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Die Nachtreter

Die Medien überschlagen sich im CS-Bashing. Post festum.

Im Nachhinein besserwissen, das ist die einfachste Übung der Welt. Man braucht nur eine gewisse Schamlosigkeit und die Hoffnung auf das Kurzzeitgedächtnis der Leser.

Ausgerechnet eine Isabell Strassheim zählt im «Tages-Anzeiger» die «Haupt­verantwortlichen im Drama der Credit Suisse» auf. Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, da sorgte Strassheim für eine der dicksten Enten, die jemals durch den Tagi watschelte.

«Bund wollte keine eigene Impfproduktion», behauptete sie kühn. Mitsamt Karikatur auf der Frontseite, bissigem Kommentar und seitenfüllend. Kurz darauf musste der Tagi zähneknirschend eine «Korrektur» abdrucken; «neue Recherchen» hätten ein etwas anderes Bild ergeben. Die Berichterstattung über diesen Megaflop übernahmen dann andere, Strassheim pausierte ein Weilchen.

Nun ist die angebliche Pharma-Spezialistin als Bankendrescherin wiederauferstanden. Das Gefühl von Peinlichkeit oder Scham ist ihr offenbar völlig fremd.

Das geht allerdings nicht nur ihr so. Legion die Artikel, die einen neuen CEO, einen neuen VR-Präsidenten bei der CS enthusiastisch begrüssten. Unvergesslich die schleimige Lobeshymne im «SonntagsBlick» auf den Gewaltstypen aus Portugal. Als unschöne Gerüchte aufkamen, dass es zwischen dem damaligen Traumpaar CEO Thomas Gottstein und VR-Präsident Ontario Horta-Osório zu Friktionen gekommen sei, eilte der SoBli herbei, um den beiden in einem Doppelinterview Gelegenheit zu geben, Sauglattismus zu versprühen:

«Frage: Sie sind ein sehr guter Tennis-Spieler, Herr Gottstein ein begnadeter Golfer …
Horta-Osório: Moment! Ich bin okay. Aber Thomas spielt besser Golf als ich Tennis.
Gottstein: Da bin ich mir nicht so sicher.
Horta-Osório: Du hast am letzten Sonntag beim Golfen unentschieden gespielt, ich habe meine Tennispartie verloren. Das ist Beweis genug. (lacht)»

Nur das zum Artikel gestellte Foto von Plisch und Plum sprach allerdings Bände. So fanden die Gazetten immer wieder lobende Worte für neue und alte Versager auf der Kommandobrücke der CS. Lediglich Arthur Rutishauser, das muss man ihm lassen, wich kaum von seiner kritischen Linie ab.

Aber bei Tamedia zahlt sich Kompetenz schon lange nicht mehr aus. Damit steht man dem wenig kompetenten Big Boss Pietro Supino in der Sonne. Also musste Rutishauser ins Glied zurücktreten, als Bauernopfer, weil die Geschäftsleitung von Tx Group die Affäre Roshani kommunikativ völlig in den Sand gesetzt hatte. Aber das wäre die Geschichte eines anderen Versagens.

Auch Ringier weicht inzwischen von seinem Schmusekurs gegenüber der Knutschkugel Alain Berset ab und setzt deutliche Fragezeichen hinter die misslungene Rettungsoperation des Bundesrats. Zu offenkundig wurde, dass weder Berset noch die frischgebackene Finanzministerin Karin Keller-Sutter die geringste Ahnung vom Inhalt dessen hatten, was sie ungelenk bei der Sonntagspressekonferenz vom Blatt lasen.

Nur die NZZ bleibt sich und ihrem Wackelkurs gegenüber der ehemaligen FDP-Bankenburg CS treu. Zu jung sind noch die engen Verzahnungen, die es zwischen der Falkenstrasse und dem Paradeplatz gab, wo Mehrfachversager Mehrfach-VR-Mandate innehatten und die CS die Hausbank der alten Tante war. Nun schimpft sie zwar fleissig mit im Chor, weist aber immer noch andere scharf zu recht: «Boni zurückfordern oder ganz verbieten – das ist Polittheater

Denn wenn nichts mehr hilft, dann hilft das Evozieren des Allheilmittels: «In einer Marktwirtschaft braucht es andere Instrumente, um Manager zur Rechenschaft zu ziehen.» Was die NZZ geflissentlich übersieht: eine Bank, die «too big to fail» ist, hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Absurde Gehälter und hemmungsloses Greifen in Bonustöpfe für das Produzieren von Milliardenverluste, das hat ebenfalls nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Sondern mit Politikversagen, genauer mit dem Versagen der FDP-Politik.

Es ist verblüffend, wie sich die Schlagzeilen während der Finanzkrise eins im Jahr 2008 und heute gleichen. Sie gleichen sich auch deswegen, weil weder die Medien noch die Politik – und erst recht nicht die Banker – das Geringste aus dem damaligen Systemversagen gelernt hätten.

Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ja auch die Medienkonzerne irgendwo ihren Finanzhaushalt regulieren müssen. Und das tun sie nicht bei der Alternativen Bank oder dem Sparhafen. Sondern bei einer der Grossbanken in der Schweiz. Dort werden die Konzerne auch für Kredite vorstellig, nehmen gerne Sponsoring von Anlässen entgegen – das alles bremst dann doch etwas das Verlangen, kritisch über die eigene Hausbank zu berichten.

Dann nicht nur im Sport fragt man sich bang, was dieses Schlucken der vorletzten international tätigen Grossbank durch die allerletzte für das Sponsoring bedeuten wird. Steht nun einfach UBS drauf, wo früher Credit Suisse stand? Und wo beide Kohle liegen liessen, wir da nun ein Teil eingespart?

Bedeutende Fragen, die natürlich unbeantwortet bleiben. Deshalb lässt man gerne die zweite Garnitur ans Gerät. Wenn dabei auch noch das Geschlecht stimmt, umso besser. Wobei wahrscheinlich so die journalistische Vorhölle aussieht: eine Raphaela Birrer beauftragt eine Isabell Strassheim, ein paar strenge Worte über die CS zu verlieren. Man ist fast versucht zu sagen: also das hat die Bank nicht verdient, etwas mehr Respekt vor einer Leiche.

 

 

Wenn eine Bank auf dem Weg nach unten ist

Die «Financial Times» berichtete, dass der VR-Präsident seinem CEO das Vertrauen entzogen habe. Die Reaktion: ein Doppelinterview – im SoBli.


«How low can you go?» Ein sinnvolle Frage – beim Limbo. Beim Fine Swiss Banking ist sie eher deplatziert.
Die FT, neben dem WSJ die Benchmark in der Wirtschaftsberichterstattung, beschrieb in einem längeren Artikel die Differenzen zwischen dem neuen VR-Präsidenten Ontario Horta-Osório und dem auch nicht so lange amtierenden CEO Thomas Gottstein.

Stein des Anstosses: Die Doppelklatsche, die die Credit Suissse mit Greensill und Archegos einstecken musste. Exponiert in einem Fonds eines vorbestraften Hasadeurs in den USA, investiert in ein durchschaubar lusches Geschäftsmodell eines australischen Hasardeurs. Nicht angeleiert vor Gottstein, aber von ihm nicht gestoppt, bis es zu spät war.

Soll der neue VRP nicht so toll gefunden haben, deshalb schaue er nach Ersatz oder spiele sogar mit dem Gedanken, die Position des CEO temporär selbst zu übernehmen. Zudem führe er Gottstein an sehr kurzer Leine, berichtet die FT.

Ob das so ist, lässt sich von aussen schwer beurteilen. Normalerweise publiziert die FT allerdings nur, wenn sie ihrer Sache verdammt sicher ist. Andererseits: solange der Break nicht vollzogen ist, sind solche Meldungen sehr schädlich für eine Bank. Was tun? Gegensteuer geben, natürlich.

Zwei ganz dicke Freunde, wie man auf dem Foto oben sieht

Wie das? Am einfachsten, indem man zu zweit ein Interview gibt und Friede, Freude, Eierkuchen zelebriert. Problem dabei: die FT ist dafür nicht zu haben. Die NZZ auch nicht. Nicht einmal Tamedia oder die Schweizer Wirtschaftspresse. Was tun? Plan B, wohl eher Plan C: gemeinsames Interview im Zentralorgan der gehobenen, seriösen Wirtschaftsberichterstattung. Dem «SonntagsBlick».

Nichts gegen den SoBli. Aber man stelle sich kurz die internationale Resonanz vor. FT berichtet dies, die beiden CS-Spitzen dementieren, im SoBli.

Where? What the heck is the «SonntagsBlick»? Is this serious? Are they kidding?

So ungefähr die Reaktion auf den internationalen Finanzmärkten.

Haben die beiden wenigstens Substanzielles zu sagen? Nun ja; der SoBli geht in medias res, obwohl er den Ausdruck sicher nicht kennt. Fragt knallhart, ob der VRP seinen CEO auswechseln und selbst die operative Führung übernehmen wolle. Knallharte Antwort: zweimal ein «Nein».

Nach einem knallharten Doppelnein fliegen Wattebäusche

Nachdem das geklärt ist, kann man das übliche Banker-Gequatsche ablassen: «Wir sind heute in einer viel besseren Position als zuvor.» Aktienkurs im tiefen Keller, nach der Klatsche ist sicherlich vor der Klatsche, die CS wäre zu einem Schnäppchenpreis zu haben, ihr passiert das nur deswegen nicht, weil alle noch weitere Leichen im Keller befürchten. Aber super Position.

Könnte man vielleicht denken, dass es mit der Handhabung von Risiken, so angesichts von Milliardenverlusten, etwas hapert? Ach nein: «Historisch verfügt die CS über eine sehr ausgeprägte Risikokultur. …  Aber es ist klar, dass es seither gewisse Versäumnisse gab.» ( Gottstein) «Wir müssen den Risikoappetit zügeln und die Anreize richtig setzen.» (Horta-Osório).

Gut, damit wäre das auch geklärt, worüber reden wir denn noch? Vielleicht über die wirklich wichtigen Sachen:

Frage: Sie sind ein sehr guter Tennis-Spieler, Herr Gottstein ein begnadeter Golfer …
Horta-Osório: Moment! Ich bin okay. Aber Thomas spielt besser Golf als ich Tennis.
Gottstein: Da bin ich mir nicht so sicher.
Horta-Osório: Du hast am letzten Sonntag beim Golfen unentschieden gespielt, ich habe meine Tennispartie verloren. Das ist Beweis genug. (lacht)

Haben die beiden seelenverwandten Sportskanonen vielleicht noch weitere Ratschläge auf Lager, ein Anlagetipp möglicherweise? Nun, das nicht, aber:

Horta-Osório: «Ich vermeide Gluten und Milchprodukte. Ich versuche, mich ans Intervallfasten zu halten, um meinen Körper zu entgiften. Auch ein wichtiger Aspekt ist der Schlaf.»

Nun gibt der VRP bekanntlich die Strategie und die grossen Linien vor, der CEO führt aus. Hier allerdings schwächelt Gottstein bedenklich: «Da ist er disziplinierter als ich.»

Damit gewinnen die beiden jede Limbo-Meisterschaft mit Abstand. Und bei Corporate Communication der CS sollten vielleicht ein paar Stellen neu besetzt werden. Schon alleine das Foto (oben am Anfang des Artikels als Bildzitat) freizugeben, müsste zu einer fristlosen Entlassung führen. Eigentlich.