WeWo sieht’s anders
Gegen den Strom aus Prinzip, dabei säuft man gerne ab.
Das Weltblatt aus Zollikon hat unbestreitbar eine gewisse Sympathie für den Herrn mit der anstrengenden Frisur und dem konsequenten Bräunungscreme-Unfall im Gesicht.
«Ich sagte, sie haben nicht bezahlt? Sie sind säumig? Nein, dann würde ich sie nicht beschützen. Ich würde sogar Russland dazu ermutigen zu tun, was auch immer zum Teufel es will.»
Das sagte Trompeter Trump bei einer Wahlveranstaltung in den USA, wo die NATO oder Europa oder die Ukraine ungefähr so weit entfernt sind wie der Mond. Das ist hanebüchener Unsinn, und das weiss Trump. Genauso wie seine nachgeschobene Behauptung, er habe als Präsident die übrigen Natostaaten dazu gezwungen, jede Menge Geld in das Bündnis zu pumpen. Aber Trump weiss auch, dass er mit seiner konsequenten «mad man»-Politik immer für Aufreger sorgt und im Gespräch bleibt. Die Reaktion in Europa ist ihm dabei schnurzegal, er richtet sich schliesslich an seine US-Wähler.
Aber dann gibt es einen Journalisten, der ihm diesen Quatsch sogar abnimmt. Wolfgang Koydl von der «Weltwoche» gewinnt den ersten Preis im Gläubigerclub Trumps. «Die Welt ist schockiert, aber er hat recht», glüht er vor Bewunderung. Dann überbeisst er vor Begeisterung: «Da hat er wieder einen rausgehauen! Schnappatmung allerorten. Man kann sich vorstellen, wie Olaf Scholz und Joe Biden die Hände vor den Mund schlugen wie blaustrümpfige Gouvernanten beim Anblick eines nackten Männerpopos.»
In Wirklichkeit haben die sich ins Fäustchen gelacht; Biden zumindest solange, bis er es wieder vergass.
Nach dieser Entgleisung unterstellt Koydl Trump etwas, wovon der Mann sicher noch nie gehört hat: «Zweitens steht Trump in einer Tradition des Isolationismus.» Dabei hätte der wohl Mühe, das Wort nur schon auszusprechen.
Zweites Beispiel. Der Treter-Hersteller On mit dem Saubermann Roger Federer als Galionsfigur steht völlig zu Recht in der Kritik. Bedenkliche Qualitätsmängel, schlechter Service, lausige Löhne, exorbitante Gewinnspanne, die alles schlägt, was sich die Konkurrenz traut. Und die Geschäftsleitung gönnt sich Millionengehälter.
Aber Michael Baumann schwärmt vom «Wunder von Zürich» und mäkelt: «So oder so wirkt die Kritik an der Erfolgsfirma etwas kleinkariert.» Der Kommentator in der WeWo kann die Begeisterung nicht ganz teilen:
«Ich hatte bereits zwei On-Schuhe, Laufschuhe. Mein Fazit: untauglich. Einzig fürs Büro und als Statussymbol geeignet … Und trotzdem sind die ON-Schuhe von schlechter und kurzlebiger Qualität mit einem entsprechend zu hohen Preis … Leider nicht wirklich haltbar, schon 4 Paar Schuhe wurden innerhalb jeweils eines Jahres reklamiert und ersetzt … Kaufte einmal – nie wieder … Leider lässt die Qualität zu wünschen übrig.»
Ein repräsentativer Querschnitt der Meinung von On-Besitzern auf der WeWo. Der K-Tipp zitiert einen Verkäufer von diesen Tretern: ««On-Schuhe sind klassische Wegwerfprodukte.» Das Wunder von Zürich scheint eher darin zu bestehen, dass man sich mit einem solchen Schrott, geschicktem Marketing, Nachhaltigkeits-Gequatsche und Roger Federer als Aushängeschild dumm und krumm verdienen kann.
Aus der «kleinkarierten» Kritik: On-Treter im Online-Shop für 445 Franken. Herstellungskosten 20.80. Der «Roger Advantage» kostet die Bude in Vietnam 17.86, verkauft wird er für 190 Franken. Schuh-Näherinnen verdienen in Vietnam zwischen 120 bis 170 Franken. Im Monat. Aber «ab 2025» wolle On dort «existenzsichernde Löhne» zahlen, was immer das sein mag.
Für die eigene Existenzsicherung haben die drei Schweizer Firmengründer und ihre beiden Geschäftsführer gesorgt. Sie kassierten 19 Millionen im Jahr. Plus ein Bakschisch von über 80 Millionen nach dem Börsengang. Da lässt sich leicht von nachhaltig und verantwortungsbewusst faseln. Aber für Dummschwätzer Baumann ist Kritik daran «kleinkariert». Auch bei der WeWo funktioniert die Qualitätskontrolle nicht immer. Der Reflex «die anderen dagegen, wir dafür» immer öfter.