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Dödäda? Jeder hat das Recht …

Darf der das? Wer darf sich ein Bild machen, und warum? Die NZZ bläst sich auf.

Die meisten kennen das Recht am eigenen Wort. Das bedeutet, dass man versuchen kann, eine Aussage, die man einem Journalisten gegenüber gemacht hat, wieder zurückzuziehen. Das hat auch mit der unseligen Unsitte zu tun, ein Interview in verschriftlichter Form noch zu autorisieren.

Das ist im ganzen angelsächsischen Journalismus völlig unbekannt und unüblich. Da gilt: gesagt ist gesagt, wenn der Journalist das verkürzt, verzerrt oder falsch widergibt, dann gibt’s ein Riesengebrüll, also lässt er das.

Das Gleiche gilt auch für das Recht am eigenen Bild. Darüber bricht sich in der NZZ ein Schlaumeier einen ab, allerdings wählt er dafür, Künstlerpech, das falsche Beispiel.

Auf einer Glatze locken drehen, nannte das Karl Kraus.

Das Beispiel ist der Schweizer Fan, der während des Fussballspiels gegen Frankreich geradezu ikonisch litt und dann triumphierte. Da fragt die NZZ streng:

«Muss man es sich als gewöhnlicher Stadionbesucher gefallen lassen, zur Belustigung des Publikums durch die multimediale Arena gezogen zu werden?»

Dazu äussert sich NZZ-Redaktor Daniel Gerny. Pardon, Dr. iur. Gerny. Und lässt gleich die Früchte seines Studiums auf die Leser niederprasseln: «Die Persönlichkeit ist zivilrechtlich geschützt. Art. 28 des Zivilgesetzbuches (ZGB) umfasst auch das Recht am eigenen Bild. Dort heisst es: «Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.»»

Wurde das der Fan, durfte man ihn so überall abbilden? «Nein – jedenfalls nicht ohne Einwilligung und nicht in dem Masse, wie es hier der Fall war.»

Wenn der Doktor nicht reicht, muss der Professor ran

Gerny versichert sich dabei noch professoraler Unterstützung, denn Doktor ist er ja selbst. So runzelt wunschgemäss auch Roland Fankhauser, Professor für Zivilrecht an der Universität Basel, die Stirn. Sicher dem Genderwahnsinn geschuldet ist dies hier: Regina E. Aebi-Müller, Professorin für Privatrecht an der Universität Luzern: «Schon wenn der gleiche Fan in einem Spiel aber mehrfach gezeigt werde, werde es heikel.»

Hops, ist der nun nochmal verletzt?

Aebi-Müller hat noch weitere brandheisse juristische und sonstige Erkenntnisse auf Lager: ««Das Internet vergisst nicht», betont Aebi-Müller. Es bestehe deshalb durchaus ein Interesse daran, dass eindeutig inkriminierende Fotos schnell vom Netz genommen würden. «Ist damit zu rechnen, lohnt es sich unter Umständen, einen versierten Medienanwalt zu nehmen.»»

Entweder ist das mal wieder weibliche Logik, oder es ist Unsinn. Wir wagen da kein Urteil. Nur: Wenn und da das Internet nichts vergisst – was mal hochgeladen wurde, verschwindet nicht mehr –, ist es eher Beschäftigungstherapie für zwar versierte, aber nicht ausgelastete Medienanwälte, hier tätig zu werden.

Zweite Verletzung?

Abgesehen davon: wenn sich jemand in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt, dann hat er im Prinzip Anrecht auf Schadensersatz. Nur: wo soll er den geltend machen, und wie lässt sich der beziffern? Das gilt auch für die sogenannte Gewinnherausgabe. Also die Forderung, dass alle Medien, die widerrechtlich dieses Bild verwendeten, den damit erzielten Gewinn herausgeben müssen.

Wie kann man die Höhe einer Gewinnherausgabe berechnen?

Nur, wie nicht nur Jolanda Spiess-Hegglin schmerzlich erfährt, wie kann man diesen Gewinn überhaupt berechnen? Hat Ringier tatsächlich eine runde Million an seiner Berichterstattung über die Zuger Affäre verdient? Oder höchstens 10’000 Franken?

Also gerät Gerny überall an «schwierig, aufwendig, beinahe aussichtslos». Was alleine schon die Frage provoziert: und wieso darauf kostbaren Platz in der NZZ verschwenden? Um einfach mal seinen Ius-Doktortitel spazieren zu führen? Die Frage verdichtet sich zur Gewissheit und Antwort, als sich Gerny gegen Schluss noch selbst ins Knie schiesst, um das mal juristisch sauber auszudrücken:

«Inzwischen hat sich der Schweizer Fan im «Blick» geäussert. Aus seiner plötzlichen Bekanntheit mache er sich nicht viel, denn er wisse, dass diese von kurzer Dauer sei. Man kann dies als konkludentes Verhalten sehen – als unausgesprochene Einwilligung in die Veröffentlichung der Bilder.»

Damit ist nun endgültig die Luft raus. Der Betroffene findet das offenbar gerade kein Problem, er fühlt sich also nicht «verletzt». Weshalb das ganze aufgeregte Geschreibe an der Grundvoraussetzung scheitert, dass nämlich ein Rechtsträger sich verletzt fühlt; wem etwas egal ist (oder wer es sogar toll findet), der ist eben nicht «verletzt».

Aber solche Erkenntnisse scheinen Gerny aus dem Hinterkopf gefallen zu sein; ist ja schon ein paar Jährchen her seit seinem Studium. Und wer den Titel hat, der hat ihn. Man kann ihn sich auch nicht wegschreiben. Leider.