Schlagwortarchiv für: Peter Hossli

Balla, balla

Langsam gehen uns die Titelvarianten aus. Aber Spass muss sein in dieser trüben Welt.

ZACKBUM ist inzwischen überzeugt: die glückliche «Blick»-Familie mit einer unübersehbaren Anzahl von Häuptlingen (wie geht da eigentlich die weibliche Form davon?) hat einen disruptiven Kurswechsel vorgenommen. Keine nackten Frauen mehr, kein Sexratgeber mehr, keine Busen mehr, dafür viel Büsis und höchstens einen Sprutz Blut, das sind nur oberflächliche Korrekturen.

Auch absurde Ratgeber wie das richtige Verhalten gegenüber der Klobrille oder beim Eierschälen: alles Oberflächenphänomene. Dahinter steht eine tiefere Absicht, ein neuer Ansatz, ein Geheimplan, der hier weltexklusiv enthüllt wird.

«Blick» in all seinen Ausformungen soll eine reine Leser-Bespassungsveranstaltung werden. Wir führen den Beweis und beginnen gleich mit dem stärksten Indiz. Was gibt es im Moment in der Schweiz Traurigeres als die Toten im Wallis? Da ist es gar nicht so einfach, dieser Tragödie Komik abzugewinnen. Aber «Blick» hat diese fast übermenschliche Aufgabe gemeistert:

Sechs grob verpixelte Porträts, dasjenige der noch Vermissten pietätvoll vergrössert, das Ganze um das Schneeloch drapiert, in dem fünf der Toten verzweifelt Unterschlupf suchten. Menschen mit schwächeren Nerven mögen das für pietätlos halten, aber die meisten erkennen doch wohl die satirische Qualität dieser Darstellung.

Hingegen fragt man sich bei dieser Bebilderung, ob man weinen oder lachen soll:

Gut jedenfalls, dass der «Blick» hier noch für mehr Unterhaltung sorgen will:

Gibt’s da eigentlich ernsthaft Beratungsbedarf? Aber immer:

Wobei: die erklärenden Worte der «Paar-Therapeutin» Margareta Hofmann werden nur Plussern bei «Blick+» zuteil. Schnief; da mischt sich ein trauriges Tränchen in die Lachtränen. Wobei, Hofmann ist sozusagen die Allzweckwaffe im Paartherapie-Bereich. Ob eine «junge Ehe schon ein Therapiefall» ist, ob es eine «zweite Chance für die Liebe» gibt: Paartherapeutin Hofmann erklärt und rät, manchmal mit Bindestrich, manchmal ohne.

Jetzt aber mal kurz eine ernste Warnung:

Überdosis Muskatnuss? Soll uns denn der Kartoffelstock verleidet werden? Aber nein, nachdem vor der Todesnuss gewarnt wurde, gibt «Blick» Entwarnung. Bislang seien weltweit erst zwei Todesfälle durch eine Überdosis Muskatnuss bekannt. Prust.

Ach, und hier muss man von einer eigentlichen Serie sprechen; nach dem Grosserfolg weiter oben versucht’s der «Blick» nochmal im Kleinen:

Eigentlich spricht man im Journalismus in solchen Fällen von einer Bild-Text-Schere. Der «Blick» serviert das dem Leser aber sicherlich zur Unterhaltung:

Was guckst du? Was guckst du grimmig bei Jubelerfolg? Aber immerhin, der Mann ist nicht verpixelt.

Das hier ist nun ein ziemlich komplexer Scherz für Insider:

Dieses Interview hat der in den USA fremdgehende «Leiter Journalistenschule» Peter Hossli geführt. Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass es echt ist. Allerdings brach genau dieses Thema dem «Spiegel»-Fake-News-Autor Claas Relotius das Genick. In einer Reportage über Bürgerwehren an der Grenze zwischen den USA und Mexiko wollte es Relotius gelungen sein, mit einigen Exponenten dieser sehr verschlossenen Gruppen zu sprechen. Wie Nachrecherchen ergaben: es war geflunkert. Erfunden. Hatte nie stattgefunden.

Das konnte Hossli nun mit seinem Interview des Präsidenten der «Patriots for America» nicht passieren. Die haben eine Webseite, sind stolz auf ihre vielfältigen Medienkontakte, und gerade erst hatte Samuel Hall in «Newsweek» länglich seine Ansichten ausbreiten dürfen. Also passt hier zumindest das amerikanische «it’s ironic», dass ihn Hossli nochmals das Gleiche sagen lässt, was er schon «Newsweek» erzählte.

Wir kommen bereits wieder zum Absackerchen:

Früher war eine Reiseexpertin noch eine Reiseexpertin, heute ist sie die Pressetante von Hotelplan. Wobei der Insiderwitz ist, dass Migros das von Dutti gegründete Reisebüro loswerden will. Vielleicht deshalb gibt es solche Tipps:

Zum Beispiel mit dem Zug nach München. Wunderbare Sache. Nur: der Zug hat notorisch Verspätung. Oder auch nicht; wenn gestreikt wird, fällt er ganz aus. Da die Lufthansa auch streikt, bleibt dann eigentlich nur noch der Mietwagen für den Rückweg. Oder vielleicht eine Wanderung durchs Allgäu?

«Blick» in die USA

Man kann die Berichterstattung wirklich nicht mehr ernst nehmen.

Von Tamedia hat sich ZACKBUM diesbezüglich schon verabschiedet. Nun sagen wir auch leise Servus zum einzigen Organ mit Regenrohr im Logo. Denn da gluckert nur verdünntes Wasser durch. Wie das geht? Keine Ahnung, aber es geht.

Da hätten wir den einschlägig bekannten «USA-Kenner» Peter Hossli. Der vernachlässigt seine Pflichten als Leiter der Ringier Journalistenschule und gurkt auf Redaktionskosten durch die USA. Und beglückt den Leser mit Erkenntnissen wie: «Der Verlierer der republikanischen Vorwahlen am Super Tuesday heisst: Joe Biden (81). Dabei stand der Präsident bei den Republikanern gar nicht zur Wahl.» Ist’s auch gaga, so hat’s doch Methode. Aber glücklicherweise schützt die Bezahlschrank fast alle «Blick»-Leser davor, damit belästigt zu werden.

Aber die News von gestern ist von heute aus gesehen schon längst versickert. Denn nun gilt:

Warum? Weil der Mann so schrecklich geliftet ist, dass er wie eine Mumie auf Urlaub aussieht? Auch hinter der Bezahlschranke verborgen, räsoniert Samuel Schumacher: «Der US-Präsident legte in seiner Rede zur Lage der Nation einen brillanten Auftritt hin.» Da fragt man sich zunächst: was erlauben sich Schumacher? Der ist kein Head, kein Chief, kein Leiter, kein Chef, der ist einfacher «Ausland-Reporter» mit einem Auslauf, der ungefähr so gross ist wie sein Desk in der Hölle des Newsrooms.

Was hat denn Joe Biden gewuppt? «Eine Stunde und sieben Minuten lang sprach, ja rief Biden seine Rede mit ganz wenigen Versprechern in den Saal, zeigte sich kämpferisch und witzig, gut gelaunt und zuversichtlich.»

Wahnsinn. Gibt es auch Wermutstropfen? Ach, kleine, ganz kleine:

«Klar: Biden musste sich hie und da räuspern (eine Folge seines Säurereflux, unter dem etwa jeder fünfte Erwachsene leidet). Klar: Hie und da verhaspelte sich der auffällig schnell sprechende Präsident. Aber: Biden war witzig.»

Säurereflux, hat fast jeder, kein Problem, sagt Dr. med. Schumacher. In Rücksichtnahme auf den angenommenen IQ des «Blick+»-Lesers (Devise: wie kann man nur so blöd sein, dafür Geld auszugeben), macht Schumacher immer schön ein Fazit: «Stark! Trump wird schäumen! Biden ergreift im Nahen Osten die Initiative.»

Wunderbar, der Mann ist in einen Gesundbrunnen gefallen und hat Rejuvenierungspritzen gekriegt. Oder doch nicht? «Über weite Strecken hielt sich der US-Präsident an die sorgfältig ausgearbeiteten Sätze seiner Rede.» Aber dann, oh je: «Sobald er improvisieren muss, wird’s rasch schwierig für Biden. Und: In den drei bereits festgelegten Debatten gegen Donald Trump im Herbst wird er keine Teleprompter haben

Da machen wir doch auch mal ein Fazit, dem «Blick»-Niveau angepasst. Der 81-jährige Präsident ist noch in der Lage, einen Text weitgehend stotterfrei vom Teleprompter abzulesen, den ihm die besten Wortschnitzer der USA gebastelt haben. Super Leistung. Weicht er einmal davon ab, kommt er ins Haspeln und Stolpern. Beunruhigend.

Fazit: Hossli und Schumacher sollten sich mal ins Vernehmen setzen. Fazit: ist ein geliftetes, weisse Gesicht unter schütterem und schlecht drapiertem Haar abschreckender oder ein mit zu viel Bräuner zugeklatschtes Gesicht unter einer hellorangenen Fantasiefrisur, auf die Kim der Dickere eifersüchtig ist?

Schwierige Frage. Aber nicht einmal darauf antwortet der «Blick». Thema erledigt.

Schön, dass es Montag ist

Denn der Sonntag war mal wieder grauenvoll.

Die Berichterstatterpflicht ist manchmal eine Bürde, für die es einen ganzen Kerl braucht. Glücklicherweise besteht ZACKBUM nur aus ganzen Kerlen.

Denn was soll man hierzu sagen?

Pet, Winterhotels, ein aktuell gehypter Schauspieler, alte News aus Kiew, und die «armen Alten». Wieso traut sich die «SonntagsZeitung» nicht, auf ein leeres Papier die Worte zu drucken: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. Zum Beispiel «Weltenbrand» von Richard Overy. 1520 Seiten, da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Seufz. Ist denn die «NZZamSonntag» wenigstens besser?

Ein kolorierter Kafka mit roten Lippen, dem Mann bleibt auch keine Verwandlung erspart. Dann Lifestyle-Gugus («Männer, die befehlen dürfen, leben gesünder», so à la «Katzen, die miauen dürfen, haben acht Leben»), ein Astronaut auf dem Mars, Keller-Sutter warnt, die Kokspreise im Keller.

Wieso traut sich die NZZaS nicht zu schreiben: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. «Prozess», «Das Schloss» oder «Briefe an Milena». Denken Sie über das Gleichnis «Vor dem Gesetz» nach. Da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Sagt da jemand in letzter Verzweiflung «SonntagsBlick»? Echt:

Zweiter Sieger Odermatt, uralter Kuss und die Bananenaffäre. Wieso traut sich …, aber das kennen Sie schon. Ach, Buchempfehlungen vom SoBli? «Buchstabieren für Dummys», der neuste Asterix oder «Ringen um Ringier». Da geht man dann lieber spazieren.

Aber immerhin eine Schmunzelstory ist im SoBli:

Der Leiter der Ringier-Journalistenschule zeigt seinen Eleven, was herauskommt, wenn sich ein Journalist anfüttern lässt. So nennt man den Vorgang, dass ein an einem Rechtsstreit Beteiligter nach einem Multiplikator sucht, um medialen Rückenwind zu bekommen. Also stellt er exklusiv seine Unterlagen und Rechtsschriften zur Verfügung. Natürlich gibt der Journalist dann auch der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme. Und schon ist die Kacke am Dampfen. Vor allem, wenn es sich um einen Prominenten wie Urs E. Schwarzenbach handelt.

Schon im Titel macht Peter Hossli recht Dampf; «Die Schöne und das Biest», hier «Der Milliardär und seine Kommunistin». Der erste Titel stammt von einer Disney-Verfilmung eines alten Volksmärchens, der zweite Titel ist auch erfunden. Denn weder ist Schwarzenbach Milliardär, noch hatte er «seine» Vorzeige-Kommunistin.

Die Sachlage scheint klar und einfach zu sein. Eine junge Kunsthistorikern heuerte 1998 beim Kunstsammler Schwarzenbach an. Schnell stieg sie in leitende Funktionen auf und wurde von ihm mit Geschenken überschüttet. Möglicherweise im Liebesrausch, der aber nicht erwidert worden sei, bekam sie ein Haus in Basel. Kostenpunkt samt Renovation 2,5 Millionen Franken. Zwei Millionen Franken auf die Hand. Aktien, Bargeld, Schmuckstücke, antike Möbel, eine für private und geschäftliche Zwecke verwendbare Kreditkarte. Dazu die Teilnahme an seinem Luxusleben; Reisen im Privatjet, Feste, Poloturniere.

Darunter waren auch neckische Geschenke wie eine Erstausgabe des Kommunistischen Manifests; als die Dame unpässlich war, weil ihre Mutter starb, bekam sie monatelang frei –bezahlt. Also ein idyllisches Arbeitsverhältnis. Dann trübte sich der Himmel, Schwarzenbach geriet in den Clinch mit den Steuerbehörden und sah sich mit Millionennachforderungen konfrontiert. Der Lack war ab, also kündigte sie und arbeitete auf Mandatsbasis weiter.

Ach, und dann gab es noch ungefähr 30 Kunstwerke, die sie geschenkt erhalten will. Pablo Picasso, Julian Schnabel, Sophie Täuber-Arp, Alberto Giacometti oder Auguste Rodin. Vom Feinsten halt.

2018 sei das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden, weiss Hossli. Die von ihm nur unter Pseudonym beschriebene Dame (im Gegensatz zu Schwarzenbach) habe noch eine kleine Schlussrechnung von 130’000 Franken eingereicht. Eigentlich Peanuts im vergleich zu den Multimillionen, die sie zuvor erhielt. Aber Schwarzenbach zahlte nicht. Sie betrieb ihn, er antwortete mit Gegenklagen, unter anderem, dass sie ihm Kunstwerke gestohlen habe. Denn das seien keine Geschenke, sondern höchstens Leihgaben gewesen, und die Gelder Darlehen.

Nun hat die Dame das Problem, dass sie die grosszügigen Geldgaben nicht bestreiten kann, da dokumentiert. Die angeblichen Schenkungen kann sie hingegen nicht belegen, da es laut ihr aus steuerlichen Gründen keine schriftlichen Spuren davon gegeben habe. Aus diesem Grund hat sie die enormen Wertbeträge auch nicht in ihrer Steuererklärung angegeben.

Also ein klassischer Fall einer unerwiderten Liebe, die am Schluss in hässlichem Streit endet, weil der Verschmähte sich rächen will? Nach über 20 Jahren einer «von grosser Intensität und tiefem Vertrauen» geprägter Beziehung, wie sie gegenüber Hossli bestätigt?

Inzwischen überzieht man sich gegenseitig mit diversen Straf- und Zivilverfahren. Urteile liegen noch nicht vor. Also ein typischer Fall von «she said, he said». Wobei angesichts solch jahrelanger generöser Grosszügigkeit eine Betreibung über 130’000 Franken doch ziemlich popelig erscheint. «Edle Kunst, rauschende Partys, Häuser in der Toskana», sabbert Hossli, um boulevardesk den Sozialneid des Lesers zu steigern. «Wie Superreiche sich streiten» setzt er als Oberzeile. Nur: wenn überhaupt gibt es hier einen einzigen Superreichen und eine überreichlich beschenkte Mitarbeiterin, die viele Jahre lang ein Luxusleben führen durfte und von Bord ging, als der Geldstrom zu versiegen drohte.

Nun gibt ihr Hossli die Gelegenheit, anonym gegen ihren ehemaligen Gönner und Arbeitgeber zu schiessen. Nehmen wir an, statt von ihr wäre er von Schwarzenbach angefüttert worden. Dem werde von einer grantelnden ehemaligen Angestellten übel mitgespielt, nachdem er ihr ein Luxusleben, ein blendendes Einkommen über viele Jahre hinweg ermöglicht habe, dazu grosszügig Millionendarlehen gewährte und erst im Nachhinein feststellen musste, dass sie ihm zudem bedeutende Kunstwerke entwendet habe. Hätte Hossli dann nicht die Story mit dem entgegengesetzten Spin geschrieben? Ist das nicht ein Beispiel für die Beliebigkeit, die der 80-jährige Vordenker des Hauses immer so scharf kritisiert?

Ziemlich übler Boulevard in einem Organ, das gar nicht mehr boulevardesk sein will. Aber was macht denn die vornehme NZZaS mit Franz Kafka? Das überlässt sie dem «Magazin», was schon Schlimmes ahnen lässt. Dort schreibt Martin Helg im schlechtesten Woke-Groove: «Wir sind alle Käfer», und so originell geht es weiter. Der Autor hat sich mit einer neuen, 2000-seitigen Kafka-Biographie bewaffnet, aus der «viele Details in diesem Text stammen». Schöne Formulierung. Sobald er sich aber selbst um Interpretationen der enigmatischen Texte Kafkas bemüht, wird es eher flach. Gibt er Reiseanekdoten zum Besten, wird es gar peinlich.

So beendet er seinen Text in «Republik»-Länge (21’000 A), der eine «Spurensuche» sein soll, mit der Besichtigung eines Hauses, in dem Kafka eine Zeitlang wohnte. Natürlich führt die «Reise durch den Schnee, wie jene des Helden K. im «Schloss»-Roman». Natürlich heisst der Fahrer Josef, wie Josef K. im «Prozess». Was gibt es sonst noch von diesem Besuch zu berichten: «Ein Ost-West-Graben öffnet sich im Wohnzimmer des Ottla-Hauses. Vergebens bitte ich meine tschechischen Tischgenossen, mir kauend Gesellschaft zu leisten.»

Das ist nun von einer banalen Blödheit, über die Kafka sicherlich schallend gelacht hätte.

 

Eine Meldung – plus Denkstoff

Analyse, Einordnung? Pustekuchen.

In unregelmässigen Abständen wird ZACKBUM die Arbeit der sogenannten Qualitätsmedien verrichten. Denn die betreiben zunehmend Arbeitsverweigerung. Nicht aus Faulheit; schlimmer: aus Unfähigkeit.

Die Vermutungs-«Analyse» von Peter Hossli über die Zukunft der Kandidatur von Donald Trump war bereits ein erstes Beispiel. Hier eines aus dem «Newsticker» von Tamedia:

«Ein vollständiger Sieg über die Hamas sei der einzige Weg, um die Hamas zu eliminieren, alle Geiseln zurückzubringen und sicherzustellen, dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr für Israel darstellt, sagte Netanyahu am Sonntag.»

Das ist nicht einfach so eine Meinung, sondern eine Aussage des obersten israelischen Kriegsherrn. Sie schreit geradezu nach einer Einordnung und Analyse. Damit dem Leser bewusst wird, dass nicht nur auf palästinensischer Seite wirklichkeitsferner Wahnsinn herrscht.

  1. Wie sähe denn ein «vollständiger» Sieg über die Hamas aus? Die Organisation zerschlagen, alle ihre Kämpfer töten, die Rekrutierung neuer verhindern? Unrealistisch, absurd; das als «einzigen Weg» zu bezeichnen, zeugt von einem bedenklichen Realitätsverlust.
  2. Auf diesem Weg würden «alle Geiseln zurückgebracht»? Immerhin fügt Netanyahu nicht hinzu, wie die Mehrheit der Geiseln zurückkäme – im Leichensack.
  3. «Gazastreifen keine Bedrohung für Israel». Die Infrastruktur und Bausubstanz ist schwer beschädigt, wie soll das Problem der Obdachlosigkeit, der Versorgung der Zivilbevölkerung mit dem Lebensnotwendigen, die Wiederherstellung einer funktionierenden Zivilgesellschaft bewerkstelligt werden? Wie soll der zukünftige Einfluss von fundamentalistischen Wahnsinnigen, der Rachedurst der Palästinenser eingedämmt werden? Oder einfach: was soll genau im Gazastreifen geschehen, damit er keine Gefahr für Israel mehr darstelle? Geht das überhaupt, solange er bewohnt ist?
  4. Die Gefahr für Israel geht in Wirklichkeit von Iran, Katar und anderen Staaten aus, in denen der Islam nicht nur Staatsreligion ist, sondern diese mittelalterliche Religion das Handeln der Herrschenden bestimmt. Daran würde selbst eine «Eliminierung» der Hamas nichts ändern, wieso wäre sie dann der einzige Weg?
  5. Die zweifellos steigende Zahl der zivilen Opfer bewirkt, dass sich das Zeitfenster für eine Fortsetzung der bisherigen militärischen Vorgehensweise schliesst. Welche Ideen hat Netanyahu für die Zeit danach?

Das sind naheliegende Fragen angesichts dieser Aussage des israelischen Ministerpräsidenten. Sie in einem «Newsticker» ungefiltert, ohne Einordnung oder Analyse oder gar Kritik rauszupusten, ist kein Journalismus. Ein «Newsticker» ist die Bankrotterklärung des Journalismus, der vollständige Sieg der Sparmassnahmen über geldwerte Leistung.

Analytiker Hossli

USA, das kann er. Meint der Leiter der Journalistenschule.

Mit dieser Position sollte eine gewisse Vorbildfunktion verbunden sein. Nichts gegen Peter Hossli, aber ob er diesem Anspruch wirklich gewachsen ist?

Zunächst meldete der «Blick» noch nachrichtlich:

Das oberste Gericht des Bundesstaats Colorado nahm einen aus dem amerikanischen Bürgerkrieg stammenden Verfassungszusatz zum Anlass, Präsidentschaftskandidat Donald Trump von den Vorwahlen auszuschliessen. Dieser 14. Zusatzartikel bestimmt, dass niemand ein öffentliches Amt ausüben darf, der einen Eid auf die Verfassung ablegte, sich dann aber an einem Aufstand beteiligte. So wie das Trump bei der Stürmung des Capitols getan haben soll.

Da Colorado ein ziemlich sicher demokratisch wählender Bundesstaat ist, würde selbst ein Nichtantreten Trumps keine gröberen Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahlen (oder die Vorwahlen innerhalb der republikanischen Partei, wo er haushoch führt) haben.

Aber das Urteil ist ein Triumph für die Trump-Gegner, die mit ähnlichen Klagen bereits in Michigan und Minnesota gescheitert waren.

Nun soll Boulevard etwas kreischiger und ruppiger sein als die gehobene Zeitung. Allerdings soll der «Blick» gar nicht mehr Boulevard sein, dekretierte seine oberste Verantwortliche. Ob Hossli das mitgekriegt hat?

Das nennt man üblen Konjunktiv- oder Vermutungsjournalismus. Das Urteil bedeutet sicher nicht eine Wende bei der US-Wahl, aber es «könnte». Denn ohne dieses Modalverb würde die ganze «Analyse» wie ein Soufflé zusammenfallen. Das ist Journalismus im Stil: Ich könnte im Lotto gewinnen, wenn ich sechs Richtige hätte. Oder: Wenn meine Oma Räder hätte, wäre sie ein Fahrrad.

Aber das ist die Voraussetzung fürs Aufblasen des Soufflés:

«Hat Donald Trump (77) einen Putsch angezettelt? Diese Frage dürften schon bald Amerikas oberste Richterinnen und Richter behandeln. Sagen sie mehrheitlich Ja, kann Trump nie mehr ein öffentliches Amt bekleiden. Sagen sie Nein, hat der ehemalige Präsident gute Chancen, erneut ins Weisse Haus einzuziehen.»

Faktencheck ist dabei Hosslis Sache auch nicht so: «In Michigan ist eine Klage noch hängig.» Nö, ist sie nicht; abgeschmettert.

Peanuts, aber dann pumpt Hossli weiter: «Geht er in Berufung, erhalten die US-Wahlen eine Wende, bevor eine einzige Stimme abgegeben worden ist. Wie im Jahr 2000 hätten neun Richter mehr Macht über das Wohnrecht im Weissen Haus als die rund 170 Millionen amerikanischen Wählerinnen und Wähler. Heisst das Gericht das Urteil von Colorado gut, wäre Trump in allen 50 Bundesstaaten von politischen Ämtern gesperrt

Kühne Interpretation, denn das Oberste Gericht der USA müsste im Fall einer Berufung ja nur entscheiden, ob das Urteil von Colorado Bestand hat oder nicht. Das gälte natürlich nicht automatisch für alle anderen Bundesstaaten.

Auch Hossli selbst ist da nicht ganz verfassungssicher:

«Lehnen die Richter in Washington die Berufung ab, wäre Trump nur in Colorado von den Vorwahlen ausgeschlossen

Also was denn nun? Lehnt das Gericht seine Berufung ab und stützt damit das Urteil von Colorado, wäre er dann nur dort oder überall von den Vorwahlen der Republikaner ausgeschlossen?

Hossli gibt allerdings sowieso Entwarnung: «Auf die dortigen Stimmen wäre er nicht angewiesen, um Kandidat der Republikaner zu werden.»

Wir fassen die Analyse zusammen. Dieses Urteil könnte eine Wende bedeuten. Trump könnte von den Vorwahlen in Colorado ausgesperrt bleiben. Ausser, er geht in Berufung. Dann könnte er in allen Bundesstaaten allenfalls nicht antreten. Oder nur in Colorado nicht. Oder so. Oder anders. Oder who cares.

Dieses Urteil bedeutet wohl keine Wende im US-Vorwahlkampf. Aber es hat immerhin einen wendigen Artikel provoziert. Vielleicht sollte der einfach als Anschauungsmaterial für die Journalistenschüler dienen. Um auch Konjunktiv-Journalismus zu betreiben, nach der Devise: seht Ihr, liebe Eleven, so sollte man das nicht machen. Immer schön die Fakten checken, keinen Vermutungs- oder Konjunktivjournalismus betreiben, sich nicht selbst widersprechen.

Das wäre eine gute Idee, vermutet ZACKBUM. Aber vielleicht sollte man sie nicht publizieren.

Aus dem Abwrackdock der Wörter

«Blick» erfindet die ständig ändernde Schlagzeile. Und ein Dichter kann sich nicht lesen.

Will der Leiter der Ringier-Journalistenschule seinen Eleven mal zeigen, wie man es wirklich nicht macht? Oder lässt Peter Hossli jeden Tag einen von ihnen eine neue Schlagzeile basteln?

Über seinem Illusionsporträt über eine Nikki (who is?) Haley stand zunächst «Vor Nikki Haley fürchtet sich Trump am meisten». Allerdings weist seine frühere Anhängerin einen Abstand von schlappen 50 Prozentpunkten auf Donald Trump auf. Nicht wirklich ein Anlass zur Furcht.

Also wurde am Titel geschraubt:

Und geschraubt:

Und geschraubt:

 

Man beachte auch das umweltfreundliche Recycling. In der nunmehr vierten Version wird als Unterzeile die Version der dritten verwendet.

Fortsetzung folgt …

Man soll auch mal loben. Auf den Hinweis von ZACKBUM, dass bei den People-News seit Ewigkeiten die gleiche Story zuoberst steht, reagierte die Online-Redaktion umgehend:

Allerdings war sie nicht in der Lage, in so kurzer Zeit einen selbst gebastelten Artikel aus dem Ärmel zu schütteln. Also übernahm das Qualitätsmedium einfach von «Spot on». Das ist so eine deutsche Tickeragentur mit einem Newsfeed, den man abonnieren kann, wenn man selbst nur beschränkt zu eigenen Leistungen im Stande ist. Was wohl Hossli davon hält? Allerdings: bislang ist es bei einer Titelversion geblieben.

Hier hingegen könnte man vielleicht noch ein wenig optimieren:

Der Titel passt inhaltlich irgendwie zum Büchner-Preisträger mit dem eingestanzten finsteren Gesichtsausdruck. Was uns allerdings der Lead sagen will, bleibt so dunkel wie sein umwölktes Gemüt. Eine Einladung stehe für vieles, was auf uns zukomme und ungelöst sei, auch wenn es dringend nötig wäre? Ist die Einladung dringend nötig, dass etwas auf uns zukommt oder das Ungelöste?

Aber das Ungelöste löst eine Gedankenkette aus, die offenbar irgendwie irgend etwas mit einer Art von Mentalität zu tun habe, deren geschmackvolle Bezeichnung wir nicht wiederholen wollen. Während aber rund 99 Prozent aller «Blick»-Online-Leser durch die Bezahlschranke vor weiteren Beschädigungen geschützt sind, kennt ZACKBUM keine Furcht …

Aber siehe da, im Original hat das «Essay» von Lukas Bärfuss einen anderen Titel, der aber auch nicht wirklich weiterhilft:

Wurst? Für die SoBli-Leser, die den Begriff nicht verstehen, hilft das Organ gerne weiter:

Ja, eine Bratwurst, soweit ist das Titelrätsel gelöst. Geht es Bärfuss nun um die Wurst? Oder schreibt er ein Essay über den guten Spruch «alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei»?

Irgendwie nein. Soweit man den dunklen Dichterworten folgen kann, hat Bärfuss eine Einladung der Parlamentarischen Gruppe Kultur erhalten. Das ist schön für ihn. Sofort denkt er daran, dass in den USA nächstes Jahr Präsidentschaftswahlen stattfinden. Mehr als das: «Hat die Demokratie eine Zukunft? Oder wird der autoritäre Staat im Sinne von Francis Hobbes siegen? Wie offen wird die Gesellschaft der Zukunft sein?»

Francis Hobbes? Meint er vielleicht Thomas Hobbes? Oder Francis Bacon? Oder beide? Oder nicht? Ist doch wurst.

Dann denkt der Dichter daran, dass auch in Deutschland und in Frankreich Wahlen stattfinden werden. Sogar in Indien! Dann denkt er an den Bericht des Club of Rome aus dem Jahr 2021. Dann denkt er daran, das 15 Prozent der Schweizer Jugendlichen kaum lesen können.

Er denkt aber nicht daran, dass sie das immerhin vor solch völlig wirrem, zusammenhangslosem Gebabbel eines Dichters schützt. Aber dann schreibt er ganz richtig: «Buchstaben zu formulieren, daraus Worte zu bilden, die Worte zu einem korrekten Satz zu bauen: Das ist komplex. Man braucht Jahre, um es zu lernen.» Und da hat Bärfuss, zusammen mit den Schweizer Jugendlichen, noch einen weiten, ganz weiten Weg vor sich. Der fängt schon damit an, dass selbst der ABC-Schütze wohl kaum «Buchstaben formuliert». Mann, o Mann, was für ein Banause.

Gegen Schluss erinnert sich Bärfuss daran, dass er irgendwie mit einer Einladung angefangen hat. Damit alles ein Ende hat, nimmt er diesen Gedankensplitter wieder auf. Denn offensichtlich ist die Einladung so dunkel-geheimnisvoll abgefasst wie seine Dichterworte: «Kultur ist uns Wurst, aber Wurst ist uns Kultur! Neu auch mit Vegiwürsten», stehe auf der «fleischfarbenen Einladungskarte».

Dann kommentiert der Dichter das, aber eigentlich kommentiert er sich selbst, wobei ihm das leider nicht bewusst wird: «Es ist nicht klar, was hier fehlt, ob Bildung, Scham oder Intelligenz, sicher ist nur, dass man diese Einladung auch dann nicht verstehen würde, selbst wenn man sie lesen könnte

Er hat nur das Wort Essay mit dem Wort Einladung verwechselt. Aber das ist verständlich, denn er würde ja sein eigenes Essay auch dann nicht verstehen, wenn er es lesen könnte.

ZACKBUM aber wiederholt seine Frage: Hat auch diese Quälerei kein Ende, oder wenigstens zwei?

Wir wollen lustig

Richtig, wir  schauen in den «Blick».

Medienkritik ist eine ernste Arbeit. Frustrierend, deprimierend, ein Waten im Sumpf des Unausgegorenen, Kurzgedachten, der Welt der Menschen, deren Selbstwertgefühl und die Überzeugung der eigenen Wichtigkeit umgekehrt proportional zur Bedeutung dessen ist, womit sie die Konsumenten langweilen und vertreiben.

Aber es gibt seltene Lichtblicke. So wie die Homepage des «Blick» am Sonntag. Ein Schenkelklopfer nach dem anderen. Zuerst das reine Wunschdenken:

Der «Leiter der Journalistenschule» Peter Hossli gibt seinen Schülern ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

Ein «Porträt«. Mehr als das: ein Wunschdenken. Allerdings mit Unsicherheitsfaktor «B+». Denn zunächst lautete der Titel: «Vor Nikki Haley fürchtet sich Trump am meisten». Aber das war Hossli offenbar zu direkt, also liess er abschwächen. Auch sonst wurde am Anriss noch kräftig gebastelt:

Dann lobhudelt er sie im Text als «Hoffnungsträgerin der moderaten Republikaner. Sie ist klug und besonnen, legt in den Umfragen mächtig zu und hat Chancen, die erste US-Präsidentin zu werden – aber nur, falls Donald Trump einbricht». Ein alter Hase, ein «falls» darf eben nie fehlen. Denn am Schluss muss Hossli einräumen, dass ihr Rückstand auf Trump «laut Umfragen 50 Prozent» betrage.

Erster Schenkelklopfer.

Dann der Ratgeber für «Blick»-Leser, die zu blöd sind, den Fahrplan zu lesen:

Eigentlich muss man zum neuen SBB-Fahrplan nur wissen, wie man im Internet oder auf der Anzeigetafel seine Verbindung findet.

Zweiter Schenkelklopfer.

Dann der Ratgeber, auf den alle Lüsterne gewartet haben:

Hübscher Titel, daher nicht vom «Blick», sondern vom Werbetreibenden, der hinter diesem bezahlten Inserat steckt, das zum Verwechseln ähnlich wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt.

Dritter Schenkelklopfer.

Dann ein Dreierschlag, damit die Oberschenkel brennen:

Interessiert noch jemand, an welchen Schuldgefühlen der abgehalfterte «Mr. Corona» leidet, was er über seine «neue Ehefrau» zu sagen hat? Lachhaft. Kündigung wegen Eigenbedarf, der dann nicht vorhanden war. Lachhaft unwichtig. Aber Frank A. Meyer, der Grossdenker im Taschenformat, ruft den «Klassenkampf» aus. Als überzeugter Jaguar-Fahrer sieht er den bei all den Grünen ausgebrochen, die nicht nur Zürich in «eine wahrhaft linksgrüne, weil autobefreite Stadt» verwandeln wollen.

Richtig erheiternd dann seine Lobeshymne auf das Auto: «Das Auto ist mehr als das Auto! Es ist Freiheit! Weil Mittel der Fortbewegung, wann immer ich will, wohin ich will. Ja, das Auto ist, was sein Name sagt: das Selbst. Das Ich

Wahnsinn, dafür müsste er einen Jaguar ehrenhalber bekommen, dieser kleine Platon. Wenn er noch geradeaus fahren kann. Wenn man ihn das noch tun lässt.

Nächster Schenkelklopfer.

Dann schon der nächste Ratgeber:

Aber leider, leider: «Jede Woche stellen wir im SonntagsBlick eine wichtige Frage. Dieses Mal wollen wir wissen, wie du Familienstreit während der Feiertage vermeidest. Die besten Rückmeldungen werden im SonntagsBlick Magazin vom 17. Dezember 2023 gedruckt.» Alles muss der Leser selber erledigen, unglaublich.

Schon wieder ein Schenkelklopfer.

Das hier ist unschlagbare Realsatire:

Die armen Schenkel.

Chefredaktor-Imitator Reza Rafi hat hingegen, vielleicht animiert vom eigenen Namen, einen Stabreim gefunden:

Hammer. Kellnern mit Keller-Suter. Kassieren mit Cassis. Animieren mit Amherd. Panaschieren mit Parmelin. Röhren mit Rösti. Beenden mit Berset. Bohren mit Baume-Schneider. Die nächsten Titel sind gesetzt.

Ach du Schenkel.

Diese People-Meldung ist dem «Blick» offenbar so wichtig, dass sie seit gefühlt einem Monat zuoberst steht.

Der Arm erlahmt.

Geht noch ein letzter Heuler? Natürlich, Auftritt des Mannes mit dem eingewachsenen finsteren Gesichtsausdruck. ZACKBUM weiss inzwischen, wieso der so grimmig schaut: Lukas Bärfuss muss ja seine eigenen Texte lesen! Das tut weh.

Anlass zum letzten Schenkelklopfer: die Bezahlschranke schützt den Leser davor.

Wumms: Peter Hossli

Ist der bald einmal gewesene Journalist schizophren?

ZACKBUM verfügt über einen Doktortitel. Allerdings nicht aus dem Gebiet der Menschenheilkunde. Dennoch machen wir uns hier Sorgen, als wären wir ein Psychiater. Anlass dazu ist Peter Hossli, Noch-NZZ-Redaktor.

Denn auf Seite 17 der aktuellen NZZaS gibt es den Kommentator Hossli. Der schimpft über die Medien: «Alle wissen immer alles und sagen es sofort weiter». Schrecklich, vor Kurzem noch hätten «viele Journalisten alles über die Pandemie» gewusst. Dann hätten sie sich schlagartig zu Credit-Suisse-Spezialisten gewandelt. «Drei Nächte später können sie Putin und die Sanktionen erklären.»

Das kann Hossli (noch) nicht, aber auf der folgenden Doppelseite erklärt er mit dem Noch-Leiter Hintergrund Michael Furger die Credit Suisse. Nachdem Hossli vorher die Pandemie erklärt hatte. Dann schlagartig zum Spezialisten für das Privatleben des Bundesrats Berset wurde und seine Erkenntnisse dem Publikum darbieten wollte.

Das liess man ihn nicht, worauf er grimmig dorthin zurückkehren wird, wo er herkam: zu Ringier.

Nun fragen wir uns, ob der gleiche Hossli den Kommentar und diesen Artikel über die CS geschrieben hat. Oder gibt es mehrere? Sprechen die miteinander? Weiss der eine Hossli, was der andere schreibt? Gibt es einen Jekyll-Hossli und einen Hyde-Hossli? Und wenn ja, welcher schreibt was?

Aber eben, ein Dr. phil. I ist da schnell einmal am Ende seiner Möglichkeiten. Vielleicht bräuchte es halt professionelle Hilfe, die wir nicht leisten können.

Wumms: Christoph Mörgeli

 

These ist gut. Widerspruch ist schlecht. Also ist Weglassen Trumpf.

Christoph Mörgeli hat seine Sternstunden. Der gut fundierte Hinweis darauf, dass Tamedia im Glashaus nicht mit Steinen auf die Bührle-Sammlung schmeissen sollte, war hervorragend. Denn die Coninx-Sammlung böte auch Anlass zu vertiefter Untersuchung. Nur kommt das keinem kritischen, unabhängigen Raubkunst-Jäger im Hause in den Sinn. Warum bloss?

In der aktuellen «Weltwoche» geht Mörgeli aber mit einer spekulativen These auf die Pirsch – und landet im Gebüsch. «Wer unterdrückte in der NZZaS die Berichterstattung über Bundesrat Bersets Affären?», raunt er inhaltsschwanger.

Nun wird’s einen Moment kompliziert. Mörgeli enthüllte einen Seitensprung samt Amtsmissbrauch. Daraufhin wurde er zuerst mit Schweigen bestraft, dann mit Kritik überschüttet. Nur Peter Hossli fügte in der NZZaS die nette Note hinzu, dass sich Bundesrat Berset mit der Staatskarosse vom Liebesnest in Freiburg im Breisgau nach Bern zurückkutschieren liess.

Dann schrieb Kurt W. Zimmermann die Räuberpistole, dass Hossli eigentlich noch viel mehr Munition gehabt hätte, aber Jonas Projer, frisch im Amt, seinen ersten Fehlentscheid traf und die fertige, zweiteilige Story abwürgte.

Liegt alles nur im weit, zu weit gefassten Streubereich der Wahrheit. Das hätte Mörgeli auf ZACKBUM nachlesen können. Nun klappert er noch mit seiner These hinterher, dass eigentlich der pensionierte und abgehalfterte Ex-Chefredaktor Felix M. Müller als Berater von Projer seine Finger im Spiel gehabt hätte. Der fällt regelmässig mit peinlichen Medien-Kolumnen auf.

Lass weg, was deine Räuberpistole stört, meinte Mörgeli offenbar. Also zählt er die wenigen Organe auf, die auf Zimmis Story aufsprangen. In der kurzen Liste fehlt allerdings das Online-Medium, das am ausführlichsten und am besten drüber berichtete.

Die Bescheidenheit verbietet uns, seinen Namen zu nennen. Wir sind doch nicht vom Aff bisse.

NZZaS: scharf beobachtet

Wir meinen zu wissen, was nicht drinsteht. Schauen wir uns an, was schon.

Gross angekündigt auf der Frontseite: eine Reportage von Peter Hossli. Also doch. Endlich. Der Höhepunkt eines Bundesrats-Porträts. Reingefallen: das Werk nimmt als dünnen Aufhänger, dass in Zürich höhere Hochhäuser gebaut werden sollen.

Viel Turm um nichts.

Darüber denkt zumindest das Hochbauamt nach. Wahnsinn. Konkret bedeutet das: vielleicht. Vielleicht noch zu unseren Lebzeiten. Nachdem in rund 25 Jahren die letzte Einsprache vom Bundesgericht abgeschmettert wurde. Im besten Fall.

Das NZZaS-Cover schmückt daher der Burj al Arab. Der ist allerdings 322 Meter hoch; in Zürich sollen möglicherweise, unter Umständen, so als Idee Bauwerke bis 250 Meter zugelassen werden.

Vielleicht etwas überhöht, diese Story. Aber faktentreu; den Bericht des Amts scheint’s zu geben. Obwohl der vom «Tages-Anzeiger» veröffentlich wurde.

Leider noch mehr Bad News von der NZZaS

Also eher Bad News von der NZZaS. Noch mehr davon: «Autorin» Patti Basler werde «Kolumnistin». Die Dame versteht sich selbst als «Satirikerin» wobei die Frage ist, ob sie dieses Wort versteht. Zur Burka-Initiative äusserte sie sich auf jeden Fall völlig sinnbefreit: «Eigentlich müsse man doch verbieten, dass Männer Frauen Kleidervorschriften machen dürfen. «Aber stattdessen will man Frauen verbieten, wie sie sich kleiden».»

Kürzlich machte sie mit «Penissimo» peinlich auf sich aufmerksam. Damit nicht genug, als das kritisiert wurde, keifte sie zurück:

«Wer dies missversteht, handelt entweder ignorant oder bewusst hetzerisch. Schade, dass du als Journalist hier zynische Satire betreibst und ich als Satirikerin die Fakten erklären muss.»

Verstand auch niemand so richtig. Das gilt übrigens auch für ihre erste Kolumne. Da geht es um eine Entenmutter, Erpel und Raben. Bei der Lektüre denkt der sexistische Leser: Herr, meinetwegen auch Herrin, lass Hirn vom Himmel regnen.

Gibt’s auch was Nettes zu beschreiben? Nun ja, der Besuch bei Panzern auf einer Touristeninsel vor Schweden ist zumindest eine launige Reportage. Zwar ohne grossen Erkenntniswert, aber schön, dass wir wissen, dass es Gotland wirklich gibt.

Manchmal blitzen Lichtblicke im Dunklem auf

Das Interview mit dem Chef des US-Think Tanks Carnegie in Moskau beweist, dass es auch intelligente und interessante Analysen zum Ukraine-Konflikt gibt. Zudem ist Dmitri Trenin der lebende Beweis, dass man dort durchaus Kremlkritisches sagen kann («Russland ist eine Autokratie, geführt von einem Zaren»). An dieser Doppelseite kann man höchstens, mit Nachdruck und wiederholt meckern, dass es nun wirklich kein Riesenfoto eines Putins am Schreibtisch, im Gespräch mit US-Präsident Biden, braucht.

Die Seite «Meinungen» ist sicherlich der absolute Tiefpunkt der Ausgabe. Neben Basler vertreten sich hier der Pensionär Felix E. Müller und die «Chefredaktorin Magazine» Nicole Althaus (53) die Füsse. Ihr Alter muss wenig galant erwähnt werden, weil sie sich Gedanken zu Schauspielerinnen macht, die «the last fuckable day» hinter sich hätten. So launig zitiert sie eine US-Komikerin zum Thema «Frauen nach Menopause». Probleme gibt’s.

Müller hingegen setzt seinen Feldzug gegen «rechte Medien wie «Inside Paradeplatz», «Weltwoche», «Nebelspalter» oder «Ostschweiz»*» fort. Für die sei das mögliche Ende der Pandemie eine schlechte Nachricht, weil sie bisher von der «Opposition gegen die Corona-Politik gelebt» hätten.

Ist zwar Schwachsinn; ohne den Widerspruch zu seiner These zu bemerken, räumt Müller immerhin ein, dass die «Ostschweiz» im – Gegensatz zur NZZaS und eigentlich allen anderen Medien – Ende 2021 die regelmässige Berichterstattung über Corona eingestellt hat. Aber wieso sich eine dem Wunsch, nicht der Wirklichkeit entsprechende These von solchen Details kaputtmachen lassen.

Ach, Einfalt und Dummheit im Interview

Das grosse Doppelseiten-Interview im «Hintergrund» ist zumindest nicht so abgründig schlecht wie das Lobhudel-Porträt über eine Anwältin. Da es aber die gleiche Autorin hat, trägt die «österreichische Gerichtspsychiaterin», die «laut über Dummheit» nachdenke, nicht wirklich Intelligentes zum Thema bei. Rafaela Roth entlockt ihr lediglich eine Kette von Binsenwahrheiten («Wie merken wir, dass wir etwas Dummes tun?» – «Nachdenken ist immer gut»). Hätte das die Autorin doch nur getan, bevor sie mit Frauenbonus (Frau interviewt Frau, welcher männliche Vorgesetzte würde es wagen, das als zu flach abzulehnen?) diese intellektuelle Wüste ins Blatt rieseln liess.

Zudem weist ein aufmerksamer ZACKBUM-Leser zu recht darauf hin, dass vor genau drei Monaten die gleiche Psychiaterin zum gleichen Thema in der SoZ interviewt wurde. Da erhebt sich die Frage, wieso die NZZaS dieses Interview nicht einfach per copy/paste übernahm …

Nebenbei, wenn Hossli weiblich wäre, wer weiss, ob seine Berset-Schnüffelei nicht erschienen wäre.

Leider hat auch der sonst sehr stabile Daniel Meier einen kleinen Schwächeanfall, indem er sich als Royal-Experte outet und zum 70. Thronjubiläum der Queen (cheers!) die Verleumdung der Royal Family in Spielfilmen und Serien («Spencer», «The Crown») beklagt. Der alte Recherchierhase ging dabei der Frage auf den Grund, ob auf dem Landsitz von Sandringham bis heute eine alte Waage zum Einsatz käme. Die Frage ventilierte er mit diversen anderen Royal-Experten, die aber auch keine belastbare Aussage machen konnten.

Was bleibt? Natürlich, dranbleiben, an der «Medienstelle der königlichen Familie». Die ist sich Kummer gewohnt: «Mehrere Anrufe und E-Mails nach London sind nötig, um die schlichte Frage stellen zu können: Wird die Waage in Sandringham noch gebraucht

Bevor die Spannung des Lesers zum Herzinfarkt führt; Meier liefert die Antwort:

«Das ist nichts, zu dem wir uns äussern möchten.»

«Wissen» beweist mit einer Doppelseite «Und nach Omicron?», dass auch die NZZaS viel mehr unter dem Abgang dieses Themas leiden wird, als es sich Müller vorstellen kann. Vielleicht bemerkt dann das Sonntagsblatt wenigstens, wo echter Sparbedarf existiert.

Wir kommen kurz zum Höhepunkt

Für seine Verhältnisse eher locker vom Hocker berichtet die jugendfreie NZZaS über die Schreckensvorstellung vieler Männer: «Wenn das Ende auf dem Höhepunkt kommt». Denn:

«Menschen mit Herzproblemen können nach der Anstrengung beim Sex sterben».

Huch. Aber die NZZaS gibt gleich doppelt Entwarnung: «Den Spass im Bett muss sich aber niemand verderben lassen». Denn: «Plötzlicher Herztod nach dem Sex tritt sehr selten auf». Warum dann diese Leserschreckung? Um auch mal ein schlüpfriges, wenn auch dampfverhülltes Symbolfoto abdrucken zu dürfen?

Da dampft’s anzüglich aus dem seriösen Blatt.

Und die «Wirtschaft»? Genau, nichts Nennenswertes. Ausser, jemand interessiere sich noch dafür, dass nun selbst die streng vertraulichen Lohn- und Bonuszahlungen bei Raiffeisen öffentlich verhandelt werden können. ZACKBUM wird nächste Woche die Anfrage starten, ob man bitte schön die Konten samt Bewegungen und aktuellen Stand einiger ausgewählter Prominenten und Politiker bekanntgeben könne.

«Kultur» kommt hinten hoch, das Magazin auch 

«Kultur» schliesslich fängt mit einem mässig geschriebenen Zeitgeist-Stück über eine neue Modeerscheinung namens «Selbstsorge» oder knackiger «Sweet Selfcare» an. Aber wer da schon wegschnarcht, verpasst einen brauchbaren Nachruf auf Endo Anaconda und eine Hinrichtung der «Geld»-Ausstellung im Berner Historischen Museum.

Richtig Glück hatte das «NZZaS Magazin». Nach mehreren gebotenen Hinrichtungen erfreut es mit einer witzigen Reportage über «Dschingis’ letzten Kahn», die das Niveau dieses Kalauers hält.

Stimmung auf dem Mongolen-Kahn.

Man wusste, dass Sylvester Stallone überzeugt ist, dass er besser malt als schauspielert.

Da muss man ihm zustimmen (wenn man von «Copland» absieht). Und Mark von Huisseling zeigt, dass er die Investition des Galeristen und Stallone-Vertreters Mathias Rastorfer wert ist (kam «nebenbei erwähnt für meine Reise und Hotelübernachtung auf»). Denn den People-Journalisten trieb es nach Hagen (Ruhrgebiet), wo zum 75. Geburtstags des schauspielernden Malers eine «Retrospektive» stattfindet.

Dort wurde ihm ein Interview in der handgestoppten Länge von «10 Minuten und 48 Sekunden» gewährt. Ein begabter Schreiber füllt damit fast drei Textseiten.

Das Thema «Konsumkultur» wurde hingegen wieder dermassen blödel-blöd absolviert, dass wir dazu einiges sagen würden. Wären wir nicht durch das zuvor Gebotene milde und gnädig gestimmt.

Wer will sich damit wirklich zum Deppen machen?

 

*Packungsbeilage: René Zeyer schreibt mehr oder minder regelmässig in dreien davon.