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Wenn der Wunsch die Feder führt

Wie der angebliche Wirtschaftskenner Oliver Stock seinen Ruf ruiniert.

Die «Weltwoche» schafft es immer wieder, krachend auf die Kacke zu hauen. Ihre wirtschaftlichen Fehleinschätzungen sind nachgerade legendär («La crise n’existe pas»).

In dieser Tradition behauptet nun ein deutsches Wirtschaftsfuzzi, dass die Börsen boomten und die Anleger sich auf eine mögliche Präsidentschaft Trumps freuten.

Das pure Gegenteil ist der Fall. Die Börsen crashen, und die Freude der Anleger hält sich in engen, sehr engen Grenzen. Denn wer bei oder mit Trump investiert, ist selber schuld und zieht bei diesem Bruchpiloten einen grossen Stiefel raus.

Nehmen wir nur die grossartige Unternehmung «Truth Social». Nachdem sich Trump bei den üblichen sozialen Plattformen unbeliebt gemacht hatte, gründete er mit grossem Getöse seine eigene. Es gab genügend Deppen, die darin investierten. Obwohl die Bude mit gerade mal 40 Mitarbeitern 400 Millionen Miese machte, hat sie einen Pseudo-Wert von über 5 Milliarden US-Dollar.

Der Titel ist, gelinde gesagt, sehr volatil. Vom Ausgabekurs bewegte er sich stracks auf ein Allzeittiefst von 12.97 zu. Nach dem Attentat auf Trump stieg die Aktie dann auf über 46, inzwischen dümpelt sie bei 29 vor sich hin. Clevere Fonds haben Kasse gemacht, weil dieser Hype vorhersehbar war.

Gewitzte Gurus wissen, dass nur möglichst weit in die Zukunft gerichtete, wattige und mit diversen «wenn nicht, unter Voraussetzung, dass, wenn weiterhin» usw. versehene Prognosen die Chance, sich lächerlich zu machen, verringern.

Aber wie Schaumschläger Marc Friedrich und andere gern gesehene Gäste in der WeWo kennt Oliver Stock nichts. Ein markiges Wort ist in der Abteilung Getöse immer gut. Dazu der gepflegte Dreitagebart und der wissende Blick. Und dann das alte Börsenprinzip von cleveren Verkäufern: den nächsten Dummen findest du immer.

Hier den nächsten dummen Abnehmer von Gequatsche, bei dem der Autor zu recht davon ausgehen kann, dass schon fünf Minuten nach der Publikation kein Hahn mehr danach kräht. Oder aber, ein sinnvoller Tipp für Anleger: einfach das Gegenteil von dem machen, was Stock empfiehlt. Das erhöht die Chancen auf Gewinn ungemein.

Also wenn Stock wie dereinst das Wahrheitsministerium von Orwell seine Position um 180 Grad dreht (oder um 360 Grad, wie die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock sagen würde) und vor einem drohenden Weltuntergang warnt, dann ist es genau der richtige Moment, um zu investieren. Mit ZACKBUM-Bankgarantie.

Wie ignorant dürfen Journalisten sein?

Würde dieser Chefredaktor die Probezeit überstehen?

Von Felix Abt

Im Laufe meiner beruflichen Tätigkeit habe ich viele Mitarbeiter eingestellt. Dabei habe ich, wie wahrscheinlich jeder andere Manager oder Unternehmer, auf die für die jeweilige Position erforderlichen Kernkompetenzen geachtet: Von einem Buchhalter erwartete ich zum Beispiel, dass er bilanzsicher ist, von einem Produktionsleiter, dass er sich mit PPS (Produktionsplanung und -steuerung) auskennt, oder von einem Marketingleiter, dass er über sehr gute analytische und kommunikative Fähigkeiten verfügt.

Ich hatte nie die Gelegenheit, Journalisten einzustellen – dem Himmel sei Dank! – weil ich es nie bis zum Chefredakteur, geschweige denn zum Verleger geschafft habe. Aber ich kann mir vorstellen, dass es auch in der Medienbranche bei der Personalauswahl um Fähigkeiten wie das Beherrschen von Interviewtechniken, exzellente Schreibfähigkeiten (und Sprechfähigkeiten im Falle audiovisueller Medien), investigative Fähigkeiten und eine gute Allgemeinbildung geht.

Aber Allgemeinwissen scheint hier ein extrem knappes Gut zu sein. Der deutsche Journalist Oliver Stock, selbst ein Chefredakteur eines deutschen Wirtschaftsmagazins, schreibt in der Weltwoche:

«Das Schiesspulver, der Buchdruck, das Auto und ja: zuletzt ein völlig neu konstruierter Impfstoff – all das sind Erfindungen aus Deutschland, die die Welt verändert haben.»

Gehen wir der Reihe nach vor und lassen Sie mich mit dem Faktencheck zum Schiesspulver beginnen:

Westliche Geschichtsbücher geben zwar zu, dass die Chinesen das Schießpulver 850 n. Chr. entdeckten und nicht der deutsche Mönch Berthold Schwarz im 14 Jahrhundert. Deren Autoren behaupten jedoch, dass die Chinesen diese Entdeckung nur für Feuerwerkskörper nutzten. Wer chinesische Geschichtsbücher liest, weiss, dass die Streitkräfte der Song-Dynastie bereits 904 n. Chr. Schiesspulvergeräte gegen ihren Hauptfeind, die Mongolen, einsetzten. Zu diesen Waffen gehörte zum Beispiel das «fliegende Feuer» (fei huo), ein Pfeil, an dessen Schaft ein brennendes Rohr mit Schiesspulver befestigt war.

Wer hat den Buchdruck erfunden:

History.com erklärt: «Die in China erfundene Druckerpresse revolutionierte dort die Gesellschaft, bevor sie in Europa im 15. Jahrhundert von Johannes Gutenberg und seiner Erfindung der Gutenberg-Presse weiterentwickelt wurde.»

«Im 9. Jahrhundert hatten chinesische Handwerker eine Methode zur Massenproduktion von Büchern entwickelt, indem sie Wörter und Bilder in Holzblöcke schnitzten, sie einfärbten und dann Papier auf die Blöcke pressten. Jeder Block bestand aus einer ganzen Seite mit Text und Illustrationen.» Zitat Columbia University, New York

Wenn Sie eher chinesische als deutsche Geschichtsbücher lesen, werden Sie erfahren, dass die erste Druckerpresse von Bi Sheng erfunden wurde, einem Mann, der im 10. Jahrhundert während der Song-Dynastie in Yingshan, China, lebte, mehr als vier Jahrhunderte bevor Gutenberg das Licht der Welt erblickte. Die Erfindungen des Holzschnitts und der beweglichen Lettern ermöglichten die Veröffentlichung einer Vielzahl von Texten und die Verbreitung von Wissen und Bildung in China und darüber hinaus.

Von den vier Beispielen, die Oliver Stock anführt, hat er mit einem Recht: Der Deutsche Karl Benz war der erste, der ein «Fahrzeug mit Gasmotor» patentierte, eine Binsenweisheit, die jedem Kreuzworträtsellöser bekannt ist.

Hat Deutschland einen weltverändernden Impfstoff erfunden?

Stocks Behauptung, ein «neuer Impfstoff, der die Welt veränderte», sei ebenfalls eine deutsche Erfindung, ist lediglich seine eigene Erfindung. Das deutsche Unternehmen BionTech sowie andere nicht-deutsche Unternehmen haben auf der Grundlage der neuen, in Amerika erfundenen mRNA-Technologie Covid-Impfstoffe entwickelt. Hunderte von Wissenschaftlern weltwet hatten jahrzehntelang an mRNA-Impfstoffen gearbeitet, lange vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie.

Was ist mRNA? 

Alle Zellen haben DNA (in Chromosomen). Stellen Sie sich die DNA wie ein Kochbuch vor, das die Anweisungen enthält, wie Ihre Zelle das herstellt, was sie zum Funktionieren braucht. Damit ein Koch ein Gericht zubereiten kann, muss er oder sie das Rezept sehen. Die mRNA ist eine Kopie des einzigen Rezepts, das Sie für die Zubereitung eines bestimmten Gerichts benötigen. Das «Kopieren» des Rezepts erfolgt in einem Prozess, der Transkription genannt wird, bei dem ein Teil der DNA (ein Gen) als Vorlage für die mRNA dient. Anschließend wird die mRNA in einem Prozess namens Translation in Protein umgewandelt. Die Translation ist so, als ob der Koch sich das kopierte Rezept ansieht und ein echtes Gericht zubereitet. Die mRNA eines Gens (DNA) wird in ein funktionelles Protein übersetzt, das eine Aufgabe in der Zelle erfüllen kann. Es gilt also: DNA -> mRNA -> Protein.

mRNA-Impfstoffe machen sich diesen natürlichen Prozess zunutze, um eine Immunreaktion gegen SARS-CoV2, den Erreger von COVID19, zu erzeugen. Bei diesen Impfstoffen wird Ihren Zellen eine mRNA zugeführt, die den Zellen das «Rezept» für ein spezifisches Protein für das COVID-Virus liefert.

Impfstoffe mit Messenger-RNA (mRNA) bringen unseren Zellen bei, wie sie ein Protein herstellen sollen, das in unserem Körper eine Immunreaktion auslöst.

Unsere Zellen erhalten die SARS-CoV2-mRNA und übersetzen sie dann in ein Protein (wie ein Koch, der nach einer Rezeptkopie kocht). Die Immunzellen erkennen dieses Protein als fremd und lösen eine Immunreaktion aus. Wenn wir also später mit SARS-CoV2 in Kontakt kommen, ist unser Körper bereit!

Es waren Drew Weissman, ein amerikanischer Arzt und Wissenschaftler, und Katalin Karikó, eine ungarisch-amerikanische Biochemikerin, die 2005 den Durchbruch mit der mRNA-Technologie erzielten, ganze drei Jahre vor der Gründung von BionTech!

Als sich das Corona-Virus zu verbreiten begann, erkannte Weissman schnell, dass es ein perfekter Kandidat für einen mRNA-Impfstoff war.

Zwei Biotech-Neulinge, Moderna aus dem amerikanischen Bundesstaat Massachusetts, und das deutsche Unternehmen BionTech lizenzierten die Patente von Weissman und Karikó. Letztere wurde von BionTech 2013 eingestellt, und das Unternehmen ging später eine Partnerschaft mit dem US-Pharmariesen Pfizer zur Impfstoffentwicklung ein.

Schlussfolgerung

Vier Behauptungen und nur ein Treffer: Sollten die Leser einen Journalisten im Rang eines Chefredakteurs so davonkommen lassen? Auf jeden Fall würde ein solcher Mitarbeiter die Probezeit des Arbeitsvertrages mit mir nicht überstehen!