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Sudan? Falscher Ort

Und falsche Hautfarbe. Ausserdem zu weit weg.

Seit dem 15. April tobt im Sudan ein Krieg zwischen zwei verfeindeten Warlords, die um die ganze Macht im Land kämpfen. Die «Sudan Armed Forces» unter Abdel Fattah al-Burhan stehen den «Rapid Support Forces» unter Hemedethi gegenüber. Beide verfügen über jeweils rund 100’000 Kämpfer.

Konservativ geschätzt wurden bereits mehr als 2000 Menschen getötet, über 6000 verwundet. Eine Million Menschen sind auf der Flucht. Die wenigen Spitäler sind grösstenteils nicht mehr in Betrieb, Nahrungsmittel, Wasser, Medizin und Treibstoff sind extrem teuer geworden.

Natürlich kochen auch diverse ausländische Mächte dort ihr Süppchen, darunter ein libyscher Warlord, die Wagner Truppe, Ägypten, Äthiopien und die Vereinigten Arabischen Emirate. China, der französische Konzern TotalEnergies oder der US-Multi Chevron Corporation kümmern sich um die Ausbeutung der Ölvorräte des Landes.

Also alles in allem ein Desaster mit Hunderttausenden von Vertriebenen, Verhungernden, Elenden. Nur: ab und an poppt eine Meldung in den Medien auf. Aber gibt es ernsthafte Anstrengungen, den Konflikt zu befrieden? Sollen die Warlords mit Sanktionen zur Räson gebracht werden? Wird Druck auf alle Länder ausgeübt, die die Kriegstreiber mit Waffen und Ausrüstung versorgen? Fordert wenigstens Fabian Molina die sofortige Aufnahme von ein paar tausend Flüchtlingen?

Ach wo. Warum ist das so? Auch wenn es alle Gutmenschen, die am liebsten in einer ukrainischen Flagge eingewickelt schlafen, entrüstet abstreiten würden: interessiert niemanden wirklich. Schwarzafrika. Elendsloch. Immer das Gleiche. Neger, Pardon, Schwarze, Pardon, PoC metzeln sich ab. Kein blauäugiger Weisser weit und breit. Keine Lichtgestalt vorhanden, im Kampf gegen den Bösewicht. Zu kompliziert. Zu weit weg. Man kann sich doch nicht um alles kümmern.

Viertes Sanktionspaket der EU

So geht’s halt: die Schweiz übernimmt und übernimmt.

Eisen, Stahl und Luxusgüter. So könnte man die Massnahmen des inzwischen vierten Sanktionspakets der EU zusammenfassen. Plus der Entzug des Meistbegünstigtenstatus und die Erweiterung der sogenannten Oligarchenliste.

Was schon beim gescheiterten Rahmenvertrag ein Problem darstellte, manifestiert sich hier deutlich. Mitgegangen, mitgefangen. Wer einmal Sanktionen der EU übernimmt, muss auch alle weiteren automatisch nachvollziehen.

Hier geht es um ein fast vollständiges Verbot jeglicher Transaktionen mit 12 bedeutenden russischen Staatsbetrieben wie Gasprom oder Rosneft. Allerdings, neckisch, der Erwerb «fossiler Energieträger», sowie von Titan, Aluminium etc. ist ausgenommen. Man will ja schon sanktionieren, aber bitte in der warmen Stube.

Köstlich ist auch ein Ausfuhrverbot für Luxusgüter, also

Luxusautos, Schmuck, Haushaltsgegenstände, Porzellan, Elektrogeräte, Bekleidung und Taschen, Lebensmittel und Alkoholika, reinrassige Zuchttiere.

Viel souveräner handhaben das die USA. Deren Sanktionen sind schlichtweg weltweit gültig und verbindlich. Denn eigentlich jeder (und jede) verwendet entweder US-Dollar oder Produktebestandteile oder Technologien made in USA. Und im Zweifelsfall hat man ja eine Filiale im Land of the Free, und was da eine vertiefte Prüfung der hygienischen Zustände samt Werksschliessung alles anrichten könnte …

Wie sagte EU-Präsidenten Ursula von der Leyen pompös: «Diejenigen, die Putins Kriegsmaschinerie am Laufen halten, sollten nicht länger ihrem pompösen Lebensstil frönen können, während Bomben auf unschuldige Menschen in der Ukraine fallen.»

Nehmt das, ihr Kriegsmaschinenwarte. Chanel, Rolex, Gucci, Single Malt, Meissen, Dysonfön, könnt ihr euch alles abschminken. Fertig mit Versace, der Brioni muss aufgebügelt werden, die Louboutins ausgetragen.

Kein Nachschub für Oligarchinnen …

Wer nach einem Beispiel sucht, um das Wort lachhaft zu illustrieren …

 

 

Abrazo, Maduro

Die USA haben einiges versucht, den venezolanischen Diktator von der Macht zu vertreiben. Neu mit Umarmung?

Man muss die Meldung des «Wall Street Journal» noch in einer zweiten seriösen Newsquelle absichern, um’s zu glauben: eine Gruppe höherer US-Regierungsbeamter flog vergangenen Samstag nach Venezuela, um mit Diktator Nicolás Maduro die Möglichkeit einer Aufhebung des Ölembargos zu diskutieren.

Nebenbei auch noch die Freilassung einiger Gefangener, aber eigentlich geht’s natürlich ums Öl. Die USA gehörten lange Jahre, auch noch zu Zeiten von Hugo Chávez, zu den Importeuren von venezolanischem Öl. Denn das Land sitzt auf den wohl grössten Ölreserven der Welt.

Nur ist es Chávez und vor allem seinem Nachfolger Maduro gelungen, Venezuela in verzweifelte Armut zu stürzen, während sich die herrschende Clique selbst für lateinamerikanische Verhältnisse ungeniert, ungehemmt und unanständig bereichert. Dafür dienen vor allem weiterhin Ölexporte, deren Gewinne nicht etwa in dringend nötige Nahrungsmittelkäufe fliessen, sondern in die tiefen Taschen korrupter Funktionäre.

Korrupter und unfähiger Funktionäre, muss man hinzufügen, denn mit unermüdlicher Arbeit ist es nur aus Parteitreue zu ihren Posten gekommenen Managern gelungen, die Erdölproduktion Venezuelas auf einen Bruchteil früherer Zeiten zurückzufahren.

Alle Putschversuche gescheitert

Alle Versuche, vor allem der Trump-Regierung, Maduro zu stürzen oder seinen Gegenpräsidenten Juan Gaidó bei einer Machtübernahme zu unterstützen, sind kläglich gescheitert. Fast vergleichbar mit der Ukraine befinden sich Millionen von Venezolanern auf der Flucht, um den unerträglichen Lebensumständen in ihrem Land zu entkommen.

Maduro, das müssen selbst linke Solidaritätsbesoffene anerkennen, ist die Karikatur eines sozialistischen Führers. Unfähig, korrupt bis in die Knochen, ohne jedes Anzeichen, dass er einen Plan hätte, um das Land aus dieser Misere herauszuführen. Venezuela stellt praktisch nichts selbst her, muss alles importieren, auch Nahrungsmittel, und durch das Absacken der Ölproduktion, plus das Abzweigen bedeutender Teile der Einnahmen, fehlen die Devisen.

Auch alle Sanktionen, die die USA gegen Venezuela verhängten, hatten keine Wirkung – ausser, dass es der Bevölkerung noch dreckiger ging. Aber spätestens seit Corona ist auch dieses Höllenloch von der Landkarte des Interesses verschwunden.

Sollte es der Biden-Administration aber tatsächlich ernst sein, wäre das für Maduro ein verspätetes Weihnachtsgeschenk ungeahnten Ausmasses. Es wäre Ostern, Geburtstag und Wünsche wahrwerden auf einmal.

Es geht halt ums Öl, worum denn sonst

2005 betrug die Ölproduktion noch 3 Millionen Fass pro Tag, 2018 hatte sich das halbiert, heutzutage sind es noch 800’000, wenn die Angaben stimmen. Um den Output zu steigern, müssten die USA zunächst einiges Geld in die Hand nehmen, um die marode Infrastruktur wieder einigermassen in Betrieb zu setzen. Das ist aber nicht so einfach und so schnell möglich. Ein Spezialist schätzt, dass es fünf Jahre mit jährlichen Investitionen von 12 Milliarden Dollar bräuchte, um das Produktionsniveau wieder auf frühere Höchststände zu heben.

Es gibt noch eine zweite, gewaltige Hürde. Venezuela braucht eigentlich jeden Tropfen Öl, um seine Schulden gegenüber Russland und vor allem China zu begleichen; hier steht der faktisch bankrotte Staat mit über 60 Milliarden Dollar in der Kreide.

Die USA wiederum importierten täglich 540’000 Fass Öl aus Russland. Nachdem das von der Biden-Administration abgeklemmt wurde, muss schnell Ersatz her. In den «besten» Zeiten importierten die USA aus Venezuela mehr Öl. Dort ist also die entsprechende Infrastruktur vorhanden.

Allerdings ist es selbst mit dem Einsatz modernster Technologie und Milliarden nicht möglich, eine zu Schanden gewirtschaftete, marode, verlotterte Produktionsinfrastruktur in nützlicher Frist hochzufahren. Selbst eine Steigerung der Tagesproduktion auf eine Million Fass wäre schon ein Gewaltsakt. Das wäre zwar mehr als genug, um Russland zu ersetzen. Aber weder China noch Russland würden es komisch finden, wenn der Schuldendienst, sowieso schon verzögert, weiter verdünnt würde.

Auch Kuba könnte wieder einmal profitieren

Also zeugt dieser Versuch der Biden-Administration von einer unfassbaren Dummheit. Sozusagen als Kollateralschaden würde sich auch das völlig in den Seilen hängende Kuba freuen. Das profitierte über Jahre von sozialistischen Brudergaben in Form von Gratis-Öl. Was auch seit einigen Jahren versiegte und zusammen mit dem Zusammenbruch des Tourismus und der Erschwerung von Überweisungen der Exilkubaner für eine Wirtschaftskrise sorgte, die schlimmer ist als während des sogenannten «periódo especial», der speziellen Periode in Friedenszeiten nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers Anfang der 90er-Jahre.

Das hatte auf Kuba zehn dunkelschwarze Jahre zur Folge, bis Anfang 2000 Chávez sozusagen von Fidel Castro adoptiert wurde. Eine teure Freundschaft für Venezuela. Vielleicht mit Fortsetzung.