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Oh je, SoBli

Die Alternative zur NZZaS? Nein, ein Bruder im Geist.

Wie verzweifelt muss eine Redaktion sein, wenn sie so was zur Titelgeschichte macht, mitsamt eines verpixelten Fotos? Sehr.

Dann wird Chefredaktor Reza Rafi in seinem «Editorial» mal richtig frech: «Die Welt als Wille und Wermuth», lässt er schon im Titel wieder Bildung aufblitzen. «Die Welt als Wille und Vorstellung», Schopenhauer, wow.Viel hübscher war allerdings Niklaus Meienbergs «Die Welt als Wille & Wahn» über General Wille. Aber die Absicht zählt hier und soll gelobt werden.

Denn Rafi nimmt sich den irrlichternden SP-Co-Präsidenten Cédric Wermuth vor, der im Tagi unwidersprochen über Singapur hergezogen war und vor der Schweiz als «Alpen-Singapur» gewarnt hatte. Denn der Stadtstaat sei eine Art Hölle mit «tiefen Steuern und kaum sozialen, gleichstellungspolitischen oder ökologischen Regeln für Unternehmen».

Halt typisch Wermuth, der viel Meinung, aber wenig Ahnung hat. Oder wie Rafi sanft tadelt: «Mit den Fakten nimmts der Parteichef nicht so genau: Singapur kennt eine progressive Einkommenssteuer ganz nach sozialdemokratischem Gusto. Der Durchschnittslohn eines Nationalrats von etwas mehr als 130 000 Franken würde dort mit 19 Prozent besteuert. Punkto Gleichstellung gehört der Tigerstaat dank Gesetzen wie dem über «Fairness am Arbeitsplatz» zu den Musterschülern, auf dem «Gender Equality Index» der Uno belegt er den achten Platz. Im Umweltschutz ist man dank des ehrgeizigen «Singapore Green Plan» Asiens Zugpferd.»

Das nennt man voll eins auf die Zwölf, und das bei einem SP-Genossen und im SoBli. Rafi traut sich was. Das Ein-Mann-Investigativteam Fabian Eberhard allerdings auch. Der findet bekanntlich nicht einmal die Büroräumlichkeiten des Internet-Radios Kontrafunk. Aber einen abgeschobenen afghanischen Straftäter. Der jammert aus dem fernen Kabul, dass er wieder zurück in die Schweiz wolle und in seiner Heimat Angst habe.

Wohlgemerkt war sein Asylgesuch in der Schweiz abgelehnt worden, er blieb geduldet und wurde dann wegen schwerer Körperverletzung verurteilt und nun endlich zwangsweise abgeschoben. Ob Eberhard sich und dem SoBli mit so einer Story einen Gefallen tut? Der Leser wird kaum sympathisierend Anteil nehmen …

Dann geht’s bergab, beziehungsweise Richtung Advent und Weihnachten:

Ein Hammer-Titel, eine Hammer-Story, und einige Tassen Kaffee werden nicht reichen, um beim Lesen wach zu bleiben.

Mindestens so behämmert ist dieser Artikel:

Anscheinend soll es an der ZHAW eine Studentin geben, die angeblich Beziehungen zur «Jungen Tat» habe und sogar mit deren Anführer eine Beziehung unterhalte. Das ist ein kleiner rechtsradikaler Haufen. Nachdem sie sich um die Anzahl Dochte fürs Kerzenziehen Sorgen gemacht hatte, nimmt sich Sara Belgeri nun diesem Aufreger an.

Sie ist nicht mal Volontärin oder Anfängerin, also nicht entschuldigt. Sie berichtet, dass 63 «Studierende», also Studenten, einen offenen Brief unterzeichnet hätten, in dem sie behaupten: «Unsere Studienwahl repräsentiert das Ziel, jedem Menschen die bestmögliche Pflege und Unterstützung zu bieten. Diese Haltung wird jedoch infrage gestellt, wenn Studierende unserer Fachhochschule extremistische und menschenfeindliche Ideologien im Privatleben unterstützen und fördern.»

Die «Unterzeichnenden», also die Unterzeichner, denn irgend wann unterzeichnen sie nicht mehr, fordern, «dass die ZHAW Massnahmen ergreift, sodass die Hochschule ein sicherer, diskriminierungsfreier Raum bleibt, frei von extremistischen Ideologien». Und um dieses Ziel zu erreichen, diskriminieren sie selbst ungehemmt.

Nicht zum ersten Mal: «Bereits im Februar 2023 wurden von einer anderen Gruppe wegen der Studentin Plakate an der ZHAW aufgehängt. Darauf prangte das Gesicht von S. C. mit der Überschrift «Keine Neonazis an unserer Schule». Dazu die Frage: «Willst du eine faschistische Hebamme bei deiner Geburt?»»

Das ist ungefähr so blöd wie die Frage, ob man eine rote, grüne oder vegane Hebamme bei der Geburt wolle. Zudem ist es im höchsten Masse denunziatorisch, solche Plakate aufzuhängen und zukünftigen Mitarbeitern im Gesundheitswesen zutiefst unwürdig. Zum Schluss zitiert Belgeri das woke Geschwurbel einer anonymen Mitstudenten:

««Vor allem Personen mit Migrationsgeschichte oder queere Studierende fühlen sich nicht sicher.» Teil des Studiums seien Themen wie Schwangerschaftsabbruch oder Intergeschlechtlichkeit – darüber zu diskutieren, würde sich nicht gut anfühlen, wenn S. C. dabei sei. «Ich habe das Gefühl, mich im Unterricht nicht frei ausdrücken zu können, wenn ich weiss, dass eine Mitstudentin diese Ideologie vertritt.»»

Kritik an dieser völlig verpeilten Aktion, dieser offenen Diskriminierung mitsamt Safe-Space-Geschwafel? Fehlanzeige.

Aber jetzt kommen wir zu einem absoluten Höhepunkt des Blatts, ein Überhammer, das hat sonst keine einzige Sonntagszeitung, ja nicht mal eine Zeitung:

Dieses Magazin wollen wir nun achtsam männlich lesen, wenn uns das möglich ist. Ganze drei Redaktor*Innen** verantworten immerhin 62 Seiten dieser Beilage, die neben dem SoBli auch noch die Leser*Innen** der «Schweizer Illustriert*In» und der «Handels- und Händlerinnenzeitung» erfreut.

Peter Hossli, der Tausendsassa und Oberfeminist, schreibt die Aufmacherstory:

Dabei lehnt er sich mutig aus dem Fenster: es sei eine Ablehnung der woken Identitätspolitik, der dümmlichen Idee, dass nach Geschlecht, nicht nach Fähigkeit gewählt werden solle. «Gewonnen hat, wer als besser wahrgenommen wurde. Dies ist nicht nur negativ, wenn das Ziel eine gleichberechtigte Gesellschaft ist». Nicht nur negativ? Ob Hossli da ohne Prügel davonkommt?

Er wird noch frecher; ob er damit davonkommt, dass er sich hinter einem Zitat versteckt?

Gute Analyse, aber muss diese komische (weibliche?) Typo sein?

Dann lässt’s aber nach (ui, das ist sicherlich die Meinung eines CIS-Mannes, also eines alten, weissen Sacks). Denn es kommen Reminiszenzen an den Frauenstreik von 1991, an ein Pärchen, das «in den 80er-Jahren einen Rollentausch» wagte, an die Gründerinnen des ersten Frauenhauses der Schweiz.

Dann eine Prise «Journalistin schreibt über sich selbst». Hier die Chefredaktorin der «Schweizer Illustrierte». Statt sich um die Auflage Sorgen zu machen, fragt sie sich, ob sie eigentlich eine Pionierin sei. Wie findet sie’s raus? Indem sie bei Wikipedia nachschlägt, was das eigentlich sei. Da verstummt der Mann.

Dann eine Story, der man eine gewisse Exotik nicht absprechen kann. Oder hätten Sie gewusst, dass es einen Verein «QueerOfficers Switzerland» gibt?

Eine People-Story nach der anderen, bei denen es nur um eines geht: eine Frau im Zentrum. Wo bleiben denn eigentlich wir Männer (also die, die nicht queer sind)? Wo ist unsere Equal Voice? Müssen wir unsichtbar werden, damit Frauen sichtbarer sind?

Aber wahrscheinlich ist es so, dass Pimmelträger sich in dieser Welt verloren vorkommen.

 

 

Und lebt. Oder so

«Interview by Ringier» hat die vierte Ausgabe, nun, gedruckt.

Denn ob 110’000 Exemplare wirklich einen anderen Abnehmer als die Altpapiersammlung finden, man weiss es nicht. Man weiss allerdings auch nicht mehr, ob so viele gedruckt werden. Auf jeden Fall ist das Cover schön bunt und in hoffnungsfrohem Grün gehalten:

Die aufgeführten Interviewten haben allerdings etwas Gemeinsam: sie lösen Gähnreflex aus. Marina Abramovic, echt nochmal? Jacques Herzog? Der hat ja noch nie was gesagt. Margarita Louis-Dreyfuss? Wie geht’s denn Phillip Hildebrand? Tyler Brûlé, der meistüberschätzte Selbstvermarkter der Gegenwart? Au weia.

So richtig fröhlich tanzen nur die beiden Pudel im merkwürdigen Logo.

Aber es gibt Neues. Das Sponsoring durch UBS und Peugeot ist weg. Die Auflagenhöhe ist auch weg. Beda Achermann als AD ist ebenfalls weg. Berset ist natürlich weg. Susanne Walder und Peter Hossli sind immer noch in der Chefredaktion.

Und was kommt raus, rein, womit wird der Leser unterhalten? «Tyler, wo treffen wir dich heute an? – Du findest mich hoch über Dubai an einer Technologiekonferenz.» Das würde er auch sagen, wenn er gerade in London in einem McDonald’s sässe.

Da darf der in der Schweiz überschätzteste Selbstdarsteller natürlich nicht fehlen: Frank Bodin. Offenbar hat Ringier ihm schon verziehen, dass er die Logos der «Blick»-Familie so verhunzte, dass das Regenrohr und die Kästchen schnell entsorgt werden mussten.

Wenn die Interviews schon überspannt langweilig sind, dann dürfen die Fotos dem natürlich nicht nachstehen. Was wohl Louis-Dreyfuss von diesem Quatschschnappschuss hält?

Soll das dem Wort «Brett vor dem Kopf» eine neue Bedeutung geben, hier als Ast vor dem Kopf?

Wir sind bereits beim Überblättern bei Seite 103 angelangt, und können immerhin das erste Mal herzlich lachen. Denn hier wird Patrick Forte interviewt. Patrick who? Na, der «Leiter Corporate Finance Schweiz bei der UBS». Nach einem Autor sucht man vergebens, nach kritischen Fragen auch. Ganz am Schluss kommt dann die Auflösung; bis dahin meinte man, das sei ein redaktioneller Beitrag: «Präsentiert von der UBS Schweiz».

Dann kommt ein Hammer-Interview mit Samantha Anderson. Samantha who? Na, die Gründerin eines Start-ups für die Wiederverwertung von Plastik. Mega. Deshalb: «Präsentiert von UBS Schweiz».

Gefolgt von einer Agenda von Kunstausstellungen. Immerhin etwas Niveau. Wobei: «Sponsored Content, dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit den aufgeführten Galerien umgesetzt». Zusammenarbeit? Die Galerien haben diesen Werbeplatz gekauft und bespielen ihn.

Fehlt noch eine abgenudelte Erfolgsstory? Richtig, da kommt einem doch sofort die Schuhmarke On in den Sinn. Die ist tatsächlich unkaputtbar. Hoher Anspruch, hohe Töne. Dabei vor allem eine unglaublich hohe Profitspanne, während alle Behauptungen, in Vietnam korrekt und anständig zu produzieren, hohles Gewäsch sind. Aber kritische Fragen stellen, das ist nicht so das Ding von Chefredaktorin Walder.

Aber die gute Nachricht ist dann: mit Seite 140 ist’s überstanden. Allerdings, das muss der Neid lassen, das Blatt ist ziemlich gut gefüllt mit Luxusinseraten. Daher steht zu befürchten, dass es noch weitere Ausgaben geben wird.

 

Rasender Reporter Hossli

Auf dem letzten Titel von «Domo» verewigt, wer kann das schon von sich sagen.

Ist das ein Symbolfoto oder ist das keins:

Also der Herr rechts ist ein Uncle-Sam-Darsteller. Der Herr links ist Reporter-Darsteller? Schwer zu sagen, denn auf dem Cover der Hauszeitschrift von Ringier wird er nur als «unser Reporter» bezeichnet. Soll das etwa heissen, dass der ganze Verlag nur einen einzigen hat?

Immerhin, in ihrem letzten Editorial löst Chefredaktorin Katrin Ambühl das Rätsel auf: Es handelt sich um den «Leiter der Ringier Journalistenschule Peter Hossli». Der war ganz schön ausser Puste: «Es ist, als würde man fünf Bälle gleichzeitig jonglieren», sagt der Amerikakenner in seiner Reportage für DOMO».

Der Titel der Reportage zeigt dann, worum es eigentlich geht:

Was hat Hossli denn von seiner Reportage mitgenommen? «Es ist ein Rausch, der nicht endet. Am nächsten Morgen sind die Mails aus Zürich schon da. Bitte eine weitere Analyse zu Harris. Okay, da passiert Historisches, Pausen gibt es, wenn nichts mehr läuft».

Aber wie der Titel verrät Hossli auch hier, wer eigentlich das wichtigste Objekt und Subjekt seiner Reportagen ist: «Ein ehemaliger Kollege von der NZZamSonntag meldet sich. Das sei etwas vom Besseren, was er in den letzten 24 Stunden gelesen habe. Die kleine Wertschätzung stellt auf», und muss den Lesern der Hauszeitschrift übermittelt werden.

Auch in der Schlusspointe kommt eigentlich nur einer vor, gespiegelt an anderen.

«An einem wirklich freien Tag besuche ich Williamsburg in Brooklyn. Dort wohne ultraorthodoxe Juden. Fast alle Männer telefonieren mit einem alten Flip-Phone. Warum nicht Smartphones? Ein Ladenbesitzer erklärt es mir: «Unsere Telefone haben keinen Internetzugang. Wir wollen nichts wissen, und unsere Kinder sollen nichts wissen.»
Er will nichts wissen, weil der glaubt. Dieser Mann hat die gleiche Anzahl Chromosomen wie ich – und ist das Gegenteil von mir. Ich will alles wissen. Ein Bedürfnis, das dieser Sommer stillt.»

Trotz gleicher Chromosomenzahl ist also ein ultraorthodoxer Jude das Gegenteil von Hossli. Und will ihm auf die Nase binden, dass sie kein Internet benutzen und ihre Kinder keine Smartphones haben, offen oder versteckt. Nun ja.

Hossli hingegen wolle alles wissen. Aber wollen wir wissen, was er weiss? ZACKBUM musste sich schon mehrfach mit dem Wissensdurst von Hossli befassen. Das waren keine beeindruckenden Begegnungen mit einem herumgaloppierenden Hossli.

Aber je nun. Chefredaktorin Ambühl darf sich einen neuen Job suchen. Das Hausmagazin wird kurz spitz eingestellt, keine Abschiedsnummer, nix. Aus die Maus. also kann Hossli hier auch keine Selbstbespiegelung mehr betreiben. Aber solange er noch herumreisen darf und solange es die Ringier Journalistenschule noch gibt …

Ach, NZZaS

Quo vadis, wie der Lateiner im Denkerblatt sagen würde.

Selbst der eher sanftmütige Peter Rothenbühler hat die Nase voll. Das Blatt verlottere zusehends, und Chedredaktor Beat Balzli möge doch bitte, bitte, keine Editorials mehr schreiben, bei denen einem die Füsse und das Hirn einschlafen.
Sagt ZACKBUM schon länger.

Auch die neuste Ausgabe will das – leider – beweisen.

Das Editorial trägt den Titel «Der Dichtestress ist das kleinere Übel als …» Offenbar geht Balzli zu recht davon aus, dass sowieso keiner weiterliest. Wer’s aber dennoch tut, wird mit einer Anekdote aus dem deutschen Trash-TV über Auswanderer bestraft.

Apropos eingeschlafenes Gesicht, das hier soll Kaufreiz auslösen?

Die (gähn) 10-Millionen-Schweiz, Trump und die Nahrungsmittel (schnarch), Machtmissbrauch der UBS (nun auch die NZZaS), «Tödlicher Sex» (huch), und als Duftnote: «Röstis Bruder spritzt Gülle auf geschützte Wiese» (Sippenhaft).

Auch die grafische Gestaltung des Blatts setzt Massstäbe – nach unten:

Sowas wäre selbst Verwendern von CoralDRAW zu peinlich. Apropos, «Rapper vs. Swift», die musikalische Auseinandersetzung im US-Wahlkampf, ein ganz zentraler Aspekt wird hier von Andreas Mink aufgegriffen. Ist halt auch blöd, wenn man sich ständig etwas aus den Fingern saugen muss – statt einfach mal pausieren.

Aber immerhin, kleine Lichtblicke gibt es auch:

Die NZZaS kümmert sich auch um Wichtigeres als eine misslungene Provokation eines Politik-Pin-up, nämlich um das Massaker, die Tragödie, den Menschheitsskandal im Sudan. Wo die Welt zuschaut, wegschaut. Falsche Gegend, falsche Hautfarbe.

Apropos 10-Millionen-Schweiz, ob das subversive Absicht ist?

Grossbritannien sei einstmals Vorbild bei der Integration von Ausländern gewesen (wann?). Aber nun nähmen Muslime immer mehr «Raum in der Gesellschaft ein. Und die Politik tut rein gar nichts», gesteht Bettina Schulz.

Dann bricht wieder das grosse Gähnen aus:

Wenn es ein Thema gibt, über das alle alles gesagt haben, das von oben, unten, links und rechts beäugt wurde, dann das. Deshalb ist ZACKBUM ein Ameti-freier Raum – und wird das auch bleiben.

Wie schön wäre es, wenn die NZZaS eine Patti-Basler-freie Zone würde. Denn wenn die sich über Satire Gedanken macht, dann kann man das nicht einmal als Realsatire nehmen. Hier schlafen nicht die Füsse ein, aber die Zehennägel rollen sich nach oben vor peinlicher Berührtheit.

Dass Peter Hossli, zufällig Leiter der Ringier-Journalistenschule, über die «Journalistenschule als Geschenk für die Schweiz» salbadern darf – die Ergebnisse ihrer hochkarätigen Ausbildung kann man täglich im «Blick» bewundern –, ist selbst als Kollegensolidarität einem ehemaligen Mitarbeiter gegenüber hochnotpeinlich.

Der Aufmacher der «Wirtschaft» zeigt, dass der AD sich weiterhin austoben darf. Rohes Fleisch mit einem Text, der kaum lesbar ist, wieso steht da nicht besser schwarz auf weiss (oder weiss auf schwarz): Überblätter mich!

Wer zusehen will, wie einer Kolumnistin die Luft und die Themen ausgehen, sollte sich die einstmals grossartige Kolumne «Geld & Geist» reinziehen:

Auch auf die Gefahr hin, wieder als misogyn abgestempelt zu werden: eine Kolumne, die so beginnt, bettelt darum, nicht gelesen zu werden: «Vor kurzem hörte ich einem Gespräch über Emotionen zu.» ZACKBUM ist zu höflich, um die Emotionen zu beschreiben, die den Leser überkommen.

Aber ZACKBUM ist auch furchtlos; wir haben quer weitergelesen. Und sind über diese Perlen gestolpert:

«Fakt ist: Jeder Mensch hat Gefühle … ein Gefühlsvokabular aufbauen … am allerwichtigsten ist jedoch, Gefässe für den Austausch von Gefühlen zu schaffen».

Hier braucht es ein ganz, ganz grosses Gefäss, um Dampf abzulassen, dass man mit solchem Flachsinn belästigt wird. Dass es für diese Geistlosigkeit noch Geld gibt …

Jetzt aber, Männer, aufgepasst, ihr könnt mit dem Geschlechtsakt zu Mördern werden. Ungelogen: «Sex kann Auslöser allergischer Reaktionen sein. Männer übertragen mit ihrem Sperma Stoffe, die sie Stunden zuvor zu sich genommen haben – das Liebesspiel endet so gelegentlich tödlich».

Wahnsinn. Männer, verwendet Kondome. Aber sicherheitshalber auf nüchternen Magen.

Dann kommt Serie, Teil zwei. Nachdem in der letzten NZZaS einige Schweizer Kunstschaffende abserviert wurden, nun die vorhersehbare Fortsetzung: «Jung, unkonventionell und mit Mut zum Risiko». Neue, junge Künstler, hereinspaziert; NZZaS-Autoren zeigen ihre subjektive, nicht wirklich interessante Auswahl.

Schliesslich hat sich Linus Schöpfer das «City Bid Book» besorgt; die Gebrauchsanweisung, wie der ESC zu organisieren sei. Das wurde von der SRG an interessierte Städte verteilt, sollte aber geheim bleiben. «Ätsch, Öffentlichkeitsgesetz» sagte Schöpfer. Nicht schlecht, sozusagen ein leise versöhnlicher Ausklang.

Aber: Jonas Projer wurde von der eigenen Redaktion weggemobbt, weil er zu sehr gegen deren Schrebergärten, Hobbys und Überheblichkeiten anging. Dass sich damit die Redaktion selbst ins Knie schoss und nun zu grössten Teilen der NZZ angeschlossen ist, Künstlerpech.

Balzli lässt alle machen, inklusive ein unterirdisches Layout. Da er selbst nicht mal ein interessantes Editorial hinkriegt, dürfen sich alle Schreiber austoben, wie es ihnen drum ist. Oder anders gesagt: wer ein Aufmacher-Meinungsstück über ein verglühtes Politik-Sternchen zulässt, hat die Kontrolle über sein Blatt verloren.

Wenn Eric Gujer gerade mal nicht mit Weltenlenken beschäftigt ist, wird er etwas unternehmen. Aber wahrscheinlich rettet Balzli vorläufig noch, dass man nicht wieder so ein Schlamassel wie bei der Nachfolge von Projer anrichten möchte. Nur: welches Schlamassel ist letztlich grösser, das im Blatt oder das einer rumpeligen Nachfolge?

 

Was macht der SoBli ohne Attentat?

Dass Printprodukte gedruckt und distribuiert werden müssen, ist manchmal schon blöd.

Daher wirkt das Cover (wie natürlich bei der NZZaS und der Sonntagszeitung auch) ziemlich aus der Zeit gefallen:

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Idee einer «Reise durch das Hinterland der USA» nun so einen Bart hat. Daran versuchte sich schon Claas Relotius mit zweifelhaftem Erfolg. Fast noch schlimmer war die Start-Reportage der «Republik», als zwei Jungjournalistinnen fast so viel über ihre eigenen Bauchnabel wie über ihre Reise schrieben. Und vieles davon ebenfalls nicht korrekt war.

Nun also Peter Hossli. Der lässt sich unerschrocken in einem Coiffeursalon für Schwarze abbilden. Ob noch jemanden seine Haarspaltereien interessieren? Unfreiwillig komisch ist auch das Editorial von Reza Rafi: «In Wirklichkeit betrachten wir in den USA das Wirken einer freien Demokratie: Spitzenpolitiker werben um die Gunst des Souveräns». Na ja.

Bildung ist beim SoBli so eine Sache. Da kommentiert der «Bundeshausredaktor» Raphael Rauch mit dem Holzhammer: «Die Fälle Schauspiel und Bührle machen deutlich: Zürichs Kulturpolitik ist gaga». Aber schon mit seinem ersten Satz wird’s dada: «Für Bertolt Brecht war das Theater eine moralische Anstalt.» Das ist nun ziemlich gaga, denn vielleicht meint Rauch die Rede von Friedrich Schiller: «Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet». Die stammt allerdings von 1784, während Brecht doch ein wenig später lebte.

Und mehr so an ein episches Theater dachte, aber das zu erklären, das würde hier zu weit und Rauch sicherlich in Wallungen treiben. Aber es ist eine der vielen kulturbanausischen Peinlichkeiten des modernen Journalismus.

Gut hingegen die Abrechnung mit den Gaga-, Pardon, Baba News. Die fielen durch ruppige Meinungen über den Nahen Osten auf. Das ist erlaubt. Dass sie sich dann lautstark beschwerten, dass man das nicht mit Steuerfranken subventioniere, war dann etwas kindisch.

Nun zeigt aber eine weitere Stornierung von Steuergeldern das ganze Elend dieser Plattform, einstmals ein bejubeltes Vorzeigeprojekt für linke Gutmeinende.

Das ist nun nassforsch, aber der Reihe nach. «Content-Stopp» nennen die Macherinnen, was auf Deutsch heisst: Ende Gelände, in wenigen Tagen ist Schluss. Weil keine Kohle mehr da ist. Das wiederum liegt daran, dass es nicht genügend zahlungswillige Leser gibt. Der Grund ist aber auch, dass die «Fachstelle für Rassismusbekämpfung» entschieden hat, Baba News nicht 40’000 Franken für ein «Online Seminar» reinzuschieben.

Damit wollte Baba News Lehrer und Schulen für Hassrede und Rassismus sensibilisieren. Aber offensichtlich war das Gesuch dermassen schludrig abgefasst, dass keine pädagogische Expertise zu erkennen war. Wobei interessant bleibt, dass Baba News auf diese Weise schon in der Vergangenheit massig Kohle kassierte; insgesamt 68’500 Franken.

Noch toller ist aber, dass die Macherinnen behaupten, «politischer Druck» sei ausschlaggebend für den negativen Entscheid gewesen. Das habe man ihnen telefonisch mitgeteilt. Über mangelnde fachliche Qualifikation schweigen die Baba News.

Fabian Eberhard vom SoBli hat bei der Chefredaktorin Albina Muharti nachgefragt, wieso diese Begründung verschwiegen werde. Saukomische Antwort: Da Baba News die staatliche Stelle nicht namentlich genannt habe, die den «Finanzierungsantrag ablehnte, könne man nicht auf die Fragen vom SonntagsBlick eingehen».

Das ist nun wirklich zum Totlachen. Journalistinnen, die sich dermassen kindisch und unprofessionell verhalten, wenn man sie dabei ertappt, ein sehr selektives Verhältnis zur Wahrheit zu haben, haben wirklich und definitiv keine Steuerfranken verdient. Dass es nicht einmal genügend zahlungswillige Konsumenten gibt, bedeutet dann schlichtweg das Aus.

Das ist nicht schade. Das ist fort  mit Schaden.

Balla, balla

Langsam gehen uns die Titelvarianten aus. Aber Spass muss sein in dieser trüben Welt.

ZACKBUM ist inzwischen überzeugt: die glückliche «Blick»-Familie mit einer unübersehbaren Anzahl von Häuptlingen (wie geht da eigentlich die weibliche Form davon?) hat einen disruptiven Kurswechsel vorgenommen. Keine nackten Frauen mehr, kein Sexratgeber mehr, keine Busen mehr, dafür viel Büsis und höchstens einen Sprutz Blut, das sind nur oberflächliche Korrekturen.

Auch absurde Ratgeber wie das richtige Verhalten gegenüber der Klobrille oder beim Eierschälen: alles Oberflächenphänomene. Dahinter steht eine tiefere Absicht, ein neuer Ansatz, ein Geheimplan, der hier weltexklusiv enthüllt wird.

«Blick» in all seinen Ausformungen soll eine reine Leser-Bespassungsveranstaltung werden. Wir führen den Beweis und beginnen gleich mit dem stärksten Indiz. Was gibt es im Moment in der Schweiz Traurigeres als die Toten im Wallis? Da ist es gar nicht so einfach, dieser Tragödie Komik abzugewinnen. Aber «Blick» hat diese fast übermenschliche Aufgabe gemeistert:

Sechs grob verpixelte Porträts, dasjenige der noch Vermissten pietätvoll vergrössert, das Ganze um das Schneeloch drapiert, in dem fünf der Toten verzweifelt Unterschlupf suchten. Menschen mit schwächeren Nerven mögen das für pietätlos halten, aber die meisten erkennen doch wohl die satirische Qualität dieser Darstellung.

Hingegen fragt man sich bei dieser Bebilderung, ob man weinen oder lachen soll:

Gut jedenfalls, dass der «Blick» hier noch für mehr Unterhaltung sorgen will:

Gibt’s da eigentlich ernsthaft Beratungsbedarf? Aber immer:

Wobei: die erklärenden Worte der «Paar-Therapeutin» Margareta Hofmann werden nur Plussern bei «Blick+» zuteil. Schnief; da mischt sich ein trauriges Tränchen in die Lachtränen. Wobei, Hofmann ist sozusagen die Allzweckwaffe im Paartherapie-Bereich. Ob eine «junge Ehe schon ein Therapiefall» ist, ob es eine «zweite Chance für die Liebe» gibt: Paartherapeutin Hofmann erklärt und rät, manchmal mit Bindestrich, manchmal ohne.

Jetzt aber mal kurz eine ernste Warnung:

Überdosis Muskatnuss? Soll uns denn der Kartoffelstock verleidet werden? Aber nein, nachdem vor der Todesnuss gewarnt wurde, gibt «Blick» Entwarnung. Bislang seien weltweit erst zwei Todesfälle durch eine Überdosis Muskatnuss bekannt. Prust.

Ach, und hier muss man von einer eigentlichen Serie sprechen; nach dem Grosserfolg weiter oben versucht’s der «Blick» nochmal im Kleinen:

Eigentlich spricht man im Journalismus in solchen Fällen von einer Bild-Text-Schere. Der «Blick» serviert das dem Leser aber sicherlich zur Unterhaltung:

Was guckst du? Was guckst du grimmig bei Jubelerfolg? Aber immerhin, der Mann ist nicht verpixelt.

Das hier ist nun ein ziemlich komplexer Scherz für Insider:

Dieses Interview hat der in den USA fremdgehende «Leiter Journalistenschule» Peter Hossli geführt. Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass es echt ist. Allerdings brach genau dieses Thema dem «Spiegel»-Fake-News-Autor Claas Relotius das Genick. In einer Reportage über Bürgerwehren an der Grenze zwischen den USA und Mexiko wollte es Relotius gelungen sein, mit einigen Exponenten dieser sehr verschlossenen Gruppen zu sprechen. Wie Nachrecherchen ergaben: es war geflunkert. Erfunden. Hatte nie stattgefunden.

Das konnte Hossli nun mit seinem Interview des Präsidenten der «Patriots for America» nicht passieren. Die haben eine Webseite, sind stolz auf ihre vielfältigen Medienkontakte, und gerade erst hatte Samuel Hall in «Newsweek» länglich seine Ansichten ausbreiten dürfen. Also passt hier zumindest das amerikanische «it’s ironic», dass ihn Hossli nochmals das Gleiche sagen lässt, was er schon «Newsweek» erzählte.

Wir kommen bereits wieder zum Absackerchen:

Früher war eine Reiseexpertin noch eine Reiseexpertin, heute ist sie die Pressetante von Hotelplan. Wobei der Insiderwitz ist, dass Migros das von Dutti gegründete Reisebüro loswerden will. Vielleicht deshalb gibt es solche Tipps:

Zum Beispiel mit dem Zug nach München. Wunderbare Sache. Nur: der Zug hat notorisch Verspätung. Oder auch nicht; wenn gestreikt wird, fällt er ganz aus. Da die Lufthansa auch streikt, bleibt dann eigentlich nur noch der Mietwagen für den Rückweg. Oder vielleicht eine Wanderung durchs Allgäu?

«Blick» in die USA

Man kann die Berichterstattung wirklich nicht mehr ernst nehmen.

Von Tamedia hat sich ZACKBUM diesbezüglich schon verabschiedet. Nun sagen wir auch leise Servus zum einzigen Organ mit Regenrohr im Logo. Denn da gluckert nur verdünntes Wasser durch. Wie das geht? Keine Ahnung, aber es geht.

Da hätten wir den einschlägig bekannten «USA-Kenner» Peter Hossli. Der vernachlässigt seine Pflichten als Leiter der Ringier Journalistenschule und gurkt auf Redaktionskosten durch die USA. Und beglückt den Leser mit Erkenntnissen wie: «Der Verlierer der republikanischen Vorwahlen am Super Tuesday heisst: Joe Biden (81). Dabei stand der Präsident bei den Republikanern gar nicht zur Wahl.» Ist’s auch gaga, so hat’s doch Methode. Aber glücklicherweise schützt die Bezahlschrank fast alle «Blick»-Leser davor, damit belästigt zu werden.

Aber die News von gestern ist von heute aus gesehen schon längst versickert. Denn nun gilt:

Warum? Weil der Mann so schrecklich geliftet ist, dass er wie eine Mumie auf Urlaub aussieht? Auch hinter der Bezahlschranke verborgen, räsoniert Samuel Schumacher: «Der US-Präsident legte in seiner Rede zur Lage der Nation einen brillanten Auftritt hin.» Da fragt man sich zunächst: was erlauben sich Schumacher? Der ist kein Head, kein Chief, kein Leiter, kein Chef, der ist einfacher «Ausland-Reporter» mit einem Auslauf, der ungefähr so gross ist wie sein Desk in der Hölle des Newsrooms.

Was hat denn Joe Biden gewuppt? «Eine Stunde und sieben Minuten lang sprach, ja rief Biden seine Rede mit ganz wenigen Versprechern in den Saal, zeigte sich kämpferisch und witzig, gut gelaunt und zuversichtlich.»

Wahnsinn. Gibt es auch Wermutstropfen? Ach, kleine, ganz kleine:

«Klar: Biden musste sich hie und da räuspern (eine Folge seines Säurereflux, unter dem etwa jeder fünfte Erwachsene leidet). Klar: Hie und da verhaspelte sich der auffällig schnell sprechende Präsident. Aber: Biden war witzig.»

Säurereflux, hat fast jeder, kein Problem, sagt Dr. med. Schumacher. In Rücksichtnahme auf den angenommenen IQ des «Blick+»-Lesers (Devise: wie kann man nur so blöd sein, dafür Geld auszugeben), macht Schumacher immer schön ein Fazit: «Stark! Trump wird schäumen! Biden ergreift im Nahen Osten die Initiative.»

Wunderbar, der Mann ist in einen Gesundbrunnen gefallen und hat Rejuvenierungspritzen gekriegt. Oder doch nicht? «Über weite Strecken hielt sich der US-Präsident an die sorgfältig ausgearbeiteten Sätze seiner Rede.» Aber dann, oh je: «Sobald er improvisieren muss, wird’s rasch schwierig für Biden. Und: In den drei bereits festgelegten Debatten gegen Donald Trump im Herbst wird er keine Teleprompter haben

Da machen wir doch auch mal ein Fazit, dem «Blick»-Niveau angepasst. Der 81-jährige Präsident ist noch in der Lage, einen Text weitgehend stotterfrei vom Teleprompter abzulesen, den ihm die besten Wortschnitzer der USA gebastelt haben. Super Leistung. Weicht er einmal davon ab, kommt er ins Haspeln und Stolpern. Beunruhigend.

Fazit: Hossli und Schumacher sollten sich mal ins Vernehmen setzen. Fazit: ist ein geliftetes, weisse Gesicht unter schütterem und schlecht drapiertem Haar abschreckender oder ein mit zu viel Bräuner zugeklatschtes Gesicht unter einer hellorangenen Fantasiefrisur, auf die Kim der Dickere eifersüchtig ist?

Schwierige Frage. Aber nicht einmal darauf antwortet der «Blick». Thema erledigt.

Schön, dass es Montag ist

Denn der Sonntag war mal wieder grauenvoll.

Die Berichterstatterpflicht ist manchmal eine Bürde, für die es einen ganzen Kerl braucht. Glücklicherweise besteht ZACKBUM nur aus ganzen Kerlen.

Denn was soll man hierzu sagen?

Pet, Winterhotels, ein aktuell gehypter Schauspieler, alte News aus Kiew, und die «armen Alten». Wieso traut sich die «SonntagsZeitung» nicht, auf ein leeres Papier die Worte zu drucken: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. Zum Beispiel «Weltenbrand» von Richard Overy. 1520 Seiten, da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Seufz. Ist denn die «NZZamSonntag» wenigstens besser?

Ein kolorierter Kafka mit roten Lippen, dem Mann bleibt auch keine Verwandlung erspart. Dann Lifestyle-Gugus («Männer, die befehlen dürfen, leben gesünder», so à la «Katzen, die miauen dürfen, haben acht Leben»), ein Astronaut auf dem Mars, Keller-Sutter warnt, die Kokspreise im Keller.

Wieso traut sich die NZZaS nicht zu schreiben: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. «Prozess», «Das Schloss» oder «Briefe an Milena». Denken Sie über das Gleichnis «Vor dem Gesetz» nach. Da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Sagt da jemand in letzter Verzweiflung «SonntagsBlick»? Echt:

Zweiter Sieger Odermatt, uralter Kuss und die Bananenaffäre. Wieso traut sich …, aber das kennen Sie schon. Ach, Buchempfehlungen vom SoBli? «Buchstabieren für Dummys», der neuste Asterix oder «Ringen um Ringier». Da geht man dann lieber spazieren.

Aber immerhin eine Schmunzelstory ist im SoBli:

Der Leiter der Ringier-Journalistenschule zeigt seinen Eleven, was herauskommt, wenn sich ein Journalist anfüttern lässt. So nennt man den Vorgang, dass ein an einem Rechtsstreit Beteiligter nach einem Multiplikator sucht, um medialen Rückenwind zu bekommen. Also stellt er exklusiv seine Unterlagen und Rechtsschriften zur Verfügung. Natürlich gibt der Journalist dann auch der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme. Und schon ist die Kacke am Dampfen. Vor allem, wenn es sich um einen Prominenten wie Urs E. Schwarzenbach handelt.

Schon im Titel macht Peter Hossli recht Dampf; «Die Schöne und das Biest», hier «Der Milliardär und seine Kommunistin». Der erste Titel stammt von einer Disney-Verfilmung eines alten Volksmärchens, der zweite Titel ist auch erfunden. Denn weder ist Schwarzenbach Milliardär, noch hatte er «seine» Vorzeige-Kommunistin.

Die Sachlage scheint klar und einfach zu sein. Eine junge Kunsthistorikern heuerte 1998 beim Kunstsammler Schwarzenbach an. Schnell stieg sie in leitende Funktionen auf und wurde von ihm mit Geschenken überschüttet. Möglicherweise im Liebesrausch, der aber nicht erwidert worden sei, bekam sie ein Haus in Basel. Kostenpunkt samt Renovation 2,5 Millionen Franken. Zwei Millionen Franken auf die Hand. Aktien, Bargeld, Schmuckstücke, antike Möbel, eine für private und geschäftliche Zwecke verwendbare Kreditkarte. Dazu die Teilnahme an seinem Luxusleben; Reisen im Privatjet, Feste, Poloturniere.

Darunter waren auch neckische Geschenke wie eine Erstausgabe des Kommunistischen Manifests; als die Dame unpässlich war, weil ihre Mutter starb, bekam sie monatelang frei –bezahlt. Also ein idyllisches Arbeitsverhältnis. Dann trübte sich der Himmel, Schwarzenbach geriet in den Clinch mit den Steuerbehörden und sah sich mit Millionennachforderungen konfrontiert. Der Lack war ab, also kündigte sie und arbeitete auf Mandatsbasis weiter.

Ach, und dann gab es noch ungefähr 30 Kunstwerke, die sie geschenkt erhalten will. Pablo Picasso, Julian Schnabel, Sophie Täuber-Arp, Alberto Giacometti oder Auguste Rodin. Vom Feinsten halt.

2018 sei das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden, weiss Hossli. Die von ihm nur unter Pseudonym beschriebene Dame (im Gegensatz zu Schwarzenbach) habe noch eine kleine Schlussrechnung von 130’000 Franken eingereicht. Eigentlich Peanuts im vergleich zu den Multimillionen, die sie zuvor erhielt. Aber Schwarzenbach zahlte nicht. Sie betrieb ihn, er antwortete mit Gegenklagen, unter anderem, dass sie ihm Kunstwerke gestohlen habe. Denn das seien keine Geschenke, sondern höchstens Leihgaben gewesen, und die Gelder Darlehen.

Nun hat die Dame das Problem, dass sie die grosszügigen Geldgaben nicht bestreiten kann, da dokumentiert. Die angeblichen Schenkungen kann sie hingegen nicht belegen, da es laut ihr aus steuerlichen Gründen keine schriftlichen Spuren davon gegeben habe. Aus diesem Grund hat sie die enormen Wertbeträge auch nicht in ihrer Steuererklärung angegeben.

Also ein klassischer Fall einer unerwiderten Liebe, die am Schluss in hässlichem Streit endet, weil der Verschmähte sich rächen will? Nach über 20 Jahren einer «von grosser Intensität und tiefem Vertrauen» geprägter Beziehung, wie sie gegenüber Hossli bestätigt?

Inzwischen überzieht man sich gegenseitig mit diversen Straf- und Zivilverfahren. Urteile liegen noch nicht vor. Also ein typischer Fall von «she said, he said». Wobei angesichts solch jahrelanger generöser Grosszügigkeit eine Betreibung über 130’000 Franken doch ziemlich popelig erscheint. «Edle Kunst, rauschende Partys, Häuser in der Toskana», sabbert Hossli, um boulevardesk den Sozialneid des Lesers zu steigern. «Wie Superreiche sich streiten» setzt er als Oberzeile. Nur: wenn überhaupt gibt es hier einen einzigen Superreichen und eine überreichlich beschenkte Mitarbeiterin, die viele Jahre lang ein Luxusleben führen durfte und von Bord ging, als der Geldstrom zu versiegen drohte.

Nun gibt ihr Hossli die Gelegenheit, anonym gegen ihren ehemaligen Gönner und Arbeitgeber zu schiessen. Nehmen wir an, statt von ihr wäre er von Schwarzenbach angefüttert worden. Dem werde von einer grantelnden ehemaligen Angestellten übel mitgespielt, nachdem er ihr ein Luxusleben, ein blendendes Einkommen über viele Jahre hinweg ermöglicht habe, dazu grosszügig Millionendarlehen gewährte und erst im Nachhinein feststellen musste, dass sie ihm zudem bedeutende Kunstwerke entwendet habe. Hätte Hossli dann nicht die Story mit dem entgegengesetzten Spin geschrieben? Ist das nicht ein Beispiel für die Beliebigkeit, die der 80-jährige Vordenker des Hauses immer so scharf kritisiert?

Ziemlich übler Boulevard in einem Organ, das gar nicht mehr boulevardesk sein will. Aber was macht denn die vornehme NZZaS mit Franz Kafka? Das überlässt sie dem «Magazin», was schon Schlimmes ahnen lässt. Dort schreibt Martin Helg im schlechtesten Woke-Groove: «Wir sind alle Käfer», und so originell geht es weiter. Der Autor hat sich mit einer neuen, 2000-seitigen Kafka-Biographie bewaffnet, aus der «viele Details in diesem Text stammen». Schöne Formulierung. Sobald er sich aber selbst um Interpretationen der enigmatischen Texte Kafkas bemüht, wird es eher flach. Gibt er Reiseanekdoten zum Besten, wird es gar peinlich.

So beendet er seinen Text in «Republik»-Länge (21’000 A), der eine «Spurensuche» sein soll, mit der Besichtigung eines Hauses, in dem Kafka eine Zeitlang wohnte. Natürlich führt die «Reise durch den Schnee, wie jene des Helden K. im «Schloss»-Roman». Natürlich heisst der Fahrer Josef, wie Josef K. im «Prozess». Was gibt es sonst noch von diesem Besuch zu berichten: «Ein Ost-West-Graben öffnet sich im Wohnzimmer des Ottla-Hauses. Vergebens bitte ich meine tschechischen Tischgenossen, mir kauend Gesellschaft zu leisten.»

Das ist nun von einer banalen Blödheit, über die Kafka sicherlich schallend gelacht hätte.

 

Eine Meldung – plus Denkstoff

Analyse, Einordnung? Pustekuchen.

In unregelmässigen Abständen wird ZACKBUM die Arbeit der sogenannten Qualitätsmedien verrichten. Denn die betreiben zunehmend Arbeitsverweigerung. Nicht aus Faulheit; schlimmer: aus Unfähigkeit.

Die Vermutungs-«Analyse» von Peter Hossli über die Zukunft der Kandidatur von Donald Trump war bereits ein erstes Beispiel. Hier eines aus dem «Newsticker» von Tamedia:

«Ein vollständiger Sieg über die Hamas sei der einzige Weg, um die Hamas zu eliminieren, alle Geiseln zurückzubringen und sicherzustellen, dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr für Israel darstellt, sagte Netanyahu am Sonntag.»

Das ist nicht einfach so eine Meinung, sondern eine Aussage des obersten israelischen Kriegsherrn. Sie schreit geradezu nach einer Einordnung und Analyse. Damit dem Leser bewusst wird, dass nicht nur auf palästinensischer Seite wirklichkeitsferner Wahnsinn herrscht.

  1. Wie sähe denn ein «vollständiger» Sieg über die Hamas aus? Die Organisation zerschlagen, alle ihre Kämpfer töten, die Rekrutierung neuer verhindern? Unrealistisch, absurd; das als «einzigen Weg» zu bezeichnen, zeugt von einem bedenklichen Realitätsverlust.
  2. Auf diesem Weg würden «alle Geiseln zurückgebracht»? Immerhin fügt Netanyahu nicht hinzu, wie die Mehrheit der Geiseln zurückkäme – im Leichensack.
  3. «Gazastreifen keine Bedrohung für Israel». Die Infrastruktur und Bausubstanz ist schwer beschädigt, wie soll das Problem der Obdachlosigkeit, der Versorgung der Zivilbevölkerung mit dem Lebensnotwendigen, die Wiederherstellung einer funktionierenden Zivilgesellschaft bewerkstelligt werden? Wie soll der zukünftige Einfluss von fundamentalistischen Wahnsinnigen, der Rachedurst der Palästinenser eingedämmt werden? Oder einfach: was soll genau im Gazastreifen geschehen, damit er keine Gefahr für Israel mehr darstelle? Geht das überhaupt, solange er bewohnt ist?
  4. Die Gefahr für Israel geht in Wirklichkeit von Iran, Katar und anderen Staaten aus, in denen der Islam nicht nur Staatsreligion ist, sondern diese mittelalterliche Religion das Handeln der Herrschenden bestimmt. Daran würde selbst eine «Eliminierung» der Hamas nichts ändern, wieso wäre sie dann der einzige Weg?
  5. Die zweifellos steigende Zahl der zivilen Opfer bewirkt, dass sich das Zeitfenster für eine Fortsetzung der bisherigen militärischen Vorgehensweise schliesst. Welche Ideen hat Netanyahu für die Zeit danach?

Das sind naheliegende Fragen angesichts dieser Aussage des israelischen Ministerpräsidenten. Sie in einem «Newsticker» ungefiltert, ohne Einordnung oder Analyse oder gar Kritik rauszupusten, ist kein Journalismus. Ein «Newsticker» ist die Bankrotterklärung des Journalismus, der vollständige Sieg der Sparmassnahmen über geldwerte Leistung.

Analytiker Hossli

USA, das kann er. Meint der Leiter der Journalistenschule.

Mit dieser Position sollte eine gewisse Vorbildfunktion verbunden sein. Nichts gegen Peter Hossli, aber ob er diesem Anspruch wirklich gewachsen ist?

Zunächst meldete der «Blick» noch nachrichtlich:

Das oberste Gericht des Bundesstaats Colorado nahm einen aus dem amerikanischen Bürgerkrieg stammenden Verfassungszusatz zum Anlass, Präsidentschaftskandidat Donald Trump von den Vorwahlen auszuschliessen. Dieser 14. Zusatzartikel bestimmt, dass niemand ein öffentliches Amt ausüben darf, der einen Eid auf die Verfassung ablegte, sich dann aber an einem Aufstand beteiligte. So wie das Trump bei der Stürmung des Capitols getan haben soll.

Da Colorado ein ziemlich sicher demokratisch wählender Bundesstaat ist, würde selbst ein Nichtantreten Trumps keine gröberen Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahlen (oder die Vorwahlen innerhalb der republikanischen Partei, wo er haushoch führt) haben.

Aber das Urteil ist ein Triumph für die Trump-Gegner, die mit ähnlichen Klagen bereits in Michigan und Minnesota gescheitert waren.

Nun soll Boulevard etwas kreischiger und ruppiger sein als die gehobene Zeitung. Allerdings soll der «Blick» gar nicht mehr Boulevard sein, dekretierte seine oberste Verantwortliche. Ob Hossli das mitgekriegt hat?

Das nennt man üblen Konjunktiv- oder Vermutungsjournalismus. Das Urteil bedeutet sicher nicht eine Wende bei der US-Wahl, aber es «könnte». Denn ohne dieses Modalverb würde die ganze «Analyse» wie ein Soufflé zusammenfallen. Das ist Journalismus im Stil: Ich könnte im Lotto gewinnen, wenn ich sechs Richtige hätte. Oder: Wenn meine Oma Räder hätte, wäre sie ein Fahrrad.

Aber das ist die Voraussetzung fürs Aufblasen des Soufflés:

«Hat Donald Trump (77) einen Putsch angezettelt? Diese Frage dürften schon bald Amerikas oberste Richterinnen und Richter behandeln. Sagen sie mehrheitlich Ja, kann Trump nie mehr ein öffentliches Amt bekleiden. Sagen sie Nein, hat der ehemalige Präsident gute Chancen, erneut ins Weisse Haus einzuziehen.»

Faktencheck ist dabei Hosslis Sache auch nicht so: «In Michigan ist eine Klage noch hängig.» Nö, ist sie nicht; abgeschmettert.

Peanuts, aber dann pumpt Hossli weiter: «Geht er in Berufung, erhalten die US-Wahlen eine Wende, bevor eine einzige Stimme abgegeben worden ist. Wie im Jahr 2000 hätten neun Richter mehr Macht über das Wohnrecht im Weissen Haus als die rund 170 Millionen amerikanischen Wählerinnen und Wähler. Heisst das Gericht das Urteil von Colorado gut, wäre Trump in allen 50 Bundesstaaten von politischen Ämtern gesperrt

Kühne Interpretation, denn das Oberste Gericht der USA müsste im Fall einer Berufung ja nur entscheiden, ob das Urteil von Colorado Bestand hat oder nicht. Das gälte natürlich nicht automatisch für alle anderen Bundesstaaten.

Auch Hossli selbst ist da nicht ganz verfassungssicher:

«Lehnen die Richter in Washington die Berufung ab, wäre Trump nur in Colorado von den Vorwahlen ausgeschlossen

Also was denn nun? Lehnt das Gericht seine Berufung ab und stützt damit das Urteil von Colorado, wäre er dann nur dort oder überall von den Vorwahlen der Republikaner ausgeschlossen?

Hossli gibt allerdings sowieso Entwarnung: «Auf die dortigen Stimmen wäre er nicht angewiesen, um Kandidat der Republikaner zu werden.»

Wir fassen die Analyse zusammen. Dieses Urteil könnte eine Wende bedeuten. Trump könnte von den Vorwahlen in Colorado ausgesperrt bleiben. Ausser, er geht in Berufung. Dann könnte er in allen Bundesstaaten allenfalls nicht antreten. Oder nur in Colorado nicht. Oder so. Oder anders. Oder who cares.

Dieses Urteil bedeutet wohl keine Wende im US-Vorwahlkampf. Aber es hat immerhin einen wendigen Artikel provoziert. Vielleicht sollte der einfach als Anschauungsmaterial für die Journalistenschüler dienen. Um auch Konjunktiv-Journalismus zu betreiben, nach der Devise: seht Ihr, liebe Eleven, so sollte man das nicht machen. Immer schön die Fakten checken, keinen Vermutungs- oder Konjunktivjournalismus betreiben, sich nicht selbst widersprechen.

Das wäre eine gute Idee, vermutet ZACKBUM. Aber vielleicht sollte man sie nicht publizieren.