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Realsatire: das dürfen Sie sehen …

Die NZZaS versucht sich in gnadenloser Veräppelung.

Immerhin, man muss es der NZZ lassen; sie hat zwei Mal die Fehlentscheidung des Zurich Zensur Festivals kritisiert, nach unverschämten Druck der ukrainischen Regierung und anonymen Pro-Ukraine-Stänkerern einen Dokumentarfilm über russische Soldaten an der Front aus dem Programm zu nehmen und die Autorin wieder auszuladen.

Ein veritabler Skandal – den die Mainstreammedien schlichtweg ignorieren. Weil er nicht ins Narrativ passt. Denn das Framing ist klar: Russland ist ein Zensurstaat, in dem abweichende oder gar oppositionelle Meinungen drakonisch verfolgt werden. Wird dort ein Dokumentarfilm gedreht, kann es sich nur um ein vom Kreml bezahltes Machwerk einer Sprechpuppe handeln, die absichtlich oder aus Dummheit eine geschönte Version der Wirklichkeit zum Besten gibt.

Dass der Film von Kanada finanziert und von namhaften Produzenten begleitet wurde, was soll’s.

Schliesslich verteidigen wir in der Ukraine unsere westlichen Werte gegen die slawischen Bolschewiken; Pardon, gegen den Iwan, der bekanntlich als Soldat  ausschliesslich ein «Kriegsverbrecher, Krimineller und Vergewaltiger» ist, wie das die ukrainische Regierung bekanntgibt.

Dass sie gleichzeitig die Zensur dieses Dokumentarfilms in Zürich fordert – und erreicht, ist ein Skandal. Passt aber nicht ins Framing von der Ukraine als Bestandteil des Wertewestens. Dass pro-ukrainische anonyme Pöbler die Gastfreundschaft der Schweiz so belohnen, dass sie sogar Todesdrohungen gegen Familienmitglieder von Mitarbeitern des Film Festivals ausstossen – und gegen dessen Leitung – auch das ein Skandal, der mit Schweigen beantwortet wird.

Dass nun aber die NZZaS launige Filmtipps unter dem Titel «Das müssen sie gesehen haben» gibt, das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht. Besser wäre die Formulierung gewesen: «Das dürfen sie sehen».

Der «Blick» berichtet immerhin, dass es hinter den Kulissen des Festivals hoch zu und her gehe. Nein, nicht wegen dieser feigen Zensur. 16-Stunden-Schichten, Konflikte wegen Handyrechnungen und Streit mit der Personalabteilung, über 20 Mitarbeiter hätten dem Festival in den letzten zwei Jahren den Rücken gekehrt, weiss der «Blick».

Und plaudert aus dem Nähkästchen: «Was manchen ZFF-Mitarbeitenden besonders sauer aufstösst: Ein Mitarbeiter, der für ein schwieriges internes Klima verantwortlich gemacht wurde, verliess das Unternehmen und wurde trotz Warnungen aus dem Team später wieder eingestellt.»

Richtig ist auch, dass es an der Spitze des Festivals einen veritablen Frauenverschleiss gab; neben dem unerschütterlichen Christian Jungen gaben sich vier Co-Leiterinnen die Klinke in die Hand. Allerdings darf sich im SoBli Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider mit Popcorn im Kinosessel ablichten lassen und Plattheiten von sich geben: «Man spielt nicht immer seine Wunschrolle». Ein Wort zu dem unverschämten Druckversuch der ukrainischen Regierung? Pustekuchen.

Und im Magazin der NZZaS, immer für abgehangene, olle Kamellen gut, darf Richard Gere über sein Lieblingsthema quatschen: der Dalai Lama (für Gere «seine Heiligkeit»)  und der Buddhismus und das Universum. Kostprobe: «Das Universum allein zählt, und es urteilt nicht.»

Offensichtlich befleissigen sich auch (fast) alle Schweizer Medien dieser universellen Weisheit. Nicht urteilen, einfach im Hier und Jetzt schweben. Die Gesinnungsblase störende Ereignisse einfach ausblenden. Es der kleinen «Weltwoche» überlassen, das Normalste der Welt zu tun: der anderen Seite Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Alles Puzzlestücke, Mosaiksteine für ein grösseres Bild: die Begräbnisveranstaltungen zum Untergang der Mainstream-Medien. Selbstverschuldet, denn wer so mit leichter Hand sein wichtigstes Asset verspielt, hat’s nicht besser verdient.

Wenn Glaubwürdigkeit und Vertrauen schwinden, biegt man auf den Weg zum Friedhof ein.

 

Willst du lachen, nimm «watson»

Eigentlich ist diese Karikatur eines Online-Magazins Kult.

Das Merkwürdig-Organ weiss, wie Heftmischung online geht:

Oder vielleicht ist das Foto rechts eine subversive Kritik am Wahlausgang links; nur Gehirnamputierte wählten Höcke.

Aber auch Rätseltitel amüsieren den Leser:

Wann ist ein Geldautomat denn überbeschäftigt? Wie grast man unverhohlen? Was ist die «Six-Weide»? Ein Titel für unsere Rätselfreunde.

Dann eine Dreierpack auf die Zwölf:

Aber seien wir ehrlich, ein Listical über «13 Tiere, die Körpersäfte als Waffe benützen», das ist entweder völlig verzweifelt oder genialisch.

Das hier ist allerdings grossartige Realsatire:

Es darf gelacht werden. «Der Rohstoff der demokratischen Debatte ist gute Information». Das bereitet die Knallerpointe vor: «Die wollen wir liefern.» Der Leser braucht zwei Taschentücher für die Lachtränen, dann geht’s auch gleich weiter: «Und zwar zu jeder Zeit auf alle digitalen Kanäle und Geräte.» Nicht etwa nur auf ausgewählte. «Ohne Preis, ohne Hürden, ohne jemanden auszuschliessen. Hilf mit

Der Beweis: was keinen Preis hat, ist nichts wert. Ohne Hürden? Also auch für Rollstuhlfahrer geeignet? Niemanden ausschliessen? Also auch für fundamentalistische Irre, Pädophile oder Rechtsradikale? Schliesslich, wenn’s gratis ist, wieso soll man dann «watson» unterstützen?

Geht da noch einer? Doch, aber dann haben wir ein Einsehen mit den ZACKBUM-Lesern, mehr verträgt man wirklich nicht:

 

Gar nicht komisch

Hazel Brugger hat fertig. So als Promi mit vielen Followern.

Die Komödiantin baut sich mit den Erträgen ihres Wirkens ein Haus. Das ist schön für sie, wer möchte das nicht. Allerdings, so spielt das Leben, ist der Spalt zwischen Satire als Broterwerb und Realsatire aus dem eigenen Leben nicht gross.

Denn wie bei vielen Bauten scheint es auch hier Mängel zu geben und Anlass, sich öffentlich darüber aufzuregen. Das ist dem Adlerauge von Andreas Tobler nicht entgangen, der sich hier mal wieder kulturell einbringt. Denn Brugger benützt ihre Prominenz und die Tatsache, dass sie 800’000 Follower hat, dafür, ihrem Frust über Baumängel öffentlich Ausdruck zu verleihen. Allerdings lässt sie es dabei an ihrer sonstigen kühl-satirischen Art doch deutlich ermangeln.

Laut Brugger muss es zwischen der Bauherrschaft – ihr Mann und sie – und dem Architekten sowie den Bauarbeitern inzwischen hoch zu und her gehen: «Weil wir auf unserer Baustelle von Bauarbeitern bedroht wurden, brauchten wir zuletzt Personenschutz.»

Nach der einfühlsamen Schilderung des Bauleidens wagt Tobler dann doch eine Spur Ironie: «Wahrscheinlich gibt es in Deutschland und der Schweiz Tausende Hausbesitzer, die mit ihren Architekten wegen Baumängeln streiten.» Aber wenn einem auf Instagram so viele Leute folgen, dann sei alles halt etwas gröber: «Also auf einer Plattform, auf der viele leidenschaftlich gerne aus ihrem Leben berichten, nichts zu unwichtig ist – und sich selbst Alltägliches als «Content» verwerten lässt», schreibt Tobler.

Ohne sich der Ironie bewusst zu sein, dass auch er diesen Pipifax als Content verwendet. Da benützt eine Prominente ihren Status, um ihrem Ärger Luft zu machen. Wie berechtigt das wirklich ist, hätte Tobler herausfinden können. Mit einem Ortsbesuch oder mit dem Versuch, dem Architekten oder Bauleiter eine Stellungnahme zu entlocken.

Aber he, das wäre doch Journalismus gewesen, dafür hätte er etwas recherchieren müssen oder gar – schreckliche Vorstellung – sich von seinem Schreibtisch wegbewegen. Aber das sind Dinge, die im heutigen Spar- und Elendsjournalismus nur im äussersten Notfall erlaubt sind.

Aber es gibt auch einige gute Nachrichten, die hinter diesem Baustellentext stecken. Tobler geht einigermassen sanft mit Brugger um, was man bei seinem unflätigen Rüpeln gegen Marco Rima nicht behaupten kann. Über den holzte Tobler: «Er arbeitet also an der Vergrösserung seines Selbst, wie viele, die in die Öffentlichkeit drängen.» Dabei meckerte Rima nicht etwa über seinen Ärger mit dem Personal, sondern hatte ein Anliegen. Nur eins, das nicht in Toblers Gesinnungsblase passt.

Des Weiteren beschäftigt sich Tobler hier nicht mit der Misshandlung der deutschen Sprache mit Gendersternen und ähnlichem Schwachsinn. Er macht auch keine Schmähkritik wie in seinem Schmierenstück über den damaligen NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer. Er fordert auch nicht wie bei Rammstein, dass die nächsten Auftritte von Brugger abgesagt werden sollten.

Bei Journalisten wie Tobler muss man immer froh sein, wenn sie vieles nicht machen. Allerdings bleibt dann nicht viel übrig, was sie machen könnten. Denn das kommt von Können, und eigentlich, theoretisch, wäre Tobler ja Kulturjournalist. Arbeitet also in einem Team, das ersatzlos, schmerzlos und folgenlos gecancelt werden könnte. Berichterstattung über Kultur, über Literatur, Filme, Bilder, Theater, Oper, über anspruchsvoll Geistiges, da ist nix. Ausser vielleicht über ein Pottwal-Happening, das halt unübersehbar ist. Denn Tagi und Kultur, das ist wie Erde und Mond, und dazwischen Vakuum. Viel Vakuum. Schwarze, kalte Leere.