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«Blick» für ältere Leser

Das Gedächtnis. Das Problem, Die Lösung.

Viele Senioren leiden unter dem Problem, dass sie wohl schon vergessen haben, was das ist, wenn sie allenfalls eine 13. AHV-Rente bekommen werden. Denn der Zahn der Zeit nagt, während lange zurückliegende Ereignisse wie die eigene Hochzeit noch präsent sind, leidet das Kurzzeitgedächtnis immer mehr. Und mancher Senior fragt sich insgeheim, wer denn dieser Mensch ist, der jeden Morgen daneben im Bett liegt.

Solche Alltagsprobleme werden weithin unterschätzt, darauf werden auch kaum Rücksichten genommen. Ein deutscher Talkshowgast brachte das mal genial auf den Punkt. Seine Frau sage, er denke mit dem Hintern. Allgemeines Erstaunen im Publikum über diese vermeintliche Beleidigung. Aber dann löste er auf. Das stimme, denn er stehe immer mal wieder auf, mache zielstrebig drei Schritte – um dann zu bemerken, dass er schon vergessen hat, wohin er denn strebte. Also setze er sich wieder, und in diesem Moment falle es ihm wieder ein. Daher denke er tatsächlich mit dem Hintern.

«Blick» hat da allerdings eine originelle Lösung gefunden, setzt einen Kontrapunkt zum heutigen, schnelllebigen Journalismus, wo nicht einmal der Journalist selbst noch weiss, was er gerade geschrieben hat.

Aber hier denkt das Blatt mit dem Regenrohr im Logo an seine älteren Leser, die doch Halt und Erinnerung brauchen:

Die «People»-Aufmacherstory, seit zwei Wochen unverändert muss Freddy Nock selig balancieren, er kann sich schliesslich nicht mehr wehren. «Weshalb musste man mich so fertig machen», fragt er sich die ganze Zeit vergeblich, wie der Leser, der noch nicht unter Gedächtnisverlust leidet.

Auch diese Nonsens-Story mit Ausläufern langweilt den Leser seit mehr als zehn Tagen:

Und geradezu ein Widerspruch in sich selbst ist diese Story unter «News»:

Das Foto ist schon zwei Jahre alt, der Artikel fünf Tage; im Tagesjournalismus eine Ewigkeit.

Und was macht ein Qualitätsorgan, wenn im Fall Vincenz eigentlich für den Augenblick alles gesagt ist? Genau, es bringt die Allzweckwaffe, den «Bankenprofessor», den Rechtsbüttel Peter V. Kunz in Stellung. Der sagt dann profesoral nochmal, was bereits alle anderen gesagt haben: «Es entspricht einer langjährigen Praxis des Bundesgerichts, dass ein erstinstanzliches Urteil die Verjährung unterbricht.» Was aber in klarem Widerspruch zur Absicht des Gesetzgebers steht, dass eine Staatsanwaltschaft nicht ewig Zeit haben darf, um eine Anklage auszubrüten. Das wäre hier nun der Fall, sollte das so gehandhabt werden: «Theoretisch könnte sich die Staatsanwaltschaft 20 Jahre Zeit lassen, bevor sie die Klage erneut beim Bezirksgericht einreicht.» Und der obligate Blick in die Zukunft: «Möglicherweise könnte Vincenz, wenn er erneut verurteilt wird, am Schluss mit einer Strafe auf Bewährung davonkommen, glaubt Kunz.»

Dieser Artikel bekämpft wenigstens den Schlafmangel in Seniorenkreisen. Aber wenn sich der «Blick» aktuell mit einer Prognose befasst, hat er auch wirklich Pech:

Ausgerecht an dem Tag, als ein Kälteeinbruch Schnee bis in die Wohnungen bringt, Winterspaziergänge in klirrendem Frost angesagt sind. Verständlich, dass der «Blick» sonst lieber auf Bewährtes setzt. Auf Abgehangenes, gut Gealtertes. Mit News von gestern und vorgestern kann heute und morgen schliesslich nichts schiefgehen.

 

 

Obduktion der NZZaS, reloaded

Papiermangel, schlecht, Hirnschmalzmangel, schlechter. Hintergrund ohne Hintergrund.

Witz 4: Ladies first, also Nicole Althaus. Die Kampffeministin reitet immer mal wieder ins Gebüsch. Diesmal mit einer Tirade gegen die Behauptung, dass die Fruchtbarkeit der Frauen ab 35 deutlich abnehme, man in der Medizin gar von einer «Risikoschwangerschaft» spreche. Alles Quatsch, will die Gegnerin eines Burka-Verbots wissen, zudem untersuche die «am häufigsten zitierte Studie zur Abnahme der Fruchtbarkeit französische Geburtseinträge von 1670 bis 1830».

Das ist natürlich blühender Unsinn. Es gibt Studien zu Hauf, beispielsweise eine Langzeitstudie von ’59 bis ’18. Auch aus dem 16. Jahrhundert? Quatsch, von 1959 bis 2018. Ihre Uralt-Zahl und die Behauptung, dass sich die meisten Untersuchungen darauf beziehen, hat Althaus aus «Wir Eltern» übernommen, leider ohne Quellenangabe. Vielleicht hülfe auch die Angabe, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in diesen finsteren Zeiten in Frankreich bei (grob geschätzten) 41 Jahren lag.

Von «Risikoschwangerschaft» spricht man übrigens, weil die Chance von Gendefekten wie das Down-Syndrom oder körperlichen Defekten, sowie die Gefährdung der Mutter signifikant zunimmt, aber wieso sich ein schöne These von Fakten kaputtmachen lassen, sagt sich Althaus.

Witz 5: Wenn Banken-Büttel Peter V. Kunz das Wort ergreift, muss man sich immer fragen, ob er da aus einer bestellten Expertise als Banken-Professor zitiert. Hier lässt ihn die NZZaS als «externen Standpunkt» verkünden, dass die «Banken das Klima nicht retten» könnten. Behauptet eigentlich auch niemand, umso besser für Kunz. Dann verheddert er sich aber mit der selbstgestellten Frage, «welche ökologischen und sozialen Kriterien als Grenze für Bankdarlehen gelten» sollten.

Damit meint er natürlich: gibt’s nicht, geht nicht. Statt ihn lang zu widerlegen, vielleicht sollte er mal die «Globalance Bank» anschauen. Geht nämlich schon.

Witz 6: Felix E. Müller zum Zweiten. Anlass der Doppelseite ist, dass das Papier zurzeit knapp ist, «Zeitungen müssen ihre Umfänge reduzieren», weiss Müller, so auch die NZZaS. Wieso ausgerecht dann auf den Pensionär so viel wertvolles Papier verschwendet wird, damit er eine «Ode ans Papier» anstimmen kann? Mitsamt Erinnerung an die Druckerei seines Grossvaters (!), der dann wohl fast noch Gutenberg kannte. Sein schlagendes Argument gegen elektronische, digitale Datenträger:

«Haben Sie jemals versucht, aus einem Laptop einen Papierflieger zu falten»?

Wir falten die Doppelseite zu.

Witz 7: Journalisten interviewen Journalisten. Eine beliebte Methode, Geld und Sachverstand zu sparen. Aber bei der NZZaS? Hier wird der österreichische Chefredaktor Christian Rainer über Sebastian Kurz befragt. Seit 1998 ist er Herausgeber und Chef beim Nachrichtenmagazin «Profil». Rainer selbst, lange Jahre bei der sozialdemokratischen «Arbeiterzeitung», ist ein erbitterter Feind von Kurz. Aber wieso das erwähnen.

Aber kommt Rainer wenigstens zu neuen, tiefschürfenden Erkenntnissen über den Menschen Kurz? Nun ja, junge Menschen wollten ausgehen, Sport treiben, Spass haben, erinnert sich der 59-jährige Rainer an seine eigene Jugend. «Es ist eine Tatsache, dass ihm das genommen wurde, weil er es sich selbst genommen hat. Dadurch, dass er in Ämter kam, wo man eben nicht mehr die Nächte in Discos verbringen kann.»

Also wurde es Kurz nun genommen oder nahm er es sich selbst? Abgesehen davon, dass das seit der Jugend Rainers nicht mehr Disco heisst, was schliesst der Analytiker daraus?

«Wie sehr ihn das beeinflusst hat, kann ich nicht beurteilen

Ach was, genau deswegen erwähnt es Rainer dann nochmal und nochmal. Natürlich wäre auch spannend, seine Meinung über die Zukunft des gefallenen Politstars zu lesen: «Was in fünf Jahren ist, kann niemand sagen.» Ja schade auch, nicht mal in der NZZaS.

Auch hier behält die NZZaS trotz Papiermangel die Unsitte bei, ein halbseitiges Porträtfoto eines Politikers reinzuhängen. Dazu noch ein dermassen bösartiges, dass Kurz hier wie ein jugendlicher Hannibal Lecter den Leser anstarrt. Auch nicht die wirklich feine Art.

Was man aber sagen kann: eine solche geballte Ladung von Flachsinn, Widersprüchlichem, Banalem, Überflüssigen und Schalem, da kann es nur wieder bergauf gehen. Da Jonas Projer in dieser Ausgabe auf sein geliebtes Editorial verzichtete, ist anzunehmen, dass der Chef in den Ferien weilte und daher die Mäuse auf den Tischen tanzten. Hoffentlich kann Projer Katze