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Ist das peinlich

Sicher ist das etwa überspitzt. Aber der Tagi sollte sich was schämen.

Natürlich: Fremdwörter sind Glücksache, und immerhin verwendet der Tagi nicht den Begriff «Reichskristallnacht».

Aber gerade bei so einem Thema alle Liederlichkeit einer aufs Skelett abgemagerten Qualitätskontrolle zu zeigen?

Es gibt offenbar keinen mehr beim Tagi, der das Wort Pogrom immer richtig schreiben kann. Und in der Bildlegende geht dann die Schludrigkeit weiter:

«Stadtpräsidentin Corine Mauch redete an der Gedenkveranstaltung in Zürich auch Klartext zur Hamas und sprach der jüdischen Gemeischaft ihre Anteilnahme aus.» Der jüdischen Gemeischaft?

Immerhin, im Lauftext geht’s dann plötzlich: «… gestern Abend in der Synagoge an der Nüschelerstrasse an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 erinnert».

Dann geht’s wieder nicht: «… von Privatpersonen aus der israelischen Gemeinde.» Das wäre die israelitische Gemeinde.

Zusammengehackt haben diesen Artikel «lop/SDA/mae/hub».

Ist das alles einfach peinlich.

Peinlich

Qualitätskontrolle war gestern. Ungehemmtes Geschwätz ist heute.

Weil der Qualitätsmedienkonzern Tamedia fast alles von der «Süddeutschen Zeitung» in München rezykliert und seinen Lesern als Eigenleistung präsentiert, für die sie gefälligst happig zahlen sollen, übernimmt er auch sämtlichen Unsinn.

So weiss der «Zentral- und Osteuropa-Korrespondent» Florian Hassel Erstaunliches aus der Ukraine zu berichten: «Die Ukraine lebt vom Export, vor allem von Getreide, Stahl und Eisen. Ihre Bauern brauchen neben ihren fruchtbaren Böden gewöhnlich nur genug Regen.» Verblüffend, überall sonst braucht es auch noch Düngemittel, Herbizide, eine Aussaat und noch so ein paar Kleinigkeiten. Aber wahrscheinlich wird in der Ukraine Stahl einfach fertig aus dem Hochofen gezogen.

Auch aus diesem Bereich vermeldet Hassel Oberflächliches: «Das Kronjuwel der ukrainischen Metallindustrie, zu dem auch eigene Eisenerzgruben gehören, ist Arcelormittal in Kriwi Rih, der Heimatstadt von Präsident Wolodimir Selenski. 2005 verkaufte die Ukraine das Staatsunternehmen an den indischen Stahlmilliardär Lakshmi Mittal». Das ist der, der auch in den indischen Kohleskandal verwickelt ist, was ein Blick in Wikipedia enthüllt hätte. Recherche war gestern.

Aber immerhin widmet sich Hassel einem Thema, das in der Kriegsgurgel-Berichterstattung weitgehend vernachlässigt wird. Wie steht es eigentlich um die ukrainische Wirtschaft? Ums BIP, die Wertschöpfung, die Arbeitsstellen, das Einkommen? Denn nicht jeder Ukrainer ist Multimillionär wie ihr Präsident. Da weiss Hassel: «Doch der Krieg könnte noch Jahre dauern – und damit auch die Notwendigkeit für mindestens Dutzende weitere Milliarden aus dem Westen, Hunderte Milliarden Euro für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur noch gar nicht eingerechnet.»

Dutzende weitere Milliarden? Der Mann sollte mal einen Grundkurs in Volkswirtschaft besuchen.

Auf ihre Art widmet sich CH Media dem Thema Sparen. Genauer gibt Wirtschaftsredaktor Niklaus Vontobel wertvolle Tipps als «Hilfe zur Selbsthilfe». Zum Beispiel: «So sollten Autofahrende darauf achten, in welcher Region und an welcher Tankstelle sie einkaufen. Denn die Benzinpreise sind in der Schweiz hoch und variieren stark. Tankstellen auf der Autobahn zum Beispiel verlangen oft höhere Preise als kleine Tankstellen.»

Darauf muss man ja erst mal kommen. Aber auch bei der Ernährung gibt es ungeahnte Sparmöglichkeiten: «Wer mehr Gemüse isst, dafür weniger Fleisch, der entlastet sein Budget. Ein Kilo Fleisch kostet im Schnitt an die 21 Franken, Gemüse hingegen weniger als 6 Franken.»

Aber leider muss Vontobel am Schluss noch eine bittere Pille verabreichen: «Bis die Inflation wieder zurück ist auf jenem Niveau, wo sie die Notenbanken haben wollen, wird es noch ein langer Kampf werden.»

Auf höherem Niveau scheitert Bettina Weber in der «SonntagsZeitung». Sie widmet sich dem beliebten Thema: ein Fall, zwei Fälle, eine Welle. Dass der Titel «Der Russinnen-Trick» im diskriminierungssensiblen, vom Genderwahn geplagten Tamedia-Konzern durchging – ein Zeichen nachlassender Kontrolle?

Dann schildert Weber einen dramatischen Einzelfall, um den Aufschwung ins Allgemeine zu wagen. Denn Anwälten und auch dem Chef des Zürcher Migrationsamt sei dieser Begriff bekannt. Dessen Verwendung auch nicht besser wird, wenn Weber erwähnt: «Es geht beim Phänomen mit dem politisch unkorrekten Namen nicht um die Nationalität, nicht einmal zwingend um das Geschlecht, da es auch schon afrikanische Männer gegeben haben soll, die ihre Schweizer Frauen der Gewalt beschuldigten, um auf diese Weise eine B-Bewilligung zu erhalten.»

Allerdings muss Weber dann einräumen: «Wie häufig der «RussinnenTrick» vorkommt, kann niemand sagen. Zahlen fehlen, da die Fälle weder vom Migrationsamt noch von der zweiten Instanz, dem Verwaltungsgericht, nach Artikeln erfasst werden.» Also wenden ihn eine unbekannte Anzahl Russinnen, afrikanischer Männer und ähnlich zwielichtiger Gestalten an.

Diese unbekannte Menge von Gesocks versucht, sich mittels eines Gutmenschen-Gesetzesartikels das Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu erkämpfen, wenn eine Ehe mit einem Schweizer schnell in die Brüche geht, was normalerweise zur Ausweisung führt. Das Benutzen eines Gesetzes ist nicht strafbar; allerdings macht ein solcher Missbrauch die entsprechende Bestimmung fragwürdig.

Doch darauf geht Weber nicht weiter ein, sie erzählt lieber ein tragisches Einzelschicksal in allen Details aus. Wobei sie naturgemäss nur die Position des betroffenen Schweizer Mannes unkritisch übernimmt. Offenbar hat sie nicht einmal den Versuch unternommen, die andere Seite, also die der Frau, zu hören. Eine unselige Tradition bei Tamedia.

Qualität war gestern, heute wird an ungefiltertem Flachsinn nicht gespart.

 

Selbstkritik ist was anderes

Tamedia berauscht sich am neusten «Qualitätsreport». Alles in allem alles super; stinksaure Frauen kommen nicht vor.

Gutes Timing ist alles, das weiss jeder Journalist (und jeder Politiker). Zu früh ist schlecht, zu spät auch. Und dann gibt es noch die ärgerlichen blöden Zufälle. Wie zum Beispiel den, dass der als Zubrot vom ehemaligen Tagi-Chefredaktor Res Strehle jährliche «wir klopfen uns auf die Schulter»-Report ausgerechnet dann erscheint, wo Tamedia in den Schlagzeilen ist wegen angeblich unerträglicher Behandlung von Mitarbeiterinnen.

Aber davon soll der Gottesdienst natürlich nicht gestört werden, auch im Interview mit persoenlich.com wird Strehle nicht auf dieses sehr dominante Thema angesprochen. Wahrscheinlich aus der Überlegung heraus: Steht in diesem Report nicht drin, also lassen wir das.

In dem Report stehen klitzekleine Kritiken und ein grosses Lob.Gespendet von völlig unabhängigen Experten wie dem Rentner Felix E. Müller, Vinzenz Wyss und Otfried Jarren.

Das «Magazin» soll spitze sein?

Wie der – von Strehle an der Hand geführt – zum gemeinsamen Schluss kommen kann, dass das «Magazin» in «allen Qualitätsuntersuchungen» gut wegkomme und das Thema Corona ansprechend abgehandelt habe, ist schleierhaft. Diese zum Skelett abgemagerte Ruine, wo früher einmal ein wirklich hochstehendes Magazin gestaltet wurde, mit guten und extra dafür durchgeführten Reportagen, Essays und Analysen.

Um das so zu sehen, reicht schönsaufen nicht aus, da müssen auch verbotene Substanzen im Spiel gewesen sein. Ebenso bei dieser krachlustigen Selbstbeweihräucherung von Strehle zu Corona: «Das Qualitätsmonitoring kam insgesamt zum Schluss, dass die Tamedia-Redaktionen mit hoher Kadenz zu diesem Thema berichteten und dabei eine Mischung von vermittelnder und behördenkritischer Berichterstattung boten.»

Echt jetzt? Von welchen Redaktionen spricht er da? Gibt es ein Paralleluniversum, in dem ein solcher Tamedia-Konzern existiert? In unserer Welt wurden in hoher Kadenz Forderungen, Kritiken, fachmännische Meinungen von Laienjournalisten im Wechsel mit geradezu kriecherischer Übername aller offiziellen Positionen geboten.

Offenbar ist im ganzen Thema Qualitätskontrolle bei Tamedia der Wurm drin. Da darf eine Mitunterzeichnerin eines Protestschreibens in aller Objektivität untersuchen, ob die darin erhobenen Vorwürfe auch zutreffen. Und hier darf ein durch seine Flexibilität in Erinnerung gebliebener Ex-Chefredaktor einen Qualitätsraport federführend gestalten?

Der Begriff Feigenblatt ist da geradezu ein Euphemismus.

Feigenblatt? Sitzt.