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Höhen und Tiefen

NZZaS, die Zweite: ein paar Erhebungen im Flachland.

Der Gesamteindruck ist durchwachsen. Das Stück von Rafaela Roth lohnt immerhin die Investition von Fr. 7.10. Aber viel Beilage gibt es dann nicht fürs Geld.

Mit einer Ausnahme. Zoé Baches und Isabelle Wachter ist eine gute Doppelseite über eines der vielen Sanktionsopfer gelungen. Offensichtlich hat sich der Schweizer Vladislav Osipov bei der Redaktion gemeldet, um auf sein Schicksal aufmerksam zu machen.

Wie in vielen weiteren Fällen zeigt sich hier, dass die Sanktionen gegen reiche Russen (und ihr Umfeld) allesamt rechtsstaatlich fragwürdig und in Einzelfällen sogar grob illegal sind. Besonders stossend daran ist, dass die Schweiz faktisch ungeprüft sämtliche Sanktionen der EU und der USA übernimmt – wogegen Betroffene keinerlei Möglichkeit zu legalen Gegenwehr haben. Ein Unding.

Hier zeigen aber die USA, was Willkür und Wahnsinn sind. Gegen Osipov hat das FBI einen internationalen Fahndungsaufruf erlassen. Er sei flüchtig, es wurde ein Kopfgeld von einer Million Dollar ausgelobt. Dagegen hält Osipov fest, dass er seit zehn Jahren mit seiner Familie in Herrliberg lebe, zuvor sieben Jahre in Zürich. Von «flüchtig» und Aufenthaltsort unbekannt könne also keine Rede sein.

Die USA werfen ihm vor, er habe dem sanktionierten reichen Russen Viktor Vekselberg geholfen, die Sanktionen zu umgehen, den Besitz einer Yacht zu verschleiern und gar in den USA Bademäntel für diese Yacht gekauft zu haben.

Wie in solchen Fällen üblich, führte der Fahndungsaufruf dazu, dass Osipov sämtliche Schweizer Bankkonten gekündigt wurden. Nicht nur ihm, auch seiner Frau und seiner 15-jährigen Tochter. Die ZKB, die immer mit besonderer Feigheit gegenüber den USA auffällt, kündigte ihr Jugendsparkonto, auf dem sich laut Osipov vielleicht 500 Franken befanden.

Er sagt, dass er in völlig legalem Rahmen als Projektmanager für Firmen von Vekselberg tätig gewesen sei, was er regelmässig juristisch überprüfen liess. Die Verfolgung durch die USA führte dazu, dass er die Geschäftstätigkeit seiner Firma fast völlig einstellen musste und die Mitarbeiter entlassen. Er wird von den USA als «Transnational Organized Criminal» bezeichnet und öffentlich an den Pranger gestellt.

Statt Unschuldsvermutung Sippenhaft und vorauseilender Gehorsam Schweizer Banken, einmal mehr. Gutes Stück.

Womit das Lobenswerte durch wäre. Lustig höchstens, dass die NZZaS eine revolutionäre kommunistische Zelle in den Reihen der Jusos aufgespürt hat, die den Schweizer Staat umstürzen will, im Sinne Lenins. Inzwischen wollen die Revolutionäre, unter ihnen viele Juso-Funktionäre, eine eigene Partei aufbauen. Eher peinlich für die Jusos, die lauthals gegen Kontakte der Jungen SVP zur Jungen Tat krakeelen.

Wenn sich dann Peer Teuwsen in die Höhe eines Essays aufschwingen will und über «Das Ende der Leistungsgesellschaft» dilettiert, dann wünscht man sich wieder mal mehr Qualitätskontrolle bei der NZZaS. Denn eigentlich verkörpert er es selbst. Das gilt auch mal wieder ausgesprochen für das «NZZ am Sonntag Magazin». 6 Seiten über Schweizer Auswanderer; kommt davon, wenn der Stehsatz überquillt. Ein «Fotoessay» über Paris, das natürlich den Fotografen freut, den Leser weniger. Sieben Seiten dies und das; aber immerhin: die Fotos sind scharf und anständig ausgeleuchtet. Das dient als lange Einleitung zum kurzen Text einer Autorin, die erklärt, wieso sie nicht mehr in Paris lebt. Weil Saint-Germain-des-Prés halt nicht mehr so sei, wie es auch schon vor knapp zehn Jahren nicht mehr war, als sie dorthin zog.

Wir wollen das Magazin aber nicht beim geschmorten Lauch mit Haselnüssen verlassen, wo mit viel Aufwand Angekokeltes serviert wird. Sondern bei unserer Lieblingsrubrik «Konsumkultur». In all dem hier angebotenen Pipifax ragt mal wieder einer heraus:

Diese hässlichen Treter sind sogenannte Mules. Der Text dazu weist darauf hin, dass man in ihnen nicht rennen könne, da sie aus Satin sind, vertragen sie auch keinen Regen. Dafür kosten sie aber, die Inschrift «Prada» will ja bezahlt sein, schlappe 950 Franken. Immerhin pro Paar. Wobei das Magazin die giftgrüne Variante dem Leser darbietet – hoffentlich zur Abschreckung.

ZACKBUM findet dagegen: wenn schon, denn schon:

Dieser pelzige Unfall sind Mules aus Lammfell. Weil noch hässlicher, noch teurer: 1060 Franken, es gibt kein Schmerzensgeld zurück.

Mutig oder bescheuert?

Die NZZaS geht eigene Wege beim Cover.

Das muss man sich mal trauen:

Die NZZaS zeigt eigentlich allen aktuellen Themen den Stinkefinger. Ukraine? Ach ja. Wahlen in der Schweiz? Echt jetzt. Naher Osten? Ist da was? Hamas-Unterstützer finanziert mit Steuergeldern? Gähn.

Nun gut, die Forderung nach einer Begrenzung der Anzahl Wahllisten kann man als indirekten Hinweis darauf interpretieren, dass am Sonntag in der Schweiz Wahlen stattfanden. Die (noch) dreiköpfige Chefredaktion scheint gegen Ende ihrer Amtszeit eine gewisse Verwilderung zuzulassen, so nach der Devise: Stinkefinger, was nach uns kommt, ist doch egal.

Entsprechend schludrig wurde mal wieder der Inhalt zusammengenagelt. Natürlich, Naher Osten, Muss-Thema. Was machen wir? Kurzes, ganz kurzes Kopfkratzen. Dann die Glanzidee: fällt dir überhaupt nichts ein, mach ein Interview. Nur, mit wem? Die meisten Fachexperten sind schon abgefrühstückt, und Erich Gysling kann’s nun wirklich nicht sein. Vielleicht sagte einer «und Scholl-Latour?», wurde dann aber darauf hingewiesen, dass der schon ein Weilchen tot ist, aber bis heute gültige und intelligente Sachen über den Nahen Osten gesagt hat.

Aber gut, «da ist doch so was mit Geiselbefreiung», hat wieder einer eine Glanzidee. Genau, dazu interviewen wir einen, der vor einem Dutzend Jahren mal an einem Gefangenenaustausch im Nahen Osten beteiligt war. Devise: Ein Exklusiv-Interview hast du auf sicher, wenn sonst keiner mit dem Interviewten reden will.

Aber selbst mit der Planierraupe geführt, kann so ein Interview nicht zwei Seiten füllen. Also noch ein Rehash-Artikel über das Luxusleben der Führer der Hamas; immerhin knackiger Titel: «Jetset-Gotteskrieger». Verdammt, immer noch nicht voll. Dann halt in letzter Verzweiflung ein Bericht über das längst Berichtete: 20 Lastwagen durften von Ägypten aus Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Da aber die Kräfte der NZZaS erschöpft waren, übersetzte man einfach einen Artikel einer Freelance-Journalistin.

Aber zwei Seiten reichen nicht, wurde sich das Führungstrio schmerzlich bewusst. Also weiter im Text, Rehash über propalästinenische Demonstrationen in Berlin Neukölln. Nicht gerade neu, nicht originell, aber he, noch ein Interview mit einem Neuköllner Lehrer, und auch diese Seite ist voll.

Ab Seite 6 verspürt man vor allem die Erleichterung, dass nun der Nahe Osten abgehandelt ist. Wobei, hops, da ging doch ein Artikel fast vergessen, dann holen wir das halt auf Seite 9 nach: wie verhalten sich Schweizer Hilfswerke bezüglich Spendenaufrufen für Gaza?

Dann muss man sich zurückhalten, nicht zu psychologisieren und Rückschlüsse auf den Geisteszustand der NZZaS-Führer zu ziehen: ««Am Ende war ich leer wie ein Schlauch». Nach 14 Jahren nimmt der Nationalrat Martin Landolt Abschied von der Politik». Womit auch die Frage, was machen wir am Wahltag über die Wahlen, wenn Samstagabend schon Feierabend ist, beantwortet wäre.

Aber so eine Sonntagsausgabe zieht sich und zieht sich, zieht wie Hechtsuppe. Hechtsuppe? Genau: «Hightech statt Petri Heil. Sportfischer rüsten auf». Auch die. Ein Artikel aus dem weiten Feld von: kann man machen, muss man nicht machen. Kann man heute machen, kann man auch in einer Woche, in einem Monat machen. Aber die gute Nachricht ist: der erste Bund ist gefüllt.

Wenn das bloss nicht noch die anderen wären. «Hintergrund», wir senken mitfühlend den Mantel des Schweigens über die einleitenden Kommentare. Wie um alles in der Welt die NZZaS allerdings darauf kommt, Roger de Weck, dem Kurzzeit-VR-Präsidenten der «Republik», einen Gastkommentar zu schenken, in dem er salbadert: «Im Mittelmeer ertrinken Menschen, aber die Helfer, die sie zu retten versuchen, ernten Tadel – es sei vernünftiger, die Hilfe zu unterlassen. Was ist da los in unserer Gesellschaft?» Eine dumme Frage, die schon längst beantwortet wurde. Nur noch nicht von de Weck in der NZZaS.

Dann, wohl Höhe- und Glanzpunkt, eine Art Leiterlispiel zu den Wahlen. Prädikat: soooo originell.

Dann ein Bericht über religiöse Tendenzen in der israelischen Armee. «Die Kippa verdrängt das Berét». Eigentlich heisst die Kopfbedeckung «Mitzinefet», aber dafür müsste man sich schon ein wenig auskennen. Was nicht so die Sache von Joel Bedetti ist, der hier aber gutes Geld für seinen eingekauften Beitrag verdient haben dürfte.

Auch die Wirtschaft kommt nicht ohne eingekaufte Beiträge aus, dann darf sich Zoé Baches ein wohl letztes Mal ungebremst ihrem Hobby widmen, der Berichterstattung über den Vincenz-Skandal, auch wenn da nichts los ist. Beziehungsweise nur zu vermelden wäre, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft anhaltend keine Lust hat, den Fall von Bankgeheimnisverletzung zu verfolgen, der am Anfang der Affäre stand. Das könnte man mit einer Kurzmeldung tun – oder aber auf eine Seite aufblasen. Besonders originell dabei: das halbseitige Symbobild der Dachbepflanzung des Polizei- und Justizzentrums. Vielleicht ein indirekter Hinweis, dass auch die NZZaS sich bewusst ist, dass der Klimanwandel kommt.

Genauso ausgelutscht ist zurzeit der Skandal des Verscherbelns der Credit Suisse. Ausser, der Noch-Wirtschaftschef Guido Schätti zitiert einen, den man immer zitieren kann: den Experten für fast alles Aymo Brunetti.

Aber die Verzweiflung geht weiter: «Stalins Überfall». Wen hat denn der sowjetische Diktator nun schon wieder überfallen, der ist doch ein ganzes Weilchen tot? Ach, Polen natürlich. Die Geschichte ist schon so häufig erzählt worden, da kann man sie doch ungeniert nochmal erzählen. Gibt ja genügend Alzheimerpatienten unter den Lesern.

Besondere Erwähnung verdient aber Seite 53: «Die Energiekrise im Körper». Viel mehr würde allerdings ein Bericht über die Energiekrise im Hirn der NZZaS-Macher interessieren.

Dann macht sich Grossdenker Peer Teuwsen Gedanken über das «Zeitalter des Fanatismus». Das hat nun schon vor einigen Jahren begonnen, dazu ist von ungezählt grossen und kleinen Köpfen etwas gesagt und geschrieben worden. Aber wieso nicht ich, sagt sich Teuwsen, solange mich niemand daran hindert, den Leser zu langweilen, tu ich’s einfach.

Wer klein anfängt und klein aufhört, beginnt mit sich selbst. Mit einem eigenen Anfall, zwar nicht von Fanatismus, aber was soll’s. Hier kann  Teuwsen wenigstens damit angeben, dass er mal «Falling Down» mit Michael Douglas gesehen hat. Der Film ist gut und nicht gealtert. Aber der Text von Teuwsen, wollen wir den Kalauer draufsetzen, dass er den Filmtitel perfekt in viele Buchstaben umsetzt?

Wir beenden die Rezension mit einem stummen Schrei. «Die Summe aller Frauen, Teil 34». Nimmt das denn nie, niemals ein Ende?

 

 

 

NZZaS gegen SoZ

Der Nahkampf mit unklarem Ausgang.

Morgen geht ZACKBUM auf eine direkte Doublette ein, heute der Eins-zu-eins-Vergleich der beiden Sonntagsblätter. Das dritte steht bekanntlich noch unter Quarantäne.

Fangen wir mit dem Cover der SoZ an:

Wenn Arthur Rutishauser nicht wäre, würde dem Leser hier schon das Gipfeli aus der erschlaffenden Hand fallen.

Dieses Cover hingegen ist mal wieder ein lauter Hilferuf: Gujer, übernehmen Sie! «Die neuen Konfliktlinien in SAC-Hütten» – das kann ja wohl nicht der Ernst der NZZaS sein. Sondern Ausdruck davon, dass zu viele Köche eindeutig den Brei verderben.

Auch auf der nächsten Seite hat die NZZaS ein Auge fürs wirklich Wichtige:

Das ist ein Füller in höchster, aber allerhöchster Not. Daneben wird die Doppelseite mit Israel gefüllt. Kurzer Einleitungstext mit Altbekanntem, dann das, was man auch in höchster Not macht: ein bunter Strauss verschiedener Quotes von mehr oder minder bekannten Israeli. Auswahlkriterium: ging ans Telefon und war willig.

Dann Flüchtlinge, das x-te Interview mit dem Experten, zum x-ten Mal die Feststellung, dass die Mehrheit der Russen doch tatsächlich hinter Putin steht, dann eine Doppelseite Doppelinterview mit Hüttenwartin und ihrem Sohn Hüttenwart. Grosszügig bebildert, inhaltlich, wie soll man sagen, eher Flachland als Hochgebirge.

Dann gepflegtes Nachdenken über die Klimakleber, bei dem am besten die Augenlider oben angeklebt werden, dann zum x-ten Mal Schweiz – China, und wir haben den ersten Bund hinter uns.

Bei der SoZ geht’s lähmend vorhersehbar zu. Wie? Na, «Bundesratskandidat zum Nationalfeiertag». Ach, ein aussichtsreicher? Nein, ein Interview mit dem Basler SP-Nationalrat Mustafa Atici. Dann über einem SVP-Inserat (!) der Rest der Seite als Kurz(schluss)-Meldung. Denn ein solcher habe den Waldbrand im Wallis ausgelöst. Womit die Story eigentlich erzählt wäre. Aber im Sommerloch …

Tipps zum E-Roadtrip, weniger Bussen für Kiffer, weniger Spenden für Ukraine-Helfer, dann ein Interview mit dem deutschen Bundeskanzler Scholz – über Bücher. Das hat der Schweizer Leser davon, dass Tamedia eigentlich die Filiale der «Süddeutschen Zeitung» in der Schweiz ist. Dann ein Text, der von der fundamentalistisch-grünen Tamedia-Fraktion gar nicht gerne gelesen wird: «An den meisten Bränden ist gar nicht die Hitze schuld». Das weiss zwar jeder, der nicht völlig klimahysterisch ist, aber bei Tamedia muss das schon mal gesagt werden.

Und auch hier war’s das mit dem ersten Bund. Zum «Fokus» äussert sich ZACKBUM morgen, daher lassen wir ihn und den «Hintergrund» bei der NZZaS weg, ebenso wie den Sport natürlich.

«Wirtschaft» ist mal wieder recht trostlos. «Und ewig lockt der Süden», damit lockt die NZZaS nun niemanden aus dem Wasser. Autonomes Fahren, die UBS werfe Kunden der CS raus, dann tatsächlich ein Interview mit Martin Neff, dem scheidenden Prognose-Bruchpiloten von Raiffeisen, der freundlicherweise nicht an seine grössten Flops erinnert wird.

Das tiefste Sommerloch bietet dann der «Kultur»-Teil. Eine iranische Fotografin habe zwei Wochen lang «das politische Leben in Bern fotografiert». Und Peer Teuwsen, obwohl das nicht spesenintensiv war, hat sie dabei «begleitet». Die Fotos sind, na ja, man will ja nicht frauenfeindlich sein. Der Text ist, dazu dürfen wir uns wohl äussern, dünnlich-dümmlich, ein echter Teuwsen halt. Duftmarke: zuerst rede die Fotografin mit den Menschen, was ja ungeheuerlich ist, dann erst greife sie zur Kamera. «Es ist eine Hasselblad H6D, sie wiegt zusammen mit dem Objektiv 5 Kilogramm.» Das ist nun lustig, laut Hasselblad selbst wiegt diese vollausgerüstete Kamera mit Objektiv etwas über 2 Kilo. Aber entweder hat die Fotografin ein Mords-Tele vornedran, oder Teuwsen hat schlampig recherchiert.

Walser, Barbie, «Die Summe aller Frauen», und tschüss.

Bei der SoZ füllt immerhin Rutishauser die erste Seite der «Wirtschaft» mit einem grossen Ermotti-Foto und der breitgewalzten Story, die schon auf dem Cover angerissen wurde. Dann allerdings die wirklich nette Story, dass das «Konsumentenforum» nach zähem Mauern mal bekannt gegeben hat, wie viele Mitglieder es eigentlich vertritt. Es sind lachhafte 168 Nasen. Dividiert man die Mitgliedereinnahmen im Jahresbericht durch den Beitrag von 50 Franken, wären es sogar bloss 92. Dafür kriegte das Forum dann satte 100’000 Franken Subventionen vom Bund; pro zahlendes Mitglied knapp 600 Franken. Wunderbare Story.

Bei «Leben & Kultur», dem Sammelgefäss für alle Resten, geht’s dann wieder bergab. Männer mit nacktem Oberkörper, die Sommergähn-Story, dann «Die besten Bücher für den Sommer», und das schon Ende Juli, ein Geschwisterstreit, Chörbliwasser, rezeptfreie «Erektionsförderer», dann endlich mal wieder ein rassiger E-Sportwagen für schlappe 175’000 Franken, und schliesslich noch «Bücher für Biker». Statt einer Erektionsförderung braucht man hier rezeptfreie Muntermacher, allenfalls auch illegalen Stoff, um wach zu bleiben.

Wir geben hier wohlwollend ein Unentschieden und wünschen den Redaktionen gute Erholung am 1. August. Sie können’s brauchen, auch wenn die Ideenleere wohl auch danach noch etwas anhalten wird.

 

 

 

Die Sonne scheint,

der Medienbeobachter greint.

Aber im Dienste der Aufklärung und der Leser ist ZACKBUM bereit, ohne weiter zu klagen die Mühsal auf sich zu nehmen, den Output der Sonntagspresse zu visionieren.

Immerhin, in aller Gerechtigkeit sei’s gesagt, die «NZZamSonntag» vermag mal wieder, positiv aufzufallen. Teilweise. Vielleicht liegt es auch nur am Umfeld. Aber immerhin:

Hackergefahr, Groupies und wie die UBS bereits die CS dominiert, das sind schon mal drei Themen, die interessieren. Dass aus illustrativen Gründen ein weiches Thema wie Geistesheilung riesig aufs Cover muss, nun ja, man versucht halt, immer wieder andere Zielgruppen anzusprechen.

Etwas sehr viel Tierliebe zeigt die NZZaS dann auf Seite zwei:

Das ist Wilson. Ein Suchhund, der gesucht wird. Ein eher blöder Suchhund, denn er hat scheint’s mitgeholfen, die wundersam geretteten kolumbianischen Kinder im Dschungel zu finden. Aber dann ist er selbst verlorengegangen. Nun will man den Belgischen Schäferhund mit Weibern herbeilocken: «Im Wald wurden zwei läufige Hündinnen ausgesetzt», weiss die NZZaS. Hoffentlich wird daraus kein neuer Fall von sexueller Belästigung.

Auf Seite 3 erschreckt dann die NZZaS ihre Leserschaft mit dem «vermeidbaren Aufstieg der Alternative für Deutschland». Schön, dass schon im Titel der unparteiische Standpunkt der Autorin klar wird, die ja nicht zufällig für die «taz» die Meinungsseite leitete.

Ob’s aber nicht ein touch too much ist, die Illustration in Kackbraun einzufärben?

 

Je mehr AfD, desto brauner. Aber damit will die NZZaS sicherlich keine Assoziationen auslösen.

Dann haben wir wieder den, nun ja, Sonderfall Aline Wanner. Die journalistisch eher unauffällige Medienkolumnistin fällt diesmal ansatzlos über ein Organ namens «Ladies Drive» her. Schon der Titel passt Wanner nicht: «Eine andere Redaktion, die für Frauen das Synonym «Ladies» verwendet, ist übrigens jene der Kuppelshow «Der Bachelor»». Aber damit hat sie das Businessmagazin für Frauen noch nicht genug abgewatscht. Wer nicht schon von der Coverstory «total abgeschreckt» sei, den «halten womöglich das monoton-binäre Layout … die wilde Vermischung von Deutsch und Englisch … oder die schiere Unlesbarkeit … davon ab, das Magazin zu konsumieren».

Geschimpfe, dafür weiblich.

Auch die Chefredaktorin Sandra-Stella Triebl wird kräftig angerempelt. Das von ihr ausgelobte «Kaleidoskop von Meinungen» sei «normalerweise ein Synonym für viele günstig produzierte und schlecht formulierte Texte». Nicht einmal ZACKBUM würde sich trauen, auf so dünner Faktenlage ein Magazin mit einer Auflage von 40’000 (Folio mit allem Rückenwind der NZZ unter der Leitung von Wanner auf 69’928 geschrumpft) dermassen in den Boden zu stampfen.

Der Text ist so unverständlich-bösartig, dass man sich unwillkürlich fragt, was Wanner da über die Leber gelaufen ist. Wurde ein Text von ihr verschmäht? Beneidet sie die Chefredaktorin, die immerhin zu einer der am besten vernetzten Frauen der Schweiz gewählt wurde? Ist es einfach Stutenbissigkeit? Auf jeden Fall bleibt auch die Frage unbeantwortet, wieso die NZZaS solche privaten Feldzüge zulässt, die ohne Sinn und Anlass lospoltern.

Aber immerhin, nach einem mässigen Text von Rafaela Roth über die angebliche «Rache der Groupies» beginnt dann die «Wirtschaft» mit zwei schönen Stücken über die Schweizer Banken, bzw. gegen die UBS. «Der Staat subventioniert die Banken mit 30 Milliarden», sagt der Ökonom Adriel Jost im Interview. Und Zoé Baches sowie Guido Schätti kritisieren «byzantinische Verhältnisse in der neuen UBS». Zwei Stücke, die man gelesen haben sollte.

Viele werden aufatmend diesen Bericht der NZZaS zur Kenntnis nehmen:

Zu solch schlüpfrigen Themen will ZACKBUM aber nicht weiter kommentieren.

Durchaus verdienstvoll ist hingegen, dass Peer Teuwsen für einmal fleißig bleibt und die unsägliche Affäre um die Verwendung des Begriffs Zigeuner in einem literarischen Werk weiterverfolgt:

Das passt zum idiotischen Vorstoss des Vielschwätzers Sebastian Girod, dass der Bund nur noch Dokumentar-Filme fördern soll, wenn Frauen darin vorkommen. Da verzeihen wir dem Kulturteil sogar die 237. Fortsetzung von «Die Summe aller Frauen» von Jan Weiler. Oh, es ist erst die 16. …

Dagegen wirkt die «SonntagsZeitung» wieder einmal wie ein Schluck Wasser:

«Die Wasserfrage. Wie viel soll man an heissen Tagen trinken?» Echt jetzt, zweite Hälfte Juni, und bereits gähnt das Sommerloch dermassen auf Seite eins? Und was sagt eigentlich die Schneeflocken-Gender-Fraktion dazu, dass es mal wieder ein anzügliches Symbolbild mit einer Frau sein muss? Hä? Gohts no?

Richtig lustig wird’s dann aber bei der Rezension des Berner Konzerts von Rammstein. 40’000 begeisterte Zuschauer im ausverkauften Stadion, es sei «kraftvoll und theatralisch» wie immer, aber: es sei «ein bisschen verhalten», wollen «mb/jek/mbu» bemerkt haben. Denn es braucht schon drei Kürzel, um einen mediokren Artikel zu verfassen.

Der ist daher ein wenig Konzertkritik, ein wenig Rehash von Altbekanntem und von absurden Beobachtungen: «Die Miene von Gitarrist Richard Z. Kruspe scheint noch etwas düsterer als üblich». Schliesslich sei es ein «umstrittenes Konzert» gewesen. Ganze 18 Zeilen verwendet das Trio Infantil von Tamedia auf eine Konzertkritik. Der grosse Rest ist Gemaule; fast die Hälfte des Artikels macht die Beschreibung der Demonstration von Rammstein-Gegnern vor dem Stadion aus.

Es handelte sich also um 40’000 zahlende Gäste – und um wohlwollend geschätzt «100 Personen», die sich vor dem Stadion versammelten, um «lautstark gegen die Durchführung des Konzertes zu protestieren». Ganz lautstark hatte schon Tamedia-Redaktor Andreas Tobler dessen Absage gefordert. Auf diese Lächerlichkeit gehen aber die drei tapferen Tagi-Schreiberlinge nicht ein.

Immerhin, Rico Bandle widmet sich dem Justizskandal um Erwin Sperisen, der von einer völlig ausser Rand und Band geratenen Genfer Justiz wegen einer angeblichen Verschwörung mit sich selbst zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Als einziger Schweizer Journalist hat Alex Baur seit Jahren und unermüdlich auf diesen Skandal hingewiesen – allerdings in der «Weltwoche» …

Von da an geht’s schwer bergab. Ein Redaktor jammert darüber, dass er an der Glotze an miesen Filmen hängenbleibe («Wir glotzen Müll»). Interessiert eigentlich keinen, der Ami würde sagen: get a life! Würste zum Selbermachen und Sommerdrinks, man muss aufpassen, dass es einem beim Gähnen nicht den Unterkiefer ausrenkt.

Aber für grosse Erheiterung sorgt wie fast immer die Auto-Seite:

Haben wir gelacht.

Ach, da soll’s noch ein Sonntagsblatt geben. Im Prinzip ja:

Was soll an ein paar Paparazzi-Fotos «Wahnsinn» sein?
Daraus eine Titelstory zu basteln?

Ladina Heimgartner würde sicher sagen, dass das ein Beispiel für den neuen Qualitätsjournalismus sei, weg vom Boulevard. Ein paar Fotos der Bandmitglieder von Rammstein. Dazu noch eine «Einschätzung eines Medienexperten». Wow. Es handelt sich dabei um Ferris Bühler. Ferris who? Na, der Bühler:

Also DER Bühler:

Bekannt aus, ähm, kompetenter Meinungsträger bei, räusper, immer wieder in den Medien durch, hüstel. Lohnt es sich, weiterzublättern? Auf die Gefahr hin, dass man wieder der Unke aus Berlin begegnet, einer persona non grata bei ZACKBUM? Nein, das kann man nicht verlangen, ohne sich in Gefahr zu begeben, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einzufangen. Wegen Folter. Wegen der berühmten Tropfenfolter. Nicht mit Wasser, aber mit Tropfen journalistischen Abwassers.

 

 

 

Bärenstark, oder?

Schon blöd, wenn der Druck wieder funktioniert, aber die Redaktion …

Sagt mal, liebe kompetente NZZaS-Journalisten, ist das Euer Ernst? Oder habt Ihr spielerisch mit dem «SonntagsBlick» einfach die Front getauscht?

Ausser dem Regenrohr im Logo, dem gewagten Kugel-Insert oben rechts, diese Front hätte sich doch auch bei NZZaS gut gemacht. Und Bärenumarmen sowie eine aufgeplusterte Geschichte über gestiegene Flugpreise hätte bestens auf den Boulevard gepasst.

Gut, anschliessend kommt im SoBli ein Editorial von Gieri Cavelty, da lässt’s dann wirklich schwer nach.

Aber auch auf Seite 2 beweist die NZZaS, dass die Debatte damals, ob die alte Tante überhaupt Fotos braucht, und erst noch in Farbe, durchaus ihre Berechtigung hatte:

Vier Betende vor dem Bundesgericht, welche Platzverschwendung.

Wunderbar auch diese Duftnote:

Aber immerhin, es gibt einige (wenige) Stücke, die versöhnen. Zum Beispiel die Hinrichtung des neusten Machwerks des PR-Genies Benjamin von Stuckrad-Barre. Der machte schon aus seiner Drogensucht einen öffentlichen Auftritt, nun will er Ersatz generieren für die üppigen Honorare, die er über Jahre hinweg für kleine Leistung für den Springer-Verlag erbrachte.

Mit «Noch wach?» schafft er es, und das ist nicht einfach, sogar Lukas Bärfuss zu unterbieten, gewinnt aber sprachlich den Nahkampf mit der/die/das Kim. Die Rezension in der NZZaS beginnt völlig richtig: «Eigentlich ist es falsch, diesen Text zu schreiben. Weil man damit einem Mann die Aufmerksamkeit gibt, nach der er giert.»

Um dann in einer fulminanten Hinrichtung zu enden:

««Noch wach?» ist aber trotzdem kein #MeToo-Roman. Er gibt nur vor, einer zu sein: Stuckrad-Barre kritisiert ein Machtsystem, von dem er selbst über Jahre profitiert hat. Jetzt eignet er sich die von Frauen hart erkämpften Errungenschaften an, die unter #MeToo zusammengefasst werden, und macht daraus Marketing für sich selbst. Sein Roman ist nicht literarisch interessant, sondern als Symptom für den grassierenden Zwang zur Selbstdarstellung. Wie sehr die Lust, sein Ego über die Sache zu stellen, dem Journalismus schadet, immerhin das transportiert er.»

Ähnliches könnte man allerdings über den Kulturchef der NZZaS sagen. Peer Teuwsen interviewt nämlich John Irving. Denn kann man kennen, muss man aber nicht. Einen Anlass fürs Interview gibt’s auch nicht, und so plaudert es sich halt dahin. Ach doch, Irving hat mal wieder einen ellenlangen (mehr als 1000 Seiten!) Familienroman geschrieben. Das ist aber noch lange kein Grund, ihm solche Fragen zu stellen:

«Was ist Familie eigentlich?
Familie ist die plötzliche Erkenntnis, jemanden mehr zu lieben als sich selbst.
Garp sagt: «Lachen ist meine Religion.»
Meine auch.
Ihre einzige?
Ja, Lachen ist meine einzige Religion.»

Nun muss ZACKBUM sowohl loben wie tadeln: «Die geschmierte Gewalt. Österreichs Medien erhielten im letzten Jahr von den öffentlichen Stellen Inserate im Wert von gesamthaft über 200 Millionen Euro.»

Es kann natürlich reiner Zufall sein, dass Beitrag und Thema verblüffende Ähnlichkeit mit diesem Stück haben: «Tamedias tiefes Schweigen». Das erschien am 17. April hier. Auch mehr in den Bereich Tadel gehört die Frage, wieso die NZZaS zwei Seiten für österreichische Zustände aufwendet, aber kein Wort über spiegelgleiche Verhältnisse in Deutschland und durchaus auch staatliche Jornalistenschmiere in der Schweiz verschwendet. Weil da peiplicherweise auch NZZ-Journalisten auftauchen?

Auch darüber hat ZACKBUM schon berichtet, aber vielleicht passte der NZZaS die eigentliche Quelle der Schweizer Untersuchung nicht, denn das war der «Nebelspalter».

Grossartig ist hingegen, das wollen wir gerne einräumen, eine Verteidigung von Lukas Bärfuss durch Manfred Papst. Also glücklicherweise keine Verteidigung dessen letzten Machwerks. Aber dessen Verwendung des Sprichworts «nach der Decke strecken». Unter Zuhilfenahme des Röhrich (für Sprachbanausen: «Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten», gehört in jeden besseren Haushalt) weist Papst nach, dass damit nicht die Zimmer-, sondern die Bettdecke gemeint ist. Das nutzt Papst, um seinem Kollegen von der NZZ eine reinzuhauen, der sich über das Sprachbild von Bärfuss, einer müsse sich nach der Decke strecken, wolle er keine kalten Füsse bekommen, lustig machte. Was, wir gestehen’s, auch von ZACKBUM geteilt wurde.

Aber: mit Verweis auf GoetheWer sich nicht nach der Decke streckt / dem bleiben die Füsse unbedeckt») klärt Papst auf, dass damit eben gemeint ist, dass eine kleine Decke zur Folge haben kann, dass die Füsse kalt bleiben. Die NZZaS als Bildungsanstalt, aber hallo.

 

 

Wir haben’s gewagt

Eigentlich wollte ZACKBUM schon nach diesen Anrissen aufgeben.

Denn was haben eine Pizzaschachtel und Patti Basler gemeinsam? Sie sind beide nicht lustig. So viel Sexismus muss einleitend sein.

Aber vom Humorlosen zu einem wirklich ernsten Thema. Auf der Frontseite reisst die «NZZamSonntag» ein Doppelinterview an:

Das ist nun auch ein Stück perfide Demagogie. Demagogisch daran ist, dass die Aussagen von zwei EU-Botschaftern in der Schweiz zum Plural «EU-Länder» aufgepumpt wird, was beim Leser den Eindruck erwecken soll, dass alle EU-Mitglieder das so sähen. Perfid daran ist, dass dieses Interview die FDP-Wackelpolitik bezüglich Waffenexporten via Drittländer unterstützen soll.

Schauen wir mal genauer hin, wie Ladina Triaca und Simon Marti das Doppelinterview mit der holländischen und dem französischen Botschafter(in) in der Schweiz, denn das sind die «EU-Länder», geführt haben.

Natürlich ist es nicht die Aufgabe des Interviewers, den Interviewten in den Senkel zu stellen. Aber zu viel Unterwürfigkeit ist auch fatal. So sagt die holländische Botschafterin unverfroren auf die Frage, ob die EU Druck auf die Schweiz ausgeübt habe: «Wir gingen davon aus, dass der Bundesrat uns folgen würde. Die grosse Frage war, wie rasch.» Zu dieser klaren Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates hätte man vielleicht etwas sagen können. Aber nur vielleicht …

Dann geht’s zur Sache, also zum neuen Versuch, klare Schweizer Gesetze auszuhebeln, die auch die Wiederausfuhr Schweizer Waffen in Kriegsgebiete glasklar verbieten, was auch alle europäischen Staaten vertraglich zugesichert haben. Aber neu heisst es: «Es geht hier um die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen und Munition, die sich in den Beständen unserer europäischen Partner befinden. Sind diese blockiert, ist das ein Problem für Europa.»

Das schlucken die Interviewer widerstandslos, also legt der französische Botschafter nach:

«Wenn die Schweiz die Lieferung von Waffen und Munition blockiert, heisst das auch, dass sie ein europäisches Land daran hindert, seine eigene Sicherheit zu verteidigen.»

Spätestens hier hätte man von zwei gestandenen NZZaS-Journalisten erwarten dürfen, dass sie Widerspruch gegen diese absurde Behauptung einlegen. Aber nein, tun sie nicht. Also zeigt der Franzose, was diplomatischer Zynismus ist und antwortet auf die Nachfrage, ob der Druck auf die Schweiz anhalten werde: «Aber ich würde nicht von Druck auf die Schweiz sprechen, sondern von einer sehr starken Nachfrage.»

Vielleicht haben die beiden Journis nicht die abgefeimte Ironie verstanden, sie winken auch diese Frechheit durch. Da machen zwei Diplomaten klar, dass sie auf Schweizer Gesetze pfeifen, kokettieren ungeniert damit, dass man dieses Stachelschwein doch schon noch kleinkriegen werde, behaupten in Bezug auf russische Vermögen gar, «die Russen werden zahlen müssen für den Wiederaufbau der Ukraine, aber natürlich stellen sich rechtliche Fragen». Könnte man da nicht erwarten, dass der Interviewer nachhakt, ob damit gemeint sei, rechtsstaatliche Grundsätze samt Eigentumsgarantie in die Tonne zu treten? Könnte man, müsste man. Ist aber nicht.

Was für eine blamable Aufführung der Interviewer. Was für eine blamable Führung durch die oberen Hierarchiestufen, die diese mangelhafte Leistung ins Blatt durchwinkten. Man sollte die beiden Kolonialherren, womit auch die Dame gemeint ist, zu personae non gratae erklären; die beiden Journis am besten gleich mit.

Neben dieser Fehlleistung verblasst beinahe die Kehrtwende der England-Korrespondentin Bettina Schulz. Sie erweckt nämlich den Eindruck, mit dem Denken Lenins sehr vertraut zu sein. Der soll als erster gesagt haben: Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an. So lästerte sie ausführlich über die angeblich ausweglose und kritische Situation ab, in die sich Britannien durch den Brexit begeben habe. Dazu noch dieser neue Premier, Himmels willen. Nun aber: «Drachentöter im Massanzug. Rishi Sunak lässt mit seinem EU-Coup ein ganzes Land aufatmen». Das ist schön für die Briten, nur: was soll man der Wetterfahne Schulz denn noch glauben?

Auf Seite drei dürfen wir dann eine Analyse des Schreibtischgenerals, des Sandkastenstrategen, der militärischen Koryphäe Markus Bernath lesen. Der hatte bekanntlich schon die Niederlage Russlands verkündet. Aber auch ihn geht sein dummes Geschwätz von gestern nichts an, aktuell analysiert er: «Die Russen wollen genau diese Stadt (Bachmut, Red.) erobern, weil sie überall sonst scheitern. Und die Ukrainer verteidigen den Ort bis zuletzt, weil auch sie nicht zu einer Offensive fähig sind.»

Frage eins: Stimmt das? ZACKBUM hat keine Ahnung und weiss sich damit mit Bernath einig. Frage zwei: wird diese Analyse in drei Monaten noch Bestand haben? Nein. Frage drei: wieso wird dann eine Seite darauf verschwendet? Gute Frage.

Der gebeutelte Leser wankt zu Seite 16 und kriegt auch dort eine volle Ladung Gedöns serviert. Zunächst sargt der schreibende Rentner Felix E. Müller «Das Magazin» ein. Immerhin schreibt nicht Aline Wanner, also bleibt ZACKBUM ungeschoren. Ist aber auch nicht nett von Müller, dass er das Magazin der NZZaS für völlig überflüssig erklärt. Oh, hoppla, er meint natürlich das Magazin der Konkurrenz. Sicher reiner Zufall, diese Schelte.

Gegen Schluss wird Müller dann etwas dunkel, was den Sinn seiner Kolumne betrifft. Nachdem er die Überflüssigkeit des Tagi Magi beschworen hat, fährt er fort: «Noch verfehlter ist es, auch Mobbingfälle auf diese Weise veredeln zu wollen. Sie wären genauso schlimm, hätten sie sich so, wie behauptet, beim «Entlebucher Anzeiger» zugetragen.» Mann o Mann, was will uns die schreibende Schnarche denn damit sagen? Das «Magazin» veredelt Mobbingfälle? Sie werden edler durchs Magazin? Wer würde bestreiten, dass sie beim «Entlebucher Anzeiger» genauso schlimm wären, hätten sie sich so zugetragen?

Ist halt schon blöd, wenn man ab und an den Faden verliert und Unverständliches murmelt. Aber eigentlich gäbe es dafür eine Redaktion, die das dem Leser erspart. Leider Konjunktiv. Aber der Leidensweg ist auf dieser Seite noch nicht abgeschritten, der Kelch nicht bis zur Neige geleert. Denn darin schwimmt noch Nicole Althaus. Sie schreibt, nein, lieber Leser, mehr als einmal raten ist nicht erlaubt, sie schreibt über weibliche «Hysterie» und – hübsche Formulierung – «Mensch mit Menstruationshintergrund».

Aber dann regt sie sich über die zunehmende Verwendung eines sensiblen Sprachgebrauchs auf, also statt «Armer» heisst es dann «Mensch mit limitierten finanziellen Ressourcen». Das sei ganz furchtbar und ändere nichts an der Realität. So weit, so gut. Dann bringt sie ein Beispiel einer klaren Reportersprache über Heiratsgebräuche in den Slums von Mumbai. So weit, auch so gut. Aber dann will sie diese klaren Sätze selber in eine «diskrimierungsfreie Sprache» übersetzen, um diesen Unfug zu entlarven. Nur: sie kann’s nicht, also wird’s zum peinlichen Eigentor.

Allerdings ist damit der Golgatha-Weg des Lesers, man muss leider zu solchen Metaphern greifen, noch nicht zu Ende. Peer Teuwsen, da zuckt der sensible Leser schon zusammen, interviewt Josef Hader. Das ginge ja noch, wenn Hader in Form wäre. Aber Teuwsen hat ihn, geschickt, geschickt, der völlig humor- und begabungsfreien Patti Basler an die Seite gestellt.

Wir sind bekanntlich bereit, für unsere Leser eine Leidensfähigkeit an den Tag zu legen, die ihresgleichen sucht. Aber wir lasen diesen Satz hier von Basler: «Aber ich persönlich bin je nach Körperstelle einer anderen Region zugewandt. Der Beckenboden zum Beispiel ist südostasiatisch tief im Om.» Seit wir uns das plastisch vorzustellen versuchten, kriegen wir das Bild nicht mehr aus dem Kopf, da nützt auch keine transzendentale Meditation mehr. Um weitere Beschädigungen zu vermeiden, gaben wir hier die Lektüre auf. So viel Selbstschutz muss sein.

War’s das wenigstens? Fast. Auf Seite 53 interviewt Peer Teuwsen, ja, wir zucken zusammen, Jan Weiler. Jan who? ZACKBUM gesteht: Wir haben noch nie von einem der «meistgelesenen Autoren deutscher Sprache» gehört. Hört sich auf jeden Fall besser als Bestsellerautor an. Das ist ein Mann mit einem bescheuerten Pseudonym auch, das war auch ein Konsalik, das sind auch die Autoren der Jerry-Cotton-Heftchen. Aber hier ist es Weiler. Dabei hat gerade Peter von Matt eine neue Essaysammlung veröffentlicht, vor der man niederknien muss. Dabei gibt es unzählige andere Neuerscheinungen, zum Beispiel das kleine Wunderwerk von Volker Reinhardt über Montaigne. Und, und, und. Aber Teuwsen hat den einschlägig bekannten Weiler dazu eigeladen, in der NZZaS einen «Fortsetzungsroman» zu schreiben.

Gut, wir haben den «Der erste Satz»-Test gemacht: «Als Peter Munk zwei Tage nach seinem einundfünfzigsten Geburtstag auf der Rolltreppe des Globus zwischen der zweiten und der dritten Etage einen Herzinfarkt erlitt, ergriff ihn weder Todesangst noch Verunsicherung, sondern reine Empörung.»

Um das Resultat vorweg zu nehmen: durchgefallen. Knackt in den Gelenken, weil ungelenkes Situieren, überflüssige Ortsangabe, «ergriff ihn» unmotiviert altertümlich, Substantivierung macht die Aussage behäbig, Verbalisieren wäre viel dynamischer gewesen. Und kann jemand, der gerade einen Herzinfarkt erleidet, darüber empört sein? Mediziner würden sagen: nein. Also ist’s auch noch ein unsinniges Setting.

Danach kommt übrigens die Rückblende, wir ahnten es und blendeten uns aus.

Also noch mal so eine Ausgabe der NZZaS, und ZACKBUM verlangt Schmerzensgeld. Und nein, liebe Leser, die Lektüre von SoZ und SoBli kann uns nun wirklich keiner zumuten, nach diesem Schmerzenspfad durch das Sonntagsblatt aus der Falkenstrasse, das endlich mal wieder eine Schreiboffensive starten sollte. Denn eigentlich hätte es doch die Mannschaft dafür.

 

… aus den Löchern

Halali. Die Jagd auf Tamedia ist eröffnet.

Das muss man mal hinkriegen. Innerhalb von nur zwei Tagen ist die Affäre Canonica zu einem Tamedia-Skandal gereift. Dank selten unfähiger Kommunikation der Verlagsspitze.

Von einem verkniffenen Anschwärzen der ehemaligen «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani mitsamt Verweis, dass man aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nix mehr sagen könne, gelangte die Geschäftsleitung schnell zur Veröffentlichung einer Zusammenfassung des Untersuchungsberichts. Scheiss auf Persönlichkeitsschutz, sowohl bei Roshani wie bei Finn Canonica.

Man kann davon ausgehen, dass beide nicht um ihr Einverständnis angefragt wurden, bevor die hyperventilierende Geschäftsleitung das Papier öffentlich machte.

Darin wird die Kritikerin kräftig runtergebürstet, aber auch Canonica kriegt sein Fett ab. «Fäkalisierte Sprache», wunderbarer Ausdruck. So nebenbei haut sich die Tamedia-Spitze selber eine rein. Hiess es zuvor, Canonica habe von sich aus eine neue Herausforderung gesucht, wird nun klargestellt, dass man ihn gefeuert hat.

Aber es gibt noch einen kitzligeren Punkt, der wohl zu Köpferollen führen wird. Die GL behauptet, Roshani habe den Untersuchungsbericht bekommen. Sie bestreitet das. Einer von beiden sagt die Unwahrheit. Die Logik gebietet zu vermuten, dass sie in ihrem Anklageartikel sicherlich auf diesen Bericht eingegangen wäre, hätte sie ihn gekannt.

Wird also die GL dabei ertappt, zu allem zu auch noch die Unwahrheit gesagt zu haben, dann muss das personelle Konsequenzen haben. Der Newcomer Müller von Cronenblum würde sich anbieten. Allerdings steht Arthur Rutishauser eine halbe Etage unter ihm und war der direkte Vorgesetzte von Canonica. Müsste also mit staatstragenden Worten ein Sündenbock gesucht werden …

Es gibt allerdings schon zwei sehr widerliche Aspekte in der ganzen Affäre. Roshani behauptet, Canonica habe seine «fäkalisierte Sprache» und seine ständigen sexuellen Anspielungen auch coram publico vorgeführt, also vor der gesamten Redaktion. Es ist kaum anzunehmen, dass sie das erfunden hat.

Das bedeutet also, dass eine ganze Reihe von edlen Gutmenschen teilweise über Jahre diese Unappetitlichkeiten eines offenbar gestörten Menschen anhörte – und dazu schwieg. Alle diese Aufdecker von Skandalen, diese Kämpfer gegen Sexismus, diese tapferen moralinsauren Besitzer der Wahrheit, des Guten und moralisch Richtigen – die haben aus Feigheit oder Arbeitsplatzsicherung jahrelang zugehört und geschwiegen?

Sie tun es weiterhin; allen von ZACKBUM angeschriebenen Edelfedern des «Magazins» ist die Tinte getrocknet. Keiner von ihnen wagt es, etwas Mumm und Zivilcourage statt feigem Schweigen zu zeigen. Auch kein ehemaliger. Wo bleibt da Peer Teuwsen, wo bleibt Martin Beglinger, wo bleiben alle, die im Impressum des «Magazins» verzeichnet sind? Welche Bankrotterklärung.

Gleichzeitig kommen nun viele aus den Löchern, die niemals bereit wären, vor der eigenen Türe zu kehren, und ergehen sich in billigen Solidaritätsadressen oder Tamedia-Beschimpfungen. Patrizia Laeri, selbst immer schnell und vergeblich mit dem Sexismus-Vorwurf zur Hand, wenn man ihre dubiose Geschäftspolitik kritisiert, droht dunkel: «Nun bricht nach diesem Text aber gerade so viel auf, dass ich nicht mehr verdrängen kann und will.» Müssen wir uns hier auf neue Enthüllungen gefasst machen?

Christof Moser findet nach bitteren Worten über die von ihm mitgegründete «Republik» nun bittere Worte über die Tx Group und fordert dort Köpferollen, so wie seiner gerollt ist. Habe das keine Konsequenzen, sei «dieser Konzern noch verkommener als gedacht».

Währenddessen schweigt der neue Chefredaktor a.i. der «Republik» weiter eisern. Dabei müsste die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger doch sehr gut wissen, wie sein Freund Canonica so drauf war. Ebenso wie der Kampffeminist Philipp Loser. Aber eben, mutig gegen andere wäffeln und ganz allgemein Missstände verbellen, ist das eine. Zivilcourage das andere.

Dafür kommen Leute aus den Löchern, die eigentlich ein Schweigegelübde einhalten sollten. So der «Kosmos»-Bruchpilot Patrick Frey, dem 72 von ihm mitverantwortete Arbeitslose zwar scheissegal sind. Der aber Zeit findet, sich darüber zu mokieren, dass Tamedia-Redaktorin Michèle Binswanger über die Entstehungsgeschichte ihres Buchs über die Landammannfeier zu Zug schreiben darf.

Dazu gab es am Sonntagabend im Kaufleuten die Vernissage. Das war dann ganz bitter für die hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet und ihren abbröckelnden Fanclub und Hassmob. Es ist halt etwas anderes, anonym im Netz zu keifen als sich zu trauen, an einer öffentlichen Versammlung zumindest eine Frage zu stellen. Obwohl düstere Ankündigungen durchs Netz schwirrten, dass man doch etwas unternehmen solle, verlief der Abend vollkommen friedlich und ungestört. Es wurden nur lammfromme Fragen gestellt. Was für eine feige Bande.

Ausser Konkurrenz sozusagen läuft Profi-Wäffler Hansi Voigt, der als gefeuerter «20 Minuten»-Mann selber noch ein Hühnchen mit Tamedia zu rupfen hat. Ebenso wie Salome Müller, die in den edlen Spalten der «Zeit» auch noch gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber nachtritt. Natürlich mit lediglich anonymen Zeugen, wie es halt so ihre Unart ist. Obwohl ihr dortiges Wirken am Ende des Artikels vermerkt ist: im anständigen Journalismus hätte diese Interessenskollision verhindert, dass sie zu diesem Thema schreiben dürfte.

Ein besonders breite Schleimspur hinterlässt Kerstin Hasse. Kerstin who? Nun, die Quotenfrau der Chefredaktion, die bislang noch nie durch irgendwas anderes als durch lustige Ferienfotos aufgefallen ist und die angeblich irgendwas mit digitalem Storytelling machen soll.

Vielleicht nicht das: «Als Mitglied der Chefredaktion und nicht zuletzt auch als Frau kann ich dazu nicht schweigen.» Wäre aber besser gewesen: «Mobbing und Sexismus haben in einer guten und gesunden Unternehmenskultur keinen Platz.» Ach was, gut, dass es Hasse gibt, die uns darauf aufmerksam macht. Aber die Schleimspur geht noch weiter: «Ich möchte zudem nicht versäumen,» – das ist digital Storytelling at its best! – «dem tagi-magi meinen Dank auszusprechen. Die Redaktion hat im letzten Jahr viel durchgemacht und dennoch grossartige Arbeit geleistet.»

Das werden sich nun die stummen «Tagi-Magi»-Mitarbeiter einrahmen und an die Wand hängen, als Motivationsspritze, ja nicht so zu schwiemeln.

Es ist schon phänomenal. Bis am Freitag konnten sich die Mitarbeiter bei Tamedia noch an den Problemen delektieren, die Ringier-CEO Marc Walder dem «Blick» eingebrockt hatte. Und nun sind sie selber im Zentrum eines eigenen Skandals. Dumm gelaufen.

Januar-Loch

Ach, NZZaS. quo vadis?

Es gibt bekanntlich anderthalb lesbare Zeitungen am Sonntag. Zur halben kommen wir noch, zunächst müssen wir aber an der NZZamSonntag zweifeln:

Was soll uns diese Front sagen, ausser helle Verzweiflung in der Redaktionsstube? Eine «who?» Personalchefin zum Schnarchthema «Geschlechterklischees». Ein Beitrag zu einem Tierklischee. Dann ein Bericht über einen vergessenen Krieg, das ist immerhin aufrecht.

Schliesslich die naheliegende Meinungsumfrage mit naheliegender Resultat zu Bundesrat Berset. Dann, Gottseibeiuns, ein Interview mit Christoph Blocher. Zu Anker? Zu Holder? Zur Einwanderung? Zu Schweizer Werten? Zu fremden Vögten? Nein, nein und nein. Überraschung, zum Umweltschutz. Und dann noch oben rechts unter dem Leerraum eine Null-Story: «Moderne Sklaverei in der Schweiz nimmt zu».

Wahnsinn, muss sich die Schweiz nun nicht nur wegen ihrer überragenden Beteiligung am internationalen Sklavenhandel schämen, sondern auch noch für moderne Sklaverei? Für beides etwa gleichstark. Denn die kühne Zeile «nimmt zu» stützt sich einen gewaltigen Anstieg polizeilich ermittelter Fälle. Sie haben sich in einem Jahr, schluck, mehr als verdoppelt. Wahnsinn.

Allerdings: von 15 auf 40. Das ist der alte Trick. «Starke Zunahme», «Verdoppelung», «klar ansteigende Tendenz»: solche Titel kann man herausmelken, wenn es statt einem Fall zwei gibt. Aber ernst nehmen kann man das nicht wirklich.

Irgendwie passt dazu der Lückenfüller auf Seite zwei: «Überfahrener Kater empört Frankreich». Vielleicht gäbe es noch ein Eichhörnchen-Sterben in den Ardennen oder eine Tauben-Epidemie in Marseille zu vermelden.

Dann kommt wieder die Seite Billig-Journalismus. Gordana Mijuk interviewt den 70-jährigen Moisés Naím zum Thema: «Die grösste Herausforderung unserer Zeit ist es, die alten Männer loszuwerden, die nicht mehr von der Macht lassen wollen.» Lustigerweise ist das Interview mit einem Riesenfoto von Donald Trump illustriert, der nun zweifellos von der Macht lassen musste.

Etwas aufgepumpt wirkt auch der Artikel «Erniedrigt, geschlagen und jahrelang eingesperrt im Haus». Er kratzt einen Fall als Opener zusammen, versucht dann den Aufschwung ins Allgemeine, kann dann aber nicht mehr als einen umstrittenen Fall aus Genf anführen, wo ein reicher Indisch-Schweizer Doppelbürger der Ausbeutung seiner Angestellten beschuldigt wird, was der energisch zurückweist, während die Staatsanwaltschaft seit sechs Jahren ermittelt, ohne Ansage erhoben zu haben.

Mit anderen Worten: wenn es solche moderne Sklaverei in der Schweiz gibt, ist es eine verdammte Sauerei. Aber damit eine Seite füllen, das ist auch eine Ferkelei.

Wiederum eine Schweinerei ist der Kommentar der Kriegsgurgel Markus Bernath. Der Schreibtischgeneral befiehlt: «Die Ukrainer müssen siegen. Man sollte dieses Wort nicht vermeiden, sondern klar aussprechen

Ein klares Wort, aber was bedeutet es eigentlich? «Was am Ende des Krieges ein Sieg sein wird, entscheiden zuerst die Ukrainer. Doch auch die Nato-Länder … müssen wissen, was sie wollen. Sie sollten ihr Ziel kompromisslos formulieren, ohne Angst vor Putins Zorn.» Vielleicht träumt Bernath davon, dass die Nato ihre Ziele so kompromisslos wie die Schande für die grüne Friedenspartei, die geschwätzige deutsche Aussenministerin Baerbock, formuliert, die davon schnattert, dass Europa schliesslich mit Russland «im Krieg» sei.

Und warum sollte Europa, laut Bernath, einen Atomkrieg mit Russland riskieren? Da wagt der Hobbyhistoriker einen schrägen Vergleich: «Denn Putin würde nach der Zerstörung er Ukraine nicht haltmachen, so wenig wie Hitler es nach der Einverleibung des Sudetenlandes 1938 getan hat.» Himmel, hilf, kann dem Mann mal jemand historische Kenntnisse beibringen? It’s a dirty Job, but somebody has to do it.

Bernath ist nun weder in der Geschichte, noch in der Gegenwart sattelfest. So behauptete er auch schon: «Putins Herrschaft ist im Endstadium». Für ihn ist zwischen Wahn und Wirklichkeit manchmal kein Spalt.

Dann dilettiert Rafaela Roth für einmal nicht zum Thema «bewundernswerte Frau» sondern hat sich in die Abgründe des Drogenhandels begeben. Also zu einem Prozess vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland. Aber sich so etwas lässt sich natürlich rauschhaft aufblasen. Obwohl in der Schweiz vergleichsweise lachhafte 25 bis 35 kg Methamphetamin konsumiert werden (Kokain: 5 Tonnen oder 5000 kg).

Ihre Fachkenntnis stellt Roth auch mit diesen Behauptungen unter Beweis: «Methamphetamin … ist eine Dorge, die besonders schnell süchtig macht. … Einige sagen, es sei schwieriger, von Crystal Meta loszukommen als von Heroin.» Im Gegensatz zu Heroin ist Meth eine vollsynthetische Droge. Zudem ist das Suchtpotenzial von Heroin unvergleichlich niedriger als das von – Nikotin.

Aber für einen doppelseitigen Kriminaltango, wenn man halt nix anderes hat, reicht auch ein Fall, über den die Autorin selbstkritische sagt: «Im globalen Vergleich haben die Drogenbosse aus der Bieler Provinz doch eher Taschenformat.» Richtig, sowohl im globalen wie im europäischen wie im Schweizer Vergleich.

Richtig schräg wird’s dann mal wieder im Kultur-Teil. Offenbar ist im Bereich Kultur einfach nix los. Keine Bücher, keine Werke, keine Erkenntnisse, keine Analysen, einfach tote Hose. Gelegenheit für den Kulturchef, sich einem spannenden kulturellen Thema zu widmen: «Schneetourismus in Tirol». Aber wo geht der Tourismus hin, wenn der Schnee weggeht? Das ist dem Kulturmenschen Peer Teuwsen gleich einen Dreiseiter wert. Fotografiert hat dazu Lois Hechenblaikner. Der knipst seit 1990 Tiroler Tourismus.

Da ist man froh, dass die Fotos zum Artikel immerhin in den Jahren 2009 bis 2018 aufgenommen wurden, was wohl die ewige Gültigkeit der «Winterreise» von Teuwsen unterstreichen soll. Oder doch nur ein Hinweis darauf ist, dass Hechenblaikner gerade sein x-tes Fotobuch über Tiroler Tourismus veröffentlicht.

Ach ja, einen Schuss ,«SonntagsZeitung» hatten wir noch versprochen. Sagen wir mal so:

Mit Verlaub erscheint uns der Titel «So sieht aus» etwas gewagt, wenn der Autor Christoph Ammann heisst.

Allerdings muss man einräumen, dass die Front einiges flotter daherkommt als bei der NZZaS. «Das Gelbe fürs Ei» über Aromat ist nicht schlecht.

Dem Nicht-Sympathieträger Daniel Vasella noch eine reinzuwürgen, das stimuliert sicherlich den Sozialneid des Lesers. Als ob der es nicht schon schwer genug gehabt hätte. Zunächst enthüllte der flotte Finanzblog «Inside Paradeplatz», dass er 72 Millionen als Abgangsentschädigung hätte erhalten sollen. Dafür, dass er die nächsten sechs Jahre nichts tat, also nicht für die Konkurrenz tätig würde.

Dass das IP aufdeckte, ist der SoZ allerdings kein Wort wert, auch journalistischer Neid ist hässlich. Aber nun kann das Blatt nachtreten. Es konnte ein Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2020 einsehen. Das wiederum bezieht sich auf die Steuererklärung Vasellas aus dem Jahr 2013. Also höchstens lauwarmer Kaffee, aber immerhin. Peinlich für Vasella: seine Behauptung, er lebe in Monaco und sei dann nach New York umgezogen, wurde vom Gericht auf 57 Seiten widerlegt.

Also musste Vasella happige Steuern in der Schweiz abladen. Weil es ihm nicht mal gelungen war, seinen Steuersitz Monaco richtig zu belegen. Alles nicht brandneu, aber sicherlich für Schadenfreude und Häme geeignet.

Von der hat auch Arthur Rutishauser auf einmal reichlich: «Während sich in der Ukraine ein ehemaliger Komiker zu einem international bewunderten Präsidenten gewandelt hat, erleben wir in der Schweiz das Gegenteil: ein beliebter Staatsmann, der sich für einen Zeitungsverlag zunehmend zum Clown macht.»

Mindestens halb richtig, und das ist schon viel. Viel ist da sonst nicht, denn ob den Schweizer Leser ein Interview mit dem neuen deutschen Verteidigungsminister Pistorius so interessiert wie die Leser der «Süddeutschen Zeitung»?

Und sonst? Was und? Was sonst?

 

 

Die Kultur des Tötens

Bei einem Bösewicht ist alles erlaubt. Wirklich alles?

Es gibt eine unselige Tradition solcher Aufrufe.

Nun kann der feinsinnige Kunstkenner einwenden, dass es sich bei dieser im Strassenmagazin «Surprise» erschienenen Geschmacklosigkeit um einen Aufruf handle, der dann erst noch im Rahmen der künstlerischen Freiheit ohne strafrechtliche Folgen blieb.

Während das Titelzitat in der «NZZamSonntag» den Wunsch eines Interviewten wiedergibt, der damit seiner Verzweiflung über die Zustände in Russland Ausdruck verleihen möchte.

Nun mag das der britische Historiker Orlando Figes so gesagt haben und möchte damit sicherlich PR für sein neuestes Buch über Russland machen.

Das ist seine Sache, es ist aber die Sache der NZZaS, ob sie dieses Zitat auch publiziert und erst noch zum Titel des Interviews macht. Offenbar geniessen dort die Ressortleiter immer noch gewaltig Narrenfreiheit. Wenn sich Peer Teuwsen zum Narren machen will, ist das wiederum seine Sache.

Dass aber dieses Titelzitat durch alle Instanzen rutschte, gereicht der Sonntagstante nicht zur Ehre. Sondern es ist eine Schande, ein Schmutzfleck auf der ansonsten weissen Weste. Das gehört sich nicht, es gehört zur Fürsorgepflicht eines seriösen Blatts, dass man auch Interviewpartner vor sich selbst beschützt, wenn die menschlich verständlich durchrasten.

Wenn dieser britische Historiker Putin töten will, dann sollte er es doch versuchen. Statt drüber zu quatschen. Falls der Kulturteil der NZZaS weiterhin ernst genommen werden will, dann sollte er solche boulevardesken Brüller nicht als Aufmacherschlagzeile missbrauchen. Denn das wertet alle ab. Den Interviewten und den Interviewer und das Blatt.

Wie geht’s?

ZACKBUM erhört den Wunsch der NZZaS.

Lauter kann man nicht nach einer kritischen Bestandsaufnahme rufen. NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer gönnt sich mehr als eine halbe Seite für ein Editorial, in dem er seine ersten 12 Monate Revue passieren lässt.

Grossmütig verzichtet er auf Seitenhiebe gegen übelwollende Kollegen der Konkurrenz, die ihm bei Amtsantritt die Fähigkeit absprechen wollten, das Flaggschiff der Sonntagsmedien lenken zu können. Ausser, dass er mit übelwollenden Kollegen sprach, die ihn dann mit übellaunigen Porträts in die Pfanne hauten, hat er eigentlich keinen von aussen erkennbaren Fehler begangen.

Also sieht es durchaus danach aus, dass er nochmal 12 Monate «die raschelnde Ruhe des Sonntagsmorgens» beliefern wird. Mindestens. Aber womit?

Die Wahrheit ist konkret, wusste schon Bertolt Brecht. Also konkret die Ausgabe vom 23. Oktober 2022. Schon auf dem Cover müssen wir etwas kritisieren, was auch im Blatt selbst schon mehrfach – leider bislang vergeblich – zu Beanstandung Anlass gibt. Das Verbraten von viel wertvollem Zeitungsplatz mit inhaltsleeren, überdimensionalen und wenig aussagekräftigen Bildern und Illustrationen. Ein Smiley mit der Zeile «Wie geht es dir?» anstelle des lächelnden Mundstrichs, das ist doch der NZZaS nicht würdig.

Der dazugehörige Zeitgeist-Text; ein Psychologe hat mal wieder Bedeutendes herausgefunden, allerdings ist die Bedeutung bereits verraucht, bevor die NZZaS zu Altpapier wird, das sollte die NZZaS lieber der Konkurrenz auf den billigeren Plätzen überlassen.

Der Aufrüttler über die offenbar unhaltbaren Zustände an der Ballettschule Basel hingegen ist, obwohl im Gefolge des Skandals von Zürich, erstklassige Recherchearbeit. Dass die NZZaS dafür allerdings die Mitarbeit des Basler Leichtgewichts «Bajour» benötigte, schmälert die Leistung ein wenig. Befremdlich, dass die Schulleitung, mit den ausführlich dokumentierten Vorwürfen konfrontiert, jede Schuld abstreitet. Entweder handelt es sich hier um die kollektive Hysterie von vielen Ex-Schülerinnen, oder aber das Kader der Schule leidet unter galoppierendem Realitätsverlust.

Genauso gute, weil interessante und recherchierte Kost ist der Artikel über die angeblich so saubere und ökologische Fernwärme, die in Wirklichkeit eine CO2-Schleuder ist, viel Gas verbraucht, das Rezyklieren erschwert und durch Ausbau immer mehr Kehrrichtimporte aus dem Ausland braucht. Eine gute und gnadenlose Abrechnung mit einer rotgrünen Mär.

Dass das Abführen des ehemaligen chinesischen Präsidenten Hu Jintao als «Bild für die Geschichtsbücher» ausnahmsweise seinen Platz verdient hat, ist unbestreitbar. Welch merkwürdige Machtdemonstration und Demütigung auf Chinesisch. Wieso dazu allerdings auf dem Rest der Zeitungsseite erklärt wird, dass man sowieso nie erfahren werde, was sich genau abgespielt habe, ist dann eher Slapstick als seriöse Analyse.

Ärgerlich ist dann aber sowohl das Riesenfoto wie der Text zum unheimlich schwachen Abgang der englischen Premierministerin. Man kann deren Versuch, Rezepte des österreichischen Ökonomen August von Hayek anzuwenden, mit Fug und Recht kritisieren.

Das hätte allerdings zur Voraussetzung, dass man dessen Werke gelesen hat – und dass man neben reiner Polemik auch inhaltlich etwas zu bieten hätte. Beides geht der Autorin Bettina Schulz ab.

«Gruppe libertäre Ideologen, … im Sinne neoliberaler Vorstellungen, … Hetze des Rechtsextremisten Nigel Farage, … Boris Johnson liess sich willig vor den Karren der Ideologen spannen, … neoliberale Hardliner, … Werte der konservativen Partei wurden über den Haufen geworfen, … die Finanzmärkte straften den ideologischen Fanatismus so brutal ab …»

Wer so austeilt, sollte vielleicht etwas mehr als oberflächliche Schlagwörter zur Stützung seiner Abrechnung auf Lager haben. Nach dieser Philippika kommt Schulz zum warnenden Fazit: «Fraglich ist, wer im Land begriffen hat, wie gefährlich der Einfluss der Brexit-Extremisten und neoliberalen Ideologen ist

Noch fraglicher ist, wieso die NZZaS dieser ideologischen, einseitigen, dünnen Brutalpolemik eine Seite einräumt. Da hätte man etwas weniger intellektuell Leichtgewichtiges erwarten dürfen. Das hier hat so etwa das Niveau von kleinen Kläffern, die sich jahrzehntelang am Marxismus abarbeiteten. Ohne das geringste intellektuelle Niveau, aber mit Verve.

Parteipolitisch lustig wird es, wenn sich die NZZaS an der Werweisserei beteiligt, ob Albert Rösti nun Bundesrat wird oder nicht. Schliesslich ist das für die FDP, die dem Blatt nun unbestreitbar näher steht, nicht unwichtig. Eigentlich kann die liberale Partei, die um ihre beiden Sitze bangen muss, nur hoffen, dass sich die SVP möglichst blutig bei der Suche nach einem Nachfolger für Ueli Maurer zerlegt. Dafür hat sie sich hier aber – im Gegensatz zur hämischen SoZ – zu einem staatsmännischen Ton verstanden.

Im «Hintergrund» hilft uns Peer Teuwsen bei der Entscheidung, ob man das Werk «Blutbuch» lesen sollte oder nicht. Vielen Dank für die Erkenntnis: auf keinen Fall. Bestärkt, wenn überhaupt nötig, wird man zusätzlich durch den Ratschlag von Linus Schöpfer: «Bitte lesen Sie das Buch». Als Appetithäppchen serviert er eine kurze Szene, die angeblich auch noch «Heiterkeit» ausstrahlen soll.

Der Erzähler liege «neben seinem neusten Gspusi», und nun kommt der Ausbruch von Heiterkeit; wir zitieren das Zitat:

«Farid liegt da, er schwitzt aus den Augen. Ich stehe in unserer Asche. «Aber ich heisse doch Thilo», sagt Farid.»

Das soll Heiterkeit ausstrahlen? Das soll Literatur sein? Prätentiöse Kacke wie «ich stehe in unserer Asche», während man im Bett liegt? Aus den Augen schwitzen, statt weinen? Farid will Thilo heissen? Heiterkeit ob dieses Gestammels kommt höchstens ins Form eines hilflosen Gekichers auf, wieso dieser Schrott mit Preisen geehrt wird. Aber es musste ja so kommen, dass sich der Kulturbetrieb nach der Verleihung des Büchner-Preises an einen Unwürdigen zu steigern vermag.

Das kann auch die NZZaS, indem sie die für Lobhudeleien am untauglichen Objekt zuständige Rafaela Roth über die Initiatorin des «ersten Lehrstuhls für Gendermedizin» schwärmen lässt. Da schafft auch Aline Wanner mit ihrer Medienspalte, dass die Recherchierdauer im Fall überhaupt nicht per Definition für Qualität sorge. Es sollten im Gegenteil öfter «die Arbeiten jener gewürdigt werden, die in hoher Kadenz kurz und klar und schnell die Welt erklären». Also genau das tun, wogegen die NZZ und die NZZaS doch mit aller Kraft anzuschreiben versuchen.

Es kommt allerdings einem Mann zu, den Höhepunkt im Genre Bauchnabelbetrachtung zu setzen. Patrick Imhasly, Redaktor im vom Chefredaktor ausdrücklichgelobten Ressort Wissen, lässt den Leser am Schicksal seiner Familie teilhaben, die doch tatsächlich durch eine Corona-Infektion geschwächt wurde. Bedauerlicherweise zeigte der Nachwuchs kein grosses Interesse an solidarischer Mithilfe, bedauert Imhasly. Aber: «Dafür hat das heimtückische Virus meine Frau und mich noch mehr zusammengeschweisst.» Da wünschen wir eine weitere, lange Ehe, fragen uns aber, wieso ein Wissenschaftsredaktor von einem «heimtückischen Virus» faseln kann.

Dann eine weitere Doppelseite, auf der sozusagen das Schlechteste aller möglichen Welten zusammentrifft. Eine riesige Illustration voller unverständlich-raunender Symbolik. Und ein Text der «erfolgreichsten Krimiautorin der Schweiz», die schon andere Themen in der NZZaS vergeigt hat. Diesmal versucht sie einen Mord zu begreifen, der von seltener Abscheulichkeit ist. Welche Worte findet denn die Literatin? «Ein qualvoll langes Sterben, das sich niemand vorstellen kann, niemand vorstellen mag.»

In einem Pennäleraufsatz mag das vielleicht noch durchgehen, aber es gibt dann schon eine Tradition der Gerichtsberichterstattung, einen Gerhard Mauz, der ein Niveau vorlegte, das man nicht mutwillig so unterbieten darf. Mauz schrieb mit einer den Leser in den Bann ziehenden Anteilnahme, verstehend, nicht wertend, aber klar urteilend, von der Christine Brand etwa so weit entfernt ist wie Lukas Bärfuss von der Beherrschung der deutschen Sprache.

Dafür arbeitet sich die «Wirtschaft» an einem heiklen und interessanten Thema ab. Wieso sind die Exporte der Schweiz nach Russland, immerhin im Wert von rund 2,2 Milliarden Franken in diesem Jahr, nicht deutlich gesunken, nach den Sanktionen? Denn dieser Betrag entspricht ziemlich genau dem Vorjahr, dem Jahr vor dem Krieg.

Eine Bling-Bling-Uhr von dermassen ausgesuchter Geschmacklosigkeit versöhnt dann für einmal mit der Übergrösse des Fotos.

Und die Konkurrenz am Sonntag? Ach ja, welche Konkurrenz?