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Schulaufsatz ist zurück

Viele Journalisten schrieben schöne Aufsätze. Wieso nicht zu den Wurzeln zurückkehren?

Gibt es etwas noch Schlimmeres als eine aktuelle Ausgabe der NZZaS? Illustrationen in der NZZaS? Schon, aber es gibt die ultimative Steigerung: das «NZZaS Magazin».

Das gibt schon mit der Cover-Illu dermassen Gas, dass es massenhaft aus seinem Mutterblatt herausgeschüttelt und entsorgt wird. Nur nicht von ZACKBUM. Wir beginnen mit einem Bilderrätsel. Wer errät die Zeile unter diesem Schulaquarell?

ZACKBUM wettet: niemand (der’s nicht in der Hand hatte). Sie lautet: «Raus aus dem Hamsterrad». Doch, doch, Unterzeile: «Wie künstliche Intelligenz unser analoges Leben verbessert». Ach, man wäre in dieser Ausgabe schon mit Spurenelementen von Intelligenz zufrieden, ob künstlich, echt oder wie auch immer.

Stattdessen belästigt Paula Scheidt, «Chefredaktorin Magazin», die wenigen Leser mit einem bunten Strauss von Schulaufsatzweisheiten, neben die allerdings ein Deutschlehrer, der noch etwas Ehre im Leib hat, immer wieder Ausrufezeichen setzen würde und Bemerkungen wie «banal trivial, Binse, aus dem Mottenschrank geholt, wie wär’s mit etwas Originellem

Der Lehrer müsste allerdings auch eine Tasse starken Kaffees neben sich haben, denn schon beim ersten Satz schlafen dem Leser das Gesicht, der Körper, die Füsse und die Socken ein: «Der Januar sei die Zeit des Vertrauens und des Verweilens, habe ich kürzlich gelesen.» Kann man den Gähnfaktor noch steigern? Scheidt kann: «Das Alte ist zu Ende gegangen, und das Neue hat noch nicht recht begonnen

Wie geht’s weiter? Ist doch vorhersehbar, liebe Leute, nun muss eine Naturmetapher kommen: «Man kann es in der Natur beobachten: Sie liegt im Winterschlaf, in höheren Lagen versteckt unter Schnee, aber in der Erde sammelt sie bereits Kraft für den Frühling.» Igel, Eichhörnchen, und bald spriessen Krokusse …

Es folgt ein Absatz; den Leser beschleicht die düstere Vorahnung, dass nun irgend eine Schlussfolgerung kommen muss. Am besten eine, die mit der Einleitung nicht zu tun hat. Et voilà: «Die beliebte Idee der guten Vorsätze sehe ich deshalb leicht skeptisch.» Das ist dieser beliebten Idee aber gar nicht recht, dass sie von Scheidt skeptisch beäugt wird. Und ZACKBUM bedauert ausdrücklich, dass sich Scheidt nicht als guten Vorsatz genommen hat, den Leser zukünftig mit sowas zu verschonen.

Aber obwohl sie leicht skeptisch ist, hat sie doch einen gefasst, den sie unbedingt mit dem Leser, na gut, den zwei Lesern, teilen muss: «Ich möchte mehr wertschätzen.» Wen? Ach, die üblichen Verdächtigen, den Pöstler, die Schwiegermutter. Aber dann kommt noch eine Überraschung: «Den Volontär, der ohne Aufheben einen grossartigen Text schreibt.» Meine Güte, wieso schreibt dann nicht der Volontär das Editorial?

Nun würde im Schulaufsatz stehen: leider ist die Zeit abgelaufen und ich muss schliessen. Oder in der Version von Scheidt: «Vielleicht fällt auch Ihnen eine Person ein, die Ihren Alltag bereichert und der Sie einmal ein herzliches Dankeschön aussprechen möchten.»

ZACKBUM ist immer hart, aber gerecht. Wenn gleich danach Martin Meyer, der ehemalige Feuilletonchef der NZZ, in die Tasten greift, wird’s immerhin witzig, wenn er sich Silvesterbräuchen  widmet: «Keiner hat diesen Vorgang besser begriffen als der Erfinder der Tischbombe. Die Idee, in einer Röhre zu komprimieren, was das Leben definiert, ist durchaus genial. Die Büchse der Pandora, die eben noch ängstlich ihre Geheimnisse bewahrte, wird zum explodierenden Universum.»

Eher an eine Implosion fühlt man sich dann erinnert, wenn man versucht, sich durch die quälend-langweiligen 22’215 Anschläge eines Interviews mit Christian Uhle zu quälen. Christian who? Er verkörpere «eine engagierte, junge Philosophie», heisst es über ihn. Wenn das so ist, dann kann man auch nur sagen «good night». Vom Titelzitat angefangen («Wir könnten in einer viel besseren Welt leben») ist das eine Ansammlung von Allgemeinplätzen, Rezykliertem, Banalen, dass Peter Sloterdijk es sich verbeten würde, dass so einer sich Philosoph schimpft.

Aber wer darunter schon leidet, muss unbedingt den Text von Maja Goertz überblättern. Warum? Weil er schon mal so anfängt: «Vor einigen Wochen, an einem milden Novemberabend, stand ich mit meiner Freundin Julia an einer Haltestelle. Während wir auf den Bus warteten, fragte sie mich ...» und noch viel schlimmer wird.

Will man als nächstes wissen, wieso ein vegetarischer Spitzenkoch (eigentlich ein Widerspruch in sich selbst) in einem Kaff am Arsch vom Centovalli eine Gspüri-Küche aufmacht? «Zum Beispiel Reis und gekochter Kürbis, blutt, ohne Firlefanz.» Eine neue Adresse für Masochisten.

Lassen wir «Bellevue» an uns vorüberziehen, eigentlich wollen wir auch nicht wissen, mit welchen Fashion-Statements uns die neue, alte First Lady überraschen wird. Ausser, dass ZACKBUM als Anhänger des Kampffeminismus mäkeln muss, dass die Reduktion von Melania Trump auf ihr Äusseres und die Kleider unverschämt sexistisch ist, Frau Silvia Ihring. Wir wollen ja auch nicht wissen, wie bekleidet Sie solchen Stuss schreiben.

Und was ist von einem «Boxenstopp in Paris» zu halten, bei dem das Hotel Grand Coeur Latin gepriesen wird? Gut, «dieser Besuch wurde vom Hotel unterstützt», das ist mal ein guter Grund. Wieso man, daher vielleicht Boxenstopp, sich aber zu zweit in ein 16 m2 Zimmerchen quetschen soll und dafür noch ab 250 € hinlegen, kann der Autor nicht vermitteln. Der sogenannte «Superior Room» hat dann geräumige 18 m2, was als «generous space» angepriesen wird und ab 300 € zu haben ist; also pro m2 25 € mehr. Dann hätten wir noch die Junior Suite, wo man vielleicht ein Taxi rufen muss, wenn man sich in den 26 m2 verlaufen sollte. Kostet ab läppischen 400 € pro Nacht. Oder aber, ganz bescheiden, der «Single Room» ab 200 €, mit einer «warm and intimate atmosphere», wie sie nur 14 m2 hinkriegen. Nicht geeignet für Reisende mit Embonpoint und grossem Koffer.

Zum Schluss wieder ein Schnappschuss von Lisa Sorgini, die es doch tatsächlich wagt, sich als «Fotokünstlerin» zu bezeichnen. Aber gut, dieser ganze Schrotthaufen bezeichnet sich ja auch als Magazin. Man assoziiert allerdings Sachen wie «Mager Sinn» oder «32 Seiten, für die sich selbst die papierspendenden Bäume schämen».

Balzli hat’s schon wieder getan

Der Könner des verpeilten Editorials läuft zu Höchstformen auf.

Man müsste unbedingt herausfinden, wer eigentlich daran schuld ist. Oder vielleicht ist es die Folge eines autodidaktischen Vorgehens. Auf jeden Fall ist Beat Balzli der festen Überzeugung, dass ein Editorial ein Leitmotiv braucht. Das letzte Mal war das Sugus, diesmal ist der Gugus «die verspannten Streber aus der ersten Reihe».

Leider hat ihm niemand beigebracht, dass so Rätseleinstiege schon ganz, ganz lange und zu recht ausser Mode gekommen sind: «Sie sind unbeliebt und bewundert. Sie nerven und schüren Neid. Sie führen uns unsere eigenen Schwächen schonungslos vor Augen. Wer kennt sie nicht …»

Dann kommt, Achtung, Überraschung, der Vergleich zur Schweiz, diesem Streber. Der wird kurz auf die Couch gelegt:

«Doch der Stolz auf die Perfektion mischt sich mit einem Minderwertigkeitsgefühl gegenüber den Grossen dieser Welt. Wie bei einem kleinwüchsigen Musterschüler auf dem Pausenplatz der Oberstufenschüler. Verkrampfte Aussenpolitik war stets die Folge. Früher stand er dort unauffällig stumm, aber nützlich in der Ecke. Heute will er unbedingt gefallen, vorauseilend gehorsam das Klischee erfüllen, womit die helvetischen Streber in die Falle streben.»

Das nennt man eine Schimäre zu Tode reiten, eine Metapher zu Tode quälen. Apropos Tod, damit endet Balzli sein Quäl-Editorial: «Die Musterschülerin Schweiz sollte sich also entspannen. Niemand wird geliebt, weil er aus Gefallsucht Selbstmord begeht

Hä? Offenbar ist ihm dieser Schluss noch nicht abwegig genug, also lädt er noch drauf: «Ich wünsche Ihnen viel Glück beim ­Sonntagspoker.» Hä? Am dritten Advent Sonntagspoker? Irgendwie gewinnen mit unbewegtem Gesicht wie Buster Keaton? Und was hat das mit dem entspannten Musterschüler zu tun? Aber man soll nicht grübeln, sagte schon Gotthelf (und Züri West) so richtig.

Wenn wir schon dabei sind: lassen wir mal einige interessante Höhepunkte (so eine Reportage aus St. Denis) weg und konzentrieren uns auf ein Gebiet, wo die Kernkompetenz von ZACKBUM ungefähr so gross ist wie die der «NZZamSonntag»: die visuelle Gestaltung.

ZACKBUM will krampfhaft das Positive sehen: da gab es schon schlimmere Illustrationen. Aber eine Asiatin, die so etwas wie Spaghetti Carbonara mit krümeligem Löffel vors Gesicht hält? Und so geht’s weiter:

Ist es Angst vor Originalität, dass mal wieder der uralte Topos der fallenden Dominosteine halbseitengross ins Bild gerückt wird? Und wieso vor rotem Hintergrund? Waren die anderen Farben gerade aus? Fiel dem Illustrator nach dieser Grosstat nichts mehr ein? Darf man voraussetzen, dass alle Leser spontan alle Köpfe mit Namen und Funktion zuordnen können?

Diese Doppelseite zeigt doch, dass man es eigentlich könnte:

Aber was soll dann das hier?

Gewollt, aber nicht getraut? Dien anderen Teilnehmer am ««Vernetzungstreffen» von extremen Rechten in Prag» werden zwar nicht identifiziert, aber gezeigt. Nur der Schweizer Teilnehmer nicht. Wieder mal ein typisches Beispiel dafür, dass das Ausland gegendarstellungsfreier Raum ist, während die NZZaS beim Schweizer Teilnehmer offensichtlich Lämpen fürchtet, sollte sie ihn kenntlich zeigen.

Dann wird’s wieder ganz, ganz schlimm:

Das sieht so aus, als hätte ein Stümper mit einer uralten Version von CorelDraw gebastelt, wäre unzufrieden mit dem ersten Resultat gewesen und hätte dann noch ein paar pinke, orange und fehlfarbene Akzente gesetzt. Und wieso ausgerechnet der blasse Bundesrat Cassis ein koloriertes Hemd bekam, Rätsel über Rätsel.

Dann ein Beitrag zu «ist das Foto auch riesengross, ist auf ihm nix los»:

Das hätte auch als Briefmarke noch die Aufmerksamkeit auf die rot lackierten Fingernägel gelenkt, was immer der Fotograf uns damit sagen wollte.

Wenn wir schon bei «Amateure toben sich aus» sind:

Ein solcher Schrott lässt sich nur mit äusserstem Zeitdruck, grober Magenverstimmung oder einem «leckt mich doch alle»-Gefühl erklären.

Auch dieses aufgeblasene Symbolbild macht den Leser nicht wirklich froh:

Genau, es ist ein kleines Bilderrätsel für den aufgeweckten Leser, der messerscharf schliesst, dass das, was hier wie Blutorangensaft aussieht, in Wirklichkeit Tomatensaft sein soll und der Artikel dem uralten Phänomen nachgeht, dass Getränke und Speisen in verschiedenen Umgebungen verschieden schmecken.

Diese Gestaltung ist fast verbrecherisch. Denn sie ist so hässlich, dass sie womöglich Leser davon abhält, den wirklich vergnüglichen Essay von Anna Kardos zu lesen. Was schade wäre:

Und als Absackerchen noch unsere Lieblingslektüre:

Der Typotitel mit etwas Gaga untendran, plus dem herbeigeprügelten Leitmotiv «Geschenkideen für jede seelische Eigenart». Man beachte das s am Ende von «Was» und das s bei «soll». Komisch, nicht?

Genau wie das Editorial (haben Paula Scheidt und Beat Balzli beim gleichen Meister gelernt?) über «U-Boot-Christen» und dass die Autorin im Zirkus bei der «artistischen Wippe» genau die «innere Ruhe» kriege, «die andere in der Kirche finden». Hä?

Aber wie versprochen gleich noch zwei Absackerchen aus dem bunten Geschenkebasar. Ach was, drei:

Mal raten, was der Wasserbehälter in der Mitte kostet? Nö, ist einfach Glas und uraltes Design. Nö, der angegebene Preis stimmt auch nicht. Denn das Magazin behauptet «etwa 2730 Franken». Falsch, es sind 2395 €, und sollte der nicht einen gewaltigen Sprung nach oben gemacht haben …

Ein Bikini als Feuerzeughalter? Echt? Aber immerhin, wer so geschmacklos sein wollte, sich das zuzulegen (oder gar zu verschenken):

Dumm gelaufen.

Gleich zwei Damen, Sonja Siegenthaler & Malena Ruder, braucht es, um diese Grässlichkeit hervorzubefördern:

Flos hat wirklich ikonische Lampen, echte Hingucker, allerdings zu Preisen, die sich nur gutverdienende NZZ-Redaktoren leisten können. Aber wieso sollte man für diesen Designunfall in Gross 2’200 € oder in Klein immer noch 1’200 Euro ausgeben?

Gut, wenn man das Teil der Schwiegermutter oder sonst jemandem, den man wirklich nicht mag, schenken möchte. Aber da tut’s doch auch eine geschmackvolle Vase in Rokoko-Imitat.

 

NZZ am Sinken

So muss man inzwischen NZZaS ausschreiben.

Wie tief kann’s noch gehen? Sagen wir so: wenn ein Kommentar von Frank A. Meyer im «SonntagsBlick» geistreicher und eleganter geschrieben ist als das meiste, was in der neusten Ausgabe der NZZaS steht, dann steht es schlecht um sie.

Meyer zieht hier über die jammernden Linken her, dass es eine Art hat und Leselust bewirkt.

Während sich die NZZaS mehr auf das Auslösen des Gähnreflexes konzentriert:

Wie erziehe ich mein Kind richtig, ein Cover-Aufmacher für die NZZaS? Und drunter die Reklame für ein Buch, das ein tieffliegender Tagi-Redaktor zusammen mit einem Ex-Redaktor geschrieben hat? Als grosse Aufmacher.Story? Wie verzweifelt muss diese Redaktion mal wieder gewesen sein.

Selbst dem stellvertretenden Editorial-Schreiber Daniel Foppa fällt nichts Bemerkenswertes ein, und dabei ist man sich von Beat Balzli schon Einiges gewohnt. Gesteigert wird das Elend wie üblich noch durch riesige Illustrationen im Post-Gaga-Dada-Stil:

Gut getroffen, dass das illustrierte Haus aber völlig gerade und waagrecht steht. Auch eine solche halbseitige Platzverschwendung lässt einen am gesunden Menschenverstand aller Beteiligten zweifeln:

Was die Platzverschwendung oberhalb des Fotos betrifft, scheint die NZZaS in einen Wettbewerb mit der Online-Ausgabe vom Tagi treten zu wollen: wer kann schlimmer?

Ich, ich, sagt die NZZaS:

Markus Bernath, die Unke aus Wien, scheint den Trump-Schock nicht ganz überwunden zu haben. So fantasiert er in seinem Aufmacherkommentar: Trump wolle «keinen ukrainischen Präsidenten Selenski, der vor der Kamera erklärt, dass die USA sein Land im Stich lasse, und der dann womöglich an die Front geht, um den Heldentod zu sterben». Selenski und Heldentod? Echt?

So labert es sich dahin; selbst die Autobiografie der Rapperin Loredana ist der NZZaS eine Seite wert.

Wie kann man das Elend noch beschreiben? Die «Reise»-Beilage, natürlich bezahlte Werbung, ist interessanter als das Hauptblatt. «Z, die Substanz des Stils», überbietet sich wieder mit absurd bepreister Mode. «Oberteil und Jupe aus Viskose von Bottega Veneta» schlappe 8000 Franken. Oder ein «Langhaar-Sportmantel», für dessen Tragen man Schmerzensgeld verlangen müsste, der aber 14’030 Franken kostet. Richtig beruhigend, dass wieder Diverses «Preis auf Anfrage» ist. Ein Collier von Chopard allerdings nicht, das nette Weihnachtspräsent kostet bloss 205’500 Franken.

Und wenn das «NZZ am Sonntag Magazin» mit der «Vermessung der Unterwelt» tatsächlich mal einen interessanten Beitrag hat, dann verdirbt Paula Scheidt, «Chefredaktorin Magazin», mit einem weiteren überflüssigen Editorial die gute Laune. Auch sie muss, Überraschung, noch ihren Senf zur Wahl von Trump geben und leitet dann zu einem hemmungslosen Lob über: «Meine kluge Kollegin Kerstin Netsch und ihr Lifestyle-Team kuratieren die Bellevue-Seiten Woche für Woche mit viel Detailliebe, Expertise und Stilbewusstsein für Sie».

Das gelingt ihnen so toll, dass sich ZACKBUM Mal für Mal aus reiner Qual darüber lustig macht. Wie auch dieses Mal. Als Aufmacher eine «Winter Vegan Capuche», die so aussieht, wie sie heisst. Ungeniessbar:

Dazu passend der «Vegipass» mit «150 Bons für 115 vegane Angebote», ein Deospray für müffelnde Turnschuhe (kein Witz) und ein Buch einer gewissen Jovana Reisinger: «eine atemberaubend eloquente Tour de Force durch die Luxus-Triade Schlaf (meterlange Hotelbett-Laken!), Nahrung (Schlemmermaus!) und Kleidung (Dior, aber fake!)» (Klappentext).

Kann man auch billiger haben, aber nach der Lektüre hilft sicher das hier:

Richtig, das ist ein elastischer Boxsack namens «Punch a Wall», ein weiterer Höhepunkt aus «Bellevue».

Für Kleinformatigere

Machen wir einen NZZ-Montag draus. Womit unterhält uns das «Magazin»?

Die schlechte Nachricht ist: trotz allen Sparmassnahmen ist das «NZZ am Sonntag Magazin» immer noch nicht eingestellt. Daher muss sich die Medienkontrolle mal wieder damit beschäftigen.

Diesmal ziert das Cover eine kühne Behauptung:

Chloë Savigny werde 50. Das ist ein Anlass, aber wer ist Chloë?

Offenbar braucht es neben der Leiterin Lifestyle und überhaupt auch noch eine «Chefredaktorin Magazin», denn auch magere 32 Seiten (mit Umschlag) wollen geleitet sein. Über die Schreibfähigkeiten von Paula Scheidt hat sich ZACKBUM bereits geäussert; wir wollen ja nicht sexistisch sein und das wiederholen. Vor allem, da die Dame offensichtlich ein Glaskinn hat und nicht mit jedem spricht.

Und was tut Scheidt schon wieder? Richtig, sie betrachtet den eigenen Bauchnabel, was denn sonst. Sie versucht ein Aperçu über Vorbilder, kann sich aber nicht enthalten, mal wieder sich in den Vordergrund zu schieben. Schliesslich war sie schon mal im Reich der Mitte: «In China – wo sonst – wurde mir einmal freundlich erklärt, Nachahmung sei als Ehrung des Erfinders zu verstehen». Ach, der Chinese, immer bezieht er seine Sachen von – Überraschung – Konfuzius. Auch da kennt sich Scheidt aus; «dessen philosophisches Werk ja tatsächlich die zwischenmenschliche Verbindung betont». Ach was. Nur Scheidt schafft es dann, mit einem kühnen Satz noch die Gebrüder Grimm mit ins Boot, also ins Editorial zu holen. Die sind halt alle tot und können sich nicht mehr wehren.

Wehrhaft ist hingegen ein Sacha Wenk, denn der sei «ausgezogen, im Shaolin-Kloster von Kunming das Kämpfen zu lernen». Das ist schön für ihn, aber wieso muss Benimm-Tante Henriette Kuhrt den Leser damit belästigen?

Dann kommen wir zum eingekauften Sozialporno. Diese Story wurde schon oft erzählt, also wieso nicht nochmal?

Bekanntlich gibt es zwischen Kolumbien und Panama eine Lücke der Panamericana, dieser Strasse, die von Alaska bis Feuerland den ganzen Kontinent durchquert. Das liegt daran, dass die USA den Kunststaat Panama Kolumbien abknipsten, um völlige Kontrolle über die Umgebung des Panamakanals zu haben. Und da Kolumbien bis heute sauer darüber ist, gibt es hier ein unwegsames Dschungelgebiet, das Flüchtlinge durchqueren müssen, wenn sie von Südamerika über Zentralamerika bis ins gelobte Land USA ziehen.

Dabei kommt es ständig zu tragischen Ereignissen. Seit vielen Jahren, vielfach beschrieben. Nun auch von Caitlin Dickerson in «The Atlantic». Auch dieses ansonsten herausragende Magazin hat manchmal einen Schwächeanfall. Der dann reich bebildert auf 8 Seiten dem NZZaS-Magazinleser serviert wird.

Dann schliesslich das It-Girl. Da muss Andrea Bornhauser – Überraschung – über ihren eigenen Bauchnabel schreiben. Denn sie hat eine bedeutende Ähnlichkeit zwischen sich und Chloë who entdeckt: «Jetzt wird die Schauspielerin 50. Unsere Autorin ist mit ihr alt geworden.»

Aber wohl nicht weise, denn wie schwärmte Bornhauser wie ein Backfisch über die Bachelorette der Politik, bevor die sich in Ungnade schoss? «Sie sieht sich als eine Art moderner Laokoon, der einst die Trojaner vor dem Untergang retten wollte. «Ich möchte die Leute aufklären. Wer soll es sonst tun?»»

Aber zurück zu Bornhauser aktuellem Unfall. Hallo? ist 50 inzwischen schon alt? Ist das nicht diskriminierend? Geradezu sexistisch? Und wieso durfte Bornhauser dieses Thema «alt werden» Nicole Althaus wegnehmen? So viele Fragen schon am Anfang. Aber der Texteinstieg ist dann gleich der Ausstieg für viele:

«Ich war 20, als ich Chloë Sevigny 1995 im Film «Kids» zum ersten Mal beim Coolsein zuschaute». Au weia.

Wir wollen auch unsere Lieblingswimmelseite «Bellevue» nicht ganz mit Verachtung strafen. Denn es will uns deuchen, dass hier (unfreiwillig) ein perfektes Symbolfoto des Lesers gelang:

Ist das nicht cool? Der Gesichtsausdruck des Köters, dem einfach ein Foulard draufgeschmissen wurde, so zwischen Resignation (mit mir kann man’s ja machen), würdevoller Distanzierung (ich kann nichts dafür) und hoffnungsvoller Aufmerksamkeit (gespitzte Ohren, gibt’s dann wenigstens Fresschen?), genial.

Nach ihrem Ausflug ins Shaolin-Kloster ist Henriette Kuhrt dann wieder in ihrem Element; sie beantwortet alle Fragen rund um den Stil. Wirklich alle: «Wer darf wo wildpinkeln (oder auch nicht)?» Seit ihr Vorgänger die Frage beantwortete, ob man furzen darf, wenn man gemeinsam im Badezimmer steht, ist das der absolute Tiefpunkt.

Aber es gibt noch ein Absackerchen, die «Fotokünstlerin» Lisa (who?) Sorgini. Die hat schon mehrfach mit verunglückten Aufnahmen für Furore gesorgt. Hier flunkert sie herzerweichend:

Das ist ein erklärendes Bildzitat.

Sie behauptet, ihr Sohn sei auf den Tisch geklettert, «um sich ein paar Früchte zu schnappen. Das Licht war perfekt». Sie tut also so, als wäre das ein spontan entstandener Schnappschuss. Dabei ist es offenkundig, dass das arme Kind posieren musste und die schweren Trauben genau richtig in die Kamera halten, nachdem Mama noch die Fruchtschale richtig drapiert hatte.

Aber die gute Nachricht ist: das war’s.

 

Unser Sorgenkind am Sonntag

Wer sich so eine Cover-Illu aufs Auge drücken lässt …,

der lässt sich auch diesen Fleck verkaufen:

Gut, der beige-orange-rötliche Fettfleck passt wahrscheinlich sehr gut zum Geschreibsel von Gülsha Adilji, man könnte ihn also als subversiven Akt des AD sehen. Aber letztlich ist’s einfach Leserverarschung.

Immerhin, vielleicht hatte Beat Balzli nach den ermahnenden Worten von Peter Rothenbühler und ZACKBUM ein Einsehen; das Editorial schreibt diesmal Daniel Foppa. Er will aber nicht unbedingt seinen Chef übertrumpfen. Wahrscheinlich weise Arbeitsplatzsicherung, allerdings auf Kosten des Lesers.

Dann wärmt Gisela Dachs die Geschichte des Mossad nochmals auf; kann man kalter Kaffee noch steigern? Doch, mit einem Grauenhaft-Layout:

Da dürften nicht zu wenige Leser den Eindruck gehabt haben, dass da blöderweise das Negativ in die Druckmaschine geriet.

Aber auch mit farbigen Fotos kann man ganz schön Unheil anrichten:

Ein Symbolfoto, you know, sagt da der AD. Vollbescheuert, müsste da der Chefredaktor oder der Blattmacher oder sonst ein zurechnungsfähiger Mitarbeiter sagen.

Aber irgendwann gibt wohl jeder auf, und der Traum jedes schwarzgekleideten AD wird wahr: er kann machen, was er will:

Aber auch inhaltlich gilt Jekami, kein Thema, kein Anlass, kein Schreibniveau zu flach, um es nicht ins Blatt zu schaffen:

Wenn in einer Kolumne der Satz vorkommt «so erzählte mir vor ein paar Tagen eine Bekannte, die ich zufällig im Zug traf», dann sollte ein zurechnungsfähiger Blattmacher spätestens hier sein Veto einlegen, wenn ihm der Leser noch etwas bedeutet. Wobei allerdings der Titel durchaus zu dieser Ausgabe der NZZaS passt. Hier haben allerdings diverse Kontrollinstanzen aufgegeben. Und ja, das ist Versagen, auch wenn Nicole Althaus das anders sieht.

Nicht nur im Grossen, auch im Kleinen. Wer akzeptiert denn so eine Bebilderung eines Interview?

Dagegen bräuchte der Leser eigentlich Polizeischutz, denn das ist dümmer, als die Polizei erlaubt.

Ist das Kultur? Ist das was Neues, dass die Ukraine nun Künstler an die Front schickt, zwecks Bespassung der Truppe?

Und schon hat’s der Leser hinter sich, bzw. die Verlagsbeilage «Zurich Film Festival» noch vor sich. War früher mal ein dickes Magazin. Aber eben, der Zahn der Zeit und der Sparmassnahmen nagt und nagt.

Irgendwie ist es ZACKBUM nach einigermassen überstandener Grippe nach Masochismus, also taten wir uns noch das Magazin an. Das sorgte beinahe für einen Rückfall:

Und was machen Männer, die diesen Scheiss lesen müssten? Schmerzensgeld verlangen?

Da will die neue Chefredaktorin, die fahrlässigerweise das Editorial in diesem Dünnblatt wieder eingeführt hat, nicht hintanstehen: «Dann kam  mir eine Frau auf dem Velo entgegengefahren, schon von weitem brüllte sie: «Tolles Kleid!» Und ich dachte: wow. Genau so.» Sind wir vielleicht froh, dass das kein Mann war. Was Paula Scheidt da zurückgebrüllt hätte?

Dann kommt die volle Härte. Wenn man meint, mit dem Interview einer «Edel-Prostituierten», der mediengeilen Berliner Nutte Salomé Balthus, sei der Tiefpunkt der Interview-Serien «Radikale Liebe» erreicht, täuscht sich, da können Sacha Batthyany und Rafaela Roth noch ganz anders. Denn wer möchte nicht weiterlesen, wenn schon das Zitat unter dem anmächeligen Foto lautet: «Ich habe den fucking Jackpot geknackt»?

Adilji gibt so wundersauglatte Antworten wie: «Haben mich Dates unfassbar gelangweilt» (wie es den Dating-Partner wohl ergangen sein mag?), sie suche natürlich «einen Multimillionär», wieso sie immer Witze reissen müsse, nun, «das müsste ich mit meiner Therapeutin besprechen». Und wer zahlt dem Leser den Therapeuten?

Und wollen wir wirklich die Hintergründe ihres «Libidoverlusts» mit ihr ergründen, der von einem «heissen Rugby-Spieler» geheilt wurde (nein, «Scherz», sagt sie dann, und der Leser bekommt Zahnschmerzen).

Überraschung, auch hier darf sich das Layout und die Fotografin (wäre es ein Mann gewesen, man, Pardon, frau hätte ihn verklagt) austoben:

 

Geht noch einer drunter? Aber ja:

«Ein Riss in meinem Rektalmuskel ist einfach zum Kreischen lustig. Der Arzt spritze mir Botox in den Arsch. Das muss man doch erzählen.»

Kreischen stimmt noch, und nein, das muss man nicht erzählen. Und wenn sie muss, dann muss man das nicht aufschreiben. Und wenn man’s aufschreibt, dann muss man damit nicht den Leser belästigen.

Irgendwie passt aber die nächste Story nahtlos dazu:

Nach dieser «Rehabilitation einer Konsistenz», die im Magazin der NZZaS aus allen Seiten tropft, erwartet ZACKBUM die längst überfällige Kulturgeschichte des Furzes.

Vielleicht sind wir noch nicht ganz auf dem Damm, aber «Bellevue» und Kochrezept schafften wir nicht auch noch. Man muss seine Grenzen kennen.

Diese oberpeinlichen Interviews verkaufen die zwei sicherlich als erfrischend, authentisch, aufregend, gar als tabulos. In Wirklichkeit sind sie nur Verstösse gegen die Menschenrechte, und die hat auch der Leser.

Kennt jemand einen guten Therapeuten nach dieser Tortur?

 

Wenn Beat Balzli in den Ferien ist …

… dann macht die B-Mannschaft ein B-Blatt.

«Paula und die Kollegen stehen für herausragenden Journalismus», behauptete Balzli. Für das Magazin trifft das schon mal nicht zu, und für das Hauptblatt? Da ist der Ständer des herausragenden Journalismus Daniel Foppa am Gerät. Und hebt gleich mal die Eigentherapiesitzung der Chefredaktorin Paula Scheidt aufs Cover:

Übrigens, die fünf politisch korrekt ausgewählten Menschen haben weiter nichts zu bedeuten. Sie sollen bloss die Frage illustrieren, da das Magazin dafür einen scheusslichen Typotitel wählte. Brr.

Sein Editorial missbraucht der stellvertretende Chefredaktor Foppa für Reminiszenzen an (der lebt noch) Wolf Biermann. Der grösste Wendehals aller Zeiten («Die Erde wird rot, so oder so») drischt inzwischen verbittert auf alles ein, was links ist. Und links beginnt für Biermann knapp neben seinem linken Augenwinkel. Obwohl Biermann mal noch linker als Sahra Wagenknecht war, ist sie für ihn (und für Foppa) inzwischen eine «Linkspopulistin».

Was für ein gehaltvoller Beitrag für die anstehenden Landtagswahlen in Deutschland. Aber immerhin, eine gute Nachricht kann Foppa verkünden: «In dieser Nummer ist zudem die letzte Kolumne von Rolf Dobeli zu lesen.»

Was ist sonst noch zu lesen? «Die Zoomer zeigen ihre Kraft». Ungefähr 90 Prozent der Leser dürfte nicht wissen, was das denn schon wieder ist. Auf jeden Fall spiele es sich in Asien und Afrika ab, ein zweiter Grund, weiterzublättern. Dabei gerät man aber vom Regen in die Traufe:

Das ist vielleicht eine demagogische Illustration; es fehlen eigentlich nur noch die Hörner auf dem Kopf …

Dann «trotzt eine blinde Lehrerin Putin», was mutig und edel von ihr ist, aber vielleicht nicht wirklich eine Seite über die russische Opposition wert.

«Gülle vor Geld», ein geschmackvoller Titel über der Story, dass viele Bauern die Pensionskassen-Reform ablehnen wollen.

Erschütternd dann «Report&Debatte». Aufmacherbeitrag: «Keine Jahreszeit passt so gut zum Zeitgeist wie der Sommer». Die ehemalige Volontärin Gina Bachmann hat wohl ihren Schulranzen wiedergefunden, mitsamt «mein liebes Tagebuch». Pennälergedanken in der NZZaS? Au weia. Schon der Anfang wirkt wie eine kalte Dusche: «Wie wir ins Wasser springen und das Boot hinter uns schaukeln lassen. Wie wir nachts im Garten sitzen und die Fledermäuse über unseren Köpfen zählen.» Neben diesem Schulaufsatz-Anfang hätte der Lehrer notiert: Schwülstig. Und seit wann befinden sich Fledermäuse in einem Garten?

Aber man denkt schnell mit Wehmut an dieses Geschreibsel zurück, denn Patti Basler ist aus den Ferien zurück. Leider. Eine irre Volte macht dann Markus Bernath, der Kriegskorrespondent aus dem sicheren Wien. Er konstatiert, dass die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines wohl tatsächlich von Selenskyj höchstpersönlich angeordnet und von der Ukraine ausgeführt wurde. Peinlich für alle Beteiligten, vor allem für die deutsche Regierung. Aber Bernath weiss Rat und Trost: diese Pipelines hätten «vor allem nie gebaut» werden sollen. Ja dann, fort mit Schaden.

Immerhin, die «Wirtschaft» bringt ein wenig Lesestoff, über den Stellenabbau bei der UBS und über die Schmonzette, dass die Schuhfirma On «seit Jahren gratis Garten und Pool der Schweizer Botschaft in den USA für einen Werbe-Event nutzen darf».

Nicole Kopp, die dem Kolumnentitel «Geld & Geist» Hohn spricht, kümmert sich diesmal um die Frage: «Fühlen Sie sich häufig müde? Vielleicht leiden Sie unter sozialem Jetlag». Nein, nur bei der Lektüre überkommt einen ein Schlafbedürfnis, wie man es sonst nie verspürt.

Und die «Kultur»? Sagen wir so: im Vergleich zur Kultur bei Tamedia ist sie ein gewaltiges Ereignis, grosses Kino. Was aber nicht viel heisst.

Wenn Balzli aus den Ferien zurückkommt, wartet ein ganzer Haufen Arbeit auf ihn. Denn God Almighty Eric Gujer ist nicht bekannt dafür, dass er solchem Hallodri und wildem Treiben und ungenierter Nabelschau allzu lange zuschaut.

 

 

Paula Scheidt spricht nicht mit jedem

Die neue Chefredaktorin des NZZ am Sonntag Magazin hat einen ganz schwachen Start.

Die erste Ausgabe nach der Sommerpause unter neuer Leitung war ein Totalflop. Der Tiefpunkt war ein rezykliertes Interview, das tags zuvor bereits in der NZZ erschienen war.

Peinlich wie der ganze Rest der Ausgabe. Nun legt Scheidt mit einem Typo-Titel nach, der an Unleserlichkeit schwer zu überbieten ist:

In ihrem zweiten Editorial betreibt sie das, was schlechte Journalisten am liebsten machen: Bauchnabelschau – im wahrsten Sinne des Wortes. «Ich erinner mich, wie ich im Frühjahr 2020 hochmotiviert ins Büro zurückkehrte …» Geburt von Zwillingen, Lockdown, Elternwerden, «die neue Wackeligkeit der Welt». Der Leser ist indigniert, dass er solche Einblicke serviert bekommt. Aber das ist nur die Einleitung zur Gruppentherapie, die Scheidt im Blatt auslebt: «Das Expertinnengespräch hatte für mich dann neben vielen erhellenden Momenten auch etwas Beruhigendes. Wie eine Therapiestunde …»

Die breitet sie dann über 31’487 A im Eigentherapieblatt aus. Drei Psychotherapeutinnen dürfen sich über die Befindlichkeit der Schweizer aussossen. Die richtige Lektüre an einem verregneten Sonntag, wo einem ein Spaziergang dagegen direkt erholsam vorkommt.

Selbst ein wunderbar ziseliertes Porträt des Ex-Bundesrats Ueli Maurer durch die Altmeisterin Margrit Sprecher vermag das umgebende Elend nicht zu lindern.

Den Vogel, und das ist nicht so leicht, schiesst mal wieder «Bellevue» ab. Diesen Titel muss man sich erst mal trauen:

«Meisterwerke vereint», nun ja. An der Wand hat’s wohl einige, die beiden Fussel-Mops vorne sollen angeblich Schuhe sein. Für die sich Salvatore Ferragamo in Grund und Boden schämen sollte.

ZACKBUM liefert exklusiv die Bezugsquelle, muss nur noch eingefärbt werden:

Noch einen drauf legt das hier:

Blöd bloss: diese Gaga-Popcorn-Kette gibt’s bei Acne Studios gar nicht …

Antworten von der Chefredaktorin übrigens auch nicht. Obwohl sie an die mitteleuropäische Regel des Anstands erinnert wurde, dass man auf eine journalistische Anfrage zu reagieren habe, schweigt sie verkniffen, obwohl die Fragen doch durchaus eine Antwort verdienten:

Ist das der neue Stil des Magazins unter Ihrer Leitung, dass Interviews, die tags zuvor in der NZZ erschienen sind, hier rezykliert werden?
Sie beginnen Ihr erstes Editorial mit der Behauptung, es hätte viel Anrufe, gar Briefe und E-Mails gegeben, weil das Magazin vermisst worden sei.
Sie können sicherlich quantifizieren, wie viele Meldungen das insgesamt waren. Und auch ein paar anonymisierte Beispiele von Briefen oder Mails vorweisen, zum Beleg.
Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass es gar nicht so viele Vermisstmeldungen gegeben hat. Möglicherweise, schluck, keine einzige.
Also einen gröberen Fehlstart in überschaubarem Raum hat bislang noch kaum jemand hingelegt. «Wir wollen unseren Leserinnen und Lesern am Sonntag frische, oft unterhaltsame Perspektiven bieten und einen anderen Blick auf eine sich rasant verändernde Welt ermöglichen», lobhudelte NZZaS-Chefredaktor Beat Balzli noch. Dann legte er eine herausragende Fehlanalyse hin: «Paula und die Kollegen stehen für herausragenden Journalismus.»
Schnell stellte sich heraus: Paula (Scheidt), von der «Annabelle» eingewechselt, steht für Gähn- und Rezyklierjournalismus, duckt sich bei Fragen weg und betrachtet am liebsten den eigenen Bauchnabel. Was sie dann mit dem gequälten Leser teilt. Der eigentlich nur noch eines vermisst: die Einstellung dieser Fehlkonstruktion, dieser Karikatur eines Magazins.

Schade auch

Das «NZZ am Sonntag Magazin» hat die Sommerpause überlebt.

Zwei mickrige Inserate, ein paar Eigeninserate, 32 Seiten Nonsens-Inhalt, das Trauerspiel geht unter neuer Leitung weiter.

Die ist völlig schamfrei. So behauptet Chefredaktorin  Paula Scheidt in ihrem ersten «Editorial», denn das hat dem Magazin gerade noch gefehlt, dass viele Leserreaktionen gezeigt hätten, dass das Magazin vermisst worden sei. ZACKBUM hat um Verifizierung und Quantifizierung gebeten. Ob’s eine Antwort gibt?
Schamfrei ist auch, im Sommer mit diesem Thema neu zu beginnen:

Das schleckt keine Geiss weg: wenn einem weniger als nichts einfällt, macht man Glace zum Coverthema. Redaktor Urs Bühler rührt das Thema zum x-ten Mal um; einfacher wäre gewesen, aus dem Kühlfach eine der Tausenden von Storys aufzutauen, die darüber schon erschienen sind.

Wieso es für ein Cornet mit bekleckerter Hand (siehe Titelausriss) einen Magnum-Fotografen braucht (ausser, um viel Geld auszugeben), erschliesst sich nicht. Diese Pampe ist dann ein IStock Archivfoto:

Und was an diesem billigen Plastikständer anmächelig sein soll, dass man auch ihn auf eine Seite aufbläst?

Vier Bildzitate, ein Grauen. Und der Text? Zweispaltig, endlos (23’664 A), konzeptlos, bewirkt Hirnvereisung.

Dann kommt ein Interview mit der bedeutenden Russisch-Übersetzerin Rosemarie Tietze. Schön, dass Autor Martin Helg nicht mehr über Staub klugescheisst oder aus einer Kafka-Biografie abschreibt. Aber eigentlich ein Stück im Magazin, das man loben könnte. Wenn es nicht am Tag zuvor – in der NZZ erschienen wäre. Das nennt man nun echte Leserverarschung. Einen NZZ-Text einfach einen Tag später im Magazin rezyklieren, weil man nach der Sommerpause offensichtlich etwas knapp an Werken ist – oberpeinlich.

Wer’s nicht glauben kann:

Links das Original, rechts die Zweitverwertung im «Magazin».

Dann macht sich Silke Wichert Gedanken darüber, wieso sich Touristen in den Ferien anders anziehen als im Alltag. Der dünne Gedanken würde vielleicht für eine Kolumne mit 1600 A reichen. Wenn der Autor ein paar Locken auf der Glatze drehen könnte. Aber über 11’000 A Wichert, das ist Folter.

Bellevue? Meine Güte. Nur zwei Peinlichkeiten:

Bei «Lyk Carpet» in Berlin freut man sich über die Aufmerksamkeit. Bloss: wer will schon einen zerfransenden Teppich «nach gewünschtem Küstenabschnitt»?

Oder so ein «Medley»:

Wer vielleicht «gar nicht schlecht» sagt, ändert jetzt seine Meinung: kostet schlappe 10’800 Euro.

Ach, und dann noch ein «Erinnerungsbuch» über das Maison Manesse in Zürich. Das war so ein Yuppie-Spunten im Shabby-Chick, 6-Gang-Menü mit Weinbegleitung 265 Franken. So nach der Devise: «Finger-Auberginen, Gemüsecreme, Gurken, Zitrus, Koriander und eine Schweine-Krokette». Plus Riesenweinkarte («Chateauneuf du Pape Cuvée Da Capo» 806 Franken). Sonst unter Freunden für 280 Eier zu haben.

Dann ist das Elend zu Ende, mit dem Werk der «Fotokünstlerin» Lisa Sorgini. Erklärung: «Dies ist ein Bild von meiner Freundin Lisa, ihrem Sohn Marlow und ihrer noch nicht geborenen Tochter Alva. Lisa ist eine gute Freundin und lebt in der gleichen Gegend wie ich.» Das ist schön für alle Beteiligten, aber wieso der Leser mit einem unscharfen, sandigen Körpermischmasch verabschiedet werden muss?

Oder soll das ein Beitrag zur Serie sein: Bilder, die wir nie sehen wollten?

Es gab schon unzählige Ausgaben dieses Magazins, die krähten: stell mich bitte ein. Bitte. Aber so überzeugend wurde das noch nie vorgetragen …