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Alternative Wahrheiten?

Wie vielfältig ist die «Weltwoche»? Ein Beispiel.

Von Felix Abt

Roger Köppel nimmt für seine «Weltwoche» in Anspruch, anders zu sein als die weitgehend gleichgeschalteten Medien und lobt sein Magazin für seine Vielfalt und dafür, dass es auch Nachrichten und Meinungen von anderen, die seine Ansichten nicht teilen, veröffentlicht. Dass er das zumindest versucht, kann man ihm sicher nicht absprechen.

Aber warum kopiert die Weltwoche zum Beispiel Verdächtigungen und Gerüchte über das chinesische Labor in Wuhan aus der englischen Boulevardzeitung «Daily Mail», ohne jemals einen Blick auf das vom amerikanischen Militär betriebene Labor Fort Detrick zu werfen? Dabei könnten seine Journalisten sogar von einer seriöseren englischen Zeitung abschreiben. Das würde Wuhan natürlich nicht von jeglichem Verdacht befreien.

Aber während die USA von China «Transparenz» fordern, bleiben die Geheimnisse des verdächtigen Fort Detrick und der Berichten zufolge mehr als 200 US-Biolabore in aller Welt verborgen. Möglicherweise ist dort beispielsweise auch die von Zecken übertragene Lyme-Borreliose-Krankheit entstanden. Vielleicht wäre das eine Chance für guten investigativen Journalismus, wenn die «Weltwoche» ernsthaft daran interessiert wäre.

Vor fast hundert Jahren wählte das «US-Militär Detrick als Standort für die Entwicklung seiner supergeheimen bakteriellen Kriegsführungspläne», und es wurde auch «das Nervenzentrum des verdeckten Chemie- und Gedankenkontrollimperiums der CIA», erklärte das ziemlich regierungstreue, und deshalb unverdächtige amerikanische Magazin «POLITICO» in einem Artikel vom 15. September 2019.

Unzählige Menschen sind bei ihren Experimenten als Versuchskaninchen gestorben, meist ohne es zu wissen. Auch Waffen zur Ermordung von Staatsoberhäuptern wurden dort entwickelt, ebenso wie Techniken und Medikamente zur Gehirnwäsche und Gedankenkontrolle.

Nur wenige Tage vor der vorübergehenden Schliessung von Fort Detrick wurde am 30. Juni 2019 eine «seltsame Atemwegserkrankung» in einer Gemeinde gemeldet, die nur eine Autostunde von Fort Detrick entfernt ist. 3 Patienten starben 15 Tage später. Kurz darauf trat eine weitere tödliche Atemwegserkrankung mit mehr als 2.800 Fällen und 68 Todesfällen auf.

Es ist wohl kein Zufall, dass wir viel über Wuhan hören, aber wenig bis nichts über das geheimnisvolle Fort Detrick und die vermuteten, mehr als 200 biologischen Labore der USA in der ganzen Welt! Und was genau hinter den Vorfällen steckt in der Nähe von Fort Detrick, die sich nur wenige Monate vor dem Auftreten von Covid in Wuhan ereigneten, wird wohl für immer ein gut gehütetes Geheimnis bleiben.

«Obwohl sich das USAMRIID (United States Army Medical Research Institute of Infectious Diseases) um die Einhaltung hoher Biosicherheitsstandards bemüht hat, lassen jüngste Beispiele von im Labor erworbenen Infektionen (Rotz und Tularämie) und Sicherheitsverstössen (Bacillus anthracis-Sporen) auf menschliches Versagen oder vorsätzlichen Missbrauch schliessen.»*

*Quelle: National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine. 2010. Evaluation of the Health and Safety Risks of the New USAMRIID High-Containment Facilities at Fort Detrick, Maryland. Washington, DC: The National Academies Press. 

«Bild»! Chef! Weg!

Nabelschau aller Orten. Ein Boulevardblatt feuert den Chef. Wahnsinn.

«watson» findet mal wieder die falschen Worte im Titel: «Medien-Tornado in Deutschland». Echt jetzt? Erscheinen die Tageszeitungen wegen Papiermangels nur noch als Faltblatt? Wurde das ß abgeschafft? Hat ein Chefredaktor vergessen, wo er seinen Porsche geparkt hat? Hat Tamedia vergessen, daraus parkiert zu machen?

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Nein, der «Tornado» besteht darin, dass der Chefredaktor der «Bild»-Zeitung gefeuert wurde. Per sofort, denn anders geht das bei einem Chef nicht. Oder um es mit dem «Blick» ganz seriös zu formulieren: «Axel Springer entbindet «Bild»-Chefredaktor Reichelt von seinen Aufgaben». Ist halt schon blöd, wenn man mit Springer als Juniorpartner verbandelt ist.

Eigentlich ist die Story vom Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» schon längst auf den Punkt gebracht worden, wie es ein guter Boulevard-Journalist nicht besser könnte:

«Vögeln, fördern, feuern».

Das scheint eines der Führungsprinzipien von Julian Reichelt gewesen zu sein.

Inzwischen hat der Boulevard-«Spiegel» ganze acht Redaktoren an die Story gesetzt: «Warum Julian Reichelt gehen musste». Die zähe deutsche Regierungsbildung, Corona, Wirtschaft, nichts ist so wichtig wie diese Personalie. Auch in der Schweiz. Das Medienarchiv verzeichnet rund 100 Treffer für Reichelt, alle Schweizer Printmedien haben über den Rausschmiss berichtet.

Eigentlich eine banale Personalie

Dabei ist die Story so banal wie schnell erzählt. Ein erfolgreicher Chefredaktor kann seinen Hosenschlitz bei der Arbeit nicht geschlossen halten, reaktiviert die Casting-Couch und ermöglicht Karrieren per Beischlaf. Eine erste Untersuchung überlebt er noch leicht ramponiert, machte aber offenbar fröhlich weiter.

Bis dem Springer-Boss der Kragen platzt und Mathias Döpfner vornehm zum Zweihänder greift und köpft: «Privates und Berufliches nicht klar getrennt, dem Vorstand die Unwahrheit gesagt, Weg gerne gemeinsam fortgesetzt, das ist nun nicht mehr möglich.»

Um die Absetzung herum entwickelten sich tatsächlich lustige Nebengeräusche. Zunächst ist Reichelt Opfer einer globalisierten Welt. Denn Springer hat sich das Politportal «Politico» in den USA gekrallt. Eigentlich ein kleiner Laden, aber bedeutend als Nahbeobachter der Politik in Washington. Anlass für die NYT, sich den Käufer mal genauer anzuschauen.

So kam Reichelt in die NYT

Auch die grosse «New York Times» kann Boulevard: «At Axel Springer, Politico’s New Owner, Allegations of Sex, Lies and a Secret Payment». Darunter ein Foto von Reichelt, der sich sicherlich nicht gewünscht hätte, einmal so dort aufzutauchen.

Die Recherchen der NYT ergaben offenbar, dass einiges stinkt im Reiche Döpfner, und dass vor allem Reichelt im Zeitalter von «#metoo» schon längst untragbar war. Allerdings durch seinen Erfolg geschützt blieb, denn die «Bild»-Zeitung hat unter seiner Leitung die allgemeine Auflagenerosion zum Stillstand gebracht und durch knalligen Boulevard ihre Rolle als Meinungsbildner aufgefrischt. Denn wie sagte schon Altkanzler Gerhard Schröder so richtig: Man könne in Deutschland nicht gegen die «Bild» regieren.

So geht relevanter Boulevard.

 

Die Frage bleibt allerdings offen, wieso es genau in Zeiten von «#metoo» genügend willige Weiber gab, die sich tatsächlich den Weg nach oben erschliefen. Aber bald werden wir sicherlich erste Opferschilderungen vernehmen müssen, die wir den Lesern von ZACKBUM aber nach Möglichkeit ersparen.

Eine zweite knackige Nebenstory ergab sich aus der Tatsache, dass parallel zur NYT auch ein Investigativteam der Mediengruppe Ippen dem Unhold Reichelt nachrecherchierte. Aber das Verlagshaus heisst so, weil es dem Senior Dirk Ippen gehört («Frankfurter Rundschau», «Münchner Merkur» und das Boulevardblatt «TZ»).

Der hatte sich gerade, schon wieder Globalisierung, ein Team von der deutschen Ausgabe von BuzzFeed eingekauft. Die wollten als Einstiegskracher ebenfalls die schmutzige Unterwäsche von Reichelt an die Leine hängen. Aber da griff Ippen persönlich ein und stoppte die Publikation zwei Tage vor dem vorgesehenen Zeitpunkt.

Begründung:

«Als Mediengruppe, die im direkten Wettbewerb mit ›Bild‹ steht, müssen wir sehr genau darauf achten, dass nicht der Eindruck entsteht, wir wollten einem Wettbewerber wirtschaftlich schaden.»

Das ist nun putzig und rührend, aber sicherlich nicht die Wahrheit.

Mir san mir und ich bin der Chef: Dirk Ippen.

Wir fassen das laue Lüftchen zusammen, das in den Schweizer Nabelschaumedien Themen wie drohende Energiekrise oder Corona locker wegblies. Ein Boulevardchef knüpft an die schlechten, alten Zeiten an. Sein Verlag stützt ihn als Erfolgsbringer. Der Ankauf eines US-Blogs erregt die Aufmerksamkeit der NYT, was in Deutschland untersagt wurde, wird in den USA publiziert. Weg isser.

Wäre doch eine Knaller-Story hier gewesen …

Sonst noch was? Ach ja, Christian Dorer könnte das garantiert nicht passieren. Ausgeschlossen. Für diesen Schwiegergmuttertraum legen wir die Hand ins Feuer. Vorstellbar wäre ein abruptes Ende höchstens, wenn der Hobbybusfahrer auf dem Fussgängerstreifen einen Rentner mit Rollator totfahren täte.

Under new management, wie der Ami sagt.