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Wumms: Aline Trede

Kann eine Fraktionschefin ungehemmt Stuss erzählen?

Die grüne Aline Trede (ich fliege nicht, oder nur dann, wenn ich fliege) hat im «Blick» eine Meinungskolumne. Wenn ihr etwas nicht passt, ist sie in der Wortwahl nicht zimperlich: «Stoppt dieses Scheissbuch», keifte sie als bekennender JSH-Fan über eine Recherche, die noch gar nicht erschienen war, aber Kritisches über die Dame aus Zug enthalten sollte.

Wenn sie zu etwas aufruft, widerspricht sie dem sogleich. «Der Diskurs verschiebt sich. Und die Einordnung fehlt», jammert sie in ihrer jüngsten Kolumne. und schreitet dann gleich selbst zum Einordnen:

«So wird tatsächlich diskutiert, ob Musk einen Hitlergruss gemacht hat oder nicht; das Bild wird gross abgedruckt. Eine Diskussion, ob ein Hitlergruss ein Hitlergruss ist – wo sind wir nur hingekommen

Tja, wir sind so weit gekommen, dass die über jeden Zweifel erhabene Anti-Defamation-League, die über vielleicht etwas mehr Sachkenntnis als Trede verfügt, klar diagnostiziert hat, dass das keiner war.

Aber natürlich ist das nur die Einleitung zu einem Thema, das ihr selbst am Herzen liegt: die Umweltverantwortungsinitiative. Da meckert sie: «Stattdessen wird mit wenig Anstand den Befürworter:innen vorgehalten, dass dies alles so nicht stimme, dass alles, was die Wissenschaftscommunity der besten Universitäten weltweit publiziert hat, falsch sei. Und dies wird wiederholt, auf Social Media, in unseren Printmedien, immer wieder, bis es als Wahrheit erscheint

Das ist nun ein verräterischer grüner Standpunkt. Denn neben abgründiger Heuchelei zeichnet die Grünen auch in der Schweiz aus, dass es auch in der Wissenschaft nur zwei Ansichten geben kann. Die richtige und die falsche. Die Definition ist dabei ganz einfach: richtig ist, was die Grünen behaupten, falsch ist, was andere sagen. Das tun sie dann noch, im Gegensatz zu dezent formulierenden Grünen wie Trede mit «wenig Anstand».

Also ist es eigentlich so: wer den Grünen widerspricht, liegt nicht nur falsch, sondern ist auch unanständig. So geht’s halt, wenn man meint, als einzige Partei die wissenschaftliche Weisheit mit grossen Löffeln gefressen zu haben.

Dabei übersieht Trede auch noch, dass es in der Wissenschaft üblich ist, mit Fakten, und nicht mit Behauptungen zu arbeiten. Aber wer recht hat, hat das natürlich nicht nötig.

Zivilisation? My ass

Wie der Ami sagt, woher wir unsere Leitkultur beziehen.

Wahrscheinlich sieht zivilisatorischer Fortschritt heutzutage so aus:

Vorher.

Nachher.

Und dennoch gibt es ihn. Sonst würden wir heute noch in Höhlen hausen und gelegentlich an einem Mammut knabbern.

Allerdings gibt es offenbar Fragen, die zu gross für den Menschen sind. Denn daran knabbert die Menschheit auch schon seit ein paar tausend Jahren. Gibt es Gut und Böse, und wenn ja, wie unterscheidet es sich? Wieso wird bei kriegerischen Auseinandersetzungen schnell auf dem Niveau von Neandertalern argumentiert? Woher kommt dieser unbedingte Wille zur Rechthaberei und primitivem Schwarzweissdenken?

Oder müssen wir nicht einfach eingestehen, dass die Debattenkultur zu Zeiten von Salons während der Aufklärung entschieden höher entwickelt war als sie es heute ist?

Oder muss man sich einfach eingestehen, dass Masse Moral mindert, dass bei Massenveranstaltungen (und Massenmedien) die Erkenntnis von Le Bon gilt, dass das allgemeine Niveau auf dasjenige der unterbemittelten Teilnehmer an der Masse sinkt?

Vielleicht ist es wirklich so, dass die Möglichkeit des allgemeinen Hineinkrähens mittels Social Media, Kommentaren und jeglicher Form des Aufdrängens von Unausgegorenem einen hochstehenden und auf Erkenntnisgewinn ausgerichteten Diskurs verunmöglicht.

Madame de Staël und Manon Roland, Juliette Récamier und Marie d’Agoult, interessanterweise waren es meistens Frauen, die solche literarische Salons (bei denen es bei Weitem nicht nur um Literatur ging) abhielten, in denen zum Beispiel Denis Diderot verkehrte, der die wohl grösste Leistung des vorrevolutionären Europa erbrachte: die Enzyklopädie, die von 1751 bis 1780 erschien und nichts Geringeres als Anspruch hatte, das gesamte menschliche Wissen alphabetisch wiederzugeben.

Die nostalgischen Gefühle von heute entwickeln sich, weil es damals tatsächlich um die Suche nach Erkenntnis ging, tatsächlich gelebt wurde, dass ein Fortschreiten zu mehr Begreifen nur im möglichst schrankenlosen Austausch von Argumenten und Gedankengängen stattfinden kann. Wobei das Einhalten von Höflichkeit und Anstand eine Grundvoraussetzung für den Meinungsaustausch war.

Man stelle sich heute mal vor: in gewissen Salons gehörte es zum guten Ton, dass jemand, der replizierte, zuerst durch eine kurze Zusammenfassung des vorher Gesagten beweisen musste, dass er auch zugehört und den Inhalt verstanden hatte. Wenn man das in einer modernen Talk-Runde einfordern würde …

Nun waren diese geselligen und vor Geist sprühenden Abende natürlich nur für die happy few bestimmt; niemand wäre auf die Idee gekommen, dass das gemeine Volk mitreden sollte oder gar die Voraussetzungen mitgebracht hätte, um das Diskutierte zu verstehen.

Dass heutzutage jeder Flachkopf meint, er habe im Rahmen der Meinungsfreiheit das Recht, Unausgegorenes herumzukrähen, wohlan. Aber wenn man auf das fokussiert, womit sich ZACKBUM beschäftigt, nämlich mit den Medien, dann muss man immer wieder und immer wieder sagen, dass hier ungeahnte Auslotungen von geistigen Niederungen stattfinden.

Selbst die Kriegshetzerei nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Deutschland, Österreich, England und Frankreich hatte im Vergleich zu den heutigen Tiefebenen noch Niveau. Ein Ernst Jünger, so unerträglich er in der Verherrlichung von Stahlgewittern war, schrieb auf einem intellektuellen und kulturellen Niveau, von dem der durchschnittliche Sprachvergewaltiger bei Tamedia, CH Media oder Ringier nicht einmal den Hauch einer Ahnung hat.

Sind wir zivilisatorisch 2024 weiter, als wir es in Europa 1924 waren? Oder haben wir sogar einen neuerlichen Rückfall erlitten? Wenn man die öffentliche Debatte über Covid, Ukraine und Naher Osten als Beispiele nimmt: eindeutig. Der Aspekt «wir lernen in einer offenen Debatte, die um des Erkennisgewinns willen geführt wird» ist völlig verschwunden.

Jeder will belehren, niemand lernen. Jeder will Recht haben, niemand zugeben, dass er es doch auch nicht weiss. Jeder bietet wohlfeile Rezepte zur Heilung von allem an. Niemand räumt ein, dass die nicht an der Realität überprüft werden können, weil der Schreihals seine Ratschläge völlig haftungsfrei, verantwortungs- und einflusslos erteilt.

ZACKBUM hingegen gibt ein weiteres Mal zu: wir stochern im Nebel, bilden uns unsere Meinung und verzapfen die. In der Hoffnung, dass es jemanden interessieren könnte. In der Gewissheit, dass sie nichts bewirkt.

Und warum dann das Ganze? Ganz einfach. Weil die zwanghafte Notwendigkeit der Herstellung Spass macht. Und die Lektüre hoffentlich auch. Sonst ist da nichts.

 

Wumms: Stefan Kornelius

Kornelius sorgt immer wieder für das organisierte Erbrechen bei den Lesern.

Geht es darum, an Julian Assange herumzumäkeln: Kornelius ist zur Stelle. Die Ami-Justiz sei ihm gegenüber voreingenommen? «Das ist eine groteske Unterstellung, die seit Jahren schon angestellt wird, um den Fall politisch aufzuladen

Auch als Kriegsgurgel schlägt ihn keiner: «Putin führt keinen Wettbewerb um den stärkeren politischen Willen, er führt Krieg um des Krieges willen.»

Seit braunen Zeiten unter Adolf Nazi wurden russische Soldaten nie mehr so als vertierte Unmenschen abgebürstet: «Die Hemmungslosigkeit der russischen Streitkräfte wird gedeckt vom Vernichtungsdrang ihrer Führung. Es ist diese blutige Rohheit, die an die Tradition der Kosaken-Einheiten des zaristischen Russlands erinnert – freie Reiterheere, Krieger-Clans, Männerbünde aus der Steppe, die alle Konventionen des Krieges unterboten und für Grausamkeit im Kampf sorgten.»

Jede anständige Redaktion hätte ihm längst das Wort entzogen, den Computer ausgestöpselt und ihn gebeten, einen anständigen Beruf zu lernen. So aber darf er sich als deutscher Herrenreiter weiter austoben, leider auch weiterhin bei Tamedia. Dem Konzern ist wahrlich jedes Qualitätsbewusstsein, jede Verteidigung eines gewissen Niveaus abhanden gekommen.

Kornelius kann ungehemmt und ungeniert Stuss schreiben, Noten verteilen, Anordnungen geben. Wie ein verrückter General, der in der geschlossenen Anstalt Heere aufeinanderprallen lässt – in seiner Einbildung.

Aber Kornelius macht das in der Realität – oder was er dafür hält. In seiner Realität interessiert es brennend, dass er den US-Präsidenten scharf zurechtweist: «Joe Biden ist der Falsche, um den Supreme Court zu reformieren». Warum? Na, reicht doch, wenn Kornelius das sagt. In seiner Welt.

Angetan ist er hingegen von der Vizepräsidentin, die ihre Partei zweimal nicht zur Präsidentschaftskandidaten machen wollte – bis sie musste. Aber: «Plötzliche Euphorie: Harris` Blitzstart in den Wahlkampf».

Doch besonders am Herzen liegen Kornelius kriegerische Auseinandersetzungen, da ist er ganz in seinem Element, als Westentaschengeneral: «Israel kann nicht siegen», behauptet er in der «Süddeutschen Zeitung», «Einen Mehrfrontenkrieg kann Israel nicht gewinnen», schwächt Tamedia das gleiche Geseire ab.

Es ist mal wieder zum Mäusemelken, dass das israelische Kriegskabinett, die Militärführung oder Netanyahu möglicherweise nicht auf die Unke aus München hören werden. Denn die weiss: «Die Hochrüstung durch den Iran hat die Hizbollah derart schlagkräftig werden lassen, dass eine israelische Überlegenheit nicht mehr garantiert ist. Wenn Israel jetzt die zweite Front eröffnet, könnte es tatsächlich in einen Krieg um seine Existenz schlittern.»

Aber dank Kornelius wird Israel dieses Schlittern vermeiden. Oder nicht? Der Militärstratege macht einen kurzen Ausflug in den Jom-Kippur-Krieg von 1973 und fährt fort: «Heute würde ein Zwei- oder Mehrfrontenkrieg gegen hochgerüstete Terrormilizen nur einen Verlierer kennen: Israel.»

Der kleine Unterschied zu damals ist, was Grossstratege Kornelius vergisst: Israel hat inzwischen die Atombombe. Ist aber nur ein Detail.

ZACKBUM fragt sich: wissen das die Entscheidungsträger dort? Wird ihnen diese mahnende Botschaft wenigstens per reitendem Boten, als diplomatische Depesche, am besten mit ihrer unnachahmlichen Stimme vorgetragen von Annalena Baerbock, überbracht?

Wann wird Kornelius endlich zum militärischen und politischen Sonderberater des israelischen Ministerpräsidenten ernannt? Wenigstens mit einem Orden ausgezeichnet? Wann wird eine Strasse in Jerusalem nach ihm benannt? Ist es nicht überfällig, ihn als «Gerechten unter den Völkern» zu bezeichnen?

Denn so autoritär, wie Kornelius auftritt, kann es doch nicht sein, dass seine Sermone ungehört verhallen, einer nach dem anderen, morgen erinnert man sich schon nicht mehr an den von heute. Oder etwa doch?

Der über Israel war übrigens vom 29. Juli. Heute genauso vergessen wie seine zitierten Vorgänger. Man fragt sich bang: was wird in Kornelius Haupt vorgehen, wenn er sich eingestehen muss, dass schlichtweg nicht mal drittrangige Entscheidungsträger in der Welt auch nur einen feuchten Furz auf seine Meinung geben?

Die Medien kriegen’s nicht hin

Und der Journalist ist der Rechthaber im Nachhinein.

Es gibt wenige Ausnahmen, Arthur Rutishauser gehört dazu. Aber da Kompetenz (und Loyalität) im Hause Tx keinen besonders hohen Stellenwert geniesst, wurde er trotz seiner ständigen Warnrufe Richtung CS als Bauernopfer degradiert. Weil Pietro Supino auch die Kommunikation in der Affaire Roshani versemmelt hatte.

Die übrige Journaille tat das Gleiche, was sie nun dem Bundesrat und der Aufsichtsbehörde FINMA vorwirft: Sie schaute mehr oder minder tatenlos zu, wie die Credit Suisse gegen die Wand geklatscht wurde. Ringier versank in Lobhudeleien der Kurzzeit-Chefs, unvergesslich das Doppelinterview mit dem Alptraumpaar Gottstein Horta. Plisch und Plum waren ein Dreck dagegen.

Ansonsten zeigten weite Teile der Wirtschaftsjournalisten, was sie können. Nämlich nichts. Den Geschäftsbericht einer Bank lesen, das überfordert 90 Prozent von ihnen. Die Zusammensetzung des Eigenkapitals verstehen: Fehlanzeige. Erklären können, was ein CoCo ist: nur im Abschreibemodus. Die wichtigsten Indikatoren identifizieren, um den Zustand einer Bank messen zu können: hä?

Aber damit wissen sich die Mainstream-Medien mit ihrer Regierung einig: frei von Sachverstand kann man am besten vom Blatt lesen. Das war der Zustand bis kurz vor dem Exitus der Bank.

Währenddessen wurde weiterhin ab Blatt gelesen, ab der «Financial Times». Denn im fernen London war man besser über die Verhandlungen, den Inhalt und vor allem die heiklen Punkte informiert als die geballte Fachkraft der Schweizer Medien in Bern.

Auf welches Notrecht stützt sich der Bundesrat genau, was bedeutet der Abschreiber von 16 Milliarden Franken, wieso musste die UBS läppische 3 Milliarden Franken bezahlen, erhält ein Risikopolster von 9 Milliarden plus Liquidität bis zu 200 Milliarden? Kann man Aktionärsrechte so aushebeln? Riskiert der Bundesrat keine Staatsklagen, steht er eventuell in der Verantwortung für diese Entscheidungen – und ihre Kostenfolgen?

Und vor allem: war das mal wieder alternativlos? In welchem Schweizer Medium las man vor dem grossen Showdown vor einer Woche, wie Alternativen aussehen könnten? Dass die Bank schlecht geführt war, das war spätestens seit dem Amtsantritt von Urs Rohner offenkundig. Aber forderte je – ausser dem Autor dieser Zeilen – jemand seinen Rücktritt, mahnte Haftbarkeit an?

Aber nach dem Fall, da kommen nun alle Besserwisser aus den Löchern und überschlagen sich mit Kritiken, basteln grosse Zusammenstellungen von Fehlern und Flops, von dummen Sprüchen der Bankenlenker. Der Lobhudel-«Blick» räumt plötzlich dem alten Schlachtross Oswald Grübel die Spalten frei, der auch kräftig losgaloppiert – nachdem auch er zuvor mit Kritik gelinde gesagt sehr zurückhaltend war. Sicher, als ehemaliger CEO beider Banken, der CS und der UBS, musste er aufpassen, was er sagt.

Aber eigentlich gab es mal wieder nur einen Einzelkämpfer, der sogar so viel Gas gab, dass ihn die CS mit einer mehrhundertseitigen Klageschrift fertigmachen will. Denn Lukas Hässig fährt auf seinem Finanzblog «Inside Paradeplatz»* einen scharfen Reifen. Und lässt regelmässig die gesamte Konkurrenz alt aussehen. Er erlegte fast im Alleingang Pierin Vincenz und veröffentlichte ein Jahr lang eine Bombenstory nach der anderen über den einstmals strahlenden Banker – ohne dass jemand das Thema aufnahm.

Hässig steht auch auf der Shitlist von Daniel Vasella ganz, ganz oben, seit er verhinderte, dass der Pharma-Boss 72 Millionen hätte kassieren sollen – für süsses Nichtstun.

Irgendwie ist die «Blick»-Penisgeschichte symptomatisch für den aktuellen Zustand der Medien. Eigentlich möchte man gerne ein heikles Thema aufgreifen, das nun (fast) jeden Mann interessiert. Denn Nullwachstum in der Hose, das ist auch für Banker schlimmer als Nullzinsen.

Aber früher hätte der Fachmann höchstens als Feigenblatt dafür gedient, den Voyeurismus von weiblichen und männlichen Lesern zu befriedigen. Die Schlagzeile wäre auf der Hand gelegen: «Wenn Sie dieses Foto nicht erregt, sollten Sie zum Arzt». Welcher Art das Foto gewesen wäre, nun, wir breiten den Mantel des Schweigens darüber.

Aber wie löst das der «Blick» heute? Das einzige Boulevard-Organ mit einem Regenrohr im Logo zeigt doch tatsächlich einen Kaktus als Penissymbolbild. Wobei der Kaktus durchaus erigiert erscheint. Allerdings dürfte er weder bei Männern, noch bei Frauen erotische Empfindungen auslösen. Das gilt höchstwahrscheinlich auch für alle anderen Genderklassen, vielleicht mit Ausnahme von Masochisten.

«Der Penis ist die Antenne des Herzens», der Satz ist so blöd, der könnte glatt von diesem Kim irgendwas sein. Nein, so blöd ist er dann auch nicht.

Wieso nicht «Die UBS ist die Bank der Schmerzen», «von der Credit Suisse zur Debit Suisse zur Debil Suisse».  Oder gleich «Der Kontostand ist der Messfühler des Portemonnaies», «Die Kreditkarte ist die Windfahne der Begierde», «Der Zeigefinger ist das Instrument am Bankomat», «Die Credit Suisse ersetzt den Bankomat durch den Dankomat». Und nur echt mit dem Foto eines kompetent dreinblickenden Fachmanns.

Das kann man alles machen. Aber noch Geld dafür verlangen und behaupten, man sei unverzichtbar als Vierte Gewalt in der Demokratie – das ist nicht nur lachhaft, wenn es die «Republik» behauptet.

*Packungsbeilage: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schreibt gelegentlich auf IP.

Wer erträgt den Zweifel?

Zeichen und Wunder. Schwarzweiss kriegt Grautöne.

Richtig bunt und somit wirklichkeitsnah ist die Berichterstattung über den Ukrainekrieg noch nicht. Aber es gibt ein Heilmittel gegen Schwarzweiss, gegen das ewige Durch-die-Mühle-Drehen der gleichen Narrative. Die Autoren könnten noch wochenlang, aber das Publikum ermüdet langsam. Und wundert sich ab und an, wieso eine fast siegreiche ukrainische Armee immer mehr in die Defensive gerät.

So wie es sich wunderte, dass der Rubel nicht senkrecht in die Grube fuhr, sondern mit 40 Prozent Aufwertung gegenüber dem US-Dollar wieder Vorkriegsstände erreicht hat.

Also lässt auch der eine oder andere Journalist (ausser, er heisst Münger) etwas zu, was er sich ganz lange nicht traute: den Zweifel. Denn eine Fehleinschätzung aufgrund ungenügender Faktenlage oder wegen einer ideologischen Gesinnungsbrille, das ist das eine. Aber wenn der Spalt zwischen Rhetorik, Publizistik, veröffentlichter Meinung und Realität immer breiter wird, muss etwas geschehen.

Der erste Schritt zur Besserung besteht darin, nicht weiter wild Ratschläge zu geben, zu fordern, zu beschimpfen, der eigenen Regierung hinterherhöseln oder sie gar zu energischem Handeln zu drängen. Waffen her, möglichst schweres Gerät, so schaffen wir Putin, dröhnte es noch unlängst aus vielen Löchern, in die die Sonne der Erkenntnis nicht scheint.

Inzwischen beschleicht den einen oder anderen der Zweifel, ob das nicht einfach den Krieg verlängern könnte, noch mehr Opfer unter Soldaten und Zivilbevölkerung fordern würde, noch mehr Schäden an der Infrastruktur anrichte.

Das ist keine kleine Leistung für clevere Mitglieder der Journaille, und längst nicht alle haben die Zeitenwende in der öffentlichen Meinung mitgekriegt. Zeitvergessen wie japanische Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg reiten sie immer noch auf der Rosinante im fiktiven Schreibtäter-Feldzug gegen Putin.

All denen, und eigentlich auch allen anderen, sei ein wunderbares Gedicht von Bertolt Brecht (Nora Zukker, googeln!) gewidmet, so an einem nachdenklichen Sonntag:

Der Zweifler

Immer wenn uns
Die Antwort auf eine Frage gefunden schien
Löste einer von uns an der Wand die Schnur der alten
Aufgerollten chinesischen Leinwand, so daß sie herabfiele und
Sichtbar wurde der Mann auf der Bank, der
So sehr zweifelte.

Ich, sagte er uns
Bin der Zweifler, ich zweifle, ob
Die Arbeit gelungen ist, die eure Tage verschlungen hat.
Ob, was ihr gesagt, auch schlechter gesagt, noch für einige Wert hätte.
Ob ihr es aber gut gesagt und euch nicht etwa
Auf die Wahrheit verlassen habt dessen, was ihr gesagt habt.
Ob es nicht vieldeutig ist, für jeden möglichen Irrtum
Tragt ihr die Schuld. Es kann auch eindeutig sein
Und den Widerspruch aus den Dingen entfernen; ist es zu eindeutig?
Dann ist es unbrauchbar, was ihr sagt. Euer Ding ist dann leblos
Seid ihr wirklich im Fluß des Geschehens? Einverstanden mit
Allem, was wird? Werdet ihr noch? Wer seid ihr? Zu wem
Sprecht ihr? Wem nützt es, was ihr da sagt? Und nebenbei:
Läßt es auch nüchtern? Ist es am Morgen zu lesen?
Ist es auch angeknüpft an vorhandenes? Sind die Sätze, die
Vor euch gesagt sind, benutzt, wenigstens widerlegt? Ist alles belegbar?
Durch Erfahrung? Durch welche? Aber vor allem
Immer wieder vor allem anderen: Wie handelt man
Wenn man euch glaubt, was ihr sagt? Vor allem: Wie handelt man?

Nachdenklich betrachteten wir mit Neugier den zweifelnden
Blauen Mann auf der Leinwand, sahen uns an und
Begannen von vorne.

Die vielen Zweifellosen erreicht man damit nicht. Auch die Haltungsverbogenen nicht. Ebenso wenig die Einfachen im Geiste. Alle, die sich ernsthaft mit Genderfragen beschäftigen, fallen auch weg. Bauchnabelbeschauer und Erforscher der eigenen Befindlichkeit ebenfalls. Dann die vielen, die aus Unsicherheit zu Rechthabern geworden sind. Opportunisten, Konzernjournalisten, die ihre Haltung häufiger als die Unterhose wechseln: auch keine Chance. Bei Karrieristen gehen Zweifel gar nicht. Die alle abgezählt, da bleiben in der Schweiz noch, hm, also durchaus noch, hm, wie viele Journalisten übrig? Braucht man beide Hände zum Abzählen?