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Tata. OneLog ist wieder da

Was lange währt, wird nicht mehr gut.

Am 24. Oktober brach OneLog zusammen. Diese Login-Plattform wird von insgesamt über 40 Online-Portalen genutzt. Darunter auch Tamedia, Ringier und SRG. Ebenfalls dabei sind die NZZ und CH Media, die aber den Dienst noch nicht nutzen.

Die Idee war, durch ein gemeinsames Login die Schweizer Medien gegen ausländische Konkurrenz zu schützen, bzw. ein Gegengewicht zu schaffen. Für die technische Umsetzung war Ringier zuständig. Dessen CEO Marc Walder schnappte sich die Position des VR-Präsidenten: «Der Schritt zum einheitlichen Login ist für die Schweizer Verlage eminent wichtig», flötete er nach der Einführung im Frühling 2021. Natürlich sei das ein Erfolgsmodell mit Hunderttausenden von Anmeldungen, und: «Irgendwann kommt der Punkt, an dem Leser unsere journalistischen Angebote nur noch dann lesen können, wenn sie sich einloggen

Stattdessen kam aber der Punkt, dass sich die Leser überhaupt nicht mehr einloggen konnten. Schlimmer noch: in einem Hacker-Angriff verschwanden sämtliche gespeicherte Daten. Bis heute ist völlig unklar, ob dieses Datenmeer abgesaugt oder schlichtweg gelöscht wurde.

Es ist ebenfalls völlig unklar, wer diesen Angriff ausführte und mit welcher Motivation. Normalerweise verlangen Hacker Lösegeld. Oder aber, sie werden von der bösen Konkurrenz beauftragt. Was hier der Fall ist? Tiefes Schweigen.

Wie es überhaupt möglich war, eine Plattform, deren sichere Datenverwaltung existenziell wichtig ist, zu knacken und ausser Betrieb zu setzen – tiefes Schweigen. Ob die persönlichen Daten der Nutzer nun irgendwo im Netz herumschwirren? Tiefes Schweigen. Das schafft ungemein Vertrauen.

Stattdessen die trockene Mitteilung: «OneLog, das Login-Tool der Schweizer Medien- und Verlagshäuser und ein Gemeinschaftsunternehmen von CH Media, NZZ, Ringier und TX Group, ist wieder verfügbar.»

Nach ganzen elf Tagen, im Internet eine Ewigkeit. Ein Skandal.

Welche Massnahmen ergriffen wurden, um eine Wiederholung der Peinlichkeit zu vermeiden? Tiefes Schweigen. Wie es Ringier passieren konnte, dermassen auf den Rücken gelegt zu werden – tiefes Schweigen. Walder spielt einfach Auster und sagt nix.

Dafür gibt OneLog seinen Nutzern noch gute Ratschläge auf den Weg: «Vorsicht vor Phishing: Ohne ein vorheriges aktives Anstossen des Logins durch die Nutzerin oder den Nutzer versendet OneLog keine derartige Aufforderung per Mail an die Nutzerinnen und Nutzer. Dies gilt auch für die einzelnen Medienmarken und andere Partner (z.B. JobCloud), die OneLog einsetzen.»

Abschliessend endet die Mitteilung mit einem echten Schenkelklopfer:

«OneLog setzt alles daran, seinen Nutzerinnen und Nutzern eine stabile und vertrauenswürdige Umgebung zu gewährleisten und bedauert die entstandenen Unannehmlichkeiten.»

Die bestanden zum Beispiel darin, dass alle Artikel hinter der Bezahlschranke frei zugänglich waren. Bei «Blick+» kein grosser Verlust, aber bei Tamedia schon eher. Ob das Ringier übernimmt? Zudem vertraut Tamedia offenbar noch nicht wirklich auf OneLog. Gegenüber persoenlich.com sagt das Medienhaus, dass es lieber während den US-Wahlen auf das «hauseigene Login» setze. Anschliessend nähere man sich OneLog in Trippelschritten. So viel zum Vertrauen eines der Mitbetreiber.

Die entscheidende Frage beantwortet OneLog allerdings nicht: nach einem solchen Totalschaden – woher soll da das verloren gegangene Vertrauen der Nutzer wieder herkommen? Trust building, das weiss jeder Anfänger im Marketing, ist sowohl zentral wichtig, wie auch extrem schwierig nach einem solchen Riesenflop.

Eine nüchterne Meldung «he, wir sind wieder da, kannst dich mit neuem Passwort wieder einloggen – bis zum nächsten Mal», das kann’s ja nicht sein. Aber im Medienbereich wird halt überall gespart. Auch am Hirnschmalz.

Wumms: Alex Baur

Peinlich, wenn ein guter Journalist sich öffentlich lächerlich macht.

ZACKBUM-Autor René Zeyer hatte ein Kurzfassung seiner Abhandlung über Kriegsverbrechen in der «Weltwoche» veröffentlicht. Daraufhin sah sich Baur genötigt (wieso eigentlich?), darauf zu replizieren. Daraus ist ein Dokument der Selbstverzwergung geworden. Wer’s nachlesen mag, bitte sehr.

Dafür wird Baur schon vom WeWo-Leser kräftig geprügelt, dem ist nicht viel hinzuzufügen. Ausser dem hier:

Baur hat keine Ahnung, aber viel Meinung. Das ist eine üble Mischung, wenn es um Kriegsverbrechen oder Massaker und die Schuldfrage geht. Aber jeder hat das Recht, sich öffentlich zum Deppen zu machen.

Zeyer würde «die Leier von angeblichen israelischen Kriegsverbrechen nachbeten», behauptet Baur. Zeyer betet nicht, und «nach» schon gar nicht. Dann schwirrt Baur in ein Paralleluniversum ab, indem er hinzufügt, dass Israel keinen Krieg gegen den Libanon oder die Palästinenser führe, sondern gegen den Iran. Das wüsste man allerdings, wenn Beirut, Libanon oder der Gazastreifen neuerlich zum Iran gehörten.

Der Höhepunkt der Realitätsverweigerung: «Der Iran und seine Vasallen hätten es in der Hand, das Blutvergiessen sofort zu beenden. Sie allein tragen die Verantwortung für das Elend.» Wie sollten sie das tun? Indem sich die Führung freiwillig selbst in die Luft sprengt?

Dabei wäre es doch so einfach. Wer Kriegsverbrechen begeht, trägt dafür die Verantwortung. Ob er das in Reaktion auf andere Kriegsverbrechen tut oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle. Jeder, auch Baur, kann nachlesen, was ein Kriegsverbrechen ist. Darüber kann es unter vernunftbegabten Menschen keine Meinungsverschiedenheit geben.

Alleine der Bericht von 99 US-Ärzten, den auch ZACKBUM zitiert hat, lässt keinen Zweifel daran, dass die israelische Armee nicht vereinzelt, sondern systematisch, systemisch und institutionell Kriegsverbrechen begeht. Womit erstellt ist, dass das keine Einzeltaten einer unkontrollierten Soldateska sind, sondern den Oberbefehlshabern bekannt und von ihnen geduldet.

Es gibt inzwischen eine neue Spielart von Realitätsverweigerern.

Nach den Holocaust-Leugnern gibt es nun die Kriegsverbrechen-Leugner.

Schade, dass Baur seine Reputation als ernstzunehmender Journalist so leichtfertig, ohne Not und ohne Kenntnisse beschädigt.

PS: Kommentator Müller empfiehlt einen Besuch im Ziv Medical Center, das regelmässig von Hezbollah-Raketen beschossen werde.

Nun, das hier ist ein aktuelles Foto des Spitals:

Und das hier ist ein aktuelles Foto des al-Ahli Spitals in Gaza City, nachdem es von der israelischen Armee bombardiert wurde:

Geht’s noch peinlicher?

Der Wettbewerb ist eröffnet. ZACKBUM misst mit der Bärtschi-Skala.

Simon Bärtschi hat vorgelegt. So wie es die Scoville Skala gibt, um die Schärfe von Chilis zu messen, gibt es neuerdings die Bärtschi-Skala, um den Grad von Peinlichkeit zu quantifizieren. Er selbst liegt mit seinem Kommentar bei 10 Bärtschis. Das ist ein solider oberer Wert. Er kann unterboten werden, aber nur schwer gesteigert.

Ausser natürlich von Patrizia Laeri. Die kennt inzwischen nichts mehr, wenn es darum geht, an die Öffentlichkeit zu drängen. Da arbeitet sie auf Dieter-Bohlen-Niveau. Vor mehr als zwanzig Jahren soll sie ein TV-Mitarbeiter bedrängt haben, was sie dermassen traumatisierte, dass sie erst viel, viel später öffentlich darüber sprechen konnte.

Leider ergab dann die Untersuchung, dass nichts dran war und es sich auch nicht so, wie von ihr behauptet, abgespielt haben konnte. Blöd auch.

Das war noch eine stabile 9 auf der Bärtschi-Peinlichkeitsskala. Nachher hörte man nichts mehr, obwohl sie vollmundig angekündigt hatte: «Sobald ich den Bericht geprüft habe, werde ich informieren.» Dafür geben wir eine glatte 10.

Das Problem ist: mit ihrer Finanzplattform für Frauen läuft es halt nicht so gut, also kann sie keine Erfolgsmeldungen herbeischwurbeln. Was tun, wenn sie trotzdem in die Medien will?

Da landete sie schon einen Treffer auf der Bärtschiskala im oberen Bereich, glatte 12 Bärtschis:

Damals musste sie noch mit der feministischen Forderung «Heiratet alle» nachlegen, um sich in den Medien zu halten, wofür ihr jede Geschmacklosigkeit recht ist. Dafür gibt’s wieder eine 10.

Eigentlich könnte man meinen, dass damit das Thema ausgereizt ist, tot ist tot. Aber doch nicht bei Laeri. Sie kann nachlegen, und damit stellt sie einen bislang nicht ansatzweise erreichten Rekord auf.

«Nun feierte sie erstmals nach seinem Tod den Geburtstag des Investment-Bankers», schwülstelt Berit-Silja Gründlers, «Redaktorin People» beim Qualitätsblatt «Blick».

Laeri hat in tiefer Trauer und in aller Stille des Geburtstags des Toten gedacht:

«Erster Geburtstag im Himmel», der Versuch, das Adjektiv geschmacklos zu steigern. Dazu das übliche Partyvolk im Partydress, Luftballons, und in der Mitte, wo sie sich am wohlsten fühlt, Laeri.

Dafür gibt es eine stolze 20; sie verdoppelt den Peinlichkeitsfaktor von Bärtschi mühelos.

Wer dermassen geschmacklos den Tod seines Partners, der sich nicht mehr dagegen wehren kann, öffentlich ausschlachtet, sollte man dem wirklich sein Geld anvertrauen? Die Frage stellen, heisst sie beantworten.

Peinlicher

Kann Bärtschi peinlich steigern? Oh ja.

Seine Münchhauseniade «Weichenstellung für den unabhängigen Qualitätsjournalismus» hat, Stand Mittwochvormittag, über 250 Kommentare ausgelöst. Angesichts der Zensurpolitik des Tagi im Kommentarbereich, wo selbst harmlose und höfliche Stellungnahmen abgebürstet werden, dürften weitere 750 im Orkus gelandet sein.

Hier haben wir das Problem, dass dennoch fast alle negativ sind. Wobei man sicher sein kann, dass alle positiven Wortmeldungen ungefiltert aufgeschaltet wurden. Vielleicht auch redaktionsnahe Kräfte dazu animiert wurden, mal was Nettes zu sagen. Zum Beispiel das hier, was ganz einsam herausragt:

«Die Massnahmen sind leider notwendig, aber richtig. Wir brauchen unbedingt weiter einen eigenständigen und kompetenten Qualitätsjournalismus!»

Allerdings ergibt eine Auswertung der Kommentare im Rahmen des Qualitätsjournalismus, dass sehr wohlwollend gezählt haargenau 8 positive und 9 neutrale darunter sind. Alle anderen regen sich in mehr oder minder harschen Worten über die Schönschreibübung von Bärtschi auf:

«Das Wort heisst nicht Qualitätsjounalismus, sondern Konzernjournalismus. Und dieser hat über die letzten 30 Jahre die Qualität im Journalimus sukzessive abgebaut.»
«Tamedia will seinen Lesern das Verhältnis von Qualitätsjournalismus zur Anzahl Journalistenstellen als umgekehrten Dreisatz verkaufen?»
«Bei diesen Sparmassnahmen geht es alleine darum, das prallgefüllte Portemonnaie der Aktionäre noch weiter zu füllen.»
«Ein Stellenabbau in den Redaktionen führt zwangsläufig zu einem Rückgang des Angebots und der vielbeschworenen Qualität. Verständlich, dass immer weniger Leute bereit sind dafür zu bezahlen. Ich gehöre bald auch dazu.»

Wenn man versucht, den Leser zu verarschen, und dann von ihm dermassen eins über die Rübe kriegt, dann muss sich ein «publizistischer Leiter» schon fragen, ob er an der richtigen Stelle ist. Und ob so ein kontraproduktives Geschwurbel karrierefördernd ist.

Bärtschis Bewerbung bei der «Prawda»

Kann man peinlich steigern? Simon Bärtschi versucht’s.

Die ehemalige kommunistische Parteizeitung «Prawda» machte im Verlauf der Jahre ihrem Namen («Wahrheit») immer weniger Ehre. Schönschreiben, hochschreiben, lügen, Triumphe vermelden, wo es Niederlagen gab. So begleitete sie die Sowjetunion in den Untergang.

Der «Leiter Publizistik Tamedia, Mitglied der Geschäftsleitung» Simon Bärtschi hat die zweifelhafte Ehre, das neuerliche grosse Rausschmeissen und Einsparen zu erklären. «Liebe Leserin, lieber Leser», beginnt er schleimig, was ich Ihnen hier erzähle, ist die reine Verarsche, peinliches Gedöns, unerträgliches Schönfärben, zum Fremdschämen, macht ein Gefühl wie kreischende Kreide auf der Wandtafel, wie das Beissen in ein nasses Handtuch.

Das wäre wenigstens eine ehrliche Einleitung gewesen, aber natürlich schreibt Bärtschi das nicht. Sondern fabuliert schon im Titel:

Hier stimmt nun schlichtweg kein einziges Wort. «In eigener Sache», nein, in der Sache der geldgierigen Aktionäre von TX müsste er hier schreiben. Das ist keine Weichenstellung, sondern das Wüten mit der Abrissbirne. Unabhängig ist der Journalismus schon lange nicht mehr, und wo versteckt sich denn bei den Erzeugnissen aus der Werdstrasse die Qualität? Wer hat sie rennen gesehen? Bitte sofort bei ZACKBUM melden.

Auch die Unterzeile stimmt mit keinem Wort. Es gibt keinen «grundlegenden Umbruch in der Medienbranche». Es gibt, wie von der Droschke zum Automobil, von der Dampflock zur Elektrolok, eine seit vielen Jahren bekannte Veränderung. Oder will jemand das Internet im Jahr 2024 als «grundlegenden Umbruch» verkaufen? Und was heisst «Bündelung seiner Kräfte»? Was ist an einer Massenentlassung bündeln?

23 Wörter insgesamt, immerhin orthografisch und syntaktisch alle richtig gesetzt. Aber inhaltlich (abgesehen von ein paar Artikeln, Präpositionen und Pronomen) allesamt falsch. Hohl. Dazu noch offenkundig unwahr. Wie wenn die «Prawda» eine neue Planerfüllung und Überproduktion an Schuhen verkündete, während jeder Leser wusste, dass die Schuhregale leer sind.

Im Lauftext wird es nicht besser. «Tamedia, die auch diese Publikation herausgibt, hat unter der Führung von CEO Jessica Peppel-Schulz eine neue Strategie entwickelt.» Eine neue Strategie? Was war denn die alte? Und wo sieht man eine Führung des CEO?

Wie sieht denn die neue Strategie aus? «Das Medienunternehmen fokussiert künftig auf starke digitale Marken, das bestehende Print-Portfolio wird weitergeführt.» War das nicht schon die alte Strategie unter Chefstratege Mathias Müller von Blumencron? Hat man beim alten Dampfplauderer einfach ein paar PPP-Folien abgestaubt, rezykliert und mit neuem Datum versehen? Dieses dumme Gequatsche hörte man doch auch schon von ihm.

Man muss nur eine kleine Zeitreise in den März 2023 unternehmen, und schon hat mein ein Déjà-vu vom Feinsten.

Da hat sich Bärtschi offenbar kräftig bedient: «Der Qualitätsjournalismus ist und bleibt unser Kerngeschäft. Er ist für unsere direkte Demokratie von zentraler Bedeutung und trägt wesentlich zu einer freiheitlichen Gesellschaft in unserem Land bei.» Bullshit ist eigentlich zu schwach dafür. Dabei kann er sich noch steigern:

«Die Qualität steht für uns zuoberst. Umfassende Recherchen, Porträts und Reportagen, interaktive Karten, Ticker zu relevanten Ereignissen, präzise Einordnungen der politischen Aktualität auf allen Ebenen sowie praktischer Service machen unsere Angebote einzigartig. Diese wollen wir laufend ausbauen.»

Ausbauen mit Abbauen? Da lachen ja die Hühner, und der Hahn kriegt einen Schluckauf. Aber Bärtschi kennt keine Gnade und legt noch eine Münchhausen-Nummer drauf:

«Dabei werden wir unsere journalistische Kraft noch besser zusammenführen und uns in den Redaktionen auch noch mehr Gedanken dazu machen, welche Art von Journalismus Sie von uns eigentlich erwarten. Alle Titel und Redaktionen bleiben dem Journalismus mit hohen Standards verpflichtet. Glaubwürdigkeit, Relevanz, Wahrhaftigkeit und Fairness sind die Pfeiler unserer Publizistik.»

Noch besser, noch mehr, Grundpfeiler. Und erst noch mit viel weniger Personal. Dass Jesus übers Wasser lief, das ist ein Dreck gegen dieses Wunder an der Werdstrasse.

Aber wodurch wurde denn dieses Wunder nötig? Nun, es ist unerwartet, aus heiterem Himmel, eigentlich erst vorgestern was Fundamentales passiert: «Sie fragen sich vielleicht, wieso es diese neue Strategie braucht. Der Grund ist der Umbruch in der Medienbranche. Die Nutzung hat sich durch Smartphones und Social Media rapide verändert.»

Nein, das fragt sich niemand. Aber jeder fragt sich, wieso Tamedia bis heute noch nichts eingefallen ist, wie man der Digitalisierung und dem Internet begegnen könnte – so nach 3o Jahren Existenz. Vielleicht hat sich das noch nicht bis in die Geschäftsleitung von Tamedia rumgesprochen, aber das Internet gibt es seit 1993. Echt wahr.

Wenn schon, ist bei Tamedia Fundamentales passiert. Die Werbeeinnahmen aus dem Stellen-Anzeiger, aus dem Automarkt, dem Wohnungsmarkt, aus Verkaufsinseraten sind dem Tagi weggenommen worden, der sie grossmachte. Und als eigenes Profitcenter ausgelagert, während Tamedia jetzt ohne diese Einnahmen 8 Prozent Profit machen soll. Mission impossible.

Zum Schluss wagt Bärtschi noch einen Knaller, über den schallend gelacht werden kann. Bloss die Abonnenten überläuft dabei ein Schauer kalter Wut, dass sie dermassen unverfroren verarscht werden: «Unser Anspruch bleibt hoch: Wir wollen Sie täglich mit unabhängigem, neugierigem und inspirierendem Journalismus versorgen.»

Ob da die Umfrage dazugehört «Wie oft haben Sie Sex, und wie zufrieden sind Sie damit?»? Von den Qualitätsjournalisten Marc «Corona-Kreische» Brupbacher und Sebastian Broschinski. Oder «Märtha Louises Zukünftiger sieht sich als Reptiloid und Wiedergeburt des Pharao» von der Qualitätsjournalistin Alexandra Kedves?

Allerdings, ein Körnchen Wahrheit steckt hier drin. Der Anspruch mag vielleicht vorhanden sein …

Vizepräsident Trump

Im Altersheim wäre das alles nicht so schlimm. Aber in der NZZ und im Tagi schon.

Auch die bedächtige NZZ ist sich nun sicher: «Joe Biden muss sich jetzt zurückziehen, das ist die einzige Chance für die Demokraten», weiss Isabelle Jacobi. Die vormalige Chefredakorin des «Bund», die vormalige Mitarbeiterin von SRF, ist seit April 2024 bei der NZZ im Dienst. Als frühere US-Korrespondentin hält sie sich offenbar für qualifiziert, dem US-Präsidenten den Rücktritt nahezulegen. Ach was, sie befiehlt es ihm.

Wäre Biden eine Frau und Jacobi ein Mann, gäbe es ein echtes Diskriminierungsproblem: «Ein Greis, der mit politischen Muskeln spielt und seine brüchige Stimme laut erhebt, wirkt nicht kraftvoll.»

Die führenden Mitglieder der US-Demokraten werden nun sicherlich eine schlaflose Nacht haben, wenn sie dieses vernichtende Verdikt lesen: «Dieser Präsident ist nicht fähig für eine zweite Amtszeit. Er gehört spätestens Ende Jahr in den wohlverdienten Ruhestand.» Jacobi ist gnadenlos: «Es tut weh, zuzuschauen, wie sich ein einst mächtiger Mann selbst demontiert, wie er seine Würde und sein Ansehen verspielt, weil er die Realität seines Alterns verdrängt.»

Dabei hat Biden am Nato-Gipfel doch lediglich Trump zu seinem Vizepräsidenten und Putin zum Präsidenten der Ukraine gemacht. Kann doch jedem passieren. Ist halt blöd, dass man bei Pressekonferenzen die Antworten nicht vom Teleprompter ablesen kann.

Dabei wäre die Lösung doch so einfach für die Demokraten:

«Sie müssten zum Beispiel einen Weg finden, damit sich die unbeliebte Vizepräsidentin schnell profilieren kann. Um Kamala Harris, eine Politikerin mit asiatisch-afroamerikanischen Wurzeln, kommen die Demokraten bei einer Nominierung wohl kaum herum, wollen sie nicht wichtige Wählergruppen vergraulen. Zudem steht der Name Harris bereits auf dem Ticket, dem bisher rund 240 Millionen Dollar Spendengelder zugeflossen sind.»

Harris, die in der gesamten Amtszeit nie eine eigene öffentliche Wahrnehmung schaffte, deren Anwesenheit auf dem Bürgenstock allgemein als Affront empfunden wurde. Eine Frau, eine PoC, die soll in den USA mehrheitsfähig sein? Gegen eine solche Behauptung muss man Bidens Verhältnis zur Realität als ausgezeichnet, glasklar und superkompetent bezeichnen.

Auch die Untergangs-Unke der «Süddeutschen Zeitung» samt Echo im Qualitätsorgan Tamedia wird deutlich: «Die Demokraten brauchen dringend eine neue Kandidatin oder einen neuen Kandidaten», dekretiert Peter Burghardt und hat eine putzige Begründung: «Der Überraschungseffekt könnte die demokratische Wählerschaft aufrütteln und zugleich die Republikaner verwirren – Trump würde ohne Biden etliche Argumente verlieren.» Aufgerüttelte Demokraten und verwirrte Republikaner, wir wischen uns die Lachtränen ab.

Die Welt wäre eine andere und bessere, würde sie auf Jacobi oder Burghardt hören. Da sie das aber nicht tut, macht sich Biden halt auf seine Art und Weise lächerlich. Die NZZ, die SZ und der Tagi  auf eine andere, nicht minder peinliche.

 

Peinlich, kläglich, erbärmlich

Neuerlicher Totalflop. Die Journaille – auch bei Tamedia – blamiert sich ein weiteres Mal bis auf die Knochen.

Grosses Gedöns, wilde Anschuldigungen, Tamtam und Kriegstänze von vor Bedeutungsschwere kaum laufen könnenden Journalisten. Und dann? Nichts. Eine Firma ruiniert, viele Existenzen ruiniert, zwei klägliche Rücktritte, ein paar Pipifaxprozesse, sonst nichts.

Federführend im deutschen Sprachraum war die «Süddeutsche Zeitung». Die Julian Assange frech anrempelt. Der wahre Skandale aufdeckte, keine erfundenen. Auch Tamedia schäumte damals mit, behauptete neue Blicke in Abgründe, Verbrechen, Blutgelder, mindestens Steuerhinterziehung, furchtbar. War dann nix. Kleinlaut bringt Tamedia nun eine AFP-Meldung. Unrechtsbewusstsein? Zerknirschte Entschuldigung von Brönnimanns und Co., die sich wieder mal völlig vergaloppiert hatten? Niemals.

Wenn der Köter bellt, wedelt Tamedia mit. Das ist schändlich. Alles, was dazu zu sagen ist, sagte René Zeyer bereits 2016 in der «Weltwoche». Zeit, den Artikel zu rezyklieren. Denn es gibt journalistische Werke, die eine Halbwertszeit von mehr als 5 Minuten haben. Im Gegensatz zu vielem Geschrei und Geschreibsel …

Wenn der Panamahut hochgeht

Von René Zeyer _ Schon wieder: Der grösste Datendiebstahl aller Zeiten rüttelt die Besitzer von Briefkastenfirmen durch. Der eigentliche Skandal ist das Vorgehen der Ankläger.

Ein «John Doe» schickt einem Journalisten der Süddeutschen Zeitung eine Nachricht: «Interessiert an Daten? Ich teile gerne.» Und dann kommt ein Berg in der Höhe von 2,6 Terabyte, 11,5 Millionen Dateien. Das überfordert die Kapazitäten der Süddeutschen, also wendet sie sich an das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), eine spendenfinanzierte US-amerikanische NGO, die bereits einschlägig in Erscheinung getreten ist.

Unter dem pompösen Titel «Swiss Leaks» nagelte das ICIJ 65 Personen an den Internet- Pranger, denen nicht viel mehr vorgeworfen wurde, als dass sie in Geschäftsbeziehungen mit der Grossbank HSBC standen. Man habe in den gestohlenen Datensätzen Hinweise für Steuerhinterziehung oder gar die Finanzierung von Terror-Organisationen und für andere kriminelle Handlungen gefunden, behauptete das ICIJ. Kleiner Schönheitsfehler: In keinem Fall reichte das für eine Anklage. Die einzige Straftat bestand im Diebstahl von mehr als 100 000 Kontounterlagen.

Zuvor gab es die «Offshore Leaks». Unter anderen wurde der verstorbene Millionär Gunter Sachs beschuldigt, mit Trust-Konstruktionen Steuern hinterzogen zu haben. Darüber hinaus gebe das ICIJ endlich einen Einblick in die geheime Welt von Trusts, Offshore-Paradiesen und asozialen Superreichen. Nach kurzer Zeit und entsprechender Erregungsbewirtschaftung lösten sich diese 260 Gigabyte gestohlener Daten in Luft auf; so konnte auch Sachs keinerlei illegales Tun nachgewiesen werden. Nur sein Ruf war postum ruiniert.

Mit den «Panama Papers» wird nun etwas höher gezielt. Die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca, der die Daten gestohlen wurden, habe mehr als 200 000 Gesellschaften gegründet, die unter anderem dazu dienten, internationalen Sanktionen zu entgehen, Steuern zu hinterziehen oder Geld zu waschen. Rund 140 Politiker und Amtsträger weltweit gehören zu den Benutzern, darunter der Premierminister von Island – und «das Umfeld von Wladimir Putin». Schon wieder handle es sich um einen gigantischen Skandal: «Millionen von Dokumenten zeigen, dass Staatsoberhäupter, Kriminelle und Prominente geheime Verstecke in Steueroasen benützen», klagt das ICIJ auf seiner Website an.

«Unschuldsvermutung»

Der ehemalige Spiegel-Chefredaktor Georg Mascolo, in Deutschland federführend bei der Auswertung des Datenbergs, weist in einer Talkshow darauf hin, dass auch hier «die Unschuldsvermutung » gelte und selbstverständlich die Errichtung oder Benützung eines Trusts per se nicht illegal sei. Aber die auch nur behauptete Verbindung zu den Unwörtern Briefkastenfirma, Panama, Steueroasen reicht, um den Ruf zu ruinieren. Umso ferner und unsympathischer der Besitzer ist, umso besser. Sollte sich wieder herausstellen, dass keine Straftatbestände erfüllt wurden – na und?

Was nützt es da, darauf hinzuweisen, dass ein Trust, eine Holding, die Errichtung einer Gesellschaft im Rahmen völlig legaler Steueroptimierung nicht nur für Hunderttausende von kleinen Hausbesitzern in Grossbritannien, sondern auch für jede international tätige Firma notwendig sind? Deren Finanzchef müsste wegen Unfähigkeit entlassen werden, würde er diese Vehikel nicht nutzen. Selbst Bundesrat Schneider-Ammann kann ein Lied davon singen, was passiert, wenn man damit in Verbindung gebracht wird.

Legitim, aber unmoralisch

Die beteiligten Journalisten spielen Ankläger und Richter in einer Person, statt die gestohlenen Daten den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu übergeben. Sie ersetzen die Grenze zwischen legal oder strafbar durch «legitim, aber unmoralisch». Wieder fragen sie nicht: «Cui bono?» Obwohl die USA die grösste Steueroase der Welt sind, im Bundesstaat Delaware in einem einzigen Gebäude die grösste Ansammlung von Briefkastenfirmen existiert, ist bislang unter den «politisch exponierten Personen » kein einziger US-Bürger aufgeführt, keine dort angesiedelte Trust-Konstruktion. Die einfache Erklärung: In Delaware oder Nevada wäre ein Datenleck gar nicht möglich, weil diese Offshore-Zentren über keinerlei Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten verfügen.

Ramón Fonseca Mora weist in seiner bislang einzigen öffentlichen Stellungnahme darauf hin, dass die von ihm mitbegründete Kanzlei Mossack Fonseca in ihrer vierzigjährigen Existenz noch nie angeklagt, geschweige denn verurteilt worden sei. Man stelle lediglich für Zwischenhändler pro Jahr im Schnitt 20 000 solcher Konstrukte her, mit deren Verwendung man nichts zu tun habe. In den USA werden jährlich 200 000 solcher Vehikel verkauft, in Grossbritannien 250 000. Noch Fragen?

Macht es wirklich Sinn anzunehmen, dass ein einzelner Hacker – oder eine kleine Gruppe – diesen grössten Datenklau aller Zeiten bewerkstelligt und sich dann bei einer Zeitung meldet, um ohne die geringste Gegenleistung 2,6 Terabyte zu verschenken? Wichtiger noch: Das einzige erwiesene Verbrechen besteht bislang darin, dass eine Unmenge von vertraulichen Daten gestohlen und veröffentlicht wurde. Eine eklatante Verletzung der Privatsphäre, begleitet von der Anprangerung von Nutzern und Herstellern. Mossack Fonseca ist inzwischen mit umfangreichen Erklärungen zwischen Geschäft in die mediale Gegenoffensive gegangen. Das prallt aber an der aktuellen Pogromstimmung ab.

Die Liste der Birkenstocks

Es ist eine wahrhaft illustre Gesellschaft von Möchtegerns, die ab heute wichtig tut. Oben im Bild: Palau.

Wir greifen zunächst einige Highlights aus der veröffentlichten Liste der Teilnehmer an der «schön, haben wir drüber geredet und sind einer Meinung»-Veranstaltung auf dem Bürgenstock heraus.

Folgende bedeutende Staaten in alphabetischer Reihenfolge beehren sich: Benin in Form des Ministers Olushegung Ajadi Bakari (nein, den Namen muss man sich nicht merken, der Präsident hat übrigens Wichtigeres zu tun). Cabo Verde schickt immerhin den Präsidenten, die Union der Komoren (Quizfrage: wo ist das?) auch nur einen Minister.

Die Elfenbeinküste, die sicherlich eine wichtige Rolle bei den Friedensverhandlungen spielen wird, ist mit ihrem Präsidenten vertreten, für den man hoffen darf, dass er während der Konferenz nicht weggeputscht wird. Diese Gefahr besteht bei den Fiji-Inseln eher weniger. Bei Libyen, auch ein bedeutender Player auf der Weltbühne, besteht die Gefahr schon eher; zudem ist die Frage, wovon Mohamed Menfí genau der Präsident ist, also von welchem Teil dieses failed State.

Auf ein ganz anderes Level hebt hingegen Daniel Risch, der Regierungschef von Liechtenstein, diese Begegnung. Etwas strapaziös auf der Weltkarte wird dann die Suche nach Palau, wo Ruanda liegt, ist zumindest nach dem Massaker dort noch einigen geläufig. Viele wissen hingegen nicht, dass San Marino auch ein unabhängiger Staat ist und sogar in Europa liegt. Andorra ist übrigens mit dem Präsidenten, Monaco hingegen nur mit einem Minister vertreten, wobei diese drei Staaten locker die Schirmherrschaft über einen Waffenstillstand übernehmen könnten.

Während wieder viele daran scheitern, spontan anzugeben, wo denn Ost-Timor genau im Wasser liegt. Und schliesslich ist eine solche Konferenz ohne Uruguay undenkbar, auch wenn das Land bloss einen Minister schickt.

Schliesslich drängen sich natürlich noch Ursula von der Leyen auf und der Präsident des Europäischen Rats Charles Michel auf, denn wo der eine ist, muss eifersüchtig der andere auch sein.

Das wären also Auszüge aus den 92 Staaten und 8 Organisationen. Man rechnet damit, dass alle mit einem Tross von ca. 10 Wasserträgern anreisen werden, wodurch es auf dem Bürgenstock etwas eng werden könnte.

Und Schwergewichte? Wenn wir die europäischen Selbstdarsteller weglassen, wer kommt da? China kommt nicht. Russland wurde erst gar nicht eingeladen. Brasilien schickt einen Gesandten. Indien einen Minister. Indonesien ebenfalls einen Gesandten. Südkorea verzichtet ganz. Südafrika – Gesandter. Mexiko: Minister. Ach, und die USA die Wie-heisst-sie-doch-gleich-Vizepräsidentin. Aber dafür sind die Philippinen vertreten, allerdings auch nur mit einem Gesandten.

Das bedeutet also: ein Desaster. Von den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien China, Südafrika) ist lediglich eine zweite und dritte Garnitur aus Indien und Brasilien anwesend. Dafür ein Gerümpelturnier von völlig unwichtigen, unbedeutenden, vernachlässigbaren Staaten, deren Anwesenheit nicht bereichernd, sondern peinlich ist.

Was soll Benin, Cabo Verde, die Elfenbeinküste oder Palau zu einem Friedensprozess beitragen? Den Einsatz von Friedenstruppen anbieten? Damit drohen, dass die Winzstaaten ernsthaft böse werden, wenn nicht endlich Frieden herrscht? Bei einigen der teilnehmenden Staaten ist es durchaus fraglich, ob der anreisende Regierungsvertreter dieses Amt bei der Abreise noch hat.

Weil alle Grossen ausserhalb Europas fehlen (ausser vielleicht Japan), wurden die Lücken mit vielen Kleinen notdürftig gestopft. Aber mal im Ernst, was passiert eigentlich, wenn Surangel Samuel Whipps Jr., der Präsident der Republik Palau (17’600 Einwohner, verteilt auf 356 Inselchen), das Wort ergreift? Sagt man ihm dann, dass er als jemand, dessen pazifische Inselgruppe unter Verwaltung der USA steht, sowieso keine eigene Meinung haben kann? Oder lacht man ihn schlichtweg aus? Oder kriegt er gar kein Mikrophon?

Man stelle sich doch mal lebhaft so Begegnungen in der grossen Lobby des Hotels vor. Zwei Wichtigkeiten beäugen sich und fragen sich: muss ich den kennen oder der mich? Dann schütteln sie sich doch die Hände, der eine sagt: gestatten, ich bin der Präsident der Union der Komoren. Der andere erwidert: und ich von Cabo Verde. Dann gehen beide ihres Wegs und denken: where the fuck is this shithole?

Das ist nun wirklich ein Glanzlicht Schweizer Diplomatie. Die Wellen des Gelächters werden locker bis zu den 1’128 Metern des Bürgenstocks hinaufbranden. Es fehlte nur noch, dass sich ein Witzbold einen dicken Mercedes mit livriertem Chauffeur mietet, einen Wimpel mit einer Fantasielandesflagge dranpappt, damit vorfährt und sich bitterlich beschwert, wieso die Präsidentensuite für ihn nicht bereitstehe. Schliesslich sei er der Khan in Chief von Balotschistan, einem Staat oberhalb von Kasachstan, und Bundesrat Cassis habe ihn persönlich eingeladen.

 

Der Schönschwätzer-Gipfel

Birkenstock und kein Ende.

Eigentlich wird es langsam ernst, der Countdown läuft. Die Sicherheitsmassnahmen werden ergriffen und erhöht. Beim armen Hoteldirektor stapeln sich die Sonderwünsche der illustren Gäste. Es steht zu vermuten: je unbedeutender, desto unverschämter.

Es wird ein Geheimnis bleiben, ob neben nahrungstechnischen auch andere leibliche Genüsse eingefordert werden. Wobei, Bill Clinton ist wohl nicht dabei. Allerdings, so wie Friedensgipfel aus zwei Worten besteht, bräuchte ein solcher auch die Teilnehmer beider Kriegsparteien.

Ist aber nicht, also ist das kein Friedensgipfel, sondern sind das Selenskyj-Festspiele mit Schaulaufen von Wichtigkeiten. Bei denen wirklich ernstzunehmende Staatenlenker reihenweise fernbleiben. Besonders peinlich im Fall des US-Präsidenten. Der weilt dann sogar in Europa, könnte also problemlos noch eine Treppe auf dem Bürgenstock herunterstolpern. Tut er aber nicht, kä Luscht.

Auch China, Indien und Brasilien wollen bei dieser Persiflage eines Friedensgipfels nicht den Deppen spielen. Das sieht allerdings der «Blick» noch etwas anders; er berichtet von der Pressekonferenz des Bundesrats, wo der Hauptverantwortliche Ignazio Cassis «sagt, der indische Staatschef Narendra Modi habe der Konferenz seine Unterstützung zugesprochen. Ob er persönlich teilnehmen werde, sei aber unklar. Zudem sei eher unwahrscheinlich, dass der brasilianische Präsident Lula da Silva teilnehme

Für völlig ausgeschlossen hält Cassis überraschenderweise die Teilnahme Russlands. Das erklärt er so:

«Die Nichteinladung Russlands sei eine Kombination von zwei Elementen. Einerseits habe Russland bereits vor den Einladungen zur Konferenz gesagt, es sei nicht an einer Teilnahme interessiert. Andererseits sei die Ukraine nicht bereit gewesen, Russland «bei der Stunde Null» dieses Friedensprozesses dabei zu haben.»

Der zweite Punkt ist nun aber interessant. Bislang hiess es, die Schweiz habe Russland nicht eingeladen, um dem Land die Unhöflichkeit einer Absage zu ersparen. Nun verrät unser Aussenminister so nebenbei, dass er sich vom ukrainischen Präsidenten diktieren liess, wen er einlädt und wen nicht.

Schrumpfredaktor Schäuble von Tamedia hat bereits vorher die Nicht-Teilnahme von Joe Biden schöngeschwätzt, dass die Anwesenheit der Vizepräsidentin, die nicht mal im US-Wahlkampf eine grosse Rolle spielt, eine bedeutende Steigerung der Bedeutung dieser Show sei.

Cassis kündigte weiterhin an, dass die «Gemeinsame Erklärung» bereits in «Konsultationen» sei. Auch da fragt man sich, wieso dann der teure Spass auf dem Bürgenstock überhaupt noch stattfinden muss. Obwohl 90 Staaten bereits angemeldet seien. Angesichts der Absage fast aller Schwergewichte wird das eine Ansammlung von meist bedeutungslosen Drittweltländern sein, die sich auch mal gerne auf Einladung im Blitzlichtgewitter präsentieren möchten und wahrscheinlich stinkbeleidigt sind, wenn jemand fragt, wo um Himmels willen denn die Cookinseln, Kiribati oder Samoa liege.

Einzig Katar wird sich freuen, endlich brummt mal das Geschäft im Luxusressort.

In tiefes Schweigen ist hingegen die NZZ verfallen. Denn sie ist wirklich in der Zwickmühle. Zum einen ist Cassis ein sowieso wackelnder Bundesrat der Freisinnigen. Andererseits kann das Intelligenzblatt nicht so tun, als wäre der Birkenstock irgend etwas Sinnvolles oder Gelungenes. Im Gegenteil, mit der eigentlich unnötigen Enthüllung, dass die Ukraine keine Teilnahme Russlands gewollt habe, desavouiert sich die Schweizer Vermittlungspolitik noch vollständig.

Denn was ist das für ein neutrales Land, das gerne seine guten Dienste in einem bewaffneten Konflikt anbieten möchte, aber einer der beiden Kriegsparteien durchgehen lässt, dass die andere nicht eingeladen werden dürfe? Statt der Ukraine klar zu sagen: dann sucht euch doch einen anderen Deppen für eure Propagandashow …

So aber wird der Anlass offensichtlich zu einem Jahrmarkt der Eitelkeiten und Peinlichkeiten.

 

Blamiert bis auf die Knochen

Eigentlich müsste «Transparency International» einpacken.

Die Webseite der NGO kommt knackig und lautstark daher:

«Transparency International» gibt medienwirksam einen «Korruptionsindex» heraus. Hier werden weltweit die Länder daran gemessen, wie korrupt oder eben wenig korrupt sie seien. Der Index geht von 0 (völlig korrupt) bis 100 (überhaupt nicht korrupt).

Zuunterst tummeln sich die üblichen Verdächtigen. Somalia (11 Punkte), Venezuela und Syrien (13), Nicaragua (17), Burundi (20) usw.  Wobei hier die Frage ist, wie das bei diesen mehr oder minder failed states überhaupt gemessen werden kann. Oben strahlen die Edlen. Frankreich und Österreich liegen mit je 71 Punkten auf Platz 20, zusammen mit den Seychellen. Deutschland (78) und die Schweiz (82, Platz 6) sind weiter vorne dabei.

Aber der strahlende Sieger ist schon seit einiger Zeit Dänemark. Unerreichte 90 Punkte. Weltrekord, das am wenigsten korrupte Land, glückliche Dänen, da ist nichts faul im Staate, müsste sogar Shakespeare anerkennen.

Wie definiert Transpareny so schön: Korruption ist «der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil».

Wendet man diesen Massstab auf die NGO selbst an, dann kann man sie als hochkorrupt bezeichnen. Denn sie missbraucht offensichtlich ihre Medienmacht. Zu welchem Vorteil? Nun, eigentlich zum Nachteil, denn nach einer mehrteiligen TV-Doku des dänischen Fernsehens liegt das Saubermänner-Image der Dänen in Trümmern.

Die Ausgangslage war genial. Eine Anwältin meldet sich bei einem Dokumentarfilmer. Sie habe genug von der Verteidigung krimineller Subjekte, sie wolle bei der Aufklärung helfen, «um zu zeigen, wie eng und intensiv die kriminelle Unterwelt und die dänische Oberschicht miteinander verbandelt seien».

So blättert der Tagi, für einmal lesenswert, diese Wahnsinnsstory auf. Die Anwältin lässt sich und ihr Büro verkabeln, und es kommt Ungeheuerliches zum Vorschein.

Zwei Müsterchen:

«Ein dänischer Immobilieninvestor bietet vor laufender Kamera an, Kriminellen dabei zu helfen, dreistellige Millionenbeträge in Steuerparadiesen zu parken, und brüstet sich dabei mit seinen exquisiten politischen Kontakten, schliesslich sass er früher mal für die Sozialdemokraten im Stadtrat von Koge.

Ein erfolgreicher Anwalt gibt einem Gangster Tipps und verspricht mehrmals, in seiner Funktion als Insolvenzverwalter vor Gericht demnächst beide Augen zuzudrücken. Der Jurist war zu dem Zeitpunkt Partner in einer der angesehensten und mit 350 Mitarbeitern auch grössten Kanzleien des Landes, die oftmals vom Staat oder der öffentlichen Hand bei Unternehmensinsolvenzen betraut wurde.»

Und so weiter und so fort. In der sechsteiligen Serie entsteht das Bild einer hochkorrupten, hemmungslosen Küngelei zwischen Kriminellen und höchsten Kreisen der Gesellschaft. Das Sahnehäubchen: während der Dreharbeiten stellt sich heraus, dass auch die Anwältin ein Doppelspiel betreibt und neben der Aufklärung in einem zweiten Anwaltsbüro selbst weiter mit Kriminellen zusammenarbeitet.

Und was ist die offizielle Reaktion? Das Übliche: «Premierministerin Mette Frederiksen empörte sich auf Instagram darüber, dass Geschäftsleute und Anwälte «sogar mit Bandenmitgliedern kollaboriert haben», und versprach, mit ihrer Regierung noch in dieser Woche zu prüfen, wie man «noch härter gegen Banden vorgehen» könne. Justizminister Peter Hummelgaard hat bereits erweiterte Fahndungsbefugnisse für die Polizei und strengere Gesetze angekündigt.»

Gut, das ist Dänemarks Problem. Aber was ist von einem Rating zu halten, das einen solchen Staat auf Platz eins als sauberstes, am wenigsten korruptes Land der Welt setzt? Und das mit grossem Trara und üppig fliessenden Spenden in die Welt trompetet?

Das ist ungefähr so, wie wenn ein gnadenloser Kämpfer gegen Unzucht und Prostitution beim Bordellbesuche ertappt wird.

Eigentlich müsste nun Transparency International schlichtweg zusammenpacken. Die Arbeit einstellen. Denn lachhafter geht’s wirklich nicht. Aber natürlich wird das die NGO nicht machen, zu flott funktioniert dieses Geschäftsprinzip. Das übrigens von vielen NGO angewendet wird. Public Eye, SwissaidGold-Report») und viele andere wissen, wie man’s macht. Man veröffentlich eine «Untersuchung», die angeblich schreckliche Zustände enthülle. Die Medien nehmen es begierig auf («Nestlé schüttet zu viel Zucker in seine Softdrinks in der Dritten Welt»), die NGO wird bekannter, die Spendengelder fliessen üppig, und wenn sich dann bei genauerer Betrachtung herausstellt, dass es viel Lärm um nichts war, ist die öffentliche Aufmerksamkeit schon erloschen.

Das nennt man nun wirklich ein Scheissspiel.