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Wumms: Zoe Baches

Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse.

Damit soll selbstverständlich Jonas Projer nicht als Katze bezeichnet werden und noch viel weniger Zoe Baches als Maus, das wäre ja sexistisch, diskriminierend und überhaupt.

Aber es ist bezeichnend, dass der lange bei der NZZaS auf Halde liegende Artikel von Baches über die Aufarbeitung des Roshani-Skandals bei Tamedia während der Amtszeit von Projer nicht das Licht der Welt erblickte. Jetzt nach seinem Abgang im Sommerloch aber schon. Er hat es sogar zum grossen Aufmacher auf der Front gebracht, weil der vierköpfigen Übergangsleitung diese Woche keine andere Art des Hilferufs einfiel: «Gujer, bitte endlich übernehmen»:

Vorweggenommenes Ergebnis: Baches sollte lieber bei den harten Wirtschaftsthemen bleiben. Da kennt sie sich aus, das beherrscht sie. Im #metoo-Bereich verläuft sie sich im Dickicht der Fallstricke und Widersprüche.

Als Machetenträger verwendet sie zwei untaugliche Hilfskräfte. Zum einen führt sie ein längeres Interview mit Oliver Kunz zum Thema «Mobbing, sexuelle Belästigung und Diskriminierung am Arbeitsplatz». Der Anwalt und Partner von Walder Wyss wird vorgestellt als «ein führender Spezialist für interne Untersuchungen, unter anderem zu Themen wie Mobbing und #MeToo»». Diese Expertenposition hält Kunz allerdings eher geheim; in der Branche ist er weder als führend, noch als Spezialist bekannt. Seine Kanzlei hingegen als Ansammlung von guten Selbstvermarktern.

Baches versucht sich auf zwei Seiten an einer nochmaligen kritischen Aufarbeitung des Skandals, dass die ehemalige «Magazin»-Mitarbeiteriun Anuschka Roshani dieses Jahr im «Spiegel» eine vernichtende Racheaktion gegen ihren ehemaligen Chefredaktor veröffentlichte. Recht schnell stellte sich heraus, dass die meisten ihrer Anschuldigungen einer genaueren Überprüfung nicht standhielten.

Kleinigkeiten wie die, dass Roshani ihren Chef gemobbt und sich vergeblich um seine Stelle beworben hatte, liess sie weg. Anstössig war, dass es offenbar Absprachen zwischen ihr und anderen «Magazin»-Redaktoren gegeben hatte, die auch ein Hühnchen mit Finn Canonica rupfen wollten.

Peinlich für Roshani war, dass zwei interne Untersuchungen ergeben hatten, dass an ihren Vorwürfen gegen Canonica – soweit überhaupt überprüfbar – mit zwei, drei Ausnahmen nichts dran war. Zudem vermochte sie nicht verständlich zu machen, wieso sie trotz diesen unerträglichen Übergriffen ihres Chefs es so viele Jahre klaglos mit ihm ausgehalten hatte und die von ihm eingeräumten Privilegien (wie ein bezahltes Sabbatical als totale Ausnahme) dankbar entgegennahm.

Genau diesen Bericht knöpft sich Baches nun nochmal vor. Als Aufhänger verwendet sie ein Interview mit Anwalt Kunz, wo dem Leser bei der Einordnung sicher geholfen hätte, dass es sich um einen direkten Konkurrenten des Platzhirschs Rudin Cantieni handelt. Diese Kanzlei hatte, wie in vielen anderen solchen Fällen, die Untersuchung beim «Magazin» durchgeführt.

Dem Interview stellt Baches einen Zweispalter an die Seite, in dem sich die «Strafrechtsexpertin und Wirtschaftsmediatorin Monika Roth» und «vier weitere Anwälte», die nicht namentlich genannt werden, kritisch zu dem 232-seitigen Bericht äussern dürfen.

Der muss in Wirklichkeit ziemlich gut sein, denn ausser nebensächlichem Pipifax finden alle befragten Kritiker nichts zu meckern. Die ominöse Frauenbrust auf dem Schreibtisch des Chefredaktors, habe es die gegeben oder nicht, aus welchen Gründen habe sich Roshani weiteren Befragungen verweigert, wieso wurden ehemalige Mitarbeiter nicht befragt, usw.

Was sagt der wohl profundeste Kenner der Affäre dazu, dass der Rudin-Cantieni-Bericht laut Baches «auf einer Unterstellung» beruhe und in in seinen «Folgerungen viel zu absolut» sei?

«Der Berg hat eine Maus geboren. So viele Monate nichts – und dann das? Rudin Cantieni hat begründet, wie im Artikel aufgeführt ist, weshalb man aus rechtlichen Gründen die vor langer Zeit ausgeschiedenen Mitarbeitenden nicht befragen konnte. Das heisst im Umkehrschluss im konkreten Fall: Seit 2014 – also beinahe seit einem Jahrzehnt – gab es keine kritischen Vorgänge in der Redaktion des «Magazins», wie der Bericht ausführlich belegt. In dieser ganzen Zeit war Anuschka Roshani in der Redaktion tätig. Es ist deshalb sachlich nicht nachvollziehbar, weshalb sie im Februar 2023 – also erst nach ihrer Entlassung durch Tamedia – einen als «Gastbeitrag» präsentierten verbalen Hinrichtungsartikel im «Spiegel» gegen ihren langjährigen Freund und Chef veröffentlicht hat», kritisiert Roger Schawinski, Autor des Sachbuchs «Anuschka und Finn. Die Geschichte eines Medien-Skandals».

Schawinski hat auch noch eine interessante, neue These auf Lager, was die Motivation von Roshani betrifft, mit diesem Rundumschlag im Februar dieses Jahres an die Öffentlichkeit zu gehen (und sich seither nicht mehr zu äussern):

«Und hier eine Bemerkungen zur Motivation von Anuschka Roshani, über die alle rätseln: Ich glaube, dass es ihr nicht in erster Linie um Rache an Finn Canonica und/oder um zusätzlicheArgumente in ihrem Rechtsstreit mit Tamedia ging. Ich bin nach vielen Gesprächen der Ansicht, dass sie vor allem aus Scham gehandelt hat, weil die für sie so wichtige Karriere in einem gewaltigen Desaster –keine Beförderung auf den lange angepeilten Chefposten und schliesslich sogar die Entlassung – geendet hat. Vor allem gegenüber ihren vielen Bekannten in  den wichtigsten Redaktionen Deutschlands musste Anuschka dafür eine Erklärung liefern. Und dazu brauchte sie einen Übeltäter, einen Sündenbock. Um ihr Leid zu dramatisieren gerierte sie sich deshalb im «Spiegel» auf schändliche Weise als ein Opfer, wie es die vergewaltigten Frauen im Fall Weinstein sind. Ihr langjähriger Freund Finn wurde auf ihrem Rechtfertigungstrip zum reinen Kollateralschaden. Und so wurde der Scherbenhaufen, den sie anrichtete, für alle Beteiligten monumental.»