Schlagwortarchiv für: Politiker

«Blick» als Copy Cat

Selber machen! Wieso eigentlich?

Es gibt zwei eiserne Regeln im Elendsjournalismus. Regel eins: nur die Story, die frei erfunden ist, hat man exklusiv. Diesem Prinzip huldigen gelegentlich alle Medien, von der «Republik» bis zum «Blick».

Die zweite Regel lautet: wieso selber recherchieren und journalistisch tätig sein, wenn das andere für einen erledigen? So haben praktisch alle Schweizer Medien ohne rot zu werden und fleissig die «Financial Times» zitiert, benützt, verwendet, weil deren Berichterstattung über das Begräbnis der Credit Suisse den eigenen journalistischen Anstrengungen haushoch überlegen war und ist.

Nun setzt der «Blick» hier ein neues Highlight:

Eine Sophie Reinhardt, «Redaktorin Politik» zeigt, was sie in der Schule gelernt hat: abschreiben. Zunächst erwähnt sie lobend, ohne sich der Peinlichkeit dieser Aussage bewusst zu sein, dass die FT «stets gut im Bild darüber» gewesen sei, «was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde». Im Gegensatz zum «Blick» und allen anderen Mainstream-Medien in der Schweiz.

Nun gebe aber eine weitere «FT-Recherche» zu reden:

«CS-Präsident Axel Lehmann (64) sei bereits am vergangenen Mittwoch von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59), der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unter Thomas Jordan (60) sowie der Finanzmarktaufsicht (Finma) zitiert worden. Dabei habe man Lehmann eine klare Ansage gemacht: «Ihr werdet mit der UBS fusionieren. Das ist nicht optional», heisst es in der FT.»

Das wäre in der Tat eher peinlich, denn noch am Mittwochabend verkündeten Nationalbank und Bankenaufsicht FINMA im Chor, dass man sich keine Sorgen um eine Ansteckung des Schweizer Finanzmarkt durch die Bankenpleiten in den USA machen müsse, die CS erfülle weiterhin alle notwendigen Anforderungen.

Nun sind zwar auch Politiker, ähnlich wie Bankenlenker, weitgehend haftungsfrei. Aber nicht ihre Politik. Denn Aussagen, die börsenrelevant sind, also Auswirkungen auf einen Aktienkurs haben können, sind immer eine heikle Sache. Das weiss nicht zuletzt der letzte VR-Präsident der CS, der sich mit der Behauptung blamierte, dass der Abfluss von Geldern bei seiner Bank hätte gestoppt und sogar rückgängig gemacht werden konnte.

Auch das hat die FT exklusiv herausgefunden, das wird nun von Reinhardt nachgeplappert. Man sollte mit ihr Nachsicht üben, bis 2022 war sie Redaktorin im Ressort Bern beim «Bund», «Schwerpunkt ihrer Berichterstattung ist die städtische Politik, sowie Bildungsthemen». Erst seit Kurzem berichtet sie für den «Blick» aus dem Bundeshaus. Damit hat sich immerhin ihr Arbeitsweg nicht verlängert.

Man sollte auch gerecht mit Reinhardt sein, denn sie tut zudem das, was zum Grundrüstzeug des Journalisten gehört. Sie plappert nach, dann gibt sie Politikern Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die sind, Überraschung, «empört». Denn als Plappermaul weiss doch der Politiker, was sich gehört. «Könnte ein Grösseres politisches Erdeben sein», meint der Präsident der Grünliberalen, vorsichtig im Modalverb-Modus. «… wer zu welchen Zeitpunkt was wusste», will die SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer wissen, froh darum, dass ihr Kollege Wermuth gerade mal unpässlich war und sie auch etwas sagen darf.

Auch ein SVP-Nationalrat darf sich mit «skandalös» melden, dazu noch ein zweiter SVPler. Soweit, so normal. Allerdings: wo bleibt die FDP? Die Mitte? Die Grünen? Da muss Reinhardt wohl etwas ins Juffeln geraten sein. Oder sie fand in der Eile die passenden Handynummern nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Einfach viel üben und nachsitzen.

Geldgierige Politiker

Bei der SNB schwimmen den Kantonen die Felle davon.

Es gibt ein paar Grundregeln der Politik. Dazu gehört: einmal eingeführte Steuern werden niemals wieder abgeschafft. Sei es die Sektsteuer in Deutschland oder der Eigenmietwert in der Schweiz.

Dann neigen Politiker dazu, immer mehr Geld auszugeben als sie einnehmen. Deshalb ist auf der Einnahmeseite alles erlaubt. Zum Beispiel fest eingeplante Parkbussen mit jährlicher Steigerung, die dann von den Ordnungskräften eingetrieben werden müssen. Oder aber der Zustupf aus dem Gewinntopf der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Auch der ist in vielen Kantonen fest budgetiert, also wäre das ein Naturgesetz. Die SP kam schon auf die geniale Idee, mit den Überschüssen der SNB die AHV zu sanieren. Glücklicherweise, ein wirklich vorausschauender Entscheid der Gründer der SNB, ist die Schweizer Notenbank unabhängig von der Politik. Also kann sie jederzeit sagen: Finger ab de Röschti.

Nun berichtet der «Tages-Anzeiger» in neutralem Ton: «Es gibt kein Geld mehr von der Nationalbank». Der Artikel ist natürlich Salz in die Wunden von grenzgängerischen kantonalen Budgets.

Seit 2010 waren die Ergebnisse der SNB ein stetiges Auf und Ab. Insgesamt 5 mal resultierte ein Verlust, 7 mal ein Gewinn. Seit 2016 beträgt der Gewinn kumuliert 160 Milliarden Franken; in diesen 6 Jahren gab es nur einmal einen kleinen Verlust. Kurzsichtig, wie Politiker nunmal sind, meinten sie also, dass man doch jährlich mit einem Zustupf von einigen Milliarden rechnen könne, sozusagen als fester Posten in allen zukünftigen Budgets.

Da die SNB aber nicht den ganzen Gewinn ausschüttet, schwoll ihr Eigenkapital auf über 200 Milliarden Franken an. Rund 20 Prozent des Bilanzvolumens. Dafür würde sich jede Schweizer Bank alle Finger abschlecken, die CS noch die Zehen dazu. Diese 200 Milliarden erweckten dann zusätzlich Begehrlichkeiten. Schon 2006 forderte eine Initiative, dass Zukunft SNB-Gewinne in die AHV fliessen sollten. Sie wurde abgelehnt.

Nun haben der Gewerkschaftsbund und die SP einen neuen Anlauf genommen und fordern  nochmals das Gleiche: «Die Initiative verlangt darum, dass ein Teil dieser Nationalbank-Gewinne an die AHV ausgeschüttet wird.»

Diese Initiative dürfte aber still und leise verröcheln. Vor allem die Linke wollte den ständigen Warnungen von SNB-Präsident Thomas Jordan keinen Glauben schenken, dass die SNB einen grossen Puffer brauche, um mögliche Verluste abfedern zu können. Unverständlich, meinten Schreihälse, wieso sitzt die SNB auf Milliarden, während man die doch sinnvoll in die AHV verlochen könnte.

Nun hat die SNB aber in diesem Jahr bereits einen gigantischen Verlust von schätzungsweise 145 Milliarden Franken eingefahren. Diese gigantischen Gewinne und Verluste entstehen, weil die SNB für die Stützung des Frankenkurses ihre Bilanz zum Weltrekord aufgeblasen hat. Das Bilanzvolumen beträgt eine runde Billion Franken, das sind 1000 Milliarden, und das ist mehr als das BIP der Schweiz, also als der Wert aller Güter, Dienstleistungen und Wertschöpfungsprozesse eines Jahres.

Keine andere Notenbank der Welt dreht ein dermassen grosses Rad wie die SNB. Die ist eigentlich nicht mehr in erster Linie eine Notenbank, sondern ein gigantischer Hedge Fonds. Dank der SNB gehört die Schweiz zu den grössten Aktionären bei Weltfirmen wie Apple, Amazon, Google oder Facebook. Dank der SNB führt jede minimale Währungsschwankung im Verhältnis zum Franken zu milliardenschweren Gewinnen oder Verlusten. Genau gleich verhält es sich mit der Börse, mit festverzinslichen Anleihen; sobald dort gehustet wird, sobald die Negativzinsen ausradiert werden, sobald die Inflation kräftig anzieht, fährt die SNB Verluste ein.

Die könnten sich bis Ende Jahr ohne weiteres auf über 200 Milliarden Franken kumulieren. Dann wäre der Eigenkapitalpuffer weg. Das ist im Fall der SNB kein tragisches Problem; sie ist Herrin des Franken und kann mit einem Klick Neugeld in Milliardenhöhe herstellen. Da die Nachfrage ungebrochen hoch ist (und bei zunehmender Unsicherheit weltweit eher noch zunehmen wird), ist das alles kein Anlass zur Beunruhigung.

Ausser für kantonale Budgets. Denn letztes Jahr verteilte die SNB noch 6 Milliarden Franken Gewinnausschüttung. Daraufhin haben diverse Kantone ihren Anteil für die nächsten Jahre fest eingeplant. Kurzsichtig, wie Politiker nunmal sind. Dieses Jahr dürfte es allerdings nach einer Nullrunde aussehen, Zukunft ebenfalls ungewiss.

Lernt nun die Politik wenigstens daraus? Ist es endlich angekommen, dass Gewinne der SNB keinesfalls mit naturgesetzlicher Sicherheit Jahr für Jahr auf die Kantone regnen? Könnte man meinen, da würde man sich allerdings wieder in der blinden Geldgier der Politiker täuschen. Denn der Tagi schreibt:

«Um Nullrunden für die Kantone in Zukunft zu vermeiden, fordert Gerhard Andrey, Nationalrat der Grünen, nun mit einer Motion vom Bundesrat, die Modalitäten der Gewinnausschüttungen mit der SNB neu zu verhandeln. Das Ziel: Die starken Schwankungen sollen geglättet werden.»

Drei Wirtschaftsprofessoren geben sich dafür her, ins gleiche Horn zu stossen: «Die Vorgänge des laufenden Jahres zeigen, wie seltsam die Rechnungslegung der SNB ist», zitiert sie der Tagi. Dabei ist an der Rechnungslegung der SNB nach Fair Value überhaupt nichts seltsam. Es ist nur schlichtweg das eingetroffen, wovor Jordan schon immer gewarnt hat: es muss nicht immer Gewinne geben, es kann auch Verluste hageln. Daher gilt nach wie vor: Finger ab de Röschti. Und jeder Kanton, jeder Politiker, der mit stetigen Einnahmen aus sprudelnden SNB-Gewinnen rechnet oder die gar festschreiben will, zeigt nur zwei Dinge. Geldgier und fehlenden Sachverstand.

Verzichtet! Sofort!

Die Verlogenheit politischer Führer ist bedenklich.

Angeblich sind die Medien die Vierte Gewalt. Unerbittlich schauen sie den Herrschenden über die Schultern. Klopfen ihnen auf die Finger. Kritisieren, korrigieren, leuchten in Dunkelkammern.

Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, das welterschütternde Problem von weissen Dreadlocks-Trägern durchzukauen.

Dabei entgeht ihnen zunehmend eine Tendenz, die dramatische Auswirkungen auf die Gesellschaft haben kann. Denn Regierende haben die Macht, den von ihnen Regierten Vorschriften zu machen.

Und Forderungen aufzustellen. Eine Forderung der Stunde lautet: übt Verzicht. Der böse Russe dreht am Gashahn, sein Öl boykottieren wir sowieso, und dank des beschlossenen, aber noch nicht ganz zurückgenommenen Ausstiegs aus der Atomenergie laufen wir zusätzlich in eine Energiekrise hinein.

Dagegen kann auch die selbst von den Grünen, also den braunkohlegeschwärzten Grünen, favorisierte Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken nicht viel ändern. Was die Grünen aufführen, ist schlimm. Sie verraten locker alle Prinzipien, mit denen sie mal angetreten sind. Aber dass Politiker in der Lage sind, tapfer zu sagen: «Das habe ich schon immer gesagt» – und dann das Gegenteil davon zu sagen, das ist nichts Neues.

Eher neu und schlimmer ist hingegen, Wasser zu predigen und Wein zu saufen. So überbieten sich Exponenten der Schweizer SP darin, eine Einschränkung des Flugverkehrs zu fordern. Die beiden Vielschwätzer Wermuth und Molina sind dafür, hier knallhart Verzicht zu üben oder sogar alle innereuropäischen Flüge zu Destinationen, die mit Zug in unter 10 Stunden erreicht werden können, zu verbieten.

Dass ihr Bundesrat gerne mit dem Privatflieger den französischen Luftraum unsicher macht, nun ja, das ist seine Privatangelegenheit. Dass Wermuth und Molina mal kurz nach Berlin fliegen, um ein unscharfes Rotlichtfoto mit dem damaligen Wahlsieger Olaf Scholz zu knipsen, nun ja, das war nicht anders möglich. Dass der Genosse Andi Gross regelmässig den Vielfliegerrekord aller Parlamentarier aufgestellt hat – unabdingbar in seiner Funktion als Wahlbeobachter im Wilden Osten.

Dass der deutsche Grüne Özdemir einen peinlichen Flugmeilenskandal überlebte, nun ja, auch Politiker sind doch Menschen.

Aber inzwischen hat diese Doppelmoral eine neue Qualität erreicht. Denn von allen Politkanzeln tönt es: Verzichtet! Schränkt euch ein. Spart Energie. Spart Strom. Gas. Öl. Senkt im kommenden Winter die Raumtemperatur. Vermeidet unnötige Autofahrten. Mit frischen 18 Grad im Wohnzimmer lässt es sich auch leben, wozu gibt es warme Pullover und so.

Sparen, sparen, sparen. Ihr schon, wir nicht. So hat die deutsche «Bild» herausgefunden, dass der Reichstag, das Parlamentsgebäude, voll in Betrieb ist. Erleuchtet, klimatisiert, laufende Rolltreppen. Dabei ist Sommerpause, kein Parlamentarier in Sicht.

Mit dem Dienstwagen in den Urlaub? Aber sicher. Schliesslich will nicht nur unser Bundesrat Berset sich standesgemäss in der Staatslimousine von einem Liebesabenteuer im deutschen Freiburg nach Bern kutschieren lassen. Oder hätte er etwa fliegen sollen?

Lustig sind auch Politikerreisen zum Fototermin nach Kiew. Während der normale Deutsche immer noch dazu verpflichtet ist, in öffentlichen Verkehrsmitteln Maske zu tragen, lassen sich zwei deutsche Minister fröhlich im Schlafwagenabteil ablichten – ohne Maske.

Auch leuchtende Vorbilder fürs Gürtelengerschnallen.

Geht da noch einer drüber? Offensichtlich sehr erschüttert vom Erlebten müssen sich die beiden Minister mit Bürgermeister Klitschko und einem Gläschen Nuttendiesel erholen:

Wollt Ihr auch einen Schluck?

Die Stimmung muss bombig gewesen sein, wenn dieses Adjektiv in diesem Zusammenhang erlaubt ist. Es geht doch nichts über ein Glas Champagner auf dem Balkon mit Aussicht auf ein Kriegsgebiet.

Natürlich sind nicht alle Politiker oder Regierenden dermassen skrupellose Heuchler. Natürlich müssen nicht alle Entscheidungsträger sämtliche Einschränkungen selbst mitmachen, die sie ihren Untertanen auferlegen.

Aber das Problem ist: jeder einzelne führende Politiker, der dabei ertappt wird, wie er selbst fröhlich geniesst, was er anderen verbieten will, beschädigt die Glaubwürdigkeit von allen Herrschenden. Unterspült das Vertrauen, das nötig ist, um Sparappelle und Aufrufe zum Verzicht einsichtsvoll zu befolgen.

Wenn sich der Staatsbürger sagt: Wieso soll ich Verzicht üben, wo diejenigen, die ihn mir abfordern, sich selbst darum fouttieren? Wieso soll ich mich einschränken, wenn die schrankenlos herrschen und geniessen? Wenn er darauf keine befriedigende Antwort findet, dann wird er ranzig, störrisch und unleidlich.

Letztlich ist es ganz einfach. Ein dicker, ein fetter Regierender, der seinen hungernden Untertanen Trost spenden will, ist nicht glaubwürdig, sondern lächerlich und peinlich. Ein Regierender, der Abstinenz vom Fliegen fordert, um dann die Business Class im nächsten Flieger zu besteigen, ist nicht vertrauenswürdig, sondern gefährlich. Ein Regierender, der den Verzicht auf Klimaanlagen im Sommer predigt und eine deutliche Absenkung der Raumtemperatur im Winter, während er selbst im kühlen Luftstrom badet oder mollig warm in seiner Stube hockt, der ist nicht vorbildlich, sondern abschreckend.

Es ist eine Erfindung, aber es war ein subversiv böser Satz, der vor der französischen Revolution der damaligen Königin Marie-Antoinette in den Mund gelegt wurde. Als die gehört habe, dass es Hungerproteste in Paris gebe, weil die Getreidepreise in unerschwingliche Höhen kletterten und das Grundahrungsmittel Brot zum Luxusprodukt wurde, soll sie gesagt haben: Wenn sie sich kein Brot leisten können, sollen sie doch Kuchen essen.

Wer den Gürtel enger schnallen soll oder muss, reagiert renitent, wenn er merkt, dass diejenigen, die ihm das auferlegen, den Gürtel kaum mehr über dem fetten Bauch schliessen können.

Dass die Massenmedien nicht häufiger und aufmerksam auf solche Verlogenheiten aufmerksam machen, verschärft das Problem deutlich.

Auf ein Foto mit …

… Wolodymyr Selenskij. Aber nur echt in Olivgrün.

Der deutsche Bundeskanzler antwortete auf die Frage, wieso er denn noch nicht nach Kiew gereist sei, dass es nicht seine Art sei, für einen Fototermin schnell rein und wieder auszureisen. Dafür bezog Olaf Scholz von deutschen Kriegsgurgeln kräftig Prügel. Denn kaum ein Politiker hat es inzwischen ausgelassen, mit einem gemeinsamen Foto mit dem ukrainischen Präsidenten ein Zeichen zu setzen.

Flinten-Uschi in Schäkerlaune …

Manchmal vor Blingbling und in herrschaftlichem Ambiente, aber gerne auch im Freien vor Ruinenlandschaften, wobei die schusssichere Weste sich auch immer sehr gut macht. Oder man lässt das:

Boris schützt sich mit seiner Krawatte.

Auch Doppelbesuche sind möglich; hier gleich der US-Verteidigungs- und der Aussenminister:

US-Aussenminister Blinken lächelt rechts in die Kamera.

Natürlich darf auch die finnische Ministerpräsidentin nicht fehlen:

Endlich ein Besuch, der nur ein Mü grösser ist: Finnlands Marin.

Fotografisch anspruchsvoll: der deutsche CDU-Chef Merz.

Entlarvend: Mit NR-Präsidentin Kälin.

Aber, es ist nicht so, dass jeder dahergelaufene Politiker eine Audienz und einen Fototermin bekommt. So wurde der deutsche Bundespräsident Steinmeier kurzerhand ausgeladen, als der einen Besuch ankündigte. Und auch die grüne Aussenministerin Baerbock kam (noch) nicht zu dem begehrten Shooting. Dafür zeigte sie, was martialische Verkleidung ist:

Helm, Mundschutz, Brustpanzerung, weibliche Begleitung: Baerbock.

Denn eine solche Reise ohne gute Fotos ist ja rausgeschmissenes Geld. Gut, mit Fototermin gilt das auch, aber Politiker sind eitle Menschen und denken ab und zu an die Zeit nach dem Politikerdasein. Dann müssen die Memoiren her, und so ein Treffen unter Lebensgefahr mit dem ukrainischen Heldenpräsidenten, da lässt sich aus ein paar gewechselten Sätzen locker ein Kapitel basteln:

Als ich mich unter Lebensgefahr mit Selenskij traf. Darin kann endlich weltexklusiv der Inhalt des Gesprächs wiedergegeben werden: «Hello, Mr. President, nice to meet you.» – «Nice to meet you too. Could you stand by me and smile into this camera? Thanks a lot.» – «I would like to bring you the warm greetings of my people. We admire you and wish you …» — «Oh yes, thanks, take care, I have to fight a war here, you know? Bye-bye.»

Die Verlegerclans schiessen zurück

Das Komitee «Die Meinungsfreiheit» ist auf der Welt. Eine Sturzgeburt.

Der Name ist etwas grossmäulig: «Die-Meinungsfreiheit.ch» nennt sich das «das breit, und parteiübergreifend abgestützte Komitee».  Herr Duden ist noch nicht an Bord, aber das kann noch kommen.

Was soll uns dieser Namen eigentlich sagen? Ist die Meinungsfreiheit in der Schweiz in Gefahr? Muss sie gerettet, beschützt werden? Echt? Vor wem denn? Die lustige Antwort darauf gibt’s am Schluss.

Wenn man aus dem Tiefschlaf von null auf hundert kommen will, sieht’s dann so aus:

Fotorecherche ungenügend. Dumm gelaufen.

Macht ja nix. Wer steckt denn dahinter? Leider führt der Menüpunkt «Über uns» hierher:

«Über uns» gibts nichts zu sagen.

Macht ja auch nix, auf die Inhalte kommt es schliesslich an. Das Komitee setzt sich für ein Ja bei der kommenden Abstimmung über das im Parlament verabschiedete Mediengesetz ein. Dagegen wurde erfolgreich das Referendum ergriffen.

Nach einer schreckensbleichen Pause werden nun erste Argumente ausgerollt, wieso es gut und richtig sein soll, die Verlegerclans der Schweiz mit einer runden Milliarde Steuergeldern zu unterstützen.

Schauen wir mal. Was ist Dichtung, was Wahrheit?

Wie ist die Lage? «Der Werbemarkt wird durch die globalen Internetgiganten unter Druck gesetzt und die Erträge für die lokalen Medien sinken seit Jahren ungebremst.»

Das ist richtig, allerdings fehlt zur vollständigen Beschreibung, dass das daran liegt, dass die grossen Schweizer Verlage die Verlagerung ins Internet jahrelang schlichtweg verschnarcht hatten und bis heute keine sinnvolle Strategie entwickelten, um aus dieser Todesspirale herauszufinden.

«Die privaten Schweizer Medien haben ihr umfassendes journalistisches Angebot auf allen Kanälen ausgebaut und leisten so einen unverzichtbaren Beitrag zur medialen Grundversorgung in der Schweiz.»

Das ist falsch. Die Medienclans haben ihr Angebot auf allen Kanälen abgebaut, massenhaft Journalisten entlassen, Redaktionen zusammengelegt und verbreiten aus zwei zentralen Newsrooms die gleiche Sauce über die ganze Deutschschweiz.

«Die Schweizer Medien sind der Dorfplatz der direkten Demokratie.»

Das ist falsch. Geradezu nassforsch falsch. Das ist, wie wenn ein Detailhandelsriese ein zentrales Shoppingcenter eröffnet und darin mit Pappe und Plastik Dorfmärkte zusammenleimt.

«Während Schweizer Medien unter Druck stehen, sind Internetgiganten wie Facebook, Google oder TikTok massiv auf dem Vormarsch. Die Werbegelder, die im Schweizer Markt verloren gehen, fliessen hauptsächlich zu diesen Plattformen.»

Das ist richtig. Aber warum ist das so? Warum fliessen 90 Prozent der Erlöse aus dem Online-Marketing zu diesen Giganten? Weil die Schweizer Medienmanager mehr als zwanzig Jahre lang mit offenem Mund zugeschaut haben und «das ist irgendwie nicht gut» murmelten. Aber solange üppige Gehälter, Dividenden und Gewinne sprudelten, war das kein Anlass zu tiefer Besorgnis.

Die Internetgiganten (oben), die Schweizer Medienhäuser (unten).

Es gibt allerdings einen Punkt, den das Komitee wohlweisslich weiträumig umfährt. Totschweigt. Gar nicht erst ignoriert. Die Schweizer Anbieter, die eigene Handelsplattformen im Internet unterhalten, haben gerade Elefantenhochzeit gefeiert. Also eher eine Mäuseheirat zwischen Tamedia, Ringier und Mobiliar, die wiederum an Ringier beteiligt ist. Sie legen ihre Handelsplattformen zusammen. Endlich. Damit sausten die Unternehmenswerte nach oben.

Nur leere Worte von Vierter Gewalt und so

Warum wird das nicht erwähnt? Weil die Verlegerclans die Herstellung von News, die vollmundigen Selbstbeweihräucherungen als Vierte Gewalt, als Wächter und Kontrolleure nur noch aus Imagegründen blubbern. In Wirklichkeit verdienen sie die Kohle schon längst mit Marktplätzen, Wertschöpfungsketten und Beigemüse.

«Demokratie braucht starke Medien», so lautet der Slogan des Komitees. Super Satz.

Bloss: das sagen die gleichen Verlegerclans, die den Journalismus in der Schweiz zum Skelett runtergespart haben, auf Rumpfredaktionen runtergehobelt? Das sagen die im Geld schwimmenden Verlegerclans (die Besitzerfamilien sind Milliardäre oder zumindest Multimillionäre)? Das sagen die ohne rot zu werden, nachdem seit Jahren nach der Sparrunde vor der Sparrunde ist?

Das sagen sie ohne mit der Wimper zu zucken, während sie gleichzeitig jede «Quersubvention» durch im Print gegründete und aufgebaute Plattformen, die ins Internet abgezwitschert sind, an ihre Printmütter unterbinden?

Jeder für sich und der Clan gegen alle, das ist ihr Prinzip. Kaum verhüllt hinter solch wohltönenden Wortblasen.

Am besten Neustart, sonst wird das nix

Da müssen Kommunikationsspezialisten, Mietmäuler (sogenannte Testimonials) und Helfershelfer den Finger aus einem nicht dafür vorgesehenen Körperteil nehmen. Denn so wird das nix.

Dass schon über 70 Politiker das Komitee unterstützen, ist schliesslich auch keine Auszeichnung. Logisch machen die das, die brauchen die Medien im Kampf um die Lufthoheit über die veröffentlichte Meinung. Politiker sind graue Mäuse, sind kaum bemerkbar, wenn sie nicht immer wieder Auftritte in den Medien haben.

Denn nur dann nimmt man Kenntnis davon, dass gefordert, verurteilt, beantragt, kritisiert wird.

Also, liebes Komitee: das geht noch besser. Viel Geld ist nicht alles. Viel Brain ist wichtiger. Denn:

die grösste Gefahr für die Meinungsfreiheit, für den Meinungspluralismus sind doch die grossen Verlegerclans,

die von Basel bis Zürich, von Aarau bis St. Gallen mit Kopfblättern die gleiche Sauce über alles schütten.

In der Bundeshauptstadt Bern gab es immerhin noch zwei Tageszeitungen. Niemals werde da an eine Zusammenlegung gedacht, tönte Tamedia. Bis zur Zusammenlegung.

Noch ein paar kostenlose Ratschläge: Impressum? Verantwortlicher? Datenschutzhinweise? Anfängerfehler. Amateure, Dilettanten am Gerät.

Liebes Komitee, liebe Verlegerclans: der Medienkonsument ist vielleicht nicht der Hellste. Aber so blöd ist er auch nicht, dass man ihm ein X für ein U vormachen kann. Also tief durchatmen, dieses jämmerliche Komitee spülen, nochmal ansetzen. Es soll doch ein echter Kampf werden, kein K.o. schon in der ersten Runde.