herren, liebe Mitbürger draussen im Lande und drinnen in der Stube, das ist doch die Frage. Wollen wir es wirklich hinnehmen, dass solche Flachzangen wie der Konzernjournalist Loser dem «Magazin» noch die letzten Reste von Reputation klauen? Wer will denn für einen solchen unverständlichen Stuss auch noch etwas zahlen?

Man prügelt nicht den Köppel zum Scherz

Denn dann gibt es eine Coverstory in der WeWo.

Roger Köppel ist in einem Alter (57), in dem man sich langsam Gedanken um Werte, Sinn, Liebe und Vergänglichkeit macht. Solange man die dem lieben Tagebuch anvertraut, ist das auch völlig okay. Leider ist Köppels Tagebuch öffentlich, also sorgte er mit einer Seite Liebesgedöns für Fremdschämen und musste hier unter die kalte Dusche gestellt werden.

Zusammen mit einigen Leidens- und Altersgenossen. Da Köppel immer gerne wider den Stachel löckt, konnte er sich diesen Satz nicht verkneifen: «Jede grosse Liebe beginnt mit einem Nein der Frau. Und nur der Mann, der die Kraft hat, durch den Todesstreifen seiner Verneinung zu marschieren, qualifiziert sich für das Glück, das die ersehnte Frau für ihn verkörpert.»

Mitten in der «Nur ja heisst ja» oder «nein ist nein»-Debatte darüber, was konsensualer Sex ist und was Vergewaltigung, wusste er natürlich genau, dass er damit einen Aufschrei in feministischen Kreisen und im Haltungsjournalismus provoziert.

Der dröhnte ihm dann offenbar doch so in den Ohren, dass er sich sagte: na warte. Und so sieht dann das Na-warte aus:

Für nicht so ganz bildungsbürgerlich Sattelfeste erklärt die WeWo im «Intern», was es mit diesem Gemälde über «Dante und Beatrice» so auf sich hat. Es ist bezeichnend für das verbiesterte Niveau der Debatte, dass seine bewusste Provokation mit dem Nein Geheule und Gebrüll auslöste, dabei aber kaum jemand sich über das gestelzte Geschwurbel in seinem Text lustig machte:

«… sich uneingeschränkt hingebend, eintaucht in einen warmen Ozean des Vertrauens, der totalen Innigkeit, wo die Grenzen zwischen Ich und Du verschwimmen, …, zweisam vereint, auch in der körperlichen Verfliessung, … dem Materiellen, Fleischlichen entrückten Glückseligkeit …»

Weil aber Köppel (meistens) cleverer als seine Gegner ist, benützt er nun die beste Waffe gegen fanatischen Kampffeminismus. Denn unabhängig vom Thema einigt Extremisten, Fanatiker und Gläubige eine Eigenschaft: sie sind völlig humorlos und spassfrei.

Also lässt Köppel die britische Bestseller-Autorin Kathy Lette einen humorvollen, witzigen, schalkhaften, spielerischen Essay schreiben:

Die Autorin, wegen ihres unermüdlichen Einsatzes für Gleichberechtigung und Menschenrechte mit einer Ehrendoktorwürde ausgezeichnet, kann leider nicht als Verräterin am eigenen Geschlecht denunziert werden, die dumme Männerfantasien bedient. Zudem beherrscht sie eine Kunst, die im deutschen Sprachraum selten, in der Schweiz nicht einmal in Spurenelementen vorhanden ist: das wie ein gepflegtes Salongespräch dahinplaudernde Essay, das nicht belehrt, nicht fuchtelt, sondern amüsant-intelligent unterhält.

Man kann sich dem Charme der Autorin schlecht entziehen:

«Also, was wollen Frauen? Nichts Besonderes: gute Brustmuskulatur, Doktortitel, Knackarsch, eine nichtsexistische Einstellung, gebräunte Haut, belesener Penis, die Fähigkeit, etwas mit mangetout zu machen, Krokodile im Ringkampf zu bezwingen, an einer echten Beziehung interessiert zu sein, aber auch an Sex, der einer Frau das Knochenmark schmelzen lässt – das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt von einem Milliardär.
Nein, eine Frau möchte einen Mann, der perfekt genug ist, um zu verstehen, warum sie es nicht ist. Sie möchte einen Mann, der wortgewandt ist. Oft hat sie das Gefühl, ihr Dünndarm sei mitteilungsfreudiger als ihr Lebenspartner. Wortspiele sind das beste Vorspiel. Nichts erregt eine Frau mehr als ein Mann mit einem pulsierenden Riesending – dem zwischen seinen Ohren.»

Es ist sozusagen ein Aufruf zur Entbiesterung und Entkrampfung der Debatte. In der Hoffnung publiziert, dass es uns in der Schweiz erspart bleibt, wie in Schweden vor dem Geschlechtsakt beiderseitig eine Einverständniserklärung unterzeichnen zu müssen.

Denn neben allem Spass und aller Tollerei gilt: wenn sich Kirche oder Staat zu sehr in intim Zwischenmenschliches einmischen, kommt das nie gut. Wenn Fanatikerinnen das fordern, muss ihnen mit allen (erlaubten) Mitteln entgegengetreten werden.