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Kalter Kaffee, dünn eingeschenkt

Drogenkrimi, Morde, Geldwäscherei, Credit Suisse. Tolle Story. Gähn-Story.

So hat es das «Recherchedesk» von Tamedia gerne. Ein zwielichtiger, bulgarischer Drogenhändler. Morde auf offener Strasse. Tonnenweise Schmuggel von Kokain. Und die Schweizer Bank wird verdächtigt, wie üblich Handlangerdienste geleistet zu haben.

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Das ist immer einen Aufmacher beim Wirtschaft-Bund wert. Saftige Sonntagslektüre für die Leser, noch vor der Endabrechnung mit Vincenz.

Aber es wäre natürlich nicht die SoZ, wenn die Story nicht mit diversen Haken und Ösen gespickt wäre. Zunächst einmal sollen sich die Straftaten zwischen 2003 und 2007 abgespielt haben. Der Hauptbeschuldigte Evelin Banev soll von «Gerichten in Italien, Bulgarien und Rumänien zu gesamthaft 36 Jahren Gefängnis verurteilt» worden sein. Schliesslich soll die CS 55 Millionen Franken Drogengelder gewaschen haben.

Kriminaltango, Schweinerei, die toxische Mischung: bulgarischer Gangster, Kokain, Geldwäsche, pfui. Aufhänger: diese Woche beginne der Prozess vor dem Bundesstrafgericht. Denn die Bundesanwaltschaft  habe «nach jahrelangen Ermittlungen nicht nur zwei bulgarische Bandenmitglieder angeklagt, sondern wegen Geldwäscherei auch eine ehemalige CS-Mitarbeiterin und gleich noch die ganze Bank selber».

Endlich einmal eine erfolgreiche Anklage der Bundesanwaltschaft?

Spätestens hier müsste der aufmerksame Leser stutzig werden. Denn seit den Tagen der grossen Mafiajägerin Carla Del Ponte, die keinen einzigen Mafiosi verurteilen konnte, ist die BA mehr durch Skandale, Flops und Pleiten als durch juristische Erfolge bekannt geworden.

Die Leiter der Behörde gaben sich alle Mühe, die oberste Strafverfolgungsbehörde durch ihr Verhalten lächerlich zu machen. Aber nun soll’s ernst werden. Die Ermittlungen dauerten zwar mal wieder ein paar Jährchen; genau gesagt 15, aber jetzt geht’s los. Blöd aber auch, dass der grosse Bösewicht Banev auf freiem Fuss ist.

Zuletzt wurde er in Kiew verhaftet, zeigte dort aber einen ukrainischen Pass vor und entging damit der Auslieferung. Die widerfuhr ihm vor einigen Jahren nach Italien, wo er zu 20 Jahren verknackt, an Bulgarien ausgeliefert, dort freigesprochen und aus dem Knast entlassen wurde. Das italienische Urteil wurde inzwischen von der Revisionsinstanz ans Gericht zurückverwiesen.

Behaupten wir mal kühn, dass in Italien einigermassen rechtstaatliche Sitten herrschen. Das kann man nun von Rumänien und Bulgarien nicht wirklich sagen. Die bulgarischen Strafverfolger sollen gegenüber der Bundesanwaltschaft zum Beispiel mit falschen Anschuldigungen gearbeitet haben.

Wer leuchtet in die bulgarische Dunkelkammern?

Welche Rolle spielten in diesem Schlamassel der ehemalige bulgarische Ministerpräsident Borisov, sein Innenminister Tzvetanov und der Chef der Verfolgungsbehörde gegen organisierte Kriminalität? Wurde 2013 die damals 10-jährige Tochter Basevs in Sofia entführt und anderthalb Monate später wieder freigelassen, um ihm zu bedeuten, dass er gefälligst die Schnauze halten solle?

Hat die Credit Suisse damals wie üblich keine allzu grossen Anstrengungen unternommen, die Herkunft ihr anvertrauter Summen zu überprüfen? War sie damals überhaupt dazu verpflichtet? Natürlich sagt sie tapfer: «Die Credit Suisse weist die in dieser vergangenheitsbezogenen Angelegenheit gegen sie erhobenen Vorwürfe in aller Form zurück

Nun hat sich die BA zu einer über 500 Seiten dicken Anklageschrift verstiegen, die der SoZ offenbar durchgestochen wurde. Deshalb kann sie fröhlich aus bankinternen Abläufen zitieren oder mit Geldsummen jonglieren, die bar eingezahlt oder abgehoben wurden. Das nennt man mediale Landschaftspflege.

Die SoZ spielt gross auf und lässt dann stark nach

Um die Spannung zu schüren, beginnt die SoZ mit dem brühmt-berüchtigten szenischen Einstieg:

«Ein trostloser Parkplatz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Ein stämmiger Mann in rotem Gilet und mit einem grossen Tattoo auf dem Oberarm will gerade in seine Limousine steigen. Da springen maskierte und behelmte Spezialeinheiten aus einem Polizeiwagen, überwältigen den Mann und fesseln ihn auf dem Boden liegend.»

Das zeige ein Polizeivideo, und beim Mann handle es sich um «Banev, der Kopf einer berüchtigten bulgarischen Drogenbande». Dummerweise wurde er später wieder freigelassen, und selbstverständlich gilt auch hier die «Unschuldsvermutung».

Statt solchen Mätzchen wäre es gut und interessant gewesen, mal einen tieferen Blick in die bulgarischen Abgründe zu werfen, wo von Rechtsstaatlichkeit wirklich nur von Fall zu Fall die Rede sein kann; Korruption und Staatsversagen an der Tagesordnung sind.

Aber das lässt sich eben nicht am Zürcher Schreibtisch erledigen, wo man aber eine Anklageschrift ausschlachten kann, die einem zugesteckt wurde. Auch das ist Leserverarschung und wird seine Quittung am 13. Februar kriegen.

Noch so eine Tamedia-Niete

Oliver Zihlmann ist «Co-Leiter Recherchedesk». Nur ist das nicht so sein Ding.

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Normalerweise kümmert sich Zihlmann um das Ausschlachten gestohlener Geschäftsunterlagen. Aus dieser Hehlerware entstehen dann Leaks und Papers und Gedöns. Zum Riesenskandal hochgejazzte Tropfen und Tröpfchen, die dann schneller als Eis an der Sonne verdunsten.

Oder erinnert sich noch jemand an die Paradise-, Panama- oder Pandora-Papers? Eben. Nun haben die sogenannten «Facebook Files» seine Aufmerksamkeit erregt. Das hört sich für Zihlmann so etwas nach seiner eigenen Lieblingsbeschäftigung an, also hat er etwas drin rumgeschnüffelt.

Das Thema ist nicht mehr wirklich taufrisch, aber natürlich hat die Welt mit angehaltenem Atem auf einen Kommentar des Co-Leiters gewartet. Bevor sie dabei rot und blau anläuft, hat er geliefert:

«Die Lektüre der Facebook Files hinterlässt ein Gefühl der Bedrohung.»

Obacht, Zihlmann fühlt sich bedroht. Das kann ja nicht gut enden: Die Papiere zeigten, «dass das soziale Netzwerk für zahllose Menschen eine Gefahr ist». Also für uns nicht, aber wir sind ja auch nicht zahllos. Andere werden aber sozusagen zahnlos: «Hass, Gewalt, Desinformation, gefährliche Seiten, die junge Menschen in Essstörungen treiben

Für Zihlmann kein Sympathieträger: Mark Zuckerberg.

Das sei aber nur die Spitze des Zuckerbergs. Viel gefährlicher sei noch, dass sich viele lediglich über Facebook informierten: «Für sie sind Hass und Desinformation eine echte Gefahr.» Allerdings, leichte Entwarnung: «Viele westliche Nutzer informieren sich derzeit noch in privaten und öffentlich-rechtlichen Medien und können so Gerüchte aus Social Media überprüfen.»

Eigenlob stinkt nicht: Selbstdarstellung des Recherchedesks.

Nun ja, wer sich beispielsweise mit der Einheitssosse von Tamedia zuschütten lässt, wo regierungshörige Berichterstattung vorherrscht, dazu Elendsjournalismus mit Papier- und Brainmangel, wo wilde Corona-Kreischen, Genderwahnsinnige im Nabelschaumodus, Antidemokraten und Fakefakt-Checker am Gerät sind, kann auch nicht als ungefährdet bezeichnet werden.

Knallharte Diagnose, knallharte Therapie

Nun outet sich auch noch der Recherche-King als Kaiser ohne Kleider. Denn nach der Diagnose kommt unweigerlich der Therapievorschlag: angesichts dieser Gefahr müsse «die Politik hier mit aller Härte eingreifen». Was, gegen Tamedia? Aber nein, so weit will Zihlmann nicht gehen.

«Warum zum Beispiel die Betreiber der sozialen Medien nicht haftbar machen für das, was sie verbreiten, wie bei jedem traditionellen Medium? Dann würden der Hass und die Falschinformationen wohl zum ersten Mal wirklich von den Seiten verschwinden.»

Das ist nun eine dermassen dämliche Frage, dass sich Zihlmann mit ihr die Pole-Position im Inkompetenz-Team von Tamedia erobert. Schliesslich gehört er auch zu den vielen Lesern von ZACKBUM, und nicht nur deswegen sollte er wissen, wieso die sozialen Medien eben nicht haftbar für ihre Inhalte sind. Wenn nicht, hätte er es am 19. Oktober nachlesen können, dort haben wir es auch für Begriffsstutzige in aller Ausführlichkeit erklärt.

Zum Beispiel, dass aus «T» «Tamedia» und daraus «Tx» wurde?

Heute möchten wir aber noch ein paar weitere intelligente Fragen in den Raum stellen. Warum zum Beispiel nicht den Hunger auf der Welt besiegen? Alle kriegerischen Handlungen einstellen? Warum nicht Rassismus, Diskriminierung und Hetze einfach verbieten? Dann würde auch eine gute Portion Hass und Falschinformationen verschwinden.

Gut, das liesse sich auch durch die Einstellung des Tamedia-Elendsjournalismus befördern, aber dann wäre Zihlmann arbeitslos, und das wollen wir auch nicht. Aber wir empfehlen ihm, das nächste Mal – wenn schon, denn schon – eine alte Forderung der Zürcher Jugendbewegung aufzunehmen, die auch noch nicht erfüllt ist: «Freie Sicht aufs Mittelmeer. Nieder mit den Alpen!»

Oder vielleicht:

Freie Sicht auf die Realität. Nieder mit den Denkbarrieren des Recherchedesks.