Schlagwortarchiv für: Philipp Hildebrand

Linke Genossenschaft = Pleite

Nun ist auch noch das Zürcher Café Boy am Ende.

Für Nicht-Zürcher mal kurz erklärt. Es gab lange Jahre die linke Institution «Cooperativo». Das Restaurant, wohin man nicht unbedingt wegen des Essens ging, verkörperte die beste Tradition einer linken Kooperative. Die Wände waren mit Werken von Mario Comensoli geschmückt, es gehörte zum guten Ton der Linken, der linken Schickeria, der Tagi-Belegschaft und vielen anderen, hier regelmässig zu verkehren. Dann ging das Restaurant Pleite.

Das «Kulturzentrum» Kosmos war eine Installation, in der mit grosser Kelle angerichtet wurde. Dass die überdimensionierten Kinosäle dank idiotischer Programmierung leer blieben, dass die meisten Angebote nur Zuspruch in der Gesinnungsblase fanden, dass Einnahmen in einem dramatischen Missverhältnis zu den Ausgaben standen – na und, wollen wir uns solchen bürgerlichen Normen unterwerfen?

Als die Kacke richtig am Dampfen war, verkauften die cleveren Erblinken und Teilhaber ihre Shares noch schnell an einen blauäugigen Gutmenschen. Der liess Kassensturz machen – worauf der von ihm eingesetzte neue Verwaltungsrat blitzschnell zum Konkursrichter eilte, aus Schiss vor Konkursverschleppung. Die Initianten jammerten über sich selbst und die Ungerechtigkeit der Welt. Das Schicksal der über 70 Angestellten, die von einem Tag auf den anderen wegen ihres Versagens auf der Strasse standen, war ihnen scheissegal.

Diese Katastrophe wurde von üblen Beschimpfungen einer schreibenden Schmachtlocke begleitet, dass dieser Bankrott doch wohl übereilt und vermeidbar gewesen sei. Dass Daniel Binswanger selbst einem Organ vorsteht, dass nur dank ständigen Bettelaktionen und der Drohung mit Selbstmord bis heute vor sich hinsiecht, was soll’s. Auch die «Republik» muss doch nicht spiessbürgerlichen Vorstellungen von Wirtschaftlichkeit gehorchen.

Dann hätten wir die Rote Fabrik, wie der Name schon sagt Spielplatz für alles Linke, Woke, Bewegte, Antikapitalistische. Allerdings nimmt das Haus gerne ein paar Millionen Subventionen mit. Nur: nicht mal so reicht das Geld. Nach einem Putsch im Führungsgremium wurde die Kulturinstallation gegen die Wand gefahren. Dank Steuersubventionen nicht Pleite, aber es mussten ziemlich ruppig Mitarbeiter entlassen und Freiräume geschlossen werden.

Das Zürcher Schauspielhaus, ein wokes Multimillionengrab von Steuergeldern, dem das zahlende Publikum in Scharen wegläuft.

Dann gibt es eine einzige Ausnahme von der Regel: das Zürcher Kunsthaus. Hier zeigt die bürgerliche Schickeria, angeführt vom Ex-SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand, dass telegen aussehen kein Garant dafür ist, die Finanzen im Griff zu haben.

Und nun das Café Boy. Es trägt diesen etwas merkwürdigen Namen, weil es 1934 von der Proletarischen Jugend Zürich erbaut wurde, als Treffpunkt für junge Arbeiter. Dann ging alles so seinen Gang und auch den Bach runter.

2019 dann der Neustart. Eine Genossenschaft übernahm das Ruder. Ihr Name liess allerdings schon damals Übles ahnen: «Genossenschaft Wirtschaft zum Guten Menschen». Da steckte (hoffentlich) eine Prise Selbstironie drin.

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, schrieb der Präsident der Genossenschaft, der SP-Gemeinderat Marco Denoth, den übrigen Mitgliedern, «die Türen sind ab 21. Juni für immer geschlossen». Das habe man gemeinsam mit den Angestellten beschlossen. Denoth fiel bislang eigentlich nur dadurch auf, dass er herausgefunden hatte, dass das Ampelmännchen (!) nun einwandfrei diskriminierend sei und dringend gegendert werden müsse.

Die Angestellten haben das aber noch nicht so ganz mitgekriegt; das Lokal sei jeweils im Sommer samstags geschlossen, steht auf der Webseite, Reservationen kann man noch zu einem beliebigen Datum eingeben. Allerdings ist diese Ankündigung schon verräterisch. Samstag ist einer der stärksten Besuchstage für Restaurants. Nur kein Stress, sagte sich offenbar die Mannschaft.

Was ist denn passiert? Covid natürlich, die Allerweltsausrede. Das übliche Gequengel: «Unser Team war super, das Konzept sehr gut, aber es hat einfach nicht gereicht. Der Start mit der Pandemie lastete zu stark auf uns, sodass wir keine Reserven für die letzten schlechten Monate mehr hatten

Die Pandemie ist scheint’s schon länger vorbei, und wenn Team und Konzept und überhaupt super waren, wieso waren dann die letzten Monate schlecht? War das Lokal zu gut für diese Welt? War vielleicht der «Siedfleisch Boy» für stolze 42 Franken zu teuer? Oder ein währschafter Hackbraten für exorbitante 38.50? Oder wurde zu wenig Terra Cupa Montefalco für 98 Franken gebechert? Mundete ein mittelmässiger Chateauneuf du Pape für 105 Franken nicht richtig? Gab es zu wenig Gelegenheit, mit «Zürischaum» für 96 Franken anzustossen? Das Flascherl ist im Einzeleinkauf für 34 Franken zu haben. Hier wird offenbar das gesunde kapitalistische Prinzip, Einkauf mal drei, angewendet.

Von der ursprünglichen Idee, ein Treff für weniger Kaufkraftstarke zu sein, ist schon lange nichts mehr übriggeblieben.

Immerhin, dem Personal wolle die Genossenschaft bei der Stellensuche beistehen. Kleiner Tipp für die Entlassenen: wenn eine Genossenschaft den Laden führt, in weitem Bogen umfahren …

Kunst kostet

Kunst, Künstler, Kunsthaus. Das wird sich das reiche Zürich doch wohl …

Obwohl das Schauspielhaus Zürich Rekordhalter ist, was das Missverhältnis zwischen eigenen Einnahmen und Subvention durch den Steuerzahler betrifft (7,7 Prozent selbst erwirtschaftet, 92,3 Prozent Steuergelder), steht das Kunsthaus auch ziemlich schräg in der Landschaft.

Von den Gesamteinnahmen in der Höhe von 29 Millionen übernimmt der Steuerzahler 13,3 Millionen. Dennoch gab’s letztes Jahr ein Defizit von 4,5 Millionen. Eigentlich reif für den Konkurs. Aber die «Überschuldung» sei durch die «Aktiven» gedeckt, behauptet PwC – als ob es in Frage käme, Kunsterwerke zu verkaufen.

Aber das Problem ist ein anderes. Seit fast zwei Jahren ist Philipp Hildebrand Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft und damit verantwortlich für das Desaster. Seine sackschwache Erklärung: das Kunsthaus war angeblich «nicht ausreichend auf die Konsequenzen der Erweiterung und die neue Realität eines doppelt so grossen Hauses vorbereitet» gewesen. Ach was, da wird ein riesiger Annex dazugestellt, damit die grandiose Bührle-Sammlung endlich einen würdigen Platz findet, aber dass das mit Kosten verbunden ist, das hat keiner gemerkt?

Ausserdem bekam das Kunsthaus nochmal 4,5 Millionen Subventionen draufgesattelt, da es der Stadtregierung – offenbar im Gegensatz zur Leitung des Museums – klar war, dass eine Erweiterung Konsequenzen habe.

Und was sagt die Kunsthausdirekrorin Ann Demeester, seit Oktober 2022 am Gerät? «Das war ich nicht», schliesslich habe es schon Schulden gegeben, bevor sie anfing, ein exorbitantes Gehalt von über 300’000 Franken zu kassieren. Kritik daran begegnet sie mit Sarkasmus. Wenn sich die Probleme damit lösen liessen, wäre sie sofort mit einer Gehaltskürzung einverstanden, behauptet sie auf Radio SRF. Aber das sei natürlich nur eine «populistische Forderung der SVP», die kein einziges Problem löse.

Das ist nun ein Gequatsche, das man sehr gut aus dem Banking kennt. Schwirrt da einer ab (notabene mit wohlgefüllten Taschen), kommt der nächste, füllt sich die Taschen und sagt angesichts des katastrophalen Zustands, er müsse halt erst den Scheiss wegräumen, den sein Vorgänger hinterlassen habe. Und bei dieser herkulischen Aufgabe, den Augiasstall auszumisten, müsse er natürlich auch üppig entlöhnt werden.

Und was fällt der hochbezahlten Leitung so ein, teuer beraten von aussen? Erhöhung der Eintrittspreise (was bekanntlich immer mehr Nachfrage auslöst), Reduktion der Öffnungszeiten (was ebenfalls den Publikumsandrang steigert), und dann sei es auch so, «dass es im Rahmen seines sozialen Engagements verschiedensten Besuchergruppen kostenlosen oder reduzierten Eintritt anbietet – «von Asylsuchenden und Arbeitslosen bis zu Menschen mit Behinderungen und ihrer Begleitung, Menschen mit schmalem Einkommen und Menschen mit psychiatrischen Problemen»», wie das Kunsthaus dem Tagi mitteilt.

Das koste halt auch, im Jahr bis zu 160’000 Franken. Und dann muss das Museum auch an einem Tag einen Gratiseintritt bieten, das wären im Fall mögliche Mehreinnahmen von 1,6 Millionen Franken, würde das gestrichen. Ist aber theoretisch, denn das ist vertraglich vorgeschrieben.

Und sonst? Na, ein Sponsor muss her, was denn sonst. Die Bührle-Stiftung eignet sich wohl eher weniger, und Hildebrand mit seinem angeblich exzellenten Netzwerk hat es auch in zwei Jahren nicht geschafft, einen herbeizuschleppen.

Was dann? Die Einsparung von 300’000 Franken jährlich wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Und jemanden zu suchen, der nicht nur telegen rüberkommt, sondern auch dort was kann, wo er gebraucht wird, eben beim Sponsoring, wäre auch gut.

Auf der anderen Seite: wieso auch; die Stadt – also ungefragt ihr Steuerzahler – wird doch das Kunsthaus nicht verlumpen lassen, trotz markiger Forderungen nach einem dann mal ausgeglichenen Budget. Und die Stadtregierung in Gestalt von Teflon-Mauch wird sicher nicht energisch werden. Denn die Stadtpräsidentin ist am Desaster mitverantwortlich, da ist es immer gut, wenn man notfalls auf andere zeigen kann.

Das ist für jemanden wie Demeester sowieso alles etwas popelig und provinziell. Über Geld redet man doch nicht, Geld kriegt man einfach. Und wer da blöd fragt, für welche Leistung eigentlich, und wieso in dieser Höhe, wird als blöder Populist abgekanzelt, als Kunstbanause, der es wagt, so etwas Profanes in die heiligen Hallen der Kunstbetrachtung zu werfen.

Wetten, dass ein hungriger, junger, neuer Direktor (kann auch eine Direktorin sein), plus ein Präsident mit den richtigen Beziehungen, das Ganze wuppen würden?

Die Mechanik des Rücktritts

Ob Berset gehen muss oder nicht, hängt von einer Sache ab.

Es ist erstaunlich, dass all die Spin Doctors, die Krisenkommunikationsspezialisten, die teuer bezahlten Versager zum x-ten Mal und bei jeder Krise die einfache Mechanik eines drohenden Rücktritts nicht durchschauen.

Fingergehakel um Wissen oder Nicht-Wissen, schädliche Verbündete wie Jacqueline Badran, die sich mit ihrem üblichen Verve, aber ohne vertiefte Sachkenntnis in die Schlacht wirft, vorhersehbare Rücktrittsforderungen der SVP und des Mini-Megaphons Markus Somm.

Alles Nebensächlichkeiten. Zur Abteilung «es darf gelacht werden» gehören die Beteuerungen des «Blick»-Oberchefredaktors Christian Dorer und seiner ansonsten unsichtbaren Vorgesetzten Ladina Heimgartner (die Quotenfrau mit extrabreiter Visitenkarte), dass man dann völlig unbeeinflusst sei, im Fall, und niemals nicht Informationen des CEO Marc Walder verwendet habe. Der korrespondierte mit dem Departement Berset nämlich nur aus rein privatem Interesse.

Aber immerhin, Walder macht das einzig richtige: er schweigt. Das kann man von Tamedia nicht behaupten. Einerseits will man mit allen Fingern auf Ringier zeigen, andererseits will man klarstellen, dass man selber zwar auch von Indiskretionen profitiere, aber natürlich nicht so wie Ringier. Während dann noch der Politikchef Denis von Burg den Querschläger spielt und die ganze Aufregung um mögliche Amtsgeheimnisverletzungen und börsenrelevante Vorabinformationen als «Heuchelei» abkanzelt. Aber von Burg als Antidemokrat mit totalitärem Vokabular ist ein Fall für sich.

Währenddessen zeigt CH Media, wofür Journalismus gut ist. Man haut einen Skandal raus, und sobald die Wogen hoch und wieder runter gegangen sind, legt man nach. Gutes, altes Schulbeispiel, wie man eine Kampagne aufzieht und ein Thema am Köcheln hält: ja nicht gleich am Anfang alles verballern.

Die NZZ schliesslich schwankt etwas zwischen vornehmer Zurückhaltung, leisem Glucksen vom Spielfeldrand und fiesen Hieben, denn schliesslich ist Wahljahr. Und ein angeschlagener Berset, der sich durchschleppt, ist viel besser als ein zurückgetretener Berset.

Wovon hängt nun dieser Rücktritt ab? Wie immer, wie immer und überall von einer einzigen Sache. Kann man Berset eine Unwahrheit nachweisen oder nicht. Seit Barschels Ehrenwort (ältere Leser erinnern sich, ansonsten googeln) und auch zuvor gilt immer ein Prinzip. Jede öffentliche Figur, sei das in der Wirtschaft oder in der Politik, überlebt jeden Shitstorm, wenn nicht die eigenen Leute am Stuhl sägen. Oder wenn nicht nachgewiesen wird, dass eine Unwahrheit gesagt wurde.

Der letzte grosse Fall ereignete sich vor ein paar Jahren mit dem damaligen Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank. Philipp Hildebrand geriet etwas ins Feuer wegen Vorwürfen des Insiderhandels. Die Debatte spitzte sich darauf zu, ob Hildebrands Frau ohne oder mit seinem Wissen Devisengeschäfte getätigt hatte. Seine erste Verteidigungslinie, dass er darin nicht involviert gewesen sei, brach zusammen, als sein eigener Anwalt vermeintlich zu seiner Entlastung weitere Dokumente vorlegte.

Zudem war Hildebrand von einem der üblichen Krisenkommunikationsfuzzis beraten. Die stellen meistens die Krise selbst dar, die sie zu bekämpfen vorgeben. Also geschah das Unvermeidliche: Hildebrand, zuvor Sunnyboy, Sympathieträger mit gewinnendem Äusseren und Auftreten, trat zurück.

Könnte, hätte, Fahrradkette. Aber dieser Rücktritt war garantiert vermeidbar, wenn man sich von Anfang an auf das banale Prinzip jeder Krisenkommunikation besonnen hätte. Was immer man gegen aussen sagt, gegen innen muss Kassensturz gemacht werden. Was trifft zu, was nicht, was kann belegt werden, was kann plausibel abgestritten werden.

Besonders der letzte Punkt ist heikel. Wir erinnern uns an den berühmten Satz des Schwerenöters im Oral Office: «I did not have sex with this woman.» Es brauchte die geballte Power einer der teuersten PR-Buden der Welt, um da noch die Kurve zu kriegen. Die genialische Idee: in den Südstaaten der USA gilt Oralverkehr nicht als Sex, also habe Bill Clinton nicht gelogen. Als sich dann auch noch seine Frau hinter ihn stellte, war die Präsidentschaft – trotz allen Bemühungen des politischen Gegners – gerettet.

Aus ähnliche Verwicklungen ist Bundesrat Berset bereits, nur leicht lädiert, herausgekommen. Auch ihm half, dass seine Frau grosszügig über den bekannt gewordenen Seitensprung hinwegsah – und dass Berset keine Unwahrheit nachgewiesen werden konnte.

Dafür braucht es auch eine klare Aussage, die widerlegt werden kann. Bei den vielen Kontakten zwischen seinem Kommunikationschef und dem Ringier-Verlag gibt es eine solche Aussage von Berset. Er habe davon nichts gewusst. Er habe vor allem nicht gewusst, dass hier möglicherweise vertrauliche, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen weitergegeben wurden.

Das ist nun eine klare wahr/unwahr Situation. Kann man Berset über jeden vernünftigen Zweifel hinaus nachweisen, dass das so nicht stimmt, bleibt ihm nur der Rücktritt. Wir erinnern uns an den Fall der  ersten Bundesrätin Elisabeth Kopp. Der wurde nicht ein Telefonat mit ihrem Gatten zum Verhängnis. Sondern seine Aussage («um Himmels willen, nein»), dass es nicht stattgefunden habe. Was nachweislich gelogen war.

Also dürfte die Entourage von Berset, also die wenigen Personen seines völligen Vertrauens, fieberhaft damit beschäftigt sein, alle schriftlichen Äusserungen (und heutzutage hinterlässt jeder ein Meer von SMS, WhatsApp-Nachrichten, Threema-Chats und E-Mails) zu durchforsten. Eine zentrale Rolle spielt auch der geschasste Kommunikationschef Bersets. Denn wenn einer weiss, ob sein Chef etwas wusste, dann er. Aber ihn hindert am Auspacken seine Schweigepflicht und das Amtsgeheimnis, das natürlich über eine Entlassung hinaus gilt. Um ihn zum Reden zu bringen, bräuchte es ein sehr verlockendes Angebot.

Wir fassen zusammen. Ob Berset zurücktreten wird oder nicht, hängt nicht vom Gebelfer der Medien ab. Auch nicht von neuen Enthüllungen. Sondern einzig und alleine davon, ob man ihn einer Lüge überführen kann oder nicht. On verra, wie der Welsche zu sagen pflegt.

Beleidigte Leberwurst

Das Kunsthaus hat schon wieder Mist gebaut. Zumindest laut Tamedia.

«Christoph Heim war zehn Jahre lang Ressortleiter Kultur bei der BaZ.» So die inzwischen obligatorische Selbstauslobung am Schluss eines Artikels. Das prädestiniert ihn natürlich dazu, dem Kunsthaus mal wieder die Kappe zu waschen: «Eine Kandidatur nach Gutsherrenart», ätzt Heim in einem Kommentar. Wir hoffen für ihn, dass er eine dunkle Ahnung hat, was Gutsherrschaft war und wie sie sich von heutigen Zuständen unterscheidet.

Was ist passiert? «In einem dürren Communiqué teilte die Zürcher Kunstgesellschaft am Gründonnerstag mit, dass Philipp Hildebrand Nachfolger von Walter Kielholz und Anne Keller Dubach an der Spitze der Zürcher Kunstgesellschaft werden soll.» Dagegen stellt Heim die dürre Bemerkung:

«So geht das nicht

Warum denn nicht? Nun, es gebe «kein Wettstreit der Kandidaten», und ausserdem bezweifelt Heim die Befähigung von Hildebrand. Seine verflossene und aktuelle Gattin hätten zwar beide was mit Kunst zu tun, räumt Heim ein, als ob das etwas mit der Qualifikation von Hildebrand zu tun hätte. Zudem sei er im Stiftungsrat des British Museum.

Das kommt aber ganz schlecht bei Heim an: «Es gibt wahrscheinlich kein Museum, das sich abweisender gegenüber Restitutionsbegehren zeigt als das British Museum.» Und was hat das mit Hildebrand und dem Kunsthaus Zürich zu tun? Dumme Frage:

«Bei der Zürcher Sammlung Bührle geht es bekanntlich darum, die Provenienzen der Bilder nochmals zu prüfen und jene Bilder, bei denen es sich nachweisen lässt, dass es sich um Nazi-verfolgungsbedingten Entzug handelt, möglichst rasch ihren Eigentümern zurückzugeben

Schon der Banker Walter Kielholz war für Heim als Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft nicht über jeden Zweifel erhaben: «Auch wenn der Manager sich gern im hellen Licht des Erweiterungsbaus des Kunsthauses zeigt, er steht auch im Schatten des Bührle-Debakels, das sich zu einem eigentlichen Imagedesaster für das Kunsthaus auswuchs.»

Vielleicht sollte man hier der Gerechtigkeit halber anmerken, dass es mehr ein Mediendebakel war, heubeigeschrieben von Tamedia und der «Republik». Bis heute liess sich kein einziger Vorwurf bezüglich ausgestellter Raubkunst erhärten, sämtliche Provenienzforschungen waren schon vor der Eröffnung der Ausstellung öffentlich einsehbar, von der Möglichkeit von Nachfragen bei der die Sammlung verwaltenden Stiftung wurde abgesehen. Das alles ist sattsam bekannt und abgehandelt. Genau wie der skandalisierte Leihvertrag mit dem Kunsthaus. Da wurde Ungeheuerliches hineingeheimnisst, als er veröffentlicht wird, erstarb die Kritik schlagartig: es gab nix zu meckern.

Nun also Hildebrand. Immerhin erwähnt Heim, dass es sich hierbei nur um einen Vorschlag des Vorstands der Kunsthausgesellschaft handelt, über den die 24’000 Mitglieder abzustimmen haben. Was doch eigentlich ziemlich demokratisch ist. Aber Heims Problem ist ein ganz anderes. Er ist beleidigte Leberwurst. Warum? Hier verrät er’s:

«Die Öffentlichkeit will wissen, warum jemand kandidiert und was ihn zur neuen Aufgabe befähigt. Vor diesem Hintergrund ist das dürre Communiqué der Kunstgesellschaft ein No-go und Philipp Hildebrands Nein auf eine Interviewanfrage dieser Zeitung eine Geringschätzung der Öffentlichkeit.»

Das hätte Hildebrand besser wissen müssen: Wer keine Zeit oder Lust hat, sich von Heim interviewen oder gar grillen zu lassen, der hat’s bei ihm verscherzt. Da fordert der beleidigte Journalist im Namen der Öffentlichkeit Satisfaktion. Ach, so geht das auch nicht.