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Quellenschutz: Dödäda?

Darf der das? Eine Frage, die sich Journalisten selten stellen.

Ein verjährter Fall als Beispiel. Im Rahmen der unseligen Papers- und Leaks-Serie wurde dem verstorbenen Playboy, Multimillionär und Unternehmer Gunter Sachs unterstellt, er habe sein Vermögen geschickt in einer komplexen Trust- und Holdingstruktur versteckt, um Steuern zu optimieren, sprich zu hinterziehen. In den «Offshore-Leaks», einer Sammlung gestohlener Geschäftsunterlagen, war dargestellt worden, dass Sachs verschiedene Trusts auf den Cook-Inseln unterhalten habe.

Das trompetete die SoZ am 7. April 2013 heraus. Ein Totalflop.

Juristisch geschickt war darum herum eine Story gebastelt worden und mit grossen Trara rausgepustet. Nicht nur in diesem Fall zeigte sich das mehr als zweifelhafte Vorgehen der Journalisten. Ohne grosse Sachkompetenz rissen sie Dinge aus dem Zusammenhang und gebärdeten sich als Staatsanwalt, Richter und Vollstrecker in einer Person. Ohne natürlich die gestohlenen Daten zuvor mit den Strafverfolgungsbehörden geteilt zu haben.

Resultat: die Steuerverwaltung Bern (der Kanton war der letzte Steuersitz von Sachs) eröffnete eine Untersuchung – und kam zum Ergebnis: alles sauber, alles korrekt, kein Anlass für ein Verfahren. Der Nachlassverwalter von Sachs hatte sofort nach der Publikation dieser Verleumdung eines Toten Protest eingelegt. Er sah aber von rechtlichen Schritten ab, weil in der am Skandal beteiligten «SonntagsZeitung» nur insinuiert hatte, niemals direkt Steuerhinterziehung behauptet worden war.

So erging es Dutzenden von plötzlich an den öffentlichen Pranger gestellten Personen. Besonders übel auch das Beispiel eines schweizerisch-angolanischen Geschäftsmanns, der einen Staatsfonds verwaltete und dem widerliche Bereicherung und natürlich Steuerprobleme unterstellt wurden. Es seien in vielen Ländern der Welt aufgrund der Artikel in der SoZ Prozesse und Strafverfahren unterwegs, meldete das Blatt gross und stolz. Die Verwaltungsfirmen des Geschäftsmanns mussten Konkurs erklären, die Angestellten verloren ihren Job, er selbst verbrachte einige Zeit in einem Höllenknast in Angola, weil er vor Ort die Wogen glätten wollte.

Lobeshymne des Chefredaktors auf den Bastos-Totalflop.

Resultat, von der SoZ nur klitzeklein vermeldet: restlos alle, sämtliche Verfahren überall, auch in der Schweiz, wurden vom Geschäftsmann gewonnen oder eingestellt, mangels Tatverdacht. Hier wurden Existenzen grobfahrlässig vernichtet. Der verantwortliche Redaktor Christian Brönnimann meinte damals nur kühl, dass er ja nicht dafür verantwortlich sei, wenn staatliche Behörden Untersuchungen einleiteten.

Von damaligen Kritiken genervt, publizierte der rachsüchtige Brönnimann, unterstützt von seinem Chefredaktor Arthur Rutishauser, dann einen Schmierenartikel gegen den ZACKBUM-Redaktor René Zeyer, der nach Art des Hauses viel Behauptung und keine Tatsachen enthielt. Man foutierte sich auch darum, dass ich schon vor Publikation dieser Verleumdung alle Unterstellungen öffentlich widerlegt hatte. Nach der Devise: lass niemals die Wahrheit eine tolle Story kaputtmachen.

Angesichts der Untersuchungen eines Sonderermittlers wird zurzeit wieder viel gejammert und gelogen, was die Bedeutung der sogenannten Pressefreiheit betrifft. Die Ermittlungen seien Einschüchterungsversuche, man wolle die Vierte Gewalt an ihrer Arbeit hindern, ihr verwehren, Missstände aufzudecken, unter Verwendung von Quellen, die auch mal Geschäfts- oder Amtsgeheimnisse verletzten.

Das ist blühender Unsinn. Wie nicht nur die Ausschlachtung gestohlener Unterlagen, also die Verwendung von Hehlerware, beweist: die Medien meinen manchmal, sie würden sich in einem rechtsfreien Raum bewegen. Erfüllt von missionarischen Eifer meinen einzelne Exponenten, sie stünden über dem Gesetz, der Zweck heilige die Mittel, wenn es gälte, einen Skandal aufzudecken. Dabei besteht der Skandal häufig in der Art der Aufdeckung.

Denn die Medien haben durchaus Macht. Sie können Menschen an den Pranger stellen, Firmen und Existenzen vernichten, hoch- und niederschreiben. Der Umgang mit dieser Macht bräuchte ethische und moralische Verantwortung. Daran mangelt es nicht nur den heutigen Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen in den Newsrooms.

Da der Journalismus zu Tode gespart wird, Redaktionen bis aufs Skelett abgemagert sind, ein Tag Recherche schon die Luxusvariante ist, überforderte Redaktoren am Laufmeter Texte ins Netz knallen müssen, bei denen gnadenlos die Performance, also die Klickrate, gemessen wird, ist jeder «Primeur», jeder vermeintliche «Aufreger», jeder hochgezwirbelte «Skandal» Gold wert.

Dabei ist es doch ganz einfach: natürlich dürfen Medien Personen und Unternehmen kritisieren, anrempeln, skandalisieren, beschuldigen. Nur: je nachdem, wie dafür Belege gesammelt wurden, müssen sie sich auch verantworten. Wer in die Privatsphäre eines Menschen eindringt, wer Geschäftsgeheimnisse ausplaudert, muss sich dafür verantworten. Wer Behauptungen aufstellt, muss dafür den Wahrheitsbeweis antreten.

Wenn der offenbar angetüterte Chefredaktor der «Republik» in persoenlich.com sagt, «wir heben die Gläser auf den Quellenschutz», dann gibt er nicht nur einen Einblick in die Zustände im Rothaus. Sondern er bringt auch den unreflektierten und falschen Umgang mit dem Quellenschutz auf den Punkt. Denn natürlich kann man einen Journalisten im Allgemeinen nicht zwingen, die Quelle einer von ihm verwendeten Information preiszugeben.

Aber er kann sich nicht hinter dem Quellenschutz verstecken, wenn er den Wahrheitsbeweis für seine Behauptung antreten muss. Würde ZACKBUM mit Verweis auf drei unabhängige Quellen behaupten, Oliver Fuchs sei Alkoholiker und ständig in der Entzugsklinik, dann könnten wir uns nicht hinter dem Quellenschutz verstecken, wenn wir diese Schmähung beweisen sollten. So einfach ist das, nüchtern betrachtet.