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Wir brauchen echten Journalismus

Ein Drecksstück reiner Demagogie im Tagi.

«Wir brauchen eine echte Friedens­bewegung – und keine Ego-Show von Frau Schwarzer». So titelt Tamedia über einem Stück von Meredith Haaf. Das ist eine Leihmeinung von der «Süddeutschen Zeitung», denn der grosse Konzern des Coninx-Clans ist schon lange nicht mehr in der Lage, eigene Meinungen zu haben.

Haaf ist bei der SZ «Stellvertretende Leiterin im Ressort Meinung» und kümmert sich vor allem um «politische Fragen, die das Zusammenleben der Menschen, die Gerechtigkeit der Verhältnisse und das Selbstverständnis unserer Gesellschaft betreffen».

Das äussert sich dann so: In der Gesellschaft sei «Einsatz für den Frieden nachvollziehbar». Immerhin, aber:

«In Deutschland aber geht derzeit eine unkonzentrierte Ego-Show als anschlussfähige Friedensbewegung durch, wie am Samstag am Brandenburger Tor zu besichtigen war. Wie ärgerlich, wie schade.»

Dann holzt Haaf weiter: «Ähnlich wie die organisierten, besonders rabiaten Corona-Massnahmen-Gegner zeigen auch die auf Zuspruch stossenden Friedensinitiativen – die ja zum Teil von denselben Personen ausgehen – eine gewisse intellektuelle Trägheit

Dann wünscht sich Haaf scheinheilig einen «wertschätzenden, offenen Austausch darüber, was Friedenspolitik kann und soll». Um intellektuell sehr träge weiterzuholzen: «der Autor Sascha Lobo hat eigens für Schwarzer und Co. den Ausdruck «Lumpenpazifismus» erfunden; «Friedensschwurbler» ist noch so ein Ausdruck».

Wenn für Haaf Wagenknecht, Schwarzer, Habermas, fast 700’000 Unterzeichner eines Manifests, darunter grosse Teile der deutschen Intelligenzia, alle auf dem Holzweg sind, was wäre dann richtig? Es brauche einen Pazifismus, der «mehr kann als stereotyp «Frieden» zu fordern», was «eine von sich selbst beseelten Selbstberuhigungsclique» angeblich tue. Denn wahrhafter Pazifismus «reicht nicht dem Aggressor die Hand, sondern denen, die ihm widerstehen».

Jeder darf meinen, auch Haaf. Jeder darf rumeiern, auch Haaf. Jeder darf sich selbst widersprechen, wertschätzenden Austausch fordern – und dann abschätzig niedermachen. Aber vielleicht könnte Haaf, statt dafür den Begriff Pazifismus zu vergewaltigen, sich an seine Definition erinnern. Denn bei George Orwell mag das mit dem Kriegsministerium, das Friedensministerium heisst, als literarische Metapher für Demagogie noch angehen. Aber in der realen Welt bedeutet Pazifismus «eine weltanschauliche Strömung, die jeglichen Krieg als Mittel der Auseinandersetzung ablehnt und den Verzicht auf Rüstung und militärische Ausbildung fordert».

Vielleicht sollten sich das starke Meinungsträger mit schwachen Kenntnissen hinter die Ohren schreiben. Das Stück ist natürlich zuerst in der SZ erschienen. Dort wurde es so eingeschenkt:

Tamedia hat keine eigene Meinung, aber dafür schenkt er den gleichen Text mit einem abgeänderten Titel ein: «Analyse zur Friedensdemo in Berlin: Wir brauchen eine echte Friedens­bewegung – und keine EgoShow von Frau Schwarzer». Dazu stellte er ein Foto von Alice Schwarzer (oben über dem Titel), das an bösartiger Demagogie nicht zu überbieten ist. Ein echtes Drecksstück von Journalismus.

Wumms: Daniel Binswanger

Er ist aus den Ferien zurück. Als ob das Leben nicht schwer genug wäre.

Das ist mal wieder ein echter Schwurbel-Satz der schreibenden Schmachtlocke:

«Auf die Dilemmata, in die der Pazifismus in Kriegs­zeiten gerät, gibt es keine selbst­evidenten Antworten.»

Man könnte nun auch sagen «Krieg und Pazifismus, schwierige Sache». Aber dabei könnte man halt nicht die Haarpracht so wunderhübsch nach hinten föhnen. Oder man könnte mal nachschlagen, was «selbstevident» eigentlich bedeutet, dann wäre es aber nix mit Föhn und Schmachtlocke: es gäbe keine sich von selbst verstehenden Antworten? Hä?

Binswanger kann auch holzen: «Und, um das in der Tat Offensichtliche noch einmal auszusprechen: Die Forderung des Manifests, Waffen­lieferungen einzustellen oder zurück­zubinden und stattdessen sofort auf Friedens­verhandlungen zu drängen, ist schlicht und einfach absurd.»

Allerdings beschwert sich Binswanger am Schluss seines Breis darüber, dass die Debatte über solche Fragen von «erbitterten Freund-Feind-Reflexen beherrscht» werde. Ein paar Zeilen weiter unten kann er sich nicht mehr ans erbitterte Gedöns erinnern, das er selbst zuvor abliess.

Dann schlägt Binswanger eine Schneise ins Unterholz des Unverständnisses und stellt klar: «Es gibt einen fundamentalen Unter­schied zwischen Nicht-verlieren-Dürfen und Siegen-Müssen

Das ist ein Satz von geradezu historischer Wahrheit; er kann auf fast alles angewendet werden. Auf den Unterschied zwischen Nicht-pinkeln-Dürfen und Kacken-Müssen. Auf den Unterschied zwischen Nicht-kauen-Dürfen und Beissen-Müssen. Oder so.

Dann formuliert Binswanger eines der Dilemmata unnachahmlich gut: «Die Nato muss geschlossen hinter der Ukraine stehen – aber sie darf den Krieg auf keinen Fall anheizen.» Das mit dem Müssen und Nicht-Dürfen ist wirklich eine verzwickte Sache. Muss man dürfen? Darf man müssen? Oder muss man gar müssen? Hier muss und darf (und soll!) ganz tief gegründelt werden.

Aber anstatt sich von solch unauflösbaren Dilemmata belämmata zu lassen: wieso es nicht mal mit einem Trilemma probieren? Gar einem Polylemma? Das kann und muss doch möglich sein.

ZACKBUM hätte aber einen naheliegenderen Vorschlag. Statt sich rettungslos in den ganz grossen Fragen zu verlieren: wie wäre es mal mit einer einfachen, klaren Aussage, wie es denn beim «Magazin» wirklich zuging? Oder würde reine Wahrheitsliebe und Anstand, sich bezüglich Canonica zu erklären, Binswanger in ein Dilemma stürzen?