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Ein Klaps für CH Media

ZACKBUM ist gerecht und kritisiert alle.

Durch das Fehlen eines Leitmediums gerät CH Media immer wieder etwas aus dem laserscharfen Fokus von ZACKBUM. Hoppla, das war ja ein Bild, das die CS verwendete, als sie noch plapperte. Aber item, wie schlägt sich denn der Konzern der Träger von weissen Socken und Lederkrawatten, also der Aargauer, in der CS-Krise? Es geht.

Oberchefredaktor Patrik Müller (der letzte Überlebende des einstigen Triumvirats Dorer, Rutishauser, Müller) kommentiert sehr originell: «Bankenbeben. Zu dieser Katastrophe hätte es nie kommen dürfen.» Kam es aber, was sagst du nun. Seine Wirtschaftschefin Florence Vuichard ergänzt mit dem nächsten Stehsatz-Titel: «Erst scheitern, dann kassieren: Auf das CS-Ende folgt die Boni-Malaise».

Es folgen im «Tagblatt» die «Wandertipps», dann «Essen & Trinken», denn das muss ja auch sein.

Weiter oben berichtet das CH Media-Imperium über die «Rolle der Saudis im CS-Drama». Das hört sich nach einer guten Idee an, bis man liest, dass sie von «watson» stammt. Die Berichterstattung des Listicals-, Katzenvideos- und Blödel-Blatts sieht insgesamt so aus:

Wenn Philipp Löpfe einen Ratschlag gibt, ist man gut beraten, genau das Gegenteil zu tun. «40’000 Jobs auf der Kippe: Panische CS-Banker fluten Personalvermittler», so lautet eine weitere Schlagzeile. Die halten sich offenbar nicht an den Ratschlag von Löpfe. Um auf diese Horror-Zahl zu kommen, zählt «watson» einfach die Stellen der UBS und der CS in der Schweiz zusammen – und rundet schwer auf. Befindet sich also mal wieder im weiteren Streubereich der Wahrheit. Oder eigentlich ausserhalb.

Aber was weiss denn die Praktikantin Lea Oetiker über die Scheichs? Nun, all das, was sie aus meist englischen Quellen brav abschreibt. Dass die Scheichs im Allgemeinen zu den Grossaktionären der CS gehörten, dass die Saudi National Bank bei der letzten Kapitalerhöhung der CS zuschlug und mit knapp 10 Prozent der grösste Aktionär wurde. Und dass deren Präsident den berühmten Ausspruch auf die Frage tätigte, ob er weiter Liquidität einschiessen würde: «Absolut nicht, und zwar aus vielen Gründen, abgesehen vom einfachsten Grund, der regulatorischer und gesetzlicher Natur ist.»

Soweit, so bekannt und gähn. Das nennt man im Journalismus Rehash; man hackt Bekanntes, mixt es neu zusammen und serviert es dem Leser als Aufgewärmtes.

Interessant wäre allerdings gewesen, zu erfahren, warum der Bankenpräsident das sagte. Denn anscheinend machte die gleiche Saudi-Bank in letzter Minute ein 5-Milliarden-Angebot, um die CS zu retten. Das wurde angeblich abgelehnt, weil die Saudis die gleichen Garantien forderten, die die UBS dann bekam.

Spinnt also der Scheich? Keineswegs, denn sein Hinweis auf regulatorische Bestimmungen war natürlich völlig richtig. Beim Überschreiten bestimmter Grenzen sind in der Schweiz bürokratische Formalien zu erledigen, es gibt sogenannte Aktienschwellen, deren Überschreiten Meldepflichten nach sich ziehen. Davon gibt es jede Menge: bei mehr als 3, 5, 10, 15, 20, 25, 33⅓, 50 oder 66⅔ Prozent der Aktien.

Offensichtlich wollte die saudische Bank die Schwelle von 10 Prozent nicht überschreiten, aus welchen Gründen auch immer. Und genauso offensichtlich war sich der Bankpräsident nicht bewusst, in welch wackliger Verfassung sich die Bank bei seiner Aussage befand. Er hatte den Behauptungen der Bank und der Schweizer Behörden vertraut – ein schwerer Fehler heutzutage.

Also hört die Story von «watson», gleich von den anderen Medien von CH Media übernommen, dort auf, wo es eigentlich interessant werden würde. Irgendwie typisch.

Die Null-Meldung

Neue Kategorie, neuer Spass. Alte Methode.

Man nennt es Rehash. Man nennt es Spaltenfüller. Früher nannte man es einen Spekulatius. Das Rezept ist einfach. Nimm einen berühmten Namen, nimm ein Geheimnis, zitiere fleissig Quellen, einmal umrühren, und fertig ist die Null-Meldung:

Das rauschte schon durch die Medien, nun hatte auch noch «20 Minuten» das Bedürfnis, diese Ente quaken zu lassen. Denn nur im Titel wagt man den Indikativ. Alle «Indizien», «Beweise» und Behauptungen sind aus zweiter Hand, Gerüchte, Werweiserei, heisse Luft.

Typischer Satz: laut dem und dem soll die und die dort und dort gelebt haben. Früher mal. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Oder so.

 

 

NebelGlücksSpalterPost

Nebelspalter.ch legt das Niveau tiefer. Sehr tief. Würde die GlüPo nie machen.

Im Fachjargon heisst das Rehash. Aus Verzweiflung wird ein Artikel publiziert, der nur aus einem durch den Häcksler gezogenen Inhalt besteht, der aus anderen Newsquellen zusammengestöpselt wurde.

«Putin versteckt seine Geliebte in der Schweiz» ist so ein Rehash, dazu noch ein toxisch-unbekömmlicher. Dominik Feusi, nur echt mit Fliege und Weinflasche auf dem Tisch, zeigt sich als Meister der Archivrecherche.

«Page Six», nau.ch, NZZ, «La Stampa», «Blick», seriöse und weniger seriöse Newsquellen nimmt Feusi zu Hilfe, um das angebliche «Versteck» einer Geliebten Putins in der Schweiz zu enthüllen. Im Tessin lebe die, samt «zwei Zwillingstöchtern und zwei Söhnen», die der Kreml-Herrscher mit ihr haben soll. Der Leser ist allerdings etwas verunsichert, ob das dann insgesamt sechs Bälger sind.

Auch sonst scheint Feusi über die Produktionszeiten von Nachwuchs nicht ganz auf dem Laufenden zu sein:

«2019 soll Kabaeva in Moskau zwei Söhne von Putin auf die Welt gebracht haben.»

Das wäre im Fall von Zwillingen, oder «zwei Zwillingen», wie das Feusi nennen würde, allenfalls möglich. Sonst eher nicht.

Eines der Kinder soll in einer namentlich genannten «Prominentenklinik Santa Anna» im Tessin geboren worden sein, alle kleinen Putins und auch Mama hätten zudem den Schweizer Pass. Die heisst zwar Sant’Anna, bietet ihre Dienstleistungen tatsächlich auch auf Russisch an. Fürchterlich luxuriös für Prominente wirkt sie allerdings nicht.

Wurde hier ein kleiner Putin geboren?

Allerdings verwirrt auch diese Geburtsangabe. Einmal Zwillinge, zwei Söhne in Moskau, macht vier. Dann aber noch eine Geburt im Tessin, kein Zwilling, das wären dann 5 Kinder. Oder 6. Oder 4. Oder wie auch immer, darunter zwei Frühgeburten in einem Jahr.

Peinlich, widersprüchlich, denunziatorisch

Die Mutter sei im Übrigen Olympiasiegerin und 19-fache Weltmeisterin, sei am Anfang dieses Jahrtausends wegen Doping gesperrt gewesen, stamme aus Usbekistan und sei zum Christentum konvertiert, was darauf hinzuweisen scheint, dass sie vorher einer anderen Glaubensrichtung angehörte. Man darf raten, welche das wohl war.

Es ist also ein zusammengenagelter, unsauber abgeschriebener, peinliche Widersprüche enthaltender Artikel. Rein fachlich betrachtet untere Schublade. Aber hinzu kommt, dass der Artikel toxisch ist.

Dass mit Putin ein Verbrecher im Kreml sitzt, bedarf keiner weiteren Diskussion. Auch ein Versager, der die Kosten einer Invasion der Ukraine völlig falsch eingeschätzt hat. Aber ist das Grund genug, voyeuristisch eine mögliche Geliebte mitsamt gemeinsamen Kindern in Wort und Bild vorzuführen? Nicht etwa aufgrund eigener Recherchen, sondern einfach als Zusammenschrieb aus vielen teilweise Jahre zurückliegenden Artikeln.

Name, Wohnkanton, Anzahl Kinder, inklusive Geburtsdatum und -ort, was soll das? Den Volkszorn auf diese Menschen lenken? Die Einleitung weist darauf hin:

«Während in der Ukraine Bomben und Raketen auf Wohnquartiere niederregnen, ist Putins Familie offenbar im Tessin in Sicherheit.»

Die «GlücksPost», sonst eher für People-Storys zuständig, würde so etwas nicht machen. Denn welcher Art auch die Beziehung sein mag, Sippenhaft sollte eigentlich seit zurückliegenden dunklen Zeiten abgeschafft sein. Sie wird heute noch ausschliesslich von Unrechtsstaaten und Diktaturen angewendet. In der Schweiz hat sie nichts zu suchen.

Der «Nebelspalter» sollte sich eins schämen, was er sicher nicht tun wird.

Wo ist denn der Rücktritt?

«Blick» ballert weiter gegen den CS-Präsidenten. Gut so.

Materiell hat das Boulevardblatt seine Munitionskiste offenbar geleert. Da gibt es nur noch Rehash. Rückkehr aus London im Privatjet, damals zehntätige Quarantäne als Folge, aber nur drei Tage später muss der der Jetsetter schon weiter.

Mit Zwischenstopp in Europa, dann nach New York. Wichtige Sitzung des Verwaltungsrats. An der nehmen zwar auch andere per Zuschaltung teil, aber António Horta-Osório liebt offenbar den Geruch nach Kerosin und Wichtigkeit. Und wenn man schon auf Firmenkosten wichtig durch die Welt düsen darf, wieso nicht.

Besonders animiert dürfte der Bankenlenker allerdings nicht im Flieger gesessen haben. Im Gegenteil, er hatte Zeit, den Schaden zu betrachten, den seine Kommunikationsberater bereits angerichtet haben.

«Verghona» auf Portugiesisch. Aber nicht im Wortschatz eines Bankers.

Zunächst die Lachnummer, dass er nicht gewusst habe, was Quarantäne bedeute. Also man dürfe zwar sein Haus nicht verlassen, aber echt jetzt, nicht mal einen Privatjet darf man besteigen? Das müsste einem ja extra gesagt werden, wirklich wahr.

Darüber konnte sich der «Blick» schon im Aufmacherartikel lustig machen. Die Rücktrittsforderung einer Arbeitsethikerin steht auch schon im Raum. Was macht man da als Nachzug?

Bum-Bum-«Blick» verbeisst sich in den CS-Boss.

Gleich drei Kräfte wirft der wiederbelebte «Blick» am nächsten Tag in die Schlacht. Deren Aufgabenverteilung war klar. Einer kaut die bekannten Tatsachen nochmal durch. Der zweite bauchpinselt den «Blick» mit einem Blick auf die internationale Resonanz, die die Story gefunden hat. Von der FAZ über Bloomberg, Reuters  bis zur «Financial Times»: überall schüttelt man den Kopf über das Verhalten des Wichtigbankers, natürlich mit Erwähnung des Blatts, das die ganze Affäre publik gemacht hat.

Wie hält man die Story am Köcheln?

Aber nach der Story ist vor der Story, Ablecken der Lorbeeren und Wiederholung des Bekannten ist das eine. What’s next, wie der Ami so richtig sagt, wie geht’s denn nun weiter?

Da zeigt Lukas Hässig von «Inside Paradeplatz», wie man klotzt, nicht kleckert:

Auch im Text ballert er aus allen Rohren. Man habe bei der CS auf eine Wende gehofft, auf einen Aufräumer, aber:

«Nun haben sie einen Luftibus im Haus, der nicht weiss, wie blöd er tun soll. Wärs keine Tragödie, wärs zum Schiessen. Ein Frauenheld, ein Jet-Setter, ein Bullshit-Erzähler, der von Walk the Talk spricht und sich selbst kein bischen im Griff hat.»

Das nennt man volles Rohr. Etwas, einiges dezenter hält’s der «Blick». Er verbeisst sich in die Frage, wieso Horta-Osório behauptet, er habe «unwissentlich» gegen die Quarantäne verstossen. Schlussfolgerung: «Hätte er dabei zugeben, dass er wissentlich gegen die Quarantäne verstossen hatte, hätte er die Einleitung eines Enforcement-Verfahrens riskiert. Um seinen Kopf zu retten, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als Nichtwissen als Grund für den Verstoss anzugeben.»

Kann man Horta-Osório zurücktreten?

Damit bezieht sich der «Blick» darauf, dass wir im Prinzip eine Überwachungsbehörde für den Finanzplatz haben. Allerdings hat die FINMA noch nie einen Grossen ernsthaft geärgert. Alle Schweinereien, die die CS bislang anstellte, hatten noch nie Sanktionen zur Folge, persönliche Konsequenzen. Obwohl die FINMA die sogenannte Gewähr entziehen kann, also die Lizenz zum Banking in höheren Kreisen. Und ohne diese Gewähr muss der Banker zurücktreten.

Nun ist es aber mit dem Rücktritt so eine Sache. Während jedes Geschäftsleitungsmitglied vom Verwaltungsrat gefeuert werden kann, ist es bei seinen Mitgliedern schwieriger. Das entschied schon den Machtkampf zwischen Tidjane Thiam und Urs Rohner. Der konnte feuern, konnte aber nicht gefeuert werden.

Schöne Sammlung des «Blick».

Das kann bei einem VR nur das Gremium, das ihn gewählt hat. Also die Generalversammlung der Aktionäre. Das ist noch nie geschehen bei einer Grossbank, und es wäre auch äusserst unwahrscheinlich, dass eine ausserordentliche Versammlung mit einem Traktandum einberufen würde und dann erst noch eine Mehrheit für Abschuss zustande käme.

Also befindet sich die CS in der ungemütlichen Lage, dass der VR seinen Präsidenten höchstens beknien kann, für das Ganze, für den Ruf, angesichts der Umstände, unter Verdankung der geleisteten Dienste («wir werden dann auch ausdrücklich unseren Respekt bekunden, gell António») – freiwillig zurückzutreten.

Rücktritt oder klammern: beides ist fatal

Auch das ist kitzlig. Denn ob Horta-Osório diesem Ansinnen folgen würde oder nicht: Was ist von einer Bank zu halten, in der ihr Präsident zum Rücktritt gedrängt wird? Oder was ist von einer Bank zu halten, deren Präsident sich an seinem Stuhl festklammert?

Da hat Hässig schon recht, er formuliert, was sich der «Blick» noch aufspart:

«Horta-Osório hat CS maximalen Schaden zugefügt.»

Man darf gespannt sein, ob spätestens der SoBli nachlegt. Der versemmelte ja seine Berichterstattung über den Ex-VRP von Raiffeisen. Da wäre Wiedergutmachung gefragt. Und natürlich hofft jeder der wenigen verbliebenen Chefredaktoren in der Schweiz darauf, den Blattschuss ansetzen zu können.

Ach, und wieso hat eigentlich der CS-Boss diese Dummheit begangen? Dafür muss man kein Diplompsychologe sein. Weil er’s kann. Weil er sich zu wichtig nimmt. Weil er annahm, dass das sowieso nicht rauskommt. Weil er den möglichen Schaden völlig falsch einschätzte.

Oder ganz einfach: weil er ein Banker ist.