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Alle Wetter

Überall hätte das «Meteo»-Desaster Konsequenzen. Nur hier nicht.

Die Analyse der Publikumsreaktion auf das Kartendesaster von Thomas Bucheli ist ungefähr so zutreffend wie seine Temperaturprognosen. Es gebe wie immer Zustimmung und Kritik, behauptet der Wetterfrosch forsch.

Der Mediensprecher von SRF präzisiert etwas: es habe bislang über 1000 Reaktionen gegeben, davon sei die Hälfte negativ gewesen. Selbst wenn wir ihm das mit der Hälfte glauben: eine Katastrophe. In den Sand gesetzt. Versemmelt. Scheisse gebaut. Ins Klo gefasst.

Jede Neuheit findet ihre Kritiker, das ist wahr. Der Mensch hat’s gern kommod und liebt das Gewohnte. Neuem steht er prinzipiell skeptisch gegenüber; vorher war’s eigentlich immer gefühlt besser. Aber eine Neuerung, die die Hälfte schlecht findet, das muss man mal hinkriegen. Das ist so, wie wenn Coop oder Migros den Yoghurtbecher ohne Not neu designen lassen. Öffnung neu unten oder so.

Am Anfang steht die Frage, wieso man eigentlich an Wetterkarten rumfummeln muss, die seit 18 Jahren funktionieren, übersichtlich sind und zu keinerlei Beanstandungen Anlass geben. Denn glücklicherweise ändert sich weder an der Form der Schweiz noch an den Wetterzuständen irgend etwas. Die Grenzen sind in Stein gemeisselt, es regnet, die Sonne scheint, es schneit, es hat Nebel, es hagelt, es stürmt. Das sind so ungefähr die Zustände, die hier abgebildet (und erklärt werden) sollten.

Als bisher einzige Erklärung wurde geliefert, dass die Auflösung der Karten modernen Ansprüchen nicht mehr genüge. Offenbar weiss keiner der Designcracks am Leutschenbach, dass man das mit einem einzigen Handgriff problemlos ändern könnte. Erklärt der 10-jährige Sohn dem Chefdesigner so, dass der’s auch kapiert.

Nun käme eigentlich auch niemand auf die Idee, eine Ampel oder den Zebrastreifen «neu» zu designen. Ausser natürlich, eine Stelle, die Steuergelder (oder Zwangsgebühren) verbraten kann, hat mal so eine Idee. Die lautet: eigentlich ist’s so überflüssig wie ein zweiter Kropf, aber he, nachdem das SRF-Design bereits das Studio der «Tagesschau» verhunzt hat, wieso nicht auch «Meteo» verschlimmbessern?

Die «Tagesschau», die vorher auch tiptop war, hat nun den Charme eines Warenlagers, wo der Magaziner am Steuerpult steht. Offenbar war die Vorgabe: wie kriegen wir etwas Ähnliches auch bei «Meteo» hin?

Unbeantwortet bleibt die auch nicht gross gestellte Frage, was dieser Flachsinn eigentlich gekostet hat. Denn weder die Mitarbeiter von SRF, noch die hinzugezogene Agentur «Plasmadesign» arbeiten ja für Gotteslohn.

Allerdings sollte hier der Gebührenzahler Schmerzensgeld verlangen dürfen, und die Agentur Schadenersatz wegen Rufschädigung. Denn dieser Flop wird sie von nun an begleiten: seid Ihr nicht die, die weisse Wolken vor weissem Hintergrund gebastelt haben, und Ortsangaben wie abgerundete Buttons reingemecht?

Es gibt aber noch zwei weitere entscheidende Fragen, die wohl nie eine Antwort finden werden.

  1. Wie kann es sein, dass eine sicherlich nicht kleine Zahl von erwachsenen, zurechnungsfähigen Menschen diese Kartenkatastrophe angeschaut, beäugt, visioniert, überprüft und für gut befunden haben? War das eine Idee der Agentur mit dem merkwürdigen Namen, oder hat die noch versucht, das Schlimmste zu verhindern?
  2. Wieso hat dieser unnötige Riesenflop keinerlei Konsequenzen? In der Privatwirtschaft wäre so etwas nicht möglich, ohne dass Köpfe rollen würden. Aber in der geschützten Werkstatt Leutschenbach kann man sich offensichtlich kleine (Wetterkarte) und grosse (Newsstudio) Flops leisten, ohne dass irgend etwas passiert.

Auch in der Privatwirtschaft, wie die Banken ständig vorführen, ist das mit Verantwortungübernehmen so eine Sache. Macht niemand gerne, höchstens vielleicht ein gemurmeltes «Entschuldigung», und dann Abgang mit den unverdienten Millionen. Aber immerhin, manchmal kracht es, manchmal haben Fehlleistungen Konsequenzen für die Schuldigen. Aber in Beamtenkreisen (und das SRF ist im innersten Wesen eine bürokratische Anstalt) ist eines absolut ausgeschlossen: dass jemand Verantwortung übernimmt. Dass der Verursacher eines Debakels Konsequenzen verspürt. Bürokratie in jeder Form ist normalerweise die organisierte Verantwortungslosigkeit. Und Wurstigkeit.

Oder aber, kühne Theorie, es gibt TV-Mitarbeiter ganz subversiver Art, die den Befürwortern der Halbierungsinitiative Argumente und Munition frei Haus liefern wollen, weil sie die unsäglichen Zustände (jede Menge Sesselfurzer, die eigentlichen Medienschaffenden sind eine radikale Minderheit) nicht mehr ertragen.

Aber leider ist das eine unrealistische Hypothese. Wer so vif und clever ist, hat SRF längst verlassen und sein Heil in der Privatwirtschaft gesucht.

Selbst gebastelt

Der nächste Flop des Wetterfrosches.

Weisse Wolken auf weisser Landkarte? Dazu weiss unterlegte Ortsbezeichnungen? Würde das ein Grafikstift in der Anfängerstunde basteln, bekäme er eins hinter die Löffel (also früher, heute wäre das natürlich übergriffig und skandalös) und den guten Ratschlag, sich einen anderen Beruf zu suchen.

Aber doch nicht bei SRF. Die liess ohne Not – was soll am aktuellen Auftritt von «Meteo» verbesserungswürdig sein – ein neues Erscheinungsbild basteln. Intern, allerdings, man hat’s ja beim Zwangsgebührensender, zusätzlich beraten von einer Bude, die ihren Namen vielleicht nicht mehr unbedingt in diesem Zusammenhang lesen möchte: Plasmadesign, grossmäulige Eigenwerbung: «Wir schaffen innovative Marken, entwickeln einzigartige Designkonzepte und liefern massgeschneiderte Produkte. Unser Design macht den Unterschied.»

Hier macht’s den Unterschied zwischen friedlichen und tobenden TV-Zuschauern. Auf allen möglichen Kanälen ergiesst sich beissender Spott, ätzende Kritik und bösartiger Humor über Wetterfrosch Thomas Bucheli und seine Mannen (und Frauen und everybody beyond): «Hübsch hässlich!!! Folgt dem allgemeinen Trend: angeblich modern aber total unbrauchbar.» – «Absolutes No-go dieses neue Design.» Und so weiter.

persoenlich.com zeigt die verunglückte Karte mitsamt dem Oberverantwortlichen Bucheli. Der war vor nicht allzu langer Zeit schon im Sperrfeuer, weil «Meteo» konsequent viel zu hohe Temperaturen angab. Daraus entwickelte sich, nicht zuletzt dank seiner unterirdischen Krisenkommunikation, ein hübscher Skandal, bis er sich am Schluss vor laufender Kamera entschuldigte.

Auch diesmal macht Bucheli das, was man als quasi beamteter Sesselfurzer halt so macht. Man beschönigt und redet klein, mit der Uralt-Formel: vielen gefalle das neue Erscheinungsbild, aber es gebe halt auch – wie bei allem Neuen – Kritik.

Dann wird’s aber richtig lustig, wenn er zu erklären versucht, wieso überhaupt die bewährten grünen durch unbrauchbare weisse Karten ersetzt wurden. Die grünen seien bei der Auflösung limitiert gewesen. Alle Wetter, dass sich das mit wenigen Handgriffen und ohne die geringste Veränderung in der Farbgebung hätte ändern lassen, das scheint Bucheli nicht zu wissen. Ebensowenig alle anderen Beteiligten am «Entwicklungsprozess», der von «Nutzergruppen» begleitet worden sei.

Und Zeichen und Wunder: trotz der Limitierung auf Grün geht’s dann doch wieder:

Grün ist wieder grün, Weiss bleibt weiss.

Damit niemand meint, es wäre nicht unglaublich gearbeitet worden – so sah’s vorher aus:

Kann man nur verschlimmbessern. Was genau passiert ist. Bleibt die Frage: und was hat der Spass (internes Designteam, unzählige Sitzungen, Beizug von «Nutzergruppen», Abgleich, Entscheidungsbäume, erste Skizzen, Ausarbeitungen, immer begleitet von Plasmadesign) wohl gekostet?

So könnte sich die konstituierende Sitzung in etwa abgespielt haben (Achtung, Satire):

Sitzungssaal im Leutschenbach. Kaffee, Mineral, O-Saft, Schöggeli, Knabberzeugs auf dem Konferenztisch.

Thomas Bucheli (räuspert sich): Ich begrüsse alle zum Start der Task Force Redesign Wetterkarte. Natürlich alle meine Mitarbeiter (zehn Stimmen murmeln Beifälliges), das Design-Team von SRF (zehn Stimmen murmeln Beifälliges) und unsere Gäste von Plasmadesign (vier Stimmen murmeln Beifälliges).

Wir haben Grosses vor, denn wie alle wissen, ist «Meteo» die beliebteste Sendung von SRF (zustimmendes Gemurmel, leises Schulterklopfen). Das wollen wir auch bleiben (einzelne Bravo-Rufe, lautes Schulterklopfen). Nun ist es Zeit für ein Redesign der Wetterkarten. Ja, Volontär Heiri hat eine Frage?

Volontär Heiri: Also ich bin ja erst seit letzter Woche dabei, aber ich frage mich dann schon: wieso eigentlich ein Redesigin? Die Karten sind doch tiptop.

Eisiges Schweigen. Bucheli starrt konsterniert auf seine Fingernägel.

Da ergreift der AD von Plasmadesign das Wort. Natürlich ganz in Schwarz gekleidet, Dreitagebart, Designerbrille mit dickem schwarzen Rand: Als Anfänger darf man natürlich alles fragen. Aber solche Sachen sollte man dann schon den Erwachsenen überlassen. Wir müssen hier nachschärfen, die Scheinwerfer neu einstellen. die ganze Anmutung modernisieren, neu konzeptualisieren, kontextualisieren, das Moodboard auffrischen, näher bei den Usern sein, sie dort abholen, wo sie sind, schneller, besser, dazu Multichannel, Social Media, um nur einige Stichworte zu nennen.

Bucheli, leicht erschöpft: Ich danke für diese Einführung, dann weiterhin frohes Schaffen. Und nicht vergessen, bei allen Rechnungen die Kostenstellennummer angeben.