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Campax sammelt Zewo-frei

Fragwürdiges um den Sammelverein.

«Unser Verein führt Kampagnen zu selbst gewählten Themen und unterstützt Menschen und Organisationen dabei, unser Land zu einem besseren Ort zu machen.» Das ist die edle Selbstbeschreibung von Campax.

Weniger edel sind Unterschriftensammlungen wie die, dass den sogenannten «Freiheitstrychlern» ihr Konto bei der Postfinance weggenommen werden soll. Die Organisation hatte sich den Zorn von Campax zugezogen, weil sie seit Monaten den alten Schlachtruf «Horus» bei ihren Veranstaltungen erschallen lässt.

«Kein Postfinance-Konto für Rechtsextreme», hetzte daraufhin Campax; ohne grosse Geschichtskenntnisse behauptete der Campax-Mitarbeiter Urs Arnold: «Nazi-Fratzen hinter der Folklore-Fassade: Die Freiheitstrychler haben bei der “Friedensdemonstration“ letzten Samstag auf dem Bundesplatz ihr wahres Gesicht gezeigt.»

ZACKBUM musste sich dann belehren lassen, dass es sich bei dieser Aktion gegen Schweizer Grundrechte (natürlich dürfen die «Freiheitstrychler» völlig legal wie jeder und alles in der Schweiz ein PC-Konto führen) nicht etwa um den Amoklauf eines Mitarbeiters handelte, sondern: «Dies ist ein Aufruf von Campax

Nun sammeln die «Freiheitstrychler» tatsächlich auch Spenden über ihr Postfinance-Konto. Auch das dürfen sie, sicher zum Ingrimm von Campax.

Allerdings macht das die Kampagnen-Organisation auch immer wieder. Nun ist es allerdings so, dass seriöse Spendensammler sich als Non-Profitorganisationen das Gütesiegel von Zewo erteilen lassen: «Gemeinnützige NPO sind auf das Vertrauen von Spenderinnen und Spendern angewiesen. Das Gütesiegel der Zewo bescheinigt, dass Ihre NPO dieses Vertrauen verdient und unterstützt sie beim Spenden sammeln.»

Die Zewo ist eine anerkannte Stiftung, die seit 1934 existiert, «bis heute ist ihr Gütesiegel ein einzigartiger Qualitätsausweis für gemeinnützige NPO, die in der Schweiz Spenden sammeln. Das Signet dient Spenderinnen und Spendern als Orientierungshilfe».

Die «Freiheitstrychler» weisen auf ihrer Spendenseite kein Zewo-Zertifikat aus. Campax allerdings auch nicht. Wie kann das denn sein? Dafür hat der Geschäftsführer eine originelle Erklärung:

«Agiles Handeln (und damit zusammenhängend auch Fundraising) gehört zum Kern der Tätigkeit von Campax. Aus diesem Grund können wir unsere Aktiviäten nicht so steuern, dass es mit den Sammelfenstern der Zewo vereinbar wäre.»

Nicht vereinbar mit den Kriterien der Zewo? Man muss zugeben, dass bislang noch keine seriöse spendensammelnde Organisation auf eine solche Ausrede kam. Das Zewo-Gütesiegel bekommt, wer sich prüfen lässt und 21 Standards erfüllt, darunter «integres und ethisches Handeln». Ob das der Stolperstein war? Mit «Sammelfenstern» meint Campax wohl den Standard: «Grosse Organisationen koordinieren und regulieren ihre Sammlungen im Sammlungskalender der Zewo.» Damit soll einfach vermieden werden, dass es zu einer Anballung von Spendenaufrufen kommt, was ja sehr vernünftig ist.

Wäre eigentlich ein Fall für die Denunziationsplattform «saegswiesisch.ch», deren «Partner» unter anderen auch Campax war. Nur leider: die Webseite existiert nicht mehr. Da kann man nur hoffen, dass dafür keine Spenden gesammelt wurden …

Die grossen Schweiger der Postfinance

Rufen Sie nicht an. Schreiben Sie auch nicht. Wir antworten nicht.

Die Eigenwerbung kommt geschleckt daher: «PostFinance gehört zu den führenden Finanzinstituten der Schweiz und ist für über 2,6 Millionen Menschen die zuverlässige Partnerin für Privat- und Geschäftskunden, die ihre Finanzen selbstständig verwalten möchten.»

Über 3200 Mitarbeiter bemühen sich angeblich bei der systemrelevanten Staatsbank darum, «Ihnen den Umgang mit Geld so einfach wie möglich zu machen». Das ist der schöne Schein. Dahinter verbirgt sich aber ein hässliches Sein.

Nach zehn Tagen brandschwarzer Lüge, dass die Postfinance eine Überweisung aus den USA nicht bekommen habe, räumte die Bank ein, dass das Geld doch bei ihr angelangt sei. Durch eine kleine publizistische Offensive sah sich die Postfinance dann dazu gezwungen, telefonisch die Erklärung nachzuschieben, dass der Betrag nicht auftragsgemäss dem Kunden gutgeschrieben wurde, weil es hier eine «Sanktionsproblematik» gebe.

Auf den Hinweis, dass das schlecht sein könne, weil weder der Absender, noch die beteiligten Banken, noch der Empfänger nachweislich auf irgend einer Sanktionsliste stünden und man das problemlos einsehen könne, verstummte das Finanzinstitut.

Die Compliance-Mitarbeiterin wollte nicht mal ihre E-Mail-Adresse rausrücken und warnte mündlich, dass die nötige «Überprüfung» noch ein Weilchen dauern könne und man von täglichen Anrufen absehen solle.

Der frustrierte Kunde folgte dann ihrer Anregung, er solle sich doch, wenn ihm das nicht passe, mit einer Beschwerde an den CEO der Postfinance wenden. Also bekam Hansruedi Köng ein Beschwerdeschreiben. Und schweigt.

Die mit einigen journalistischen Fragen angeschriebene Medienstelle teilte knapp mit, dass sie diese Fragen an das «Beschwerdemanagement» weitergeleitet habe. Das sei aber nicht der Sinn der Anfrage gewesen, stocherte der Kunde und Journalist nach. Seither schweigt die Medienstelle.

Natürlich schweigt das «Beschwerdemanagement» auch. Ein freundlicher Tippgeber enthüllte die Mail-Adressen der Rechtsabteilung und der Compliance der Bank. «legalpf@postfinance.ch» und «compliancepf@postfinance.ch». Raffiniert, darauf muss man erst mal kommen, mit dem angehängten pf hält man sich ungebetene Belästigungen durch Kunden vom Leib.

Auch diese Instanzen wurden angeschrieben und – Überraschung – schweigen. Eine weitere Möglichkeit, mit der Postfinance in Kontakt zu treten, ist ihre einzige und gebührenpflichtige Telefonnummer. Hier schweigt sie nicht, sondern berieselt den Anrufer minutenlang mit Dudelmusik und dem Hinweis, dass leider alle Mitarbeitenden im Gespräch seien. Wer das übersteht, kann dann tatsächlich mit einem lebenden Menschen sprechen. Nur: der weiss von nix und versteht von Bankgeschäften oder gar Überweisungen nix. Ein Call-Center-Mitarbeiter der Post weiss immerhin, was bei einem Päckchen die Tracking-Nummer ist. Ihre Geldentsprechung UETR ist für Postfinance-Angestellte hingegen Bahnhof. Nix verstan.

Der Gerechtigkeit halber sei noch angefügt, dass man ganz modern auch chatten kann mit der Postfinance. Vorausgesetzt, man verfügt über E-Banking und eine Engelsgeduld. Denn zuerst muss man sich hier durch einen Chat-Bot arbeiten, ein automatisiertes Programm, das auf vernünftige Fragen bescheuerte Antworten gibt. Und einem erst nach einem kräftigen Nein auf die abschliessende Frage, ob die Antworten genützt hätten, verspricht, den Kunden an ein menschliches Wesen weiterzuleiten.

Nun bedeutet Chat eigentlich, dass schriftlich ein Gespräch geführt wird, Frage, Antwort, Frage, Antwort. Bei der Postfinance nimmt man es aber gemütlich. An dieser Stelle des Chats wird lediglich versprochen, dass «innert zwei bis fünf Arbeitstagen» mit einer Antwort zu rechnen sei. Daran hielt sich die Postfinance immerhin in diesem konkreten Fall. Nur: die Antwort war falsch.

Ach, dann gibt es ja noch reale Filialen der Postfinance. Wenn der Kunde persönlich dort aufschlägt, wird er sogar ausnahmsweise ohne vorherige Terminvereinbarung empfangen. Bedient wäre dann wohl das falsche Wort, denn der Postfinance-Mitarbeiter weiss auch nach einem Blick in seinen Bildschirm nichts Genaues. Auf die Frage, ob er sich nicht vielleicht intern erkundigen könne, gibt er die verblüffende Antwort, dass auch er nur die gleiche Telefonnummer habe wie der Kunde.

Der Angestellte reiht sich in die gleiche Warteschlaufe wie 2,6 Millionen Postfinance-Kunden ein, das ist wohl weltweit einmalig.

Nun wäre das alles brüllend komisch, wenn die Post nicht seit inzwischen 15 Tagen auf einem recht ansehnlichen Geldbetrag sitzen würde, den sie eigentlich im Auftrag des Absenders dem Kunden hätte gutschreiben sollen. Aber aus reiner Willkür, ohne rekursfähige schriftliche Begründung, haftungsfrei und verantwortungslos hat sie sowohl dem Absender wie dem Empfänger die Verfügungsgewalt über deren Geld entzogen.

Da müsse zuerst eben eine «Sanktionsproblematik» abgeklärt werden. Nicht etwa von der Postfinance, sondern von einer nicht näher genannten staatlichen Behörde, die aber überarbeitet sei, weshalb das eine unbekannte Zeitspanne lang dauern könne.

Wer die Hand auf ihm nicht gehörendes fremdes Gut legt, ohne das rechtlich wasserdicht begründen zu können, wird normalerweise als Dieb bezeichnet. Natürlich darf man diesen Ausdruck nicht auf die Postfinance anwenden, sonst würde man sicherlich eher schnell etwas von der Rechtsabteilung hören. Zudem kann die Postfinance ja behaupten, dass sie das Geld nicht etwa verfrühstücken will, sondern nur beschlagnahmt, eingefroren hat, kommissarisch verwaltet.

Selbstverständlich nur im Dienst des Kunden, um dessen Wohlergehen bemüht und besorgt.

PS: Zeichen und Wunder. Weiterhin verkniffen schweigend hat die Postfinance am Freitagnachmittag die Überweisung gutgeschrieben. Eine Mitteilung, eine Entschuldigung gar? Irgend eine geheuchelte Anteilnahme, wenigstens das übliche Gequatsche: ist nicht ganz optimal gelaufen, bitten um Verständnis, werden die Abläufe überprüfen? Ach was, die Postfinance doch nicht. Das wäre doch kundenfreundlich, und das geht gar nicht.

Willkür, Wildwest und Rechtsstaat

Es existiert eine klare rote Linie zwischen Willkür und unserer Bastion gegen Barbarei.

Aus gegebenem Anlass und für Compliance-Mitarbeiter der Postfinance (aber nicht nur dort) zum Mitschreiben. In einem funktionierenden Rechtsstaat gibt es einfache Mechanismen und Regeln, deren Befolgung allen Beteiligten Rechtssicherheit gibt.

Wer in die Rechte oder den Besitz eines anderen eingreift, hat sich dabei an wenige, banale Regeln zu halten.

  • Der Eingriff hat mit einer Begründung zu erfolgen. Diese Begründung sollte einen Verweis auf die rechtlichen Grundlagen für den Eingriff enthalten.
  • Diese Begründung hat zeitgleich mit dem Eingriff zu erfolgen. Zudem muss aufgeführt sein, wer mit welcher Berechtigung diesen Eingriff durchführt.
  • In der Begründung muss obligatorisch eine Rechtsmittelbelehrung enthalten sein. Es muss erklärt werden, innert welcher Frist der Betroffene wo dagegen Beschwerde einlegen kann.
  • Bei schwerwiegenderen Eingriffen braucht es eine anfechtbare Verfügung. Es muss etwas Schriftliches vorliegen, gegen das auf dem ordentlichen Rechtsweg, also vor Gericht, vorgegangen werden kann.
  • Bei solchen Eingriffen muss der Betroffene angehört werden, er muss die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu nehmen.

Das sind ein paar leicht verständliche Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit sich ein Eingriff in die Rechte eines Individuums (oder einer Firma) im rechtsstaatlichen Rahmen abspielt.

Im geschilderten Fall wurde von der Postfinance kein einziges dieser Kriterien erfüllt.

  • Der Auftrag, eine überwiesene Geldsumme dem Konto des Empfängers gutzuschreiben, wurde nicht ausgeführt. Begründungslos.
  • Dem so um sein Eigentum geprellten Empfänger wurde dieser Eingriff nicht mitgeteilt, ebenso wenig dem Absender. Dem Empfänger wurde 10 Tage lang wahrheitswidrig gesagt, dass keinerlei Überweisung wie von ihm angegeben und belegt, eingetroffen sei. Obwohl sich die Postfinance seit Tagen im Besitz dieser Überweisung befand, stritt sie das ab.
  • Nachdem sich die Postfinance nach 10 Tagen dazu bequemte, den Eingang der Überweisung vor zehn Tagen einzuräumen, schob sie zunächst eine weitere unwahre Begründung vor, wieso der Betrag dem Kunden nicht gutgeschrieben werde.
  • Es wurde keine Erklärung geliefert, wer mit welcher Berechtigung diesen Eingriff ins Eigentum eines anderen vorgenommen hatte. Es wurde lediglich schlussendlich behauptet, die Compliance der Postfinance habe eine «Sanktionsproblematik» entdeckt.
  • Diese Auskunft wurde nur mündlich erteilt, schon die Herausgabe einer sachdienlichen E-Mail-Adresse, um den Vorgang zu verschriftlichen, wurde verweigert.
  • Dieser vagen Begründung fehlte ein Verweis auf die zugrunde liegenden Vorschriften, ebenso erfolgte keine Rechtsmittelbelehrung. Auf die Frage nach einer Beschwerdemöglichkeit wurde geantwortet, dass man sich an das «Beschwerdemanagement» der Postfinance oder gleich an ihren CEO wenden solle. Auch hier wurden keine sachdienlichen Adressangaben gemacht. Anscheinend wurde dem «Beschwerdemanagement» eine an die Medienstelle gerichtete Anfrage des Journalisten und Empfängers weitergeleitet, ohne dass eine Reaktion erfolgte.
  • Da keinerlei schriftliche Bestätigung dieses Vorgangs vorliegt, ist es auch nicht möglich, dagegen Rechtsmittel wie eine Anfechtung vor einem ordentlichen Gericht zu ergreifen.
  • Da die Beschlagnahme ohne Wissen des Absenders oder des Empfängers der Überweisung erfolgte, hatte keiner der Besitzer die Möglichkeit, zu diesem Vorgang Stellung zu nehmen.
  • Worin diese angebliche «Sanktionsproblematik» bestehe, wurde nicht erklärt. Es wurde nur mündlich darauf verwiesen, dass eine nicht identifizierte staatliche Behörde nun überprüfe, ob dieser Betrag dem Empfänger gutgeschrieben werden könne oder nicht. Wie lange diese Überprüfung dauert, von wem genau sie ausgeführt werde – keine Angaben.
  • Seit bald einmal zwei Wochen sitzt die Postfinance auf einem nicht ihr gehörenden Geldbetrag und weigert sich, ihrer Verpflichtung als Dienstleister nachzugehen, ihn auftragsgemäss einem Kunden gutzuschreiben. Das Geld ist also sowohl für den Absender wie für den Empfänger blockiert. Der Absender wurde darüber nicht informiert, der Empfänger erst nach mehrfachem Insistieren und der Veröffentlichung des Vorgangs.
  • Die einzige Kontaktperson der Postfinance besteht auf Mündlichkeit, will keine Adresse für schriftliche Eingaben herausrücken und weist zudem darauf hin, dass diese «Überprüfung» wegen angeblicher Überlastung der Behörde dauern könne und man von täglichen Anrufen absehen solle.
  • Wieso eine «Sanktionsproblematik» existieren könnte, obwohl weder der Absender der Überweisung, noch die darin involvierte Bank des Absenders, noch die Korrespondenzbank, noch der Empfänger auf einer Sanktionsliste stehen, vermochte bei Postfinance niemand zu beantworten.

Man sieht an diesem ausführlich geschilderten Verhalten der Postfinance, was passiert, wenn das Einhalten rechtsstaatlicher Vorschriften, Regeln, Abläufe ausser Kraft gesetzt wird. Und durch Willkür, selbstherrliches Handeln unter dem Schutz der Anonymität  in einem rechtsstaatfreien Raum ohne Haftbarkeit oder Verantwortlichkeit ersetzt wird.

Es greifen Sitten wie im Wilden Westen um sich, inklusive Faustrecht. Denn die Postfinance missbraucht den Geldbetrag dieser Überweisung einfach mal als Faustpfand. Ohne jegliche Legitimation ausser der Tatsache, dass er sich in ihrem Einflussbereich befindet. Ob und wann und wie sie ihn wieder hergibt, ist offenbar reiner Willkür überlassen, da es keine Handhabe gibt, die Postfinance in den Bereich der Rechtsstaatlichkeit zurückzuzwingen.

Ein Einzelfall? Wohl eher nicht, Auf jeden Fall ein Skandal, ein ungeheuerlicher Vorgang, der dringlich das Eingreifen staatlicher Aufsichtsbehörden erforderlich macht. Sie sind darüber orientiert. Werden sie auch entsprechenden handeln?

Rechtsausübung in Wildwestmanier: «give him a fair trial – then hang him.»

Willkür bei der Postfinance

Der gelbe Riese ist ausser Rand und Band.

Natürlich ist es ein Einzelfall. Natürlich ist der Schreibende persönlich betroffen. Aber wenn ein Einzelfall jedem passieren kann, wird er zur nötigen Mitteilung. Obwohl das Thema für einmal nicht direkt mit Medien zu tun hat.

Indirekt aber schon, denn selbst Riesen fürchten Reputationsschäden. Das Problem ist schnell erzählt. Am 5. August überwies eine Firma aus den USA einen Geldbetrag an die Postfinance, mit dem Auftrag, es dem Konto des ZACKBUM-Redaktors gutzuschreiben. Als am 11. August immer noch keine Gutschrift erfolgt war, begann eine kleine Odyssee.

Die grosse Postfinance bietet ihren immerhin 2,7 Millionen Kunden nur eine einzige Telefonnummer zur Kontaktaufnahme an. Deshalb verröchelt man dort gerne einmal in der Warteschlaufe und gibt auf. Ein Besuch in der Postfinance-Filiale in Zürich ergab, dass man dort auch nichts Genaues weiss, keine Überweisung da, nix. Der Kunde wurde darauf verwiesen, es doch telefonisch zu probieren. Und nein, hier habe man auch keine andere Nummer, hätte ein Postfinance-Schalterangestellter eine Frage, müsse er die gleiche Nummer wie der Kunde wählen.

Unfassbar, aber halt Postfinance. Der Kunde versuchte auf allen Kanälen, eine Auskunft zu erhalten, wo denn die Kohle abgeblieben sei. Vergeblich. Es wurde ihm einzig immer wieder empfohlen, doch beim Absender nachzufassen vielleicht klemme es ja dort. Der Absender hatte aber längst alle Beweise erbracht, dass das Geld bei der Postfinance liegen müsse. Dazu gibt es einen Tracking-Code UETR, der wie bei einem Paket ermöglicht, den genauen Standort einer Überweisung zu checken. Und der war bei der Postfinance.

Am 15. August dann die Wende. Nach zehn Tagen brandschwarzen Lügens teilte die Bank plötzlich mit: doch, es ist am 5. 8. eine entsprechende Überweisung bei uns eingegangen. Aber Compliance, die interne Kontrolle, habe da ein paar Fragen, weshalb ein Fragen-Katalog an die sendende US-Bank übermittelt worden sei. Man rechne morgen mit einer Antwort.

Darauf reichte es dem Kunden und er publizierte auf «Inside Paradeplatz» eine Beschreibung des Trauerspiels. Das brachte ihm dann einen Anruf einer Mitarbeiterin von Compliance ein; das erste aktive Lebenszeichen der staatsnahen Bank.

Sie habe den Artikel auf IP gelesen, gab die Dame bekannt, aber das Problem sei ein anderes. Also nochmal April, April, kein zu beantwortender Fragenkatalog. Nein, es handle sich um eine «Sanktionsproblematik». Wie das? Nun, das werde zurzeit von der zuständigen staatlichen Behörde abgeklärt, und das dauere halt ein Weilchen. Der Kunde solle daher von täglichen Anrufen Abstand nehmen. Das wäre allerdings die einzige Kontaktmöglichkeit, da sich die Dame weigerte, eine E-Mail-Adresse anzugeben («das machen wir nicht»). Typisches Verhalten in einer Dunkelkammer.

Die Dame wollte nicht von tagelangem Lügen sprechen, vielleicht sei es da zu einer «Fehlinformation» gekommen. Eher schmallippig wurde sie, als der Kunde sie fragte, worin genau denn diese «Sanktionsproblematik» bestünde. Denn die überweisende Firma, international tätig, seriös und völlig legal, steht auf keiner Sanktionsliste. Ebenso wenig der Empfänger. Das müsse halt noch genauer abgeklärt werden, sagte die Compliance-Frau.

Compliance steht eigentlich für die Einhaltung von Regeln. Hier herrscht aber regellose Willkür. Einem Algorithmus oder einem Mitarbeiter passt eine Überweisung nicht. Obwohl es keinen stichhaltigen Grund dafür gibt, beschlagnahmt er sie einfach mal. Das wird aber dem Betroffenen nicht mitgeteilt, der wird Mal ums Mal auf die Piste geschickt, er solle doch in den USA nachforschen, hier sei nix angekommen.

Das war aber gelogen. Dann wurde das durch die nächste Unwahrheit abgelöst, man warte auf die Beantwortung eines Fragenkatalogs durch die überweisende US-Bank. Stimmte auch nicht, aber wozu auch dem Kunden die Wahrheit sagen.

Das ist ein Skandal. Eine selbstherrliche Kontrollstelle, haftungsfrei und verantwortungslos, erfindet eine «Sanktionsproblematik». Als ob es nicht glasklar und einfach wäre: entweder steht eine Firma oder eine Person auf einer Sanktionsliste, in der Schweiz auf der öffentlich einsehbaren schweizerischen – oder nicht. In diesem Fall gilt zweimal «oder nicht».

Mit ihrem Verhalten verstösst die systemrelevante Bank mit Millionen von Kunden gleich mehrfach gegen Regeln und Vorschriften. Sie hebelt mal kurz das Auftragsrecht aus. Denn sie hat den Auftrag bekommen, einen überwiesenen Geldbetrag einem ihrer Kunden gutzuschreiben. Tut sie aber nicht. Sie setzt sich über die Vertragsfreiheit hinweg. Jedem Postfinance-Kunden ist es freigestellt, mit jedem beliebigen legalen und unbescholtenen Unternehmen in Geschäftsbeziehungen zu treten. Das geht die Postfinance überhaupt nichts an.

Und schliesslich verstösst sie gegen Treu und Glauben. Starker Tobak im Finanzbereich. Die FINMA, die Bankenaufsicht, ist orientiert. Hier sollte es mindestens eine Rüge absetzen, wenn nicht die Gewähr, also die Lizenz zum Banking, einigen nassforschen Mitarbeitern der Postfinance entzogen werden müsste.

Statt den Kunden tagelang anzulügen, wäre es auch ein Gebot des Anstands gewesen, ihn sofort über diese angebliche «Sanktionsproblematik» zu informieren. Das hätte aber die Postfinance dazu gezwungen, eine Begründung zu geben, worin die denn bestünde. Und es hätte dem Kunden die Möglichkeit gegeben, sofort entsprechende Schritte einzuleiten.

Stattdessen wird hier selbstherrlich, haftungsfrei und unverantwortlich über das Geld anderer verfügt. Ob der Kunde auf diese Einnahme angewiesen ist? Ist doch sein Problem. Dass der Kunde keinerlei Möglichkeit hat, sich gegen diese Willkür zu wehren («wenden Sie sich doch an unser Beschwerde-Management, das hustet ihnen dann irgendwann irgendwas»), ist eines Rechtsstaats unwürdig.

Es gibt genügend klare Regeln, Vorschriften, es gibt das Prinzip der Eigentumsgarantie, es muss gegenüber jeder Entscheidung die Möglichkeit einer sofortigen rechtlichen Überprüfung geben. Es kann nicht sein, dass selbstherrliche Mitarbeiter neue Kriterien wie «Sanktionsproblematik» erfinden. Wird das zugelassen, sind wir unterwegs in den Wilden Westen der Willkür und Verantwortungslosigkeit.

Zahlen für Schrott

Auch bei CH Media gibt es eine Bezahlschranke. Leistung, Qualität. Ätsch, reingefallen.

Der Autor Stefan Ehrbar hat sich vom Sachbearbeiter Zahlungsverkehr zum freien Journalisten und schliesslich zum Journalist «Vollzeit» bei CH Media hochgearbeitet. Das ist eine Karriere. Bei CH Media wird alles – ausser dem Lokalen – von einer Zentralredaktion in Aarau abgefüllt. Daher prangte bei sämtlichen Kopfblättern online zuoberst ein Werk des Vollzeitjournalisten: «Sexismus? Postfinance sucht Leute, die Arbeitszeit «nicht dem Kampf für Gleichberechtigung» widmen – und will es gut gemeint haben.»

Diesen Titelbandwurm versteht nun nicht jeder Leser. Aber der zahlende kann hinter der Aboschranke auf Aufklärung hoffen. Ist Ehrbar hier einem Skandal auf der Spur? Werden ausgerechnet bei der Postfinance Frauen gemobbt, sexuell belästigt, marginalisiert, abgewertet, ignoriert?

Zunächst hat Ehrbar nix zu meckern: «Die Post-Finanztochter Postfinance hat theoretisch alles richtig gemacht für ein gendergerechtes Stelleninserat: Sie sucht nach «Softwareentwickler:innen».» Das mag zwar gendergerecht erscheinen, ist aber schlichtweg eine Vergewaltigung der deutschen Sprache. Das lobt Ehrbar, tadeln muss er hingegen den Inseratetext auf Linkedin. Er beginnt launig damit, dass die gesuchte Person (darf auch männlich sein) sich mehr für den binären Unterschied zwischen 0 und 1 als für den genetischen zwischen XX und XY interessieren sollte.

Sollten lesende Blondinen (Achtung, Sexismus) das nicht kapieren, wird es noch ausgedeutscht: «Wir suchen Softwareentwickler:innen, die Ihre Arbeitszeit dem Banking der Zukunft und nicht dem Kampf für Gleichberechtigung widmen wollen.»

Das ist nun eigentlich ein verständlicher Wunsch eines Arbeitgebers, dass der nicht für Genderdebatten, sondern für die Herstellung von Software bezahlen will. Aber in den heutigen Zeiten sind für einige Marktteilnehmer Genderdebatten entschieden wichtiger: «Ihr solltet den Unterschied zwischen misogynem Mist und unbedarftem LinkedIn-Post herausarbeiten.» Leider verzichtet der Nutzer auf eine Erklärung, wie das die Postfinance anstellen sollte. Mit dem Fremdwort misogyn (für frauenfeindlich) ist er wohl an seine Grenzen gestossen.

Die überschreitet dann aber Agota Lavoyer, «Expertin für sexualisierte Gewalt», problemlos. Damit werte die Postfinance den Kampf um Gleichberechtigung massiv ab, will sie wissen. Aber es wird noch viel schlimmer: «Es sei nicht zuletzt der fehlenden Gleichberechtigung geschuldet, dass sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen in der Schweiz noch immer so verbreitet seien», zitiert Ehrbar die Expertin. Und versetzt Postfinance sozusagen noch den Todesstoss:

«Frauen würden auch alleine deswegen getötet, weil sie Frauen sind.»

Angesichts all dieser Weiterungen muss man geradezu von Milde sprechen, dass Lavoyer nur eine «unsäglich miserable Leistung» von Postfinance kritisiert. Die wehrt sich – natürlich mit untauglichen Argumenten: «Die Botschaft dieses Werbemittels ist, dass Gleichberechtigung bei Postfinance in der Kultur fest verankert und so normal ist, dass die Mitarbeiter:innen keine Zeit im Job dafür aufwenden müssen.»

Aber das Finanzhaus gelobt Besserung; es weiss, wie schnell es in einen Shitstorm geraten kann, auch ohne den geringsten nachvollziehbaren Anlass. Bleibt vielleicht noch die Frage, welche Qualifikationen eigentlich diese «Expertin für sexualisierte Gewalt» mitbringt. Auf ihrer Webseite, jetzt wird’s natürlich ganz heikel für einen männlichen Autor, verzichtet sie auf jede Angabe zu Aus- oder Weiterbildung. Ausser: «Als Opferhilfeberaterin habe ich in den letzten Jahren hunderte Opfer sexualisierter Gewalt begleitet.»

Damit hat sie sich dann offenbar einen festen Platz im Adressverzeichnis von Journalisten erobert: «Ich berate, rede, schreibe über gesellschaftspolitische Aspekte sexualisierter Gewalt, Opferberatung und Opferhilfe.» Damit hat sie es schon als «Studiogast» in den «Kassensturz» geschafft oder in die Spalten des Weltblatts «Hauptstadt». Ausserdem erscheine im Juni ihr «erstes Buch». Das sei ein «Kinderfachbuch zur Prävention sexualisierter Gewalt.» Das Wort «Buch» ist dehnbar; das Bändchen umfasst ganze 73 Seiten, für die stolze 23 € fällig sind.

Nun kann sich jeder (und jede) zum «Experten» für irgendwas ernennen, sei es auch nur durch Praxiserfahrung. Also eine Hausfrau ist sicherlich Expertin für den Haushalt. Ein Müllmann Experte für Müll.

Wieso aber ein Journalist eines angeblichen Qualitätsmediums hinter der Bezahlschranke einer solchen «Expertin» unwidersprochen das Wort erteilt und nicht merkt, dass sie ein launiges, aber sicher nicht sexistisches Inserat zu einem Skandal aufblasen will, der in letzter Konsequenz zur Ermordung von Frauen führe, das ist ziemlich niveaulos.

Genau wie sein eigener besserwisserischer Hinweis am Schluss des Artikels: «Möglicherweise kann die Post-Tochter aus der Episode etwas lernen: A/B-Testing, also das Ausprobieren zweier Versionen, ist nicht nur in der Softwareentwicklung nützlich – auch die Marketingverantwortlichen könnten sich damit künftig einigen Ärger ersparen.»

Allerdings ist er offensichtlich kein Experte für Software. Dort gibt es nämlich A/B-Testing nicht. Und wie soll das bei einem Stelleninserat gehen? Sexistische Variante A, politisch und gendermässig völlig korrekte Version B? Also ev. mit Ansprache der rund 164 verschiedenen sexuellen Orientierungen und dem Hinweis, dass Postfinance als Arbeitgeberin besonderen Wert auf Engagement im Kampf für Gleichberechtigung legt und kein Problem damit hat, wenn darunter die Softwareentwicklung leidet?

Oder einfach gefragt: wie frech muss man sein, um für so etwas auch noch Geld zu verlangen? Wie vernagelt muss man sein, wenn man sich wundert, wieso immer weniger Leser bereit sind, für einen solchen Schrott etwas zu bezahlen? Zugegeben, das sind sicherlich schrecklich sexistische Fragen eines Mannes, der eine oder einen Softwareentwickler garantiert nur nach seinen Kompetenzen einstellen würde, während ihm seine Einstellung zum Kampf um Gleichberechtigung eher egal wäre. Dem er/sie sich mit voller Energie widmen dürfte – nach Ablieferung einer dem Gehalt entsprechenden Leistung.