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Krieg der Worte

Seit den Sprachreinigern im Dritten Reich war es noch nie so schlimm.

Der Deutsche nimmt schnell übel. Neben Rechthaberei und Blockwart-Mentalität ist das eine weitere unangenehme Eigenschaft von ihm.

Besonders gerne nimmt er den Gebrauch von Wörtern übel. Das zieht sich bis weit in die Geschichte zurück, als Sprachreiniger das gute Deutsch von allen ausländischen Vokabeln befreien wollten. Unsterblich in Erinnerung bleibt der Viertopfknalltreibling für den Vierzylinderexplosionsmotor.

Ein anderes, modernes Reizwort, bei dem jedem gendergetreuen Gutmenschen die Stirnader anschwillt, ist der «Mohrenkopf». Kleiner Irrtum dabei: Es ist absurd, wenn man meint, durch Diskriminierung oder gar Verbot missliebiger Begriffe Rassismus bekämpfen zu können. Ob jemand Neger oder Mitmensch mit afrikanischer Herkunft sagt, ändert keinen Deut daran, ob er ein Rassist ist oder nicht.

Viel härter wird diese Auseinandersetzung natürlich auf dem Gebiet der Politik geführt. Die aktuelle Festnahmen und die Jagd auf weitere Ex-Mitglieder der deutschen Terrorgruppe RAF erinnert daran, dass in den finsteren Zeiten des Deutschen Herbsts inquisitorisch unterschieden wurde zwischen Menschen, die «Baader-Meinhoff-Gruppe» für die RAF sagten und solchen, die vorgeschrieben korrekt «-bande» sagten.

Die Verweigerung der angeblich korrekten Sprachregelung konnte damals ohne weiteres ernste Konsequenzen auf Karriere und Anstellung haben.

Ewig gibt es den Versuch, mit knackigen Kampfbegriffen die politische Debatte zu beherrschen. Dabei spielt der semantische Inhalt keine grosse Rolle, sondern nur das Framing eines Begriffs. Anders wäre das Wort vom «Putinversteher» ja kein Schimpfwort, sondern im Wortsinn durchaus lobend gemeint; da bemüht sich jemand, den russischen Präsidenten zu verstehen. Was ja wohl Voraussetzung dafür ist, seine Taten analysieren zu könne, Prognosen für zukünftiges Tun zu wagen, sinnvolle Gegenstrategien auszuarbeiten.

Aber stattdessen steht «Putinversteher» für jemanden, der die Taten Putins nicht nur versteht, sondern sogar billigt, der sie nicht erklärt, sondern entschuldigt, zumindest rechtfertigt.

Auch in der überwundenen Pandemie war etwas vom Schlimmsten, ein Coronaleugner zu sein. Eigentlich ein absurder Begriff, aber aufgeladen mit allem Schlechten, was man einem Menschen vorwerfen kann. Ein Coronaleugner isst sicherlich auch Mohrenköpfe und ist zudem auch ein Klimaleugner, was ein noch absurderer Kampfbegriff ist.

Immer wieder kommen neue Formulierungen auf die grosse Shitlist derjenigen, die versuchen, den öffentlichen Diskurs zu dominieren und statt mit Argumenten mit Totschlagargumenten operieren.

Neu in diesem Theater ist die «weisse Flagge». Der Papst getraute sich, dieses Wort zu benützen, um den Kriegsparteien im Nahen Osten nahezulegen, statt weiterer kriegerischer Handlungen es mal mit einem Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung zu probieren. Da wurde geschäumt, dass er doch wohl nicht Israel empfehlen wolle, die weisse Flagge zu schwenken.

Neuster Zuzügler ist das Wort vom Einfrieren. Erinnern wir daran, was der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im deutschen Bundestag genau gesagt hat:

«Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann

Eine zweifelsfrei bedenkenswerte, sinnvolle Aussage. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der SPD-Politiker trotz grossem Gebrüll nicht bereit ist, diese Formulierung zurückzunehmen. Störrisch erklärt er, wie das in der Friedensforschung verwendet wird: «Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt.»

Damit macht er aber den typischen Fehler eines Intellektuellen. Das ist viel zu kompliziert für die Aufnahmefähigkeit der breiten Masse. Die hat’s gerne knackig, einfach, übersichtlich und möchte nach einer Sekunde schon wissen, ob man dagegen oder dafür zu sein hat, ob das ein böses oder ein gutes Wort ist. Ob hier ein Putinversteher spricht oder ein tapferer Verteidiger unserer westlichen Werte in der Ukraine.

Solche bösen Menschen, die böse Wörter verwenden, wobei das eine das andere beweist, nannte man früher gerne Wehrkraftzersetzer. Ist leider zu angebräunt. Diversant wäre nicht schlecht; vielleicht sollte man sich auch häufiger an Adolf* Wühler aus dem «Zivilverteidigungsbüchlein» erinnern, ein zu Unrecht vergessenes Meisterwerk der politischen Indoktrinierung.

*Nach Leserhinweis korrigiert.

Primitive Demagogie

Auch auf die Gefahr hin, als Extremist beschimpft zu werden: das ist dummes Geschwätz.

Fabian Renz leitet das Ressort «Analysen und Meinungen» von Tamedia. Das ist der Kopfblattsalat, bei dem schon mal die Todesanzeigen von Zürich in der «Basler Zeitung» erscheinen. Höchste Qualität eben.

Analysen sind hier eher selten, Meinungen kommen gehäuft vor, meistens aus München übernommen. Renz ist so ein Meinungsträger, und daran trägt er schwer.

Er wurde schon mehrfach verhaltensauffällig. Nun ist er aber über ein gefundenes Fressen gestolpert:

Niemand muss darüber reden, Renz will aber. Das darf er natürlich, nur sollte er mit seinem «Leitartikel» den Leser nicht leiden lassen. Aber solche Rücksichtnahme ist im modernen Mainstreamjournalismus unbekannt.

Hier geht es weder darum, originelle Gedanken zu formulieren, erhellende Analysen, erkenntniserweiternde Erläuterungen. Noch darum, differenziert eine Meinung zu einem Ersturteil einer unteren Instanz abzugeben, das wie angekündigt weitergezogen wird und daher nur zeitlich sehr begrenzte Bedeutung hat.

Dass der Richter immerhin völlig richtig erwähnte, dass eigentlich die Beurteilung, ob jemand als «Gaga-Rechtsextremer» bezeichnet werden darf oder ob das eine Persönlichkeitsverletzung sei, eigentlich mehr eine politische Frage sei, die nicht unbedingt vor Gericht ausgetragen werden sollte, auf diesen Hinweis verzichtet Renz.

Er rempelt den SVP-Nationalrat Andreas Glarner lieber als «Kneipenschläger der Schweizer Politik» an. Und mokiert sich: «Andreas Glarner, SVP-Nationalrat aus Oberwil-Lieli AG, ist fürwahr kein Mann des gehobenen Salondiskurses». Bis hierher ist es nicht falsch, was Renz schreibt. Ab hier dafür extrem: «doch diesmal hat er, wenn auch unfreiwillig, eine wichtige Debatte in Gang gebracht».

Debatte? Wichtig? Wer «debattiert» eigentlich, ausser Renz? Dabei debattiert nicht mal der, sondern arbeitet mit Pseudofragen: «Ist, erstens, das Urteil zu begrüssen? Und ist, zweitens, Andreas Glarner also ein Rechtsextremist? Sollen wir ihn so betiteln – hier, jetzt und an dieser Stelle?» In logischer Reihenfolge fährt Renz fort: «Die Antwort auf die zweite Frage lautet: nein.»

Aber: «Es geht im Kern um den Politikstil, den wir uns wünschen. Krawallanten wie Glarner sind hierzulande zum Glück die Ausnahme.»

Dass Renz es nicht so mit Genauigkeit und Kenntnis und Kompetenz hält, beweist er hier: «Glarner will das Urteil weiterziehen – doch solange ihm eine höhere Instanz nicht recht gibt, darf er offiziell als Rechtsextremist tituliert werden.» Quatsch, nicht «offiziell», wenn schon amtlich, und nicht strafbar ist nicht dasselbe wie öffentlich, und öffentlich wäre nicht deckungsgleich mit offiziell. Aber korrekter Gebrauch von Sprache und Begrifflichkeiten, Himmels willen, Renz doch nicht.

Nun fliegt Renz einen logischen Looping nach dem anderen: «Gerade weil wir mit dem Vorwurf des Rechtsextremismus überaus zurückhaltend umgehen, tendieren wir zum Selbstbetrug: Das Problem existiert bei anderen, nicht aber bei uns.» Es existiere also in der Schweiz kein wahrgenommenes Problem namens Rechtsextremismus? Gaga.

Zweiter Looping: «Ins Bewusstsein ruft das Urteil hoffentlich auch beunruhigende Tendenzen innerhalb der grössten Schweizer Rechtspartei: Andreas Glarners SVP. Viele Jahre lang hat die SVP, was ihr hoch anzurechnen ist, zu zweifelhaften Kräften im Ausland sorgfältig Distanz gehalten. Diese Vorsicht ist geschwunden, seit einigen Jahren knüpft man Netzwerke über die Grenzen hinweg. Als Ungarns ultrarechter Autokrat Viktor Orban jüngst auf Einladung von SVP-Publizist Roger Köppel in Zürich referierte, machten ihm die Parteioberen fast in corpore die Aufwartung.»

Der «ultrarechte Autokrat» kann im Rahmen der Meinungsfreiheit durchaus so bezeichnet werden. Gleichzeitig ist er aber der gewählte Ministerpräsident Ungarns. Auch im Rahmen der Meinungsfreiheit darf man den in die Schweiz einladen, ihn eine Rede halten lassen und ihr sogar zuhören, was nicht mit «die Aufwartung machen» zu verwechseln ist, wenn man kommentieren und nicht polemisieren wollte.

Dritter Looping mit krachender Bruchlandung: «Rechtsextremismus höhlt die Demokratie aus und beraubt Minderheiten ihrer Rechte. In seinen krassesten Ausprägungen wird er zur Mordideologie.» Die Bruchlandung erfolgt, weil Renz einäugig lediglich auf Rechtsextremismus einprügelt. Seine Zwillingsschwester, den Linksradikalismus, blendet er dabei völlig aus. Der wird und wurde auch schon zur Mordideologie, oder hat Renz so ein Kurzzeitgedächtnis, dass er die Morde von Linksterroristen wie der RAF bereits vergessen hat?

Dass er vergessen hat, dass die auch in der Schweiz ihre linksradikalen Unterstützer hatte? Vergisst er die Gewalttaten von Linksradikalen in der Schweiz? Ihre ausartenden Demonstrationen, physische Angriffe auf ihrer Meinung nach zu rechte Politiker? Noch nie etwas vom Schwarzen Block gehört?

Wieso erwähnt Renz nicht wenigstens, dass der Herr, gegen den Anzeige erstattet wurde, auch schon Gegner der von ihm erhofften Subventionsmilliarde für reiche Medienclans (und auch ein wenig für seine absaufenden Projekte) als «Freunde des Faschismus» verunglimpfte?

Ist das zumindest nicht auch ein Umgangston, den sich Renz verbitten sollte? Von Schwachmaten in seiner eigenen Redaktion wie Philipp Loser ganz zu schweigen, dessen Wirken wir hier aus hygienischen Gründen nicht mehr kommentieren.

Man kann Glarner und seine verbalen Zweihänder mit Fug und Recht kritisieren. Man kann sich auch fragen, ob er sich einen Gefallen getan hat, den Wüterich Hansi Voigt, den ja ausserhalb seiner klitzekleinen Gesinnungsblase niemand mehr ernst nimmt, einzuklagen.

Aber dermassen einseitig und an diesem Beispiel auf die Gefahren des Rechtsradikalismus hinzuweisen, dabei gar eine freie Meinungsäusserung eines gewählten Politikers als Beispiel für seine Gefährlichkeit herbeizuziehen, das ist erbärmlich. Einseitig. Unredlich. Hat ein bedenkliches intellektuelles Niveau, quält den denkenden Leser (ausser, er gehört zur auch nicht viel grösseren Gesinnungsblase von Renz). Es ist noch schlimmer. Es ist flach und dumm, nutzlos, leblos, ein Buchstabenfriedhof. Schadenersatzpflichtig.

Ganz richtig peinlich wird es, wenn man dieses Gewäsch mit dem Kommentar zum gleichen Thema in der NZZ kontrastiert:

Hier ist in wenigen Worten mehr Gehalt und Denkstoff als in einer ganzen Ausgabe des «Tages-Anzeiger». Zwei kurze Auszüge:

«Gerade die sonst ach so sprachsensiblen linken Aktivisten verzichten mit Absicht auf Differenzierung. Die Kampagnenorganisation Campax, die in Zürich für Demokratie auf die Strasse ging, setzte vor ein paar Monaten sogar die FDP indirekt mit Nazis gleich. Als Strafe dafür, dass sie vor den nationalen Wahlen Listenverbindungen mit der SVP eingegangen war.»

«Wenn Bürgerliche zu Rechten, Rechte zu Rechtspopulisten, Rechtspopulisten zu Rechtsextremen und schliesslich alle zu Nazis werden, werden nicht nur die Verbrechen der Nationalsozialisten und Neonazis verharmlost, sondern ganze Wählerschichten schrittweise beleidigt, diskreditiert und schliesslich delegitimiert. Spätestens dann gilt Demokratie nur noch für Menschen links der politischen Mitte.»

Auch diese Position muss man nicht teilen. Aber statt Gedöns gibt es hier Argumente, elegant formuliert.

Abgrenzungen

Wir im bequemen Sessel im ersten Rang mit Catering.

Früher, als es in Europa noch Linksterrorismus à la RAF oder Brigate Rosse gab, wurde jeder Linke inquisitorisch dazu aufgefordert, sich von solchem Tun deutlich zu distanzieren. Oder ihm wurde gleich «Moskau einfach» ans Herz gelegt.

Begründungen, Aufrufe zur friedlichen Lösung, gar das Bekunden klammheimlicher Freude konnten Karrieren vernichten oder die soziale Reputation.

Die Linksterroristen sahen ihre Taten als Ausdruck eines antiimperialistischen Kampfes, bei dem man eben im Gehirn des Monsters angreife, nicht die Helfershelfer bestrafe, sondern die eigentlichen Drahtzieher von so viel Elend und Ausbeutung auf der Welt. Dass dabei auch Unschuldige zu Schaden oder zu Tode kamen, war ein akzeptabler Kollateralschaden, weil per Definition jeder Bewohner der Ersten Welt mitschuldig an Verbrechen in der Dritten Welt war.

Im Kampf gegen die unbezweifelbar und bis heute vorhandene imperialistische Ausbeutung der Dritten Welt musste man sich abgrenzen von diesen Terroristen, die natürlich nichts erreichten, indem sie sogenannte Charaktermasken des Kapitals umbrachten.

Wer damals an einer Demonstration gegen den Imperialismus teilnahm, musste aufpassen, dass er nicht zu nahe in den Dunstkreis von Sympathisanten der Linksterroristen kam.

Genau das gleiche Problem sollte heute jeder haben, der an einer Demonstration für die palästinensische Sache teilnimmt. So wie früher «Nieder mit dem Imperialismus» eine eher inhaltsleere Phrase war, ist heutzutage «Free Palestine» ebenfalls ein Slogan, der sich nur schwer mit sinnvollem Inhalt füllen lässt. Hingegen ist «from the River to the Sea» eine kaum verklausulierte Negation des Existenzrechts eines israelischen Staates.

Wenn schon, müsste man sagen, sollten sich die Palästinenser zuerst aus der tödlichen Umklammerung durch fundamentalistische Wahnsinnige befreien. Denn die terroristischen Taten der Hamas sind genauso grausam und sinnlos wie früher das Wüten von Linksterroristen. Wobei der Vergleich hinkt, denn denen stand nicht das Waffenarsenal zur Verfügung, mit dem der Iran die islamistischen Terroristen aufgerüstet hat.

Natürlich ist nicht jeder Teilnehmer an einer Pro-Palästina-Demonstration im Herzen ein fundamentalistischer Wahnsinniger, der die Untaten der Hamas begrüsst oder gar bejubelt. Aber wie soll er sich von solchen Vollpfosten abgrenzen? Das scheint zurzeit nicht möglich zu sein.

Allerdings gibt es klare Anzeichen, dass alle bequem im Sessel sitzenden Zuschauer in Zentraleuropa sich nicht länger zurücklehnen können, während sie dem Gemetzel auf der Weltbühne zuschauen und gelegentlich nach Snacks und Erfrischungsgetränken rufen.

Zum einen gibt es eine zunehmende Militanz gegen jüdische Einrichtungen und Symbole. Ein kurzzeitig besetztes Hotel in Barcelona, das jüdische Besitzer haben soll, ein versuchter Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin, an Häuser geschmierte Davidsterne, die ersten eingeschlagenen Schaufenster jüdischer Läden – noch kein Anlass, düstere Erinnerungen an finstere Zeiten zu evozieren. Aber beunruhigend und schändlich.

Zum anderen: wer meint, das richte sich halt gegen Juden, also nicht gegen Nicht-Juden, irrt. Denn die Todeskrieger des fanatischen Islams kennen keine Gnade und sind nicht zu Differenzierungen fähig. Ihr Hass richtet sich nicht nur gegen Juden, sondern gegen alle in ihren Augen Ungläubigen.

Das Terrorattentat auf einen Zug bei Madrid mit 191 Toten liegt fast 20 Jahre zurück. Der LKW-Anschlag in Nizza mit 86 Toten fand 2016 statt, ebenso wie der Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit 13 Toten.

Diese unvollständige Liste, ergänzt durch eine Vielzahl von Anschlagsversuchen, die rechtzeitig vereitelt werden können, lässt erahnen, was auf uns zukommen wird. Zudem fanden die meisten dieser Anschläge noch vor oder erst kurz nach den grossen Flüchtlingswellen ab 2015 statt. Inzwischen gibt es in den meisten zentraleuropäischen Ländern islamistische Parallelgesellschaften.

Unterstellt, dass die überwiegende Mehrheit der Moslems friedliebende Menschen sind, die einfach in Ruhe ihren andersartigen Sitten nachleben wollen: hat irgend jemand eine Ahnung, was dort in den Brutstätten des Terrorismus, in Koranschulen, Moscheen mit Hasspredigern vorgeht, finanziert von fanatischen Wahhabisten aus Saudiarabien und Ayatollen aus dem Iran? Wie erfolgreich dort die gleichen Menschenfänger sind, die verzweifelte Palästinenser zu menschlichen Bomben machen?

Wenn schon ein Messer, eine Schusswaffe, ein Lastwagen in ein Tötungsinstrument umfunktioniert werden kann, was haben wir zu erwarten, wenn in diesen Parallelgesellschaften eine Infrastruktur entstanden ist, die Terrorattacken im viel grösseren Massstab erlaubt?

Leider ist es so: die Verklammerung mit islamistischem Fundamentalismus, einer Todes- und Verliererreligion, macht es schwierig, sich mit berechtigten palästinensischen Forderungen gemein zu machen. Leider ist es so: der strenggläubig praktizierte Islam ist nicht kompatibel mit unserer freiheitlichen Gesellschaft. Seine Anhänger sind auch nicht bereit, sich zu assimilieren oder die Gültigkeit unserer Gesetze und Regeln als oberste Richtschnur zu akzeptieren. Gelegentliche Lippenbekenntnisse sollten darüber nicht hinwegtäuschen.

Das Problem Israels ist, im Kampf gegen monströse Verbrecher nicht selbst zum Monster zu werden. Das Problem Kerneuropas ist, sich nicht im Klaren darüber zu sein, welches Monster unter uns herangewachsen ist.

Das wird uns noch gewaltig aus der beschaulichen Ruhe des Zuschauers im bequemen Sessel aufscheuchen. Trifft nicht jeden, aber unter welchen der Sessel tickt bereits die Bombe?

Blödelmann Böhmermann

«Hiermit beenden wir die Berichterstattung». Schreibt der «Spiegel» zu einer unsäglichen Dummsatire.

Während Charlie Hebdo auf seine Weise die Grenzen der Satire auslotet, bemüht sich der deutsche TV-Krawallant Jan Böhmermann darum, Satire ständig tieferzulegen.

So fand er (und einige wenige mehr) es furchtbar lustig, aus der FDP eine «Lindner/Lehfeldt-Bande» zu machen und ihre Exponenten, angereichert mit ihm unliebsamen Journalisten, im Stil eines RAF-Fahndungsplakats darzustellen.

Die Rote Armee Fraktion – für die Nachgeborenen – war eine linksradikale Terrortruppe, die in den 70er-Jahren mit der Ermordung von angeblichen Charaktermasken des Kapitals und vor allem der Entführung und späteren Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer für Schlagzeilen sorgte.

Nach ihren Mitgliedern wurde mit einer der grössten Fahndungsaktionen der neueren deutschen Polizeigeschichte gesucht. Das entsprechende Plakat nahm Böhmermann zum Anlass für eine seiner missglückten Satiren:

Zwecks Analogie figurieren zuoberst Franca Lehfeldt, eine Journalistin und Ehefrau des deutschen Ministers Christian Lindner. Unter anderen sind auch Stefan Aust, ehemaliger «Spiegel»-Chefredaktor, Mathias Döpfner, Chef des Springer-Verlags, die FDP-Spitzenpolitiker Wolfgang Kubicki und Alexander Graf Lambsdorf sowie ein Pferd «Tosca» aufgeführt.

Weiter in Analogie zum damaligen Fahndungsplakat sollen sie wegen «Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten gesucht» werden. Wie damals wird eine Belohnung von 100’000 DM ausgelobt; der Fahndungsaufruf endet mit dem Hinweis: «Vorsicht! Diese Gewalttäter machen u.U. von ihrem Jagdschein rücksichtslos Gebrauch

Soweit, so unkomisch. Allerdings fand es Stefan Aust, Autor mehrerer Bücher über die RAF, inzwischen Herausgeber der «Welt», auch nicht lustig und erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen Böhmermann.

Der reagierte wieder mit seinem Brachialhumor und ersetzte in neuen Versionen den Namen Aust durch denjenigen des Schauspielers Volker Bruch, der Aust in der Verfilmung seines RAF-Buchs gespielt hatte. Oder mit einem Foto von Evan Peters, der den Serienmörder Jeffrey Dahmer in einer Netflix-Serie spielte.

Anlass für Böhmermanns Blödelei war die etwas ungeschickte Verwendung von Worten wie Öko-Terroristen oder Klima-RAF durch die FDP.

Böhmermann war schon mit einem Spottgedicht über den türkischen Machthaber Erdogan verhaltensauffällig geworden. «Ziegenficker, Fellatio mit 100 Schafen, Präsident mit kleinem Schwanz», wer sich diese Sudelei nochmals vollständig reinziehen will, bitte sehr.

Gibt es nun Unterschiede zu Charlie Hebdo oder ist Böhmermann einfach die deutsche TV-Ausgabe davon? Es gibt gewaltige Unterschiede. Welche? Man ist zunächst versucht, Goethe zu zitieren: «Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen.»

Konkreter: Zunächst sind fundamentalistische Wahnsinnige andere Zielscheiben als deutsche FDP-Politiker. Dann würde sich Böhmermann nie trauen, die Mohamed-Karikaturen, für die die Redaktion von Charlie Hebdo einen blutigen Preis bezahlen musste, im TV zu zeigen. Beschützt durch die juristische Hilfstruppen eines deutschen Staats-TV ist es wohlfeil, ein angebliches «Schmähgedicht» über Erdogan vorzulesen, das kaum politische Kritik, dafür sehr viel reine Geschmacklosigkeit enthält.

Bedauerlich ist nur, dass sowohl Erdogan wie Aust dem Blödelmann den Gefallen tun, ihn ernst zu nehmen.

 

Wo bleibt der Aufschrei?

Der deutsche Demagoge Jan Böhmermann wird zum Amok.

Zur Erklärung:

Mit diesem Fahndungsplakat machte Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts die deutsche Polizei Jagd auf die Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF). Die Linksterroristen ermordeten insgesamt 33 Personen, unter ihnen den damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hans Martin Schleyer, bei dessen Entführung seine vier Begleiter, ein Fahrer und drei Polizisten, erschossen wurden.

Jan Böhmermann macht eine Satiresendung im öffentlich-rechtlichen ZDF in Deutschland. Dafür fiel ihm diese bösartige Geschmacklosigkeit ein, das damalige Fahndungsplakat wiederzuverwenden und mit neuen Köpfen zu bestücken.

Zwecks Analogie figurieren zuoberst Franca Lehfeldt, eine Journalistin und Ehefrau des deutschen Ministers Christian Lindner. Unter anderen sind auch Stefan Aust, ehemaliger «Spiegel»-Chefredaktor, Mathias Döpfner, Chef des Springer-Verlags, die FDP-Spitzenpolitiker Wolfgang Kubicki und Alexander Graf Lambsdorf sowie ein Pferd «Tosca» aufgeführt.

Weiter in Analogie zum damaligen Fahndungsplakat sollen sie wegen «Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten gesucht» werden. Wie damals wird eine Belohnung von 100’000 DM ausgelobt; der Fahndungsaufruf endet mit dem Hinweis: «Vorsicht! Diese Gewalttäter machen u.U. von ihrem Jagdschein rücksichtslos Gebrauch

Diese billige Hetze dürfte wohl zu einem Aufschrei in den deutschen Medien geführt haben, nachdem Böhmermann vergangenen Freitag diese Dummsatire, die FDP sei die neue RAF, im ZDF auswalzte.

Aber weit gefehlt, Lediglich die linke «tageszeitung» nimmt kein Blatt vor den Mund: «billig, erwartbar, geschmacklos». «Spiegel» und viele Mainstreammedien hingegen bemühen sich um Erklärungen. Noch einen Schritt weiter geht der «Stern»:

 

«In der neuen Ausgabe von Jan Böhmermanns Sendung «ZDF Magazin Royale» geht der Satiriker zurück zu seinen Wurzeln: der Satire. Schritt für Schritt zeigt er auf, wie eine Verschwörungstheorie entstehen kann.»

Ach so, der Satiriker will ein Fanal gegen die Hetze gegen die neusten Streiche der Klimabewegung setzen, na dann. Auf diese Hirnverrenkung muss man erstmal kommen.

Man will sich nicht vorstellen, was für ein Aufschrei durchs Land gegangen wäre, wenn ein nicht dem Mainstream entsprechender Kabarettist wie Dieter Nuhr eine solche Geschmacklosigkeit mit einer Baerbock/Habeck-Bande gemacht hätte. Da wär dann die Kacke so tief geflogen und die Entrüstung so hoch aufgebrandet, dass es kein TV-Sender mehr wagen würde, Nuhrs Show weiter auszustrahlen.

Jeglicher Versuch, für seine Satire um Verständnis zu werben, wäre als typisches Labern von Unmenschen, Zynikern, gewaltbereiten Rechtsfanatikern, hemmungslos- und sittenlosen Hetzern denunziert worden.

Man stelle sich das Hallo in der Schweiz vor, wäre dem letzten überlebenden Halbkomiker Deville so etwas eingefallen.

Nun ist diese «Satire» von Böhmermann zweifellos geschmacklos, nicht komisch und ein Schlag in die Fresse für alle Opfer der RAF. Sie ist im klaren Wortsinn menschenverachtend und kann in keiner Form begründet werden. Daher haben sich doch sicher in der Schweiz einige Stimmen gefunden, die diese üble Demagogie verurteilen oder zumindest kritisch darstellen.

Da wäre mal eine Kurzmeldung der NZZ, dann wäre da eine Kurzmeldung der NZZ, nun ja, und die Kurzmeldung der NZZ. Sonst nix. Schweigen. Nicht mitgekriegt? So eine Schweinerei hat doch genügend Erregungspotenzial; schon wenn ein SVP-Politiker sich ein wenig in der Wortwahl vergreift und als politische Aufforderung verstanden «Feuer frei» textet, war das Tamedia eine gerüttelte Seite Aufregung wert. Aber hier? Hier kommt der Ausrutscher aus der falschen, nämlich der guten Ecke.

So blöd wie der «Stern» will in der Schweiz niemand sein, also fällt Rechtfertigung weg. Verurteilung, ach nein, das könnte ja Beifall aus der falschen Ecke geben. Einfach neutrale Beschreibung? Das geht bei so einer Schweinerei nicht.

Also bleibt nur eines, «the rest is silence», wie schon Shakespeare dichtete. Der hatte allerdings ein etwas anderes Niveau als die heutigen Schweizer Lohnschreiber. Dass die opportunistische Heuchler sind, das denunzieren wir auf ZACKBUM schon lange. Das sie hier schweigen, das hätten nicht mal wir erwartet.

Konzernjournalist Tobler

Der Prototyp des Niedergangs des Qualitätsjournalismus.

Wer im sich zu Tode sparenden Journalismus überleben will, muss flexibel sein. Sehr flexibel. In alle Richtungen dehnbar, verwandelbar, immer zur Stelle, wenn es gilt, eine Meinung abzusondern. Die eigene? I wo.

Andreas Tobler ist der Mann für alle Fälle bei Tamedia. Einen unliebsamen Konkurrenten niedermachen? Tobler begeht sogar Rufmord am Rufmord.  Es geht gegen den Chefredaktor der NZZaS? Auf ihn. Es geht gegen die neue Radiostation «Kontrafunk»? Hau drauf. Faktenbefreit und meinungsstark.

Es geht drum, einen Kritiker des Schweizer Staatsfernsehens niederzumachen? Tobler liefert die Schmiere dafür. Verständnis für den Genderwahn und für Frauen im Allgemeinen heucheln? Tobler ist zur Stelle.

Schon ganze 32 Mal musste sich ZACKBUM mit dieser Zierde seines Berufs befassen. Jedes Mal dachten wir: eine Steigerung ist nicht mehr möglich. Jedes Mal zeigt uns Tobler: doch. Tamedia hilft dabei. Denn offenbar stockt der Nachschub mit Secondhand-Artikeln aus München. Was  tut da ein Qualitätsmedium, um dem Konsumenten den Kauf schmackhaft zu machen? Es rezykliert ausgewählte Artikel und präsentiert die auf seiner Homepage, als wären sie gerade aus dem Ei geschlüpft.

Vielleicht ein Test des Kurzzeitgedächtnisses des Lesers. Oder man will die Reaktion provozieren: über diesen Unsinn habe ich mich doch schon mal geärgert. Das trifft eigentlich auf jeden Artikel der Literaturchefin Nora Zukker zu. Ganz trübe wird’s bei der regelmässig, wenn Alkohol im Spiel ist:

Das beschwipste Interview ist vom 11. Juni, aber es prangt stolz wieder auf der aktuellen Homepage des «Tages-Anzeiger». Vielleicht soll das ZACKBUM provozieren, aber wir bleiben nüchtern.

In diesem Ringelreihen «empfiehlt» die Redaktion aktuell besonders auch diesen Artikel:

Diese «exklusive Recherche» gerann zu einem Buch von Andreas Tobler. Darüber durfte er selbst ganz exklusiv am 24. April 2022 auf zwei Seiten in der «SonntagsZeitung» berichten. Tobler erzählt hier die Geschichte der WG in der Bändlistrasse in Zürich nach. Dafür blendet er zum April 1972 zurück. Es waren wilde Zeiten damals. 1968 waren die Studenten in Europa und in den USA auf die Strasse gegangen und wollten alles ändern. Das System, den Kapitalismus, die Welt. Hatte nicht ganz geklappt.

Danach splitterte sich die Bewegung auf. Die einen traten den Marsch durch die Institutionen an, die anderen gaben auf und verschwanden in Landkommunen, im Drogenrausch oder setzten sich zu Füssen eines Gurus. Wieder andere kamen zur Überzeugung, dass das herrschende Schweinesystem nur mit Gewalt geändert werden könnte. Gewalt gegen Sachen, Gewalt gegen Personen. Gegen die Charaktermasken des Kapitals.

Da sprang im April ’72 ein junger Mann im LSD-Rausch durch die Scheibe der WG in der Bändlistrasse und landete schwer verletzt auf der Strasse. Die Polizei durchsuchte, fand Waffen, Sprengstoff, die kindische Inschrift RAF an der Wand. Das stand für «Rote Armee Fraktion», eine Gruppe von Linksterroristen in Deutschland. Ihre militanten Mitglieder um Andreas Baader, Gudrun Enslin und der ehemaligen «konkret»-Kolumnistin Ulrike Meinhof hatten gerade ihr erstes Autobombenattentat verübt. Später sollten sie mehrere deutsche Wirtschaftsführer ermorden, berühmt wurde die Entführung und Hinrichtung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Schleyer.

Es gab damals enge Kontakte zwischen der Bändlistrasse und der RAF. Es gab enge Kontakte zwischen Schweizer Linksradikalen und Linksterroristen in Deutschland und in Italien, insbesondere zu den Brigate Rosse, den Roten Brigaden.

Tobler hatte einen Überlebenden und Zeitzeugen aufgetrieben, der ihm offen Auskunft über die damaligen Zeiten gab. Dazu stellt Tobler die üblichen Geschichten von André Chanson und Co. Im Mai gab es dann eine Buchvernissage, moderiert vom Westentaschen-Co-Chefredaktor Mario Stäuble vom «Tages-Anzeiger».

Dabei wäre ein ehemaliger Chefredaktor des Tagi viel geeigneter gewesen, über dieses Thema zu diskutieren. Er hätte viel aus eigenem Erleben beisteuern können. Das hätte sich auch prima bebildern lassen. Denn vom Augenzeugen des damaligen Fenstersprungs veröffentlichte Tobler das Polizeifoto:

Nun hätte man Res Strehle genau gleich für den Anlass porträtieren können:

Screenshot Artikel «Weltwoche».

Die Verhaftung von Strehle fand 1984 statt, also 12 Jahre später. Diesmal waren es die Zeiten der 80er-Jugendbewegung. Der nicht mehr so ganz jugendliche 32-jährige Strehle hatte mit Gesinnungsgenossen ein Gebäude nahe dem Zürcher Stauffacher besetzt, sozusagen einen Steinwurf von seiner späteren Wirkungsstätte beim «Tages-Anzeiger» entfernt. Auch damals waren Brandanschläge im Schwange, so wurde die McDonald’s-Filiale am Stauffacher von «Aktivisten» abgefackelt.

Im Februar 2013 veröffentlichte der damalige «Weltwoche»-Redaktor Philipp Gut unter dem Titel «Der süsse Duft des Terrorismus» die Ergebnisse seiner Recherche in der linksradikalen Vergangenheit des damaligen Tagi-Chefredaktors. Der hatte sich inzwischen dem Marsch durch die Institutionen angeschlossen und war bequem auf einem Chefsessel gelandet. Während er sich allerdings früher noch für die Unterdrückten und Entrechteten eingesetzt hatte, exekutierte Strehle damals die ersten Sparrunden des Konzerns mit brutaler Effizienz.

Was wohl der jüngere Strehle vom älteren gehalten hätte? Denn noch 1993 «verfasste Strehle einen krachenden Nachruf auf die Schweizer Terroristin Barbara Kistler», der sei dann sogar der von Strehle mitbegründeten WoZ  zu radikal gewesen, merkt Gut süffisant an, sie verweigerte, auch wegen inhaltlichen Fehlern, den Abdruck. Kistler hatte sich in der Türkei einer leninistischen Splittergruppe angeschlossen, «sie ist nicht im Bett gestorben, sondern mit der Waffe in der Hand, wie es ihr Wunsch war», schwärmte Strehle damals. Ebenfalls vom konsequenten Handeln, die Revolutionärin habe «für viele Genossinnen und Freundinnen einen Massstab gesetzt».

Aber nicht für Strehle, der solche Kämpfe lieber aus Distanz wohlwollend mit Worten begleitete. Schon 1986 hatte er über eine portugiesische Terrorgruppe geschwärmt und den Lesern erklärt: «Revolutionäre Gewalt ist die Antwort auf die Repression des Staates, die den Arbeitern zeigen soll, dass es auch andere Formen des Klassenkampfs gibt.» Klassenkampf wurde für Strehle dann aber immer mehr der Kampf um einen Platz in der Business Class, mit möglichem Upgrading in First.

Noch 1984 war er Fan von «der Zerstörung des kapitalistischen Staats durch die sozialistische Revolution». Aber spätestens ab 2009 war er dann für die Zerstörung eines kleinen Teils des Profits des Coninx-Clans, indem er erst als Co-, dann als alleiniger Chefredaktor ein exorbitantes Gehalt bezog.

Also wer wäre prädestinierter gewesen, die Vernissage des Buchs von Tobler mit eigenen Erfahrungen zu bereichern. Aber so meinungsstark Strehle als Chefredaktor auch war, indem er unzählige staatstragende Kommentare absonderte, so schweigsam ist er, was seine linksradikale Vergangenheit betrifft. Als alter Medienprofi machte er das einzig Richtige: er sagte nichts. Keine Stellungnahme, keine Erwiderung, keine Erklärung. Nichts. Er setzte nur juristisch die Streichung einiger Passagen im WeWo-Artikel durch und beschwerte sich beim Presserat, der als Köppel-Hasser natürlich eine «Verletzung der Privatsphäre» Strehles monierte.

Einen besonders widerlichen Geruch bekommt diese alte Affäre dadurch, dass Tobler bekanntlich einen sogenannten «künstlerischen Mordaufruf» gegen den WeWo-Chefredaktor Roger Köppel verharmloste. Das sei doch nur ein «Theatermord», der als Reaktion auf Äusserungen Köppel «verstanden werden» könne, sülzte Tobler. Und sein damaliger Chef Strehle sah darin keine «journalistische Fehlleistung».

Vielleicht ein kleiner nostalgischer Rückfall in seine eigene Vergangenheit. Nun ist es aber so, dass in dem ganzen Buch von Tobler über die Bändlistrasse, Linksterrorismus und die bewegten Zeiten in den 70er- und 80er-Jahren zufällig ein ziemlich prominenter Name fehlt. Der ist dem Recherchiergenie irgendwie entgangen. Durchs Raster gefallen. Entwischt. Welcher Name? Ach, den wollen wir nicht enthüllen; unsere intelligenten Leser kommen sicherlich nach reiflichem Nachdenken auf das richtige Resultat. Kleiner Tipp: Der Mann mit diesem Namen ist zwar schon längst pensioniert, veröffentlicht aber jährlich einen «Qualitätsbericht» über das Schaffen von Tamedia. Jeweils ein Quell unbändigen Gelächters für die Leser.

Der Buchmacher

Klaus Wagenbach, der Unbeugsame und Geniale, ist mit 91 gestorben.

Die streng schwarzen Quarthefte bildeten lange Jahre den festen Bestandteil jeder besseren privaten Bibliothek. Milde Gaben von Günter Grass interessierten da weniger.

Aber Johannes Bobrowski, Stephan Hermlin und auch Wolf Biermann, der Wendehals, der nach seinem Rausschmiss aus der DDR den Verleger schmählich im Stich liess, der ihm die Treue gehalten hatte.

Erich Fried, der mit seinen «Liebesgedichten» dem Verlag den ersten grossen Bestseller verschaffte. Verrückte Projekte wie die Shakespeare-Neuübersetzung durch Fried, dazu immer Heimat für heisse Themen. Das «Kursbuch» mit Hans Magnus Enzensberger, als der Suhrkamp-Verlag Schiss bekam.

Dann die Rotbücher, Ulrike Meinhof, das Manifest der RAF «Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa». Dann die Reihe SALTO, die zunehmende Lockerheit eines Verlegers, der nie verbiestert oder verbittert war, sowohl geistigen wie leiblichen Genüssen zugetan, wohl daher auch mit einer zunehmenden Liebe für Italien.

2014 feierte der Wagenbach-Verlag sein 50. Jubiläum. Auch den Weg vom Herzlinken und Systemgegner zum respektierten Überverleger legte Wagenbach ohne die geringsten Schäden zurück.


Schon 1975 gab er den Wagenbach Taschenbüchern zur Taufe das Motto auf den Weg:

«Lasst uns Denken und Laune anstiften statt vorschreiben. Und den Kopf schütteln, das heißt lockern

Besser kann man das nicht sagen. Solange es Menschen gibt, die sich kaum einen besseren Zeitvertreib vorstellen können, als von einem guten Buch in andere Seiten dieser Welt entführt zu werden, solange wird der Wagenbach Verlag weiterleben. Weil er immer wieder zeigt, dass zwischen zwei Buchdeckeln Welten, Bereicherung, Anregung und Unterhaltung Platz haben.

Also ist er unsterblich geworden, und was kann einem passionierten Buchmacher Besseres passieren. Dessen Sicht auf diese Welt früh durch eine intensive Beschäftigung mit dem Werk von Franz Kafka geprägt wurde.

Seine Kafka-Interpretationen, seine Biografie über den bis heute bannenden Autor des Abgründig-Unerklärlichen, daran kommt auch keiner vorbei, der sich mit einem Schriftsteller beschäftigen will, der so vieles erahnte und vorhersah, was erst nach seinem Tod schreckliche Wirklichkeit wurde.

Wagenbach hat viele Kinder gezeugt. Streng schwarz gekleidete, dann immer buntere, im Verlauf der Zeit wurde es eine Rasselbande. Nicht alles waren ganz grosse Würfe, aber so vieles und immer wieder und Neuentdeckungen.

Hier in der Schweiz kam Egon Ammann, der mein erstes Buch verlegte, Wagenbach wohl am nächsten. Zwei dionysische Figuren, bukolisch und lebensfroh, von barocken Sinnen, masslos, aber nie wahllos. Welch ein nie wieder erlebtes Glück des Autors, als Ammann sagte: «Sie haben hier Ihren Verlag gefunden, fühlen Sie sich zu Hause.»

Beide waren beseelt von einer ewigen Liebe, die erhört wurde: die Liebe zum guten Buch. Wer etwas auf sich hält, schmökert mal einen Abend lang durch die Wagenbach-Bände, die er in seiner eigenen Bibliothek hütet. Und man erinnere sich, welche Funkenflüge, welche Bereicherung, welche Geistesnahrung einem Wagenbach unermüdlich verschaffte.

Wer das nicht kann, der verdient es nicht, sich Literat oder Literaturkenner nennen zu dürfen. Wir wüssten da einige Kandidaten (auch Kandidatinnen), aber wir sind elegisch gestimmt und verzichten auf Namensnennungen.

Stattdessen: man werfe einfach einen Blick auf die Autorenliste des Verlags.

Dann neige man sein Haupt in tiefer Ehrfurcht und in leiser Beschämung, so viele nicht zu kennen. Aber so viele dann doch. Danke, Klaus Wagenbach, einfach danke.