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Was tun,

… wenn nicht wirklich etwas los ist?

Verschiedene Medien haben für dieses Problem verschiedene Antworten gefunden. Die NZZ versucht es mit einer Art historisierendem Sauglattismus und stellt diese Hammerstory online oben rein:

Es bleibt anzumerken: kein NZZ-Mitarbeiter würde sich trauen, dem Chefredaktor mit einem launigen «hoi Eric» zu begegnen …

Der «Blick» profitiert hingegen davon, dass der Fotograf mehr als einmal auf den Auslöser gedrückt hat:

Gut, die Sujets unterscheiden sich nicht grundlegend, dafür der Text auch nicht. Aber wenn man schon im Wiederholungsmodus ist, dann richtig:

Man hofft natürlich für die Online-Redaktion, dass es im «Löwen» dann Schnitzel gratis bis ans Lebensende gibt.

Eine wahre Pest sind auch übergrosse Symbole-Fotos zu einer Kurzmeldung:

Damit will «20 Minuten» offenbar die Lesezeit auf 2 Sekunden verkürzen. Einen leicht schweisselnden Geruch nach Verzweiflung strahlt auch diese Meldung aus:

Aber das Thema ist ausbaufähig. Denken wir auch an Kanarienvögel, Hamster, Meerschweinchen, Papageien und andere treue Begleiter des Menschen. Ein rasch entschlossener Blattmacher würde hier sofort die Chance für eine Serie wittern.

Hier hingegen wäre die Story eigentlich nicht schlecht. Aber am Bildschnitt könnte man noch etwas üben:

Man weiss nicht, ob man das als Ausgrenzung, kulturelle Aneignung oder platten Rassismus interpretieren soll, dass es in Basel auch ein Inderspital gibt.

Zugegeben, der «Blick» hat da fahrlässig und unverständlich das Terrain freigegeben, aber ist es nicht so, dass solche Themen ganz allgemein leicht unappetitlich sind?

Dann vielleicht doch mehr «Bello, wir suchen dich»-Storys.

Wir hatten es schon davon, aber der Tagi will dieses Gefäss offenbar wirklich zur ständigen Einrichtung machen:

Vielleicht liesse sich hier ein Wettbewerb rausmelken: wer benennt die drei Unterschiede zum sonstigen Inhalt? (Richtige Antwort: Fangfrage, es gibt keinen.)

Auch der Tagi gibt dem Trend zum Sammelgefäss nach:

Und nach:

Und nach:

Nach der Devise: die News ist eigentlich durch, aber schön, haben wir noch drüber geredet.

Eine Frage lässt Tamedia allerdings offen. Wie verzweifelt muss eine Redaktion sein, wenn sie das hier publiziert?

Keine Angst, wir werden nicht inhaltlich darauf eingehen …

Eigentlich ist ein Bericht über ein lokales Thema einer der letzten Lichtblicke im Menu Einheitssosse des Kopfblatt-Journalismus. Aber so sollte man es vielleicht auch nicht machen:

Immer noch besser als als Leser sagen zu müssen: «Immer, wenn ich CH Media benutze, schlafen mir die Füsse ein

Wir wollen hier aber für ein Mal zu einem versöhnlichen Schluss kommen:

Besonderen Spass macht das Nichtstun, wenn man sich dafür noch, wie viele Medien, bezahlen lässt …

 

 

Bilder-Wahnsinn

Manchmal sagen Story-Anrisse mehr als tausend Worte …

Zeit für eine Fotoromanza mit ausgewählten Nonsens-Storys:

Schwer zu toppen, aber «Blick» gibt alles:

Kann man sich nicht schöntrinken. Das hier wollten wir schon immer wissen:

Das hingegen eher nicht:

ZACKBUM will sich nicht nachsagen lassen, sich nur über das einzige Organ mit Regenrinne im Logo lustig zu machen:

Wenn ein «Historiker» als «unterhaltsamster Podcaster des Königreichs» angepriesen werden muss, dann sollte der Leser wissen, dass der mit Plagiatsvorwürfen geplagte Dominic Sandbrook ein eher kleines Licht auf der grossen Torte britischer Historiker ist.

Aber immerhin Gelegenheit für den «Tages-Anzeiger», fast halbseitig mal wieder ein prachtvolles Foto zu zeigen, nach der Devise: kann man nicht oft genug sehen.

Das hier ist insofern interessant, weil es einerseits etwas Offenkundiges festhält. Andererseits verschweigt, dass Tamedia dank der Übernahme von Texten eines verpeilten Berlin-Korrespondenten der «Süddeutschen» auch «herumgedruckst» hat, was nun Dominique Eigenmann deutschen Medien vorwirft …

Und als Absackerchen noch, wie man mit einem aussagelosen Riesenfoto die inhaltliche Leere auf der Front überdecken will:

In dieser Sportart ist aber auch CH Media nicht schlecht, wie dieses Foto auf der Front des St. Galler «Tagblatts» beweist:

Gleich auf Seite zwei zeigt CH Media, wie ein Titel doppelbödiger nicht sein kann, wenn man die aufgeblasene Illustration anschaut:

Schliesslich noch der Blick nach oben, zum Organ für die gebildeten und mehrbesseren Stände. Herrscht hier wenigstens Ordnung und Sitte, werden Fotos nicht als Füller verwendet? Nun ja:

Immerhin lässt die NZZ den Deckel drauf.

Allerdings ist auch sie nicht davor gefeit, viel Platz auf Sandkastenspiele zu verschwenden. Aus diesen beiden Grafiken hätte man locker eine machen können, und selbst da wäre noch viel Luft gewesen:

Gehen wir diesem Phänomen – Foto ist gross, aber aussagelos – auch bei der NZZ weiter nach:

Welche Aussagekraft hat wohl der Uniturm im Abendlicht? Oder ein anonymer Solarzellenträger?

Als Absackerchen auch hier die Steigerung von «sinnloses Symbobild»:

Wenn noch ein Schuss Sauglattismus dazukommt, wird’s aschgrau:

 

Die Pandemie: Listicles und Rankings

Zwei hässliche Gesichter des Elendsjournalismus von heute.

In Restaurants, so sie noch existieren, ist es guter Brauch, aus den Resten von gestern die Tagessuppe von heute zu brauen. Kann gut sein, muss aber nicht. Ist auf jeden Fall besser, als es in die Tonne zu schmeissen.

Im Journalismus sind die Ergebnisse leider nicht wohlschmeckend, nicht mal geniessbar. Die allerunterste Form ist das sogenannte Listicle. Das kommt, wie so vieles, aus dem angelsächsischen Raum und ist ein Zusammenzug von Liste und Artikel. Wobei Artikel schon der euphemistische Teil ist.

Es sind einfach Listen über dies und das und alles. Weltmeister aller Klassen ist in der Schweiz «watson». Wenn es keine Nachrichtenagenturen und keine Listen gäbe, würde das Online-Magazin viel Geld unsichtbar verbrennen. So aber tut es das, indem es den Leser quält.

Tiefer geht’s nimmer

Eine beliebige Auswahl eines beliebigen Tages: «Bundesrat stellt eine Milliarde für Härtefälle bereit – diese 7 Dingen musst du wissen». Dabei reicht es zu wissen, dass «watson» zwar ein Härtefall ist, aber dennoch nix bekommt.

Noch einfacher geht eine Liste von Fotos: «22 herzergreifende Bilder zum Thema Freundschaft». Oder einfach: «26 Bilder, die einfach beunruhigend sind.» Aber es gibt auch echte Lebenshilfe: «17 Bilder, die zeigen, dass das Leben als Hausmann ganz easy ist». Ein letztes Beispiel, denn tiefer geht’s nimmer. Hier kommt auch noch versuchter Mord am Humor dazu:

Humor ist, wenn es weh tut?

 

Eine gehobene Form des Listicles ist das Ranking. Auch dazu braucht man eigentlich nur zwei Dinge: einen Superlativ und eine Zahl. Und schwups, schon hat man «die 10 besten», «die 5 grössten», «die 20 wichtigsten», «die drei billigsten» gebastelt.

Auch bei Rankings gibt es Qualitätsunterschiede

Auch hier gibt es natürlich Qualitätsunterschiede. Man kann diese Reihenfolge einfach nach Gutdünken – oder nach Bedeutung der Werbekunden in diesem Bereich – aufstellen. Oder man macht einfach das, was auch Reiseplattformen machen (als es noch Reisen gab). Man mixt aus anderen Rankings ein neues zusammen. Oder man überlässt es dem lieben Leser oder User.

Der Weltmeister in der Schweiz ist die «Bilanz». Ihr Flaggschiff-Ranking ist natürlich die jährliche Liste «Die 300 Reichsten der Schweiz». Dafür werden alle erhältlichen Angaben ausgewertet; berücksichtigt, dass sich manche sehr betupft fühlen, sollten sie Plätze verlieren. Andere grossen Wert darauf legen, hier gar nicht vorzukommen, von wegen Einladung an dunkles Gelichter.

Aber das Jahr ist länger als nur ein Monat. Also müssen weitere Rankings her. Aktuell gerade Die «Top Steuerexperten und Treuhänder 2021». Da wurde natürlich nicht mit dem feuchten Finger in der Luft gefuchtelt. Sondern mit der Statistik-Plattform statista und «le Temps» zusammengearbeitet. Das ermöglicht es auch, zunächst hochwissenschaftlich «die Methodik» zu erläutern.

Was ist besser als ein Ranking?

Die besteht natürlich auch darin, der Devise zu folgen: Was ist besser als ein Ranking? Genau, viele Rankings. Einfach das Bewerberfeld an verschiedenen Kriterien messen, und schon kommt’s noch wissenschaftlicher – und vor allem länger – daher.

Die Resultate sind allerdings eher überraschungsfrei. So über alles, also bei den «Universal-Anbietern», belegen die «Big 4» die ersten Plätze. In den Reigen von PWC, EY, KPMG und Deloitte hat sich lediglich BDO geschoben, die in der Schweiz besonders viel Gas gibt.

Ranking ist risky, alles ziemlich volatil

Wie allerdings die jüngere Vergangenheit zeigt, Stichwort Wirecard-Skandal, kann es leicht passieren, dass eine der grossen Prüfgesellschaften recht schnell von «grosse Kunst, grosse Kompetenz, muss man haben» zur Lachnummer absteigt. Die bei ihrer tiefschürfenden (und sackteuren) Überprüfung nicht einmal merkt, dass in bescheidenen Häuschen oder leerstehenden Werkstätten wohl kaum Multimillionenumsätze mit elektronischen Zahlungsverkehr stattfinden.

Hat also alles so seine Vorteile – füllt den Platz – und Nachteile – was oben ist, kann runterkommen. Demgegenüber haben banale Listicles einen unschlagbaren Vorteil. Wie die zustande kommen, interessiert niemanden. Ebenso wenig die Reihenfolge. Und für alle gilt: gesehen, gelesen, vergessen.