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Rechnen mit der «Republik»

Es ist nicht «alles gut». Es ist grauenhaft.

Die «Republik» hat viele Probleme. Sie hat drei gravierende Probleme.

  1. Eigentlich ist sie pleite.

  2. Sie hat einen Irrwisch als VR-Präsidenten.

  3. Steuerschummelei, Sexismus-Affäre und internes Gerangel führen in den Abgrund.

Dazu nur ein weiteres Beispiel. Der irrlichternde VR-Präsident nennt das «Klimalabor» einen Anlass zur Hoffnung. Schon der Tagi bemängelt im Interview, dass das doch eine Community-Sache sei, kein publizistisches Projekt. Hinzu kommt, dass das «Labor» seit einem Jahr im Wesentlichen an sich selbst laboriert und null nennenswerten Output hat. Dazu kommt, dass es bereits dafür einen Bettelaufruf mit der üblichen Drohung gab: 250’000 Eier her, oder wir müssen den Stecker ziehen und Leute entlassen. Aber noch schlimmer:  die Kohle kam nur zusammen, weil gegen Schluss ein unbekannter Mäzen schwer nachschüttete, so lau war das Publikumsinteresse. Wer das ist, will die transparente «Republik» erst «zu gegebener Zeit» enthüllen.

Geht’s noch schlimmer? Oh ja, Lukas Hässig von «Inside Paradeplatz» hat sich die Mühe gemacht, den Jahresabschluss 22- 23 unter die Lupe zu nehmen. Die Lektüre seiner Ergebnisse braucht starke Nerven. Denn das Organ der Demokratieretter hat nicht nur interne und inhaltliche Probleme. Sondern vor allem finanzielle. Es wird immer klarer, wieso der Kurzzeit-VRP Roger de Weck so schnell Reissaus nahm. Der hat die Zahlen gesehen, nachgeschlagen, welche Verantwortlichkeiten auf einen VRP im Falle einer Konkursverschleppung zukommen können – und sagte sich: nix wie weg.

Mit freundlicher Erlaubnis übernimmt ZACKBUM die erschütternde Abrechnung von Hässig.

Als letztes Vorwort: seit dem Beginn am 14. 1. 2018 hat die «Republik» bis zum 11. 11. 2023 haargenau 7400 Stücke (Artikel kann man das meiste nicht nennen) veröffentlicht. Dafür 30 Millionen in den Sand gesetzt. Das sind rund 4000 Franken pro Stück. In den allermeisten Fällen rausgeschmissenes Geld. Aber im Einzelnen:

Grün-urbane „Republik“ ist mit 2,2 Millionen überschuldet

„Project R Genossenschaft“ als Finanziererin des Zürcher Online-Magazins hat seit 2018 über 30 Millionen in Sand gesetzt.

Von Lukas Hässig*

Die „Republik“ will die Demokratie retten. Ohne guten Journalismus keine Zukunft, so der Anspruch des Zürcher Online-Mediums, das damit 29’000 zahlende Leser anzieht.

Tendenz sinkend. Jetzt zeigt der soeben erschienene Jahresabschluss 2022-23, dass mit dieser Anzahl zahlender Kunden die Rechnung nicht aufgeht.

Hinten und vorne nicht.

Per 30. Juni hat die „Project R Genossenschaft“, deren Hauptziel die „Trägerschaft“ der Republik AG und damit deren „Republik“-Mediums ist, ein negatives Eigenkapital.

Und zwar in der Höhe von 85’000 Franken.

Die Genossenschaft ist die alles entscheidende juristische Person für das Überleben und die Zukunft des Magazins.

Bei diesem sieht die Lage noch düsterer aus. Die „Republik AG“, die Herausgeberin des Online-Mediums, wies per Mitte 2023 ein Eigenkapital von minus 2,2 Millionen Franken aus.

Dies nach einem Nettoverlust im zurückliegenden Geschäftsjahr von 1,5 Millionen.

Das negative Kapital hat in der Buchhaltungs- und Konkurssprache einen Namen: Überschuldung.

Die Guthaben decken die Schulden nicht mehr. Das eigene Kapital, das die Differenz zwischen den beiden Grössen ausmacht, mehr als aufgezehrt.

Damit müssten die „Republikaner“ gemäss Gesetzt schnurstraks zum Richter rennen. Dass sie das nicht tun, hängt mit möglichen Ausnahmen zusammen.

Da Gläubiger der Republik AG im Betrag von CHF 2’411’434 Rangrücktritt erklärt haben, hat der Verwaltungsrat von der Benachrichtigung des Richters abgesehen“, so die Revisorin.

Es handelt sich um die Zürcher BDO. Diese hat schon die Kulturstätte Kosmos revidiert, die keine 300 Meter Luftlinie vom Sitz der Republik entfernt liegt.

Die Kosmos AG krachte vor 12 Monaten zusammen: Konkurs mit Finanzloch in zweistelliger Millionenhöhe.

Der Kino- und Gastro-Tempel, wie die Republik ein grün-urbanes Vorzeigeprojekt und finanziert von den teils gleichen Grossinvestoren, war seit Jahren ein hoffnungsloser Fall.

So hoffnungslos wie jener der Republik?

Deren finanzieller Einbruch geht gleich wie jener beim Kosmos seit Jahren vonstatten.

Im Geschäftsjahr 2022-23 erlitt die fürs Geld entscheidende „Project R Genossenschaft“ einen Verlust vor Minderheiten von 6,8 Millionen.

Löhne für die rund 50 Leute an Bord summierten sich auf 5,7 Millionen, hinzu kamen 700’000 für die selbst entwickelte Informatik, 300’000 für Werbung, 200’000 Miete.

Abos von den Lesern deckten umgekehrt gerade mal Miet- und IT-Aufwände: knapp 900’000 Franken.

Hinzu kamen als Zuflüsse Spenden von rund 300’000. Nach „Erlösminderungen“ strömten der Genossenschaft 1,1 Millionen in die Kasse.

Eine Schere, die nicht hätte weiter aufgehen können. Die Spuren dieses kompletten Missmanagements zeigen sich in „Eigenkapitalnachweis“ der Project R Genossenschaft.

Dort wird klar, dass die „Project R Genossenschaft“ seit der Lancierung am 14.1.2018 des „Republik“-Online-Magazins mit 3 täglichen Artikel, von dem jeder 10 Mal so lang ist wie eine NZZ-Story, ein Fass ohne Boden ist.

Per Mitte 2023, also dem Zeitpunkt des jüngsten Jahres-Abschlusses, wies die Genossenschaft ein „Konsolidiertes Eigenkapial“ von 30 Millionen aus.

Davon zog sie ab: für 2022-23 erzieltes „Konzernergebnis“ von minus 6,9 Millionen, einen „Ergebnisvortrag“, sprich die in den Vorjahren aufgelaufenen Verluste, von 23,7 Millionen.

Das führte dann zusammen mit weiteren Positionen im Kapitalnachweis zu den erwähnten 85’000 Franken Minuskapital.

Dank der Berücksichtigung einer Position namens „Anteil Minderheiten“ resultierte schliesslich doch noch ein positives Eigenkapital von 1,2 Millionen.

Revisorin BDO redet die Lage nicht schön. In ihrem Testat der Republi AG, also der Herausgeberin des Medien-Erzeugnisses mit dem hohen Anspruch der Demokratie-Retterin, hält sie fest:

Wir machen darauf aufmerksam, dass die Republik AG im Sinne von Art. 725b OR überschuldet ist.“

Laut „Bericht“ zur „Project R Genossenschaft“, alles nachzulesen im 89 Seiten starken Jahresbericht, besteht für die BDO eine „wesentliche Unsicherheit der Fähigkeit des Konzerns zur Fortführung“.

Dass das ganze „Republik“-Konstrukt überhaupt noch am Leben ist, hängt mit den Haupt-Gläubigern zusammen.

Die haben mittels sogenanntem „Rangrücktritt“ erklärt, dass sie im Fall eines Konkurses sich ganz hinten in die Schlange der Gläubiger einreihen.

Insgesamt geht es um 2,4 Millionen, welche die „netten“ Geldgeber auf diese Weise praktisch à fonds perdu den „Republikaner“ für deren Rettung des Schweizer Journalismus bereitstellen.

Retter der „Republik“ in Not soll jetzt der langjährige Chef der Eidgenössischen Finanzkontrolle sein, Michel Huissoud.

Der versteht viel von Zahlen. Aber offenbar wenig von Journalismus. Jedenfall schwadronierte Huissoud in seinem ersten grossen Interview gestern im Tages-Anzeiger von 100’000 Abos.

Statt mit harten Schnitten das Unternehmen radikal auf gesunde Beine zu stellen, sendet der frische Kapitän in seiner Auftakt-Vorstellung das Signal aus, noch viel stärker als bisher auf die Ausgabetube zu drücken.

Huissoud im Wonderland. Auf Fragen per SMS reagierte der Mann auf der Brücke der „Republik“ nicht.

*Mit freundlicher Genehmigung.

Mutig oder bescheuert?

Die NZZaS geht eigene Wege beim Cover.

Das muss man sich mal trauen:

Die NZZaS zeigt eigentlich allen aktuellen Themen den Stinkefinger. Ukraine? Ach ja. Wahlen in der Schweiz? Echt jetzt. Naher Osten? Ist da was? Hamas-Unterstützer finanziert mit Steuergeldern? Gähn.

Nun gut, die Forderung nach einer Begrenzung der Anzahl Wahllisten kann man als indirekten Hinweis darauf interpretieren, dass am Sonntag in der Schweiz Wahlen stattfanden. Die (noch) dreiköpfige Chefredaktion scheint gegen Ende ihrer Amtszeit eine gewisse Verwilderung zuzulassen, so nach der Devise: Stinkefinger, was nach uns kommt, ist doch egal.

Entsprechend schludrig wurde mal wieder der Inhalt zusammengenagelt. Natürlich, Naher Osten, Muss-Thema. Was machen wir? Kurzes, ganz kurzes Kopfkratzen. Dann die Glanzidee: fällt dir überhaupt nichts ein, mach ein Interview. Nur, mit wem? Die meisten Fachexperten sind schon abgefrühstückt, und Erich Gysling kann’s nun wirklich nicht sein. Vielleicht sagte einer «und Scholl-Latour?», wurde dann aber darauf hingewiesen, dass der schon ein Weilchen tot ist, aber bis heute gültige und intelligente Sachen über den Nahen Osten gesagt hat.

Aber gut, «da ist doch so was mit Geiselbefreiung», hat wieder einer eine Glanzidee. Genau, dazu interviewen wir einen, der vor einem Dutzend Jahren mal an einem Gefangenenaustausch im Nahen Osten beteiligt war. Devise: Ein Exklusiv-Interview hast du auf sicher, wenn sonst keiner mit dem Interviewten reden will.

Aber selbst mit der Planierraupe geführt, kann so ein Interview nicht zwei Seiten füllen. Also noch ein Rehash-Artikel über das Luxusleben der Führer der Hamas; immerhin knackiger Titel: «Jetset-Gotteskrieger». Verdammt, immer noch nicht voll. Dann halt in letzter Verzweiflung ein Bericht über das längst Berichtete: 20 Lastwagen durften von Ägypten aus Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Da aber die Kräfte der NZZaS erschöpft waren, übersetzte man einfach einen Artikel einer Freelance-Journalistin.

Aber zwei Seiten reichen nicht, wurde sich das Führungstrio schmerzlich bewusst. Also weiter im Text, Rehash über propalästinenische Demonstrationen in Berlin Neukölln. Nicht gerade neu, nicht originell, aber he, noch ein Interview mit einem Neuköllner Lehrer, und auch diese Seite ist voll.

Ab Seite 6 verspürt man vor allem die Erleichterung, dass nun der Nahe Osten abgehandelt ist. Wobei, hops, da ging doch ein Artikel fast vergessen, dann holen wir das halt auf Seite 9 nach: wie verhalten sich Schweizer Hilfswerke bezüglich Spendenaufrufen für Gaza?

Dann muss man sich zurückhalten, nicht zu psychologisieren und Rückschlüsse auf den Geisteszustand der NZZaS-Führer zu ziehen: ««Am Ende war ich leer wie ein Schlauch». Nach 14 Jahren nimmt der Nationalrat Martin Landolt Abschied von der Politik». Womit auch die Frage, was machen wir am Wahltag über die Wahlen, wenn Samstagabend schon Feierabend ist, beantwortet wäre.

Aber so eine Sonntagsausgabe zieht sich und zieht sich, zieht wie Hechtsuppe. Hechtsuppe? Genau: «Hightech statt Petri Heil. Sportfischer rüsten auf». Auch die. Ein Artikel aus dem weiten Feld von: kann man machen, muss man nicht machen. Kann man heute machen, kann man auch in einer Woche, in einem Monat machen. Aber die gute Nachricht ist: der erste Bund ist gefüllt.

Wenn das bloss nicht noch die anderen wären. «Hintergrund», wir senken mitfühlend den Mantel des Schweigens über die einleitenden Kommentare. Wie um alles in der Welt die NZZaS allerdings darauf kommt, Roger de Weck, dem Kurzzeit-VR-Präsidenten der «Republik», einen Gastkommentar zu schenken, in dem er salbadert: «Im Mittelmeer ertrinken Menschen, aber die Helfer, die sie zu retten versuchen, ernten Tadel – es sei vernünftiger, die Hilfe zu unterlassen. Was ist da los in unserer Gesellschaft?» Eine dumme Frage, die schon längst beantwortet wurde. Nur noch nicht von de Weck in der NZZaS.

Dann, wohl Höhe- und Glanzpunkt, eine Art Leiterlispiel zu den Wahlen. Prädikat: soooo originell.

Dann ein Bericht über religiöse Tendenzen in der israelischen Armee. «Die Kippa verdrängt das Berét». Eigentlich heisst die Kopfbedeckung «Mitzinefet», aber dafür müsste man sich schon ein wenig auskennen. Was nicht so die Sache von Joel Bedetti ist, der hier aber gutes Geld für seinen eingekauften Beitrag verdient haben dürfte.

Auch die Wirtschaft kommt nicht ohne eingekaufte Beiträge aus, dann darf sich Zoé Baches ein wohl letztes Mal ungebremst ihrem Hobby widmen, der Berichterstattung über den Vincenz-Skandal, auch wenn da nichts los ist. Beziehungsweise nur zu vermelden wäre, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft anhaltend keine Lust hat, den Fall von Bankgeheimnisverletzung zu verfolgen, der am Anfang der Affäre stand. Das könnte man mit einer Kurzmeldung tun – oder aber auf eine Seite aufblasen. Besonders originell dabei: das halbseitige Symbobild der Dachbepflanzung des Polizei- und Justizzentrums. Vielleicht ein indirekter Hinweis, dass auch die NZZaS sich bewusst ist, dass der Klimanwandel kommt.

Genauso ausgelutscht ist zurzeit der Skandal des Verscherbelns der Credit Suisse. Ausser, der Noch-Wirtschaftschef Guido Schätti zitiert einen, den man immer zitieren kann: den Experten für fast alles Aymo Brunetti.

Aber die Verzweiflung geht weiter: «Stalins Überfall». Wen hat denn der sowjetische Diktator nun schon wieder überfallen, der ist doch ein ganzes Weilchen tot? Ach, Polen natürlich. Die Geschichte ist schon so häufig erzählt worden, da kann man sie doch ungeniert nochmal erzählen. Gibt ja genügend Alzheimerpatienten unter den Lesern.

Besondere Erwähnung verdient aber Seite 53: «Die Energiekrise im Körper». Viel mehr würde allerdings ein Bericht über die Energiekrise im Hirn der NZZaS-Macher interessieren.

Dann macht sich Grossdenker Peer Teuwsen Gedanken über das «Zeitalter des Fanatismus». Das hat nun schon vor einigen Jahren begonnen, dazu ist von ungezählt grossen und kleinen Köpfen etwas gesagt und geschrieben worden. Aber wieso nicht ich, sagt sich Teuwsen, solange mich niemand daran hindert, den Leser zu langweilen, tu ich’s einfach.

Wer klein anfängt und klein aufhört, beginnt mit sich selbst. Mit einem eigenen Anfall, zwar nicht von Fanatismus, aber was soll’s. Hier kann  Teuwsen wenigstens damit angeben, dass er mal «Falling Down» mit Michael Douglas gesehen hat. Der Film ist gut und nicht gealtert. Aber der Text von Teuwsen, wollen wir den Kalauer draufsetzen, dass er den Filmtitel perfekt in viele Buchstaben umsetzt?

Wir beenden die Rezension mit einem stummen Schrei. «Die Summe aller Frauen, Teil 34». Nimmt das denn nie, niemals ein Ende?

 

 

 

Definitives Interregnum

Die «Republik» hat eine Chefredaktion*.

Was bei Zeitungen und Zeitschriften, sogar bei Banken völlig normal ist, wurde bei der «Republik» zu einer Viecherei.

Zuerst wurde der Gründer und Chefredaktor Christof Moser abgesägt. Vom fernen Berlin schimpft er inzwischen als «Stabsstelle Chefredaktion» auf den Intrigantenstadl im Rothaus. Als Notnagel wurde dann Oliver Fuchs Chefredaktor a.i. Nachdem ihm bedeutet wurde, dass man das a.i. keinesfalls streichen möchte, zog er von dannen.

Daraufhin wurde als nächste Notlösung die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger a.i. zum Chef befördert. Natürlich, so viel Wokeness muss sein, mit Bettina Hamilton-Irvine an seiner Seite, eine geprüfte Fachkraft. Auf die Frage, wie’s denn weitergehe, wurde beschieden, dass man im Suchmodus sei, und das dauere halt.

Zwischendurch verabschiedete sich noch der frisch gebackene Verwaltungsrat Roger de Weck, weil der Mann nicht nur von Publizistik, sondern auch von Zahlen etwas versteht. Dadurch aufgeschreckt – denn das klitzekleine Millionen-Steuerproblem könnte Haftungsfolgen haben – gaben auch die beiden übrigen VR ihren Rücktritt bekannt. Mitgründer Constantin Seibt war schon längst von dannen gezogen.

Hier ist noch die lustige Anekdote zu überliefern, dass der «Klein-Report» nachfragte, wieso VR Alfonso von Wunschheim mit vornehmem «von» im Impressum steht, aber als VR den amtlichen Zettel mit Alfonso Wunschheim unterzeichnete. Handelt es sich hier um einen Fake-Adeligen? Zum Grölen war dann die Antwort der «Republik»:

«Diese Fragen betreffen das Privatleben von Herrn von Wunschheim, hierzu kann ich Ihnen keine Auskunft geben.»

Nun sind Binswanger und Hamilton-Irvine als Co-Chefredaktoren bestätigt worden, das a.i. fällt weg. Ob sich einer von beiden nun mit einem «von» schmücken wird, ist deren Privatangelegenheit und geht uns nichts an.

Angesichts des desolaten finanziellen und inhaltlichen Zustands der «Republik» wird man aber die Befürchtung nicht los, dass die beiden so ähnlich wie Plisch und Plum bei der Credit Suisse, die Bestatter Lehmann und Körner, wohl jetzt schon an den salbungsvollen Worten feilen, mit denen sie dannzumal das Ende des Desasters bekanntgeben werden.

Oder aber, sie überlassen das dem Meister des gepflegten Schwurbelns Seibt. Das kann er.

*Transparenzbeilage: Bei ZACKBUM verhält es sich so, dass es mangels AG keinen VR gibt. Dafür aber einen Verleger, einen Herausgeber, einen Chefredaktor, eine Stabsstelle Chefredaktion, einen Bildberater, einen Community Coach, einen IT-Berater, einen Spenden-Koordinator, einen Redaktor und einige freie Mitarbeiter. Aber keinen vollamtlichen Korrektor, was jedoch von zugewandten Orten erledigt wird. Wer welchen Titel trägt und sich welchem Gender zugehörig fühlt, ist Privatsache.

«Republik» ratlos

War’s das schon? Das Magazin verliert seinen gesamten VR.

Schnell rein, noch schneller raus. Roger de Weck kam erst im November letzten Jahres «an Bord» des schlingernden Schiffs der guten Denkungsart. Und ist schon wieder weg. Der Verwaltungsratspräsident trat wegen «unterschiedlicher Auffassungen» zurück. Auf Deutsch: es hat gekracht, und zwar schnell und heftig.

Nach diesem rasanten Abgang hält es auch die verbleibenden VR-Mitglieder nicht länger auf ihren Stühlen: Sylvie Reinhard und Alfonso von Wunschheim werden zurücktreten, sobald eine geeignete Nachfolge gefunden sei, gibt das Online-Magazin auf Nachfrage bekannt. Das muss auch so sein, denn ganz ohne VR geht’s dann selbst bei der «Republik» nicht …

Da auch die Chefredaktion seit vielen Monaten nur ad Interim besetzt ist, der erste interimistische Platzhalter bereits von Bord ging und der Nachfolger Daniel Binswanger ebenfalls eine Notlösung zu sein scheint, ist das Magazin ziemlich führungslos.

Begleitet wird das vom üblichen Gequatsche, als wäre die «Republik» eine Bank. Einmal «unterschiedliche Auffassungen» (als ob man das nicht im Vorfeld hätte klären können), dann noch die «Chance zur Gesamterneuerung».

Oder die Chance zum Abschied. Dieser Massenexodus auf oberster Ebene wird mit Sprachgirlanden umrankt, wenn ZACKBUM nachfragt, was das Magazin gegen den Abdruck einer Artikelserie über die Gewerkschaft Unia unternehmen wolle, die die Gutmenschen in den Giftschrank gelegt hatten, wo es von «Barrikade.info» herausgezerrt wurde, antwortet verkniffenes Schweigen.

Es kommt dabei anscheinend darauf an, wer fragt. Denn dem «Klein Report» wird mitgeteilt, dass man inzwischen «eine Unterlassungsaufforderung zugestellt» habe. Nachdem die ganze Arikelserie seit Anfang März erschien? Superschnell.

Aber warum ist denn das Riesenteil mit Riesenaufwand nicht in der «Republik» erschienen? «Entspricht nicht unseren Qualitätsansprüchen», behauptet die Co-Geschäftsführerin. Also wenn man sich die veröffentlichten Artikel anschaut und mit dem Unia-Text vergleicht, muss man schon sagen, dass die Qualitätsansprüche mal höher, mal niedriger und mal ganz niedrig sind. Allerdings eher bei den Werken, die auf der eigenen Webseite erscheinen.

Und diese Zahl scheint auch unter der 30’000er-Schwelle einbetoniert zu sein:

Führerlos durch die Nacht, kann man da nur mit Helene Fischer singen.  Einsam, ohne VR, ohne Chefredaktor, mit immer weniger Lesern und Abonnenten. Vielleicht sollte man mal Hansi Voigt «an Bord» holen. Der weiss doch, wie man im Internet Geld verdient …

 

 

De Weck: weg isser

Flugzeit: bei der «Republik» geht’s weiter rund.

Oder eher unrund. Im November letzten Jahres, sozusagen als Sahnehäubchen auf dem angekündigten Ziel, angesichts sinkender Abonnentenzahlen mal eine Million mehr auszugeben und die dann irgendwie mit viel mehr Abos wieder reinzuholen, wurde jubiliert, dass man eine Koryphäe neu an Bord habe.

Er, der Master, das Schwergewicht, das publizistische Kraftwerk Roger de Weck trete in den Verwaltungsrat ein und stärke dort in ungeheuerlichem Ausmass die journalistische Kompetenz. Die «Republik» jubelte im höchsten Tremolo: für de Weck gebe es insgesamt neun Gründe: «erstens bis achtens, weil er er ist. Und neuntens: Sonst wäre unser strategisches Deck unterbesetzt.» Überzeugender kann man einen Mann nicht anpreisen.

Auch der Grandseigneur des Journalismus, der allerdings mehrfach gescheiterte de Weck, liess sich mit staatstragenden Worten im Orgelton zitieren: «Eine Erfolgsgeschichte braucht Dynamik und Stabilität. An beidem wird weiter zu arbeiten sein: im Hinblick auf eine stabile Chefredaktion und Geschäftsführung – zugunsten einer Publizistik, die dynamisch ihr Potenzial ausschöpft.»

An beidem wird weiter zu arbeiten sein, wohl wahr. Allerdings scheint er das Schwergewicht eher auf Dynamik als auf Stabilität zu legen. Denn nach nicht einmal einem halben Jahr sagt er schon zum Abschied leise «leckt mich».

Nein, das sagt er natürlich nicht. Sondern die «Republik», das der Wahrhaftigkeit verschriebene Organ der Ehrlichen und Guten, verwendet die gleiche hohle Formel wie alle anderen auch, wenn es kräftig gekracht hat, Feuer im Dach ist und die Ruine noch raucht: der Grund für den schnellen Abgang seien «unterschiedliche Auffassungen im Verwaltungsrat über die Strategie, den Stellenwert der Publizistik, die Bewältigung der anspruchsvollen Lage und die Rolle des Verwaltungsrats».

Aber immerhin wird da etwas kommuniziert. Wenn man den Chefredaktor a.i. Daniel Binswanger fragt, was er denn eigentlich dazu sage, dass Texte der «Republik» nun nicht bei der «Republik» erscheinen, sondern auf anderen Plattformen, dann bleibt er verkniffen stumm und hat nicht mal den Anstand, leise «leck mich» zu sagen.

Wenn wir die Mitteilung über de Weck auf Deutsch übersetzen wollen: der hat sich vielleicht die Bemerkung erlaubt, dass viel mehr Ausgaben bei wenig mehr Einnahmen nicht so eine tolle Idee sei. Er hat vielleicht sogar bemeckert, dass der unterirdisch niedrige Ausstoss der meisten Journalisten nicht länger hingenommen werden könne. Mal alle Naselang, oft nach vielen Wochen ein überlanger Artikel, den niemand zu Ende liest, das könne es wohl nicht sein.

Oder de Weck hat gar den ungeheuerlichen Overhead, die vielen Sesselfurzer kritisiert, die Installation eines Klimalabors, Posten wie «Bildberater», «Stabsstelle Chefredaktion», «Junior Audience Developer», «Community Support» oder die Riege der teuren «Sprecher» bemäkelt, die Texte, die niemand liest, einsprechen, auf dass sie niemand hört.

All das werden wir wohl nicht erfahren, obwohl sich die «Republik» der völligen Transparenz verschrieben hat: «Wir legen alles offen: unsere Finanzen, Arbeitsweisen, Fehler, Löhne – weil wir überzeugt sind, dass Transparenz wichtig ist.»

Das ist natürlich nur Blabla, aber undicht, wie die «Republik» ist (selbst nicht zur Veröffentlichung bestimmte Texte tropfen aus ihr raus), werden wir vielleicht doch mitkriegen, wieso de Weck kam, Übles sah und versiegte.

Aber es bleiben ja noch zwei Koryphäen im VR übrig. auf dem nun unterbesetzten «strategischen Deck». Die VR-Präsidentin Sylvie Reinhard, «Schweizer Unternehmerin» und Quotenfrau. Plus Alfonso von Wunschheim. Gründer und CEO der Firma «FutureVents», die allerdings leider bereits 2010 liquidiert wurde.

Mit einer solchen Crew an Deck kann eigentlich nichts schiefgehen. Falls doch, ZACKBUM hat zwei Vorschläge, wie man die strategische Kompetenz boostern könnte. Wieso nicht Patrizia Laeri und/oder Anuschka Roshani an Bord holen?

Wumms: Roger de Weck

Der schrägste VR von allen.

Die «Republik» hat ihren Verwaltungsrat verschlankt. Das ist keine schlechte Idee, nachdem dieses Gremium doch satte 170’000 Franken für sein Wirken im letzten Geschäftsjahr einzog. Nun sind’s also noch drei, aber was für welche.

Da wäre mal die Präsidentin Sylvie Reinhard. Tätig als «Schweizer Unternehmerin», Gründerin der Firma «crstl», dann war sie früher mal dies und das. Ob man ihr zu nahe tritt, wenn man sie als Quotenfrau bezeichnet?

Dann kommen wir zum vornehmen Teil des republikanischen VR: weiterhin «an Bord» ist Alfonso von Wunschheim. Auch so ein Wirbelwind; die letzte feste Anstellung hatte er bei local.ch. Er verwaltet und rät aus dem fernen Hamburg, wobei zu hoffen ist, dass VR-Sitzungen per Call stattfinden oder er wenigstens nicht den Flieger nach Zürich besteigt. Ansonsten setzt er sich intensiv für einen Vaterschaftsurlaub ein. Dafür hat er genügend Zeit, denn seine Firma FutureVents GmbH, als deren Gründer und CEO er gerne auftritt, wurde bereits 2010 liquidiert.

Neu «an Bord» ist nun noch Roger de Weck. Der 69-Jährige bringt sicherlich als Digital Native, Kenner von Start-ups und gewiefter Stratege die nötigen Voraussetzungen mit. Er habe «bereits ziemliche Tanker gefahren», schwurbelt die «Republik», ideal geeignet, um ein unziemliches Beiboot zu steuern. Was genau spricht für ihn?

Insgesamt neun Gründe: «erstens bis achtens, weil er er ist. Und neuntens: Sonst wäre unser strategisches Deck unterbesetzt.» Überzeugender kann man einen Mann nicht anpreisen.

Und was spricht de Weck?

«Eine Erfolgsgeschichte braucht Dynamik und Stabilität. An beidem wird weiter zu arbeiten sein: im Hinblick auf eine stabile Chefredaktion und Geschäftsführung – zugunsten einer Publizistik, die dynamisch ihr Potenzial ausschöpft. Viel Arbeit, so wie mir jetzt viel Vertrauen zuteilgeworden ist.»

Das ist dieser staatstragende Kammerton, mit dem man prima heisse Luft verkaufen kann. Dynamik und Stabilität? Brise und Windstille? Bewegung und Stillstand? Ein besonderer Lacher ist die «stabile Chefredaktion». Seit dem unstabilen Abgang von Christof Moser ist sie wackelig mit Oliver Fuchs, einem Chefredaktor a.i., besetzt. Dem traut man so viel zu, dass für Moser gleich eine Position mit Alleinstellungsmerkmal geschaffen wurde: «Stabsstelle Chefredaktion». Seitdem auch Constantin Seibt vom VR zurück- und in diese Stabsstelle eingetreten ist, gibt’s da mehr Stäbe als Chefredaktoren …

Wobei, im «Impressum» der «Republik» ist Seibt als «Reporter» aufgeführt, im Handelsregister als amtierender Verwaltungsrat. Aber wieso soll denn eine Behauptung im Newsletter der «Republik» plausibler sein als viele Behauptungen in ihren Machwerken?

Wir sind auf jeden Fall gespannt, in welcher Form der neue VR Verantwortung für die kleinen Steuerprobleme in der Höhe von 930’000 Franken Rückstellungen übernehmen wird. Zumindest de Weck ist nicht ganz unbemittelt …

Wumms: Peter Sloterdijk

Rent a Rentner. Und mach Werbung damit.

Auch Philosophie geht immer mehr nach Brot. So überrascht der Tagi mit dieser Ankündigung:

Brandaktuelles Thema, diesen Schnauz unter der auf die Nasenspitze geschobenen Brille kennt man doch. Richtig, es handelt sich um den Gebrauchs-Philosophen Peter Sloterdijk, dem sogar noch im Halbschlaf bedeutungsschwangere und hochphilosophische Sätze zu eigentlich allem einfallen.

Daher mag es nur kurz überraschen, dass Sloterdijk im «Salon Public – kluge Köpfe erklären die Welt» einen Vortrag «über die Energie der Zukunft» halten wird. Er ist ein eleganter Redner, diese holprige Ankündigung hat er nicht verdient: «Mit fünfzehn Auszeichnungen, darunter sowohl Kritik- als auch Rednerpreise darf sich das Publikum auf einen anregenden Vortrag am Salon Public freuen.» Lassen wir die mangelhafte Beherrschung der Interpunktion weg, aber hat nun das Publikum 15 Auszeichnungen eingeheimst?

Auch die Ankündigung des Conférenciers ist etwas unbeholfen: «Roger de Weck, Schweizer Publizist und Manager sowie ehemaliger Generaldirektor des SRF moderiert die Veranstaltungen am 6. Und 7. Oktober im Hotel Schweizerhof in Luzern. De Weck wurde 2020 mit dem Bruno-Kreisky Preis für das politische Buch mit dem Hauptpreis für «Die Kraft der Demokratie. Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre» ausgezeichnet und wird durch den informativen Vormittag führen.»

Gegen die Form der Ankündigung der Teilnehmer eines Podiums ist hingegen nichts einzuwenden, allerdings lässt hier das Niveau doch schwer nach: «Die Podiumsplätze werden besetzt von Konjunkturforscher Jan-Egbert Sturm, Völkerrechtlerin Martina Caroni und Wirtschaftshistoriker Jakob Tanner

Organisiert wird das Ganze von «#wir sind die zukunft». Dahinter steht eine PR-Bude, unterstützt von diesen Firmen:

Eine gesamtgesellschaftliche Betrachtungsweise ist sicherlich garantiert. Genug Kohle ist schon mal vorhanden, wenn man sich diese Teilnehmer leisten kann und Tamedia noch satt Moneten in die Kasse spült, indem das nicht etwa als popeliges Inserat aufscheint, sondern als einem redaktionell täuschend ähnlicher Werbeblock mit dem diskreten Hinweis «sponsored». Neudeutsch für: bezahlte Werbung.

Fordernde Kulturschaffende

Wenn Sie nicht nach Subventionen gieren, wollen sie anderen Unsinn.

Filmemacher Samir, eher konfliktiv im Subventionsgrab «Kosmos» in Zürich unterwegs, hatte mal wieder eine Idee. Man sollte doch unbedingt eine Forderung an den Bundesrat auf den Weg bringen.

Worum geht’s? Blöde Frage, die Ukraine natürlich. Denn: «Mit jedem Tag, an dem wir nicht entschieden gegen das Regime vorgehen, sterben mehr Menschen». Wer will das schon, also her mit der Entschiedenheit. Was tun? «Die Finanzierungsnetzwerke des Putinregimes austrocknen».

Wer sollte das tun? Die «geschätzten Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte» – das hat man vom Genderwahnsinn. Was sollten die vermeiden? «Dass sich unser Land abermals zum Komplizen von Verbrechern macht». Wie geht das? Mit der Schaffung einer «Task Force».

Das fordert eine Liste von Kulturtätern «im Namen der Menschlichkeit und der Verteidigung der Demokratie». Kleiner hat man es in diesen Kreisen nie. Zum einen sollen «komplexe Vermögensstrukturen aufgedeckt» werden. Zum anderen soll der «russische Rohstoffhandel nicht weiter ungestört über/via die Schweiz fliessen». Und schliesslich soll das Land «so schnell wie möglich von russischen Öl- und Gasimporten unabhängig» werden.

Unterzeichnet ist der von Samir in Umlauf gebrachte «Aufruf» von den üblichen Verdächtigen. Charles Lewinsky, Jonas Lüscher, der ihn getextet haben soll, von Brachial-Komiker Mike Müller, Adolf Muschg, Roger de Weck, Patrick Frey und einigen Möchtegerns.

Wie es sich für verkopfte Künstler und Kulturschaffende gehört, wird nicht ganz klar, was sie eigentlich wollen. Welche Finanzierungsnetzwerke Putins sollte es denn in der Schweiz geben? Offenbar sind damit Vermögenswerte von reichen Russen gemeint, die man denen doch einfach mal präventiv wegnehmen sollte. Warum? Weil sie Russen sind, darum.

Und reiche Russen sind bekanntlich Verbrecher, weiss doch jedes Kind. Falls sie es nicht sind, sollen sie das halt gefälligst beweisen. Unschuldsvermutung war gestern, die Schuld muss über jeden vernünftigen Zweifel bewiesen werden, im Namen der Menschlichkeit: hinweg mit solchem Pipifax.

Dann soll der Handel mit russischen Rohstoffen nicht mehr in der Schweiz stattfinden. Wieso, ist das plötzlich illegal geworden? Will sowieso niemand mehr russische Rohstoffe? Doch, die ganze EU will sie weiterhin. Also soll der Handel woanders stattfinden? Super Idee.

Die Schweiz ist überhaupt nicht von russischem Öl, aber zu fast 50 Prozent von russischem Gas abhängig und stellt damit ca. 8 Prozent unserer Energie her. Das kann substituiert werden, und daran wird gearbeitet. Nur nützt da ein «so schnell wie möglich» ungefähr gleich viel wie der Wunsch, dass es morgen nicht regnen möge.

Auch mit ihren begleitenden Bemerkungen zeigen die Unterzeichner ein erschreckend flaches intellektuelles Niveau. So sagt Millionenerbe Patrick Frey:

«Wir wissen, was die Schweiz im Dritten Reich nicht getan hat. Und wir möchten, dass sich die Schweiz für einmal wirklich anständig verhält.»

Schriftsteller Lüscher schwant ganz Übles, käme Putin mit seinen Absichten davon: «Die Faschisten, auch im Westen, werden Frühlingsgefühle verspüren. Der Militarismus und der unsägliche Heroismus werden sich zurückmelden. Die Demokratie ist enorm bedroht.»

Sind das aber nicht die Gleichen, die den Heroismus und militärischen Widerstandswillen der Ukrainer loben? Und wieso sollte die Demokratie bedroht sein? Von Putin oder von diesen Rabauken, die keine Ehrfurcht und keinen Respekt vor dem Rechtsstaat zeigen?

Was lehrt uns also dieser Aufruf? Schweizer Kunstschaffende und Intellektuelle haben von Eigentumsgarantie, Gewerbefreiheit und anderen Grundwerten der Menschlichkeit und Demokratie keine Ahnung. Sie behaupten, wenn sich die Schweiz wie ein Rechtsstaat verhält, mache sie sich zum Komplizen von Verbrechern. Daher wollen sie nichts weniger als ihn beschädigen.

Im Namen der Menschlichkeit: Herr, lass Hirn vom Himmel regnen. Und verteile vorher an alle Unterzeichner dieses Aufrufs ganz grosse Löffel.

Guten Morgen, Gutmensch

Wer Betroffenheitsorgien veranstaltet, sollte Vorbild sein.

Selbst der hartgesottenen Sandro Benini wirkte etwas nah am Wasser gebaut bei seiner Beschreibung einer Sause im Schauspielhaus zum Thema Seenotrettung im Mittelmeer: «Stummes Entsetzen im Publikum».

Roger de Weck fand – wie meist – gültige Worte:

«Es geht nicht, Menschen ertrinken zu lassen.»

Diesen Satz wollen wir in seiner Allgemeingültigkeit so stehen lassen. Wir finden aber, dass man nicht nur solche Sätze sagen muss, sondern auch danach leben.

Zwar soll es kein richtiges Leben im falschen geben, aber wer erinnert sich schon noch an Adorno. Also muss man sich einen Morgen des stumm Entsetzten so vorstellen: Der Fair Trade Kaffee aus nachhaltigem Anbau hilft ihm nach dem Schlummer, in die Gänge zu kommen. Natürlich hatte er sein müdes Haupt auf zertifizierte Baumwolllaken gelegt; Matratze und Decke sind aus Hanf, beziehungsweise Bambusfaser; niemals käme das Ergebnis einer gerupften Gans in Frage.

Auf ein Bettgestellt wird verzichtet, denn diese nur aus nachhaltigen Materialien gebauten Dinger sind dann doch richtig und wirklich teuer.

Zum Frühstück gibt’s zwei Tofuscheiben, darauf ein Vegiburger, der von einem Spiegelei gekrönt wird. Selbstverständlich Freilandhaltung aus der Region. Da darf sich das Huhn noch kurz von jedem einzelnen Ei verabschieden. Der Schredder für männliche Küken läuft ganz leise im Hintergrund, sein Geräusch wird übertönt von einer Endlosschleife mit Chopins Trauermarsch.

Garstiges Wetter, das Richtige für die Schuhe aus veganem Lederersatz. Als Fahrzeug kommt natürlich nur das Velo in Frage, was denn sonst. So sollte das sein, wenn nicht nur Betroffenheit geheuchelt wird, sondern tatkräftig im Kleinen und im Persönlichen etwas unternommen würde.

Es sollen rund 200 Zuschauer im Zürcher Schauspielhaus stumm entsetzt gewesen sein. Wie viele von denen wohl am nächsten Morgen so in den Tag einstiegen?