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Von Loch zu Loch

SoZ und NZZaS im Nahkampf.

Es ist ein gnadenloser Fight. Welche der beiden Sonntagszeitungen hat die schlechtere Sommerloch-Story? Der SoBli fällt unter unsere Auszeit, bis Christian Dorer zurückkommt. Pardon, nicht mehr zurückkommt. Wir würden sie nur dann unterbrechen, wenn Ringier erste Abozahlen von «B+» bekannt gibt. Also werden wir nicht unterbrechen.

Zurück zum Wettbewerb. Die «SonntagsZeitung» legt auf der Front vor:

Das ist eine Frage, die man sich bei der Lektüre der Schweizer Medien unablässig stellt. Aber leider findet sie hier keine Antwort.

Aber die NZZaS holt auf und ein:

Der «SUV der Linken», auch das ist ein Titel, der nur durch Hitzschlag, unmässigen Alkoholgenuss oder reine Verzweiflung erklärt werden kann.

Dann geht aber die NZZaS mit einem Schlag in Führung; ein solcher Titel, ein solches Thema kommt nur dann ins Blatt, wenn der Blattmacher zuvor dreimal fragte: und die einzige Alternative wäre eine weisse Seite, echt?

Die SoZ schwächelt – bis zum «Fokus». Dort weiss Bankenbüttel Peter V. Kunz ganz Erstaunliches zu vermelden:

 

Die Frage ist, ob die Tiere das auch stört. Sicher findet es das Schwein nicht schön, dass es zum Kotelett wird. Auf der anderen Seite: ohne diese Zweckbestimmung gäbe es gar nicht so viele Schweine. Schwieriges Terrain, aber damit holt die SoZ auf.

Die Rettung für die NZZaS ist der Anarchistentreff in Saint-Imier. Gelegenheit für etwas Freakshow:

Die SoZ schlägt mit einem Essay zurück.

Sozusagen wider die ständige Anforderung von Scham. Aber leider, leider, muss disqualifiziert werden. Ist von der «Süddeutschen Zeitung» übernommen, und solches Doping können wir hier nicht gelten lassen.

Währenddessen sammelt die NZZaS weiter fleissig Punkte:

Arthur Rutishauser plädiert in der SoZ für das Daheimbleiben, während Nicole Althaus unglaublich tiefe Erkenntnisse auf den Leser regnen lässt: «Jede Reise, so bescheiden sie auch sei, beginnt mit dem Packen des Koffers … Zum Kern des Reisens gehört der Moment des Aufbruchs». Jede Kolumne, so bescheiden sie auch sei, beginnt mit dem Auspacken von Flachheiten, zu ihrem Kern gehört der Moment, in dem der Leser auf- und wegbricht.

Die SoZ nimmt natürlich auch Saint-Imier sehr gerne auf.

Das ist immerhin eine Reportage, die Dominique Eigenmann basses Erstaunen abnötigen würde. Da sie hausgemacht ist, gibt es hier für die SoZ die volle Sommerloch-Punktzahl.

Aber die NZZaS verteidigt ihren Vorsprung:

Sie lässt nämlich den von unzähligen Bundesämtern beschäftigten sogenannten unabhängigen Meinungsforscher Michael Hermann gleich eine ganze Serie zu den bevorstehenden Wahlen schreiben. Spart unmässig eigene Brainpower.

Dann geben beide Blätter auf der Zielgeraden nochmal Guzzi:

Das ist sehr Sommerloch, da kann die NZZaS nicht ganz mithalten:

Ist ein gültiger Versuch, aber ein Mü zu gehaltvoll für eine richtige Sommerloch-Story.

Das würde bei der NZZaS wieder die volle Punktzahl ergeben, muss aber auch disqualifiziert werden, weil die Serie schon vor dem Sommerloch begann – und einfach nicht aufhören will.

Ergebnis: 5 zu 4 für die NZZaS. Es war ein harter Kampf gegen den Leser; aber am Schluss setzt sich Qualität halt schon durch, wenn die Mehrheit der Mitarbeiter in der Sommerfrische weilt. Hinzu kommt sicher auch: Der Chefredaktor der SoZ, Arthur Rustishauser, ist sich ziemlich sicher, dass er nach dieser Degradierung als Bauernopfer hier seine Pensionierung erwarten kann, wenn er will. Die vier (!) interimistischen Nasen bei der NZZaS hingegen wissen genau, dass keiner von ihnen das Rennen am Schluss machen wird. Dementsprechend motiviert sind sie.

 

Löcher, noch und nöcher

Es ist noch nicht mal Hauptferienzeit …

Aber bei der «NZZamSonntag» löchern die Sommerlöcher. Dafür gibt es schon auf der Front 4 untrüglicher Anzeichen:

Die da wären: Ferien in Trondheim, der Garpunkt, ein Interview mit Björk und eine Frau, die eine Giesskanne in der Hand hat. Löchriger geht’s kaum. Das reisst ein AHV-Titel und ein kritischer Bericht über Selenskyj nicht raus.

Und auf Seite 2 geht’s wenig munter so weiter:

Inder wollen noch mehr Kinder, Pardon, statt die brüllende Armut in weiten Landesteilen zu bekämpfen, wollen sie auf den Mond. Das interessiert nicht mal den Inder sonderlich …

Wenn schon schnarch, dann richtig, ist offenbar die Devise der NZZaS, oder einfach: war aber auch heiss am Samstag, und statt am Züri Fäscht sich zu verlustieren, muss man ein Blatt machen. Das lassen wir den Leser spüren:

 

Die Antwort auf die Frage: und was haben wir zur Ukraine, wird auch immer verzweifelter. Nun greift man sogar auf externe Kräfte, den kanadischen Freelancer Neil Hauer, zurück. Die eigenen Kräfte sind entweder in den Ferien, am Fest oder haben hitzefrei.

Seite 5: Eine im Hintergrund kurz sichtbare Landkarte im «Barbie»-Film sorgt für Aufregung. Echt jetzt?

Dann ein Artikel, der nach lange getragenen Socken an Schweissfüssen riecht:

Der Autor Markus Bernath verhaut sich aus dem fernen Wien gerne mal mit seiner kremlastrologischen Analyse Russlands, stösst wilde Kriegsrufe aus und wiederkäut hier, was nun bereits überall länglich und in der Breite beschrieben wurde. Aber natürlich noch nicht von ihm in der NZZaS. Aber wenn ein Viererkollegium herrscht, ist das sicherlich mehr mit gegenseitigem Bauchtreten als mit dem Inhalt des Blatts befasst.

Daher darf Bernath (grosser Pfeil, kleiner Text) einen Zusammenschrieb der lokalen Korrespondenten über Meloni (schnarch), Höcke (gähn), Kickl (na Servus) und den Griechen Stigmas (geharzt) einleiten. Da mögen dann manche Köpfe aufs Tablet oder auf die Zeitung gefallen sein.

Unterbrochen von einem netten, ausgeschlachteten kritischen Bericht des Schweizer Nachrichtendiensts über den Autokraten Selenskyj geht’s dann auf Seite 10 im Schlaflabor weiter. Seit Corona haben Kinder zunehmend psychische Probleme. Ist aber auch, und Corona ist schon – ausser bei Marc Brupbacher – eher kalter Kaffee.

Dann «Züri-Fäscht» und «Kasino-Poker». Wer hofft, dass damit der erste Bund wenigstens durch sei, wird enttäuscht. Als Zugabe gibt’s noch eine halbe Seite «Der Bund will, dass Schweizer Kühe länger leben». Da werden die Kühe in Irland aber aufhorchen und massenhaft Asylanträge stellen.

Dann wird’s einen Moment lang peinlich, aber das reisst den Leser immerhin aus dem Wachkoma. Denn Patrizia Messmer lobt Gülsha Adilji über den grünen und roten Klee. Frisch zurück aus Uruguay findet Messmer die frühere Joiz-Moderatorin ganz toll. Die macht jetzt eine Rating-Show. Toll. Überhaupt: «Die Frau scheint alles, was sie anpackt, zum Fliegen zu bringen.» Also ein echter Überflieger. Wenn man ihre Fähigkeiten allerdings an ihrer Tagi-Kolumne misst, in der sie sich länglich an ihrem Ex-Freund abarbeitete, besteht eher Gefahr durch Bodenkontakt.

Auf der nächsten Seite sagt ZACKBUM nur zwei Namen: Felix E. Müller und Nicole Althaus. Eben.

Dann, dann kommt der temperaturmässige Höhepunkt, der gleichzeitig der absolute Nullpunkt des Niveaus ist. Ein Blick auf den Titel genügt:

Kein Scheiss, sondern ein zweiseitiges Sammelsurium von Beiträgen, die nach einer kalten Dusche verlangen. Geradezu erfrischend ist dagegen das Jö-Inserat auf dieser Doppelseite, das den Leser wenigstens berührt:

Und wenn man bedenkt, dass dieser treuherzig blickende Dackel auch noch vor Hitze mit dem Ohren schlackert …

Wieso den Leser aus dem Sommerschlaf wecken, dachte sich die «Wirtschaft»:

Früher, ja früher brauchte es noch etwas, um auf die erste Seite der Wirtschaft zu kommen. Heute ist die Ansage: nun gut, wenn die Alternative ein leeres Blatt wäre

Aber dafür kommt die nächste Seite sommerlich flott daher:

Ach, hoppla, da steht ja «Sponsored Content für Edelweiss» drüber.

Dann kommt, man kann’s nicht anders bezeichnen, ein Betroffenheitsporno:

Einen Brüllertitel mit der Oberzeile «Bitte sagen Sie nicht» zu machen, das ist schon nassforsch. Erschwerend kommt hinzu, dass die israelische Freelancerin Josie Glausiusz hier ein Thema in leichter Variante rezykliert, mit dem sie bereits vor fast genau einem Jahr in der englischsprachigen Ausgabe der NZZ gelandet ist:

ZACKBUM korrigiert sich: peinlicher Porno.

Nun muss man sagen, dass sich die NZZaS unerschrocken auch eher, nun ja, heiklen Themen nähert:

Hier hätte es wenigstens ein Zeichen von Selbstironie geben können, indem statt dem weissen Klopapier eine passend zugeschnittene Ausgabe der NZZaS

Wer ist bunt, fotogen, irgendwie schräg, sagt zwar immer das Gleiche, aber macht nix? Genau, Björk, das isländische Gesamtkunstwerk, sozusagen eine Kate Bush ohne deren Stimmvolumen. Da ist Peer Teuwsen gerne bereit, aus dem Sommerschlaf zu erwachen. Noch lieber wäre er natürlich nach Island geflogen, aber leider: «Das Interview wurde schriftlich geführt». Was ja eine Bankrotterklärung ist, angesichts moderner Kommunikationsmittel …

Aber eine gute Nachricht ist: nach all dem Lahmen und Banalen ist der Leser viel zu ermattet, um sich noch über «Die Summe aller Frauen», Teil 719, aufzuregen. Gut, ist auch schon abgehangen, der Scherz, ist Folge 19.

Zusammenfassung: Wenn diese Ausgabe kein stummer Schrei ist «Gujer, übernehmen Sie! Sofort!», dann weiss ZACKBUM auch nicht, was das soll.

 

Quo vadis, NZZaS?

Journalisten sind intrigant. Aber dumm.

Jonas Projer hatte von Anfang an einen schweren Stand. Von der Konkurrenz wurde er schon vor Amtsantritt niedergeschrieben. Tamedia-Konzernjournalist Andreas Tobler wusste sofort, dass er für das Amt nicht geeignet sei. Die «Republik» veröffentlichte ein dermassen hämisches Porträt, dass sogar die eigene Leserschaft in Kommentaren lautstark gegen so viel niveaulose Polemik protestierte.

Auch intern murmelten viele: Der TV-Mann kann doch gar nicht schreiben. Abgesehen davon, dass auch einige NZZaS-Redaktoren ihre liebe Mühe damit haben: muss ein Chefredaktor auch nicht können.

Dann tropften immer wieder Interna aus dem Redaktionsleben heraus, durchgestochen von intriganten Mitarbeitern. Dieser und jener habe wegen Projer gekündigt, keiner wolle mit ihm wirklich zusammenarbeiten, er habe aus unerfindlichen Gründen Storys gekippt. Wie es wirklich war, konnte Projer natürlich nicht richtigstellen, Redaktionsgeheimnis, Fürsorgepflicht für Untergebene.

Zudem musste er einige Beleidigte massregeln, die sich selbst Chancen auf den Posten ausgerechnet hatten, dazu Querschläger aus der leitenden Etage entsorgen. In diesen Brummton hinein sollte er zudem dafür besorgt sein, den digitalen Auftritt zu verbessern, neue Themengebiete zu erobern.

Eigentlich eine Mission impossible. Bei nüchterner Betrachtung hätte Projer das Angebot wohl ablehnen sollen, es war die Chronik eines angekündigten Todes. Aber bei «Blick»-TV ging es auch nicht richtig voran; das lag nicht an Projer, sondern war halt typisch Ringier. ZACKBUM könnte Namen nennen, müsste dann aber wohl ein Crowdfunding für Prozesskosten machen.

Im Gegensatz zur Redaktion des «Magazin», die bis heute zu feige ist, sich zum Roshani-Skandal zu äussern, soll dann eine Fraktion der NZZaS-Redaktion mit einem Schreiben an den VR der NZZ gelangt sein, in dem sie ihr Unwohlsein über Projer ausdrückte.

Wohlwissend, dass der VR-Präsident, der federführend Projer zur NZZ geholt hatte, nicht mehr im Amt war. Das Ende war absehbar.

Journalisten sind intrigant, beschäftigen sich am liebsten mit sich selbst und finden eigentlich alle anderen – ausser sich selbst natürlich – recht unbeholfen bis unfähig. Neben recherchieren und schreiben gehört zu ihrer Lieblingsbeschäftigung das Meckern und Müllern über andere, vor allem über Vorgesetzte, in erster Linie über den Chef.

Nun haben sie’s nach zwei Jahren Pickeln geschafft: Projer ist weg. Den wenigen Intelligenteren dürfte aber schon beim Schlürfen des ersten Prosecco die klamme Idee den Hals hoch gekrochen sein: und jetzt? Was nun?

Natürlich träumen einige Traumtänzer von der zweiten Chance, nun selbst auf den Chefsessel klettern zu dürfen. Die werden sie vielleicht sogar kriegen, denn ein Quartett zuoberst kann ja keine Dauerlösung sein, sondern nur ein Signal, dass es keiner von denen werden wird.

Woran aber alle, die Projer unbedingt weghaben wollten, nicht dachten: er war die Brandmauer gegen das Mutterhaus. Gegen den Big Boss. Gegen God Almighty. Gegen Eric Gujer. Denn der hatte vor der Installation Projers – Projekt «Seeblick» – einen ernsthaften Anlauf genommen, das kleine gallische Dorf NZZaS völlig seinem Einflussbereich anzugliedern.

Damals stiess er auf Widerstand – und dann auf Projer. Daher war völlig klar: solange Projer auf dem Chefsessel der NZZaS sitzt, bleibt die Redaktion weitgehend autonom (ausser dem Sport, aber was soll’s). Damit wurde die NZZaS zunehmend zum Exoten, nachdem Tamedia und Ringier die ebenfalls zuvor unabhängigen Sonntags-Redaktionen eingemeindet und in den gemeinsamen Newsroom gepfercht hatten.

Das alles wurde wie immer als Synergie und Stärkung und Blabla verkauft, war aber nichts anderes als eine weitere Sparmassnahme. Und genau das blüht nun auch der Redaktion der NZZaS. Womit es dann heissen würde: Schlacht gewonnen, Krieg verloren.

All die Wichtigtuer, Ressortleiter, Autoren, die vor Bedeutung kaum geradeaus laufen können, werden dann zu kleineren Würstchen degradiert, die noch rationierten Senf verteilen dürfen. Keine lustigen Spesenrechnungen mehr, keine wichtigen «bin da an einer grossen Recherche, bitte die nächsten Wochen nicht stören» mehr, keine Lustreisen mehr, kein bayerisches «mir san mir»-Gefühl mehr.

Statt einem neuen Chefredaktor wird es noch einen «Redaktionsleiter» geben, der Mann am Fenster fürs Administrative – wie bei den unzähligen Kopfblättern von CH Media und Tamedia, nur dürfen die dort noch den Namen «Chefredaktor» entwürdigen.

Von Gujer ist bekannt, dass er nicht viel von Kuscheln und Sich-lieb-Haben als Führungsprinzipien hält. Und auch ziemlich klare Vorstellungen hat, wie man die Welt sehen sollte, was wichtige Themen sind – und was vernachlässigt werden kann. Die Pflege von Hobbys und Gärtchen ist ihm auch ein Greuel, sogar ein Gräuel.

Womit nun die kurz triumphierenden Mobber in der NZZaS bereits wie die begossenen Pudel dastehen. Zumindest die intelligenteren, die sich natürlich wie meist in der Minderheit befinden.

NZZaS ohne Projer

Schauen wir mal, wie’s ohne ihn geht.

Es geht natürlich immer, das ist die einzige Regel im Journalismus ohne Ausnahme. Allerdings hatte die «NZZamSonntag» die spezielle Ausgangslage, dass es in Russland krachte – und dann ein operettenhaftes Ende nahm. Logisch ist das der Aufmacher:

Gleich fünf Schreibkräfte wirft die NZZaS in die Schlacht, um immer noch die Nachwirkungen des angekündigten Rücktritts Bersets zu ventilieren. Man möchte ihnen zurufen: lasst doch noch ein paar Buchstaben übrig, wenn es dann ernst wird. Berset ist bekanntlich noch ein Weilchen im Amt.

«Bürokratie in der Schweiz» das ist immer ein Selbstläufer, allerdings sollte man ihn sich vielleicht fürs richtige Sommerloch aufsparen. Und dann gibt es noch einen befremdlichen Text von Nicole Althaus. «War «Adults only» bis vor kurzem ein Hinweis auf Filme pornografischen Inhalts zum Schutz der Kinder, so hat sich er Begriff zum verkaufsfördernden Gütesiegel gemausert, das Erwachsene vor Kindern schützt.»

Sie meint damit, dass es schon seit Jahren «Adults only»-Hotels gibt, in denen Erwachsene ungestört von Kindergeschrei Ferien machen können. Das wäre nun noch nicht genug für 8500 Anchläge, also macht sich die Autorin noch tiefschürfende Gedanken, was das denn über unsere Gesellschaft sage. Richtig geraten, nichts Gutes: «Eine der wichtigsten Errungenschaften moderner Gesellschaften ist der intergenerationelle Pakt, der besagt, dass wir uns um das Wohlbefinden der Generation sorgen, die nach uns kommt, und für das der Generation, die für uns dasselbe getan hat.»

Der wird natürlich mit Hotels nur für Erwachsene fundamental in Frage gestellt. Neckisch ist noch die Anmerkung zur Autorin: Sie wohne «neben einem Schulhaus und wird jeden Morgen vom Kinderlärm geweckt. Er ist Beweis eines lebendigen Quartiers.» Muss eines der wenigen Schulhäuser sein, wo auch samstags und sonntags unterrichtet wird.

Aber zurück zu zurechnungsfähigen Werken. Was macht die NZZaS ohne Projer, aber mit Anspruch, denn mit der merkwürdigen Situation in Russland? Schon wieder richtig geraten, sie interviewt den «Politologen Fabian Burkhardt». Der publiziert von Regensburg aus zu Osteuropa, der Ukraine und Russland. Und hatte wohl zufällig am Samstag noch einen Termin frei.

Immerhin hält er sich eher bedeckt: «… grösste Herausforderung für Putin … grösseres Blutvergiessen abgewendet … massiven Autoritätsverlust von Putin … das Risiko ist extrem hoch … gewinnen könnte nun die Ukraine.» So viel zum Thema: morgen scheint die Sonne. Ausser, es ist bewölkt.

Stefan Scholl in Moskau versucht sich dann in einem Porträt Prigoschins. Erfährt man darin etwas über die Motive, das Innenleben, die Denke, die Ziele? Kurz gesagt: nein. Dann darf noch Markus Bernath aus Wien die «Chronik eines aussergewöhnlichen Tages» schreiben. Abgesehen davon, dass sich Bernath schon mehrfach mit martialischen Behauptungen disqualifiziert hat («Die Europäer müssen den Krieg wieder lernen. Freiheit und Sicherheit müssen gegen den Mann im Kreml verteidigt werden – notfalls mit Waffen»): Chronik heisst immer, dass die Zeitung noch Platz hat, aber nicht weiss, wie füllen.

Das gilt wohl auch für die nächste Seite über die Implosion des U-Boots, das unterwegs zur Titanic war. Eine Seite, Newswert: null.

Auf Seite 11 ist dann doch der Wunsch die Mutter der Geschichte. «Jetzt ist Keller-Sutter die unbestrittene Chefin». Davon träumt vielleicht die FDP. Aber eine Bundesrätin, die sich einer PUK stellen muss, die bei dem Verscherbeln der CS zum Schnäppchenpreis eine denkbar schlechte Figur gemacht hat, die mit einem fatalen Satz «this is not a bail-out» möglicherweise dem Steuerzahler ein Milliardenproblem aufgehalst hat – an ihr führe «künftig kein Weg vorbei»? Na, schaun mer mal, wohin ihr Weg führt …

Rebekka Lindauer «vertritt Patti Basler während deren Sabbatical». ZACKBUM hätte nie gedacht, dass wir uns nach Basler zurücksehnen könnten.

Auf der «Meinungsseite» schafft es dann die NZZaS, mit gleich drei Kurzkommentaren unterzugehen. «Der Aufstand zeigt die Verrottung von Putins Regime», behauptet Bernath belegfrei. «Hört auf, über den Zinsanstieg zu jammern», haut Albert Steck der Mehrheit der Leserschaft eins in die Fresse. Und schliesslich behauptet Remo Geisser «Frauen können es besser». Beweis? Eine Frau habe in den USA ein Velorennen gewonnen. Medioker, das alles, sehr medioker.

Fast makaber ist, dass im Wirtschafts-Teil noch eine Reportage von Charlotte Jacquemart erscheint, die noch knapp vor Projer die NZZaS wieder verliess. Dass in South Dakota Trusts ziemlich unbelästigt von Kontrolle, Gesetzgebung oder Steuern wirken können, ist allerdings auch nicht gerade taufrisch.

Tja, und dann hätten wir noch «Die Summe aller Frauen». Vielleicht sollte man es Projer übelnehmen, dass er das nicht verhindert hat. Ansonsten: keine Highlights, einige Hänger, eine sehr, sehr mittelmässige Ausgabe der NZZaS, um es höflich zu formulieren. Offenbar war die Redaktion doch in erster Linie mit sich selbst beschäftigt in dieser Woche. Aber da wird Eric Gujer sicherlich mit strenger Hand durchgreifen.

 

Weiter Flugzeit für Chefs

Nun hat’s auch Jonas Projer erwischt.

«Der Verwaltungsrat der NZZ und Jonas Projer, Chefredaktor der NZZ am Sonntag und Mitglied der Geschäftsleitung der NZZ, haben im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen, ihre Zusammenarbeit zu beenden.»

Es ist erst das dritte Mal in der langen Geschichte der alten Tante, dass ein Chefredaktor nicht ganz freiwillig seinen Posten verlässt. Der erste war Markus* Spillmann, der zweite Luzi Bernet – und nun Projer.

Etwas mehr als zwei Jahre hielt er durch – von Anfang an angefeindet. TV-Mann, gar Blick-TV-Mann, die Unken von aussen (und von innen) wollten ihn von Anfang an wegschreiben. Konzernjournalist Andreas Tobler veröffentlichte ein Schmierenporträt, die «Republik» verlor ebenfalls jedes Mass und jede Mitte in einer einseitigen, einäugigen, unfairen Hinrichtung, was sogar in der eigenen Leserschaft Protest auslöste.

Auch im Nachtreten ist Tobler spitze; statt das gegenseitige Einvernehmen zu respektieren, tritt er nach:

Dafür könnte man ihm eine Gegendarstellung um die Ohren hauen, aber will man so tief sinken? Angesichts solcher Charaktere kann man sich eine klammheimliche Hoffnung auf die nächste Millionensparrunde nicht verkneifen. Tobler könnte auch mal einen Satz zum Bauernopfer Rutishauser im eigenen Laden oder zum Roshani-Skandal sagen. Aber statt die Einstellung des «Magazin» zu fordern, bis die Vorwürfe abgeklärt sind, schweigt er hier feige.

Immer wieder sickerten Interna durch, Mies-und-Fies-Journalisten wie Beni Frenkel kolportierten fleissig Gerülpse und Gerüchte, mit denen sie aus dem Hinterhalt angefüttert wurden.

Die Ausgangslage für Projer war so, dass es einen mutigen Mann brauchte, vielleicht einen todesmutigen. Denn God Almighty Eric Gujer wollte eigentlich den Abgang von Bernet benutzen, um sein Herrschaftsgebiet vollständig auf die NZZaS auszudehnen. Das wurde ihm aber vom VR verwehrt, also wurde Projer letztlich Chefredaktor von Gujers Gnaden.

Weder handwerklich noch führungstechnisch konnte man Projer das Geringste vorwerfen. Möglicherweise entwickelten sich die Zahlen im Digitalen und in den neuen Medien nicht so, wie man es erwartet hatte.

Gleich vier Nasen übernehmen nun «interimistisch» die Leitung. Das weist darauf hin, dass es keineswegs ausgemacht ist, dass die NZZaS einen neuen Chefredaktor bekommt.

Ob sich all die Heckenschützen innerhalb der Redaktion einen Gefallen getan haben, wird sich erst noch weisen.

*Nach Leserhinweisen korrigiert.

Wumms: Aline Wanner

Eigentlich wollten wir nicht mehr. Aber wir müssen.

Ist jetzt auch offene Schleichwerbung in der NZZ erlaubt? Zumindest in der «NZZamSonntag» scheint das möglich zu sein. Hier missbraucht Wanner ihre zweiwöchentliche Medienkolumne für ein Loblied auf «die Finanzplattform ElleXX».

Zunächst eine Minikritik als Feigenblatt:

«Ihr Ziel: Close the gap, die Lücke schliessen. Sprich: Geld gerechter zwischen den Geschlechtern verteilen. Mit dieser Vision geht ein kleines ­journalistisches Problem einher: Sie ist relativ aktivistisch

Aber das ist ja ein sanfter Nasenstüber, bevor ungebremst gejubelt und gelobt wird: «Denn gerade im – gratis angebotenen – journalistischen Bereich finden sich bei ElleXX originelle Ansätze.» Ab hier sind alle Dämme gebrochen, Wanner verliert jede Contenance und Distanz:

«Daneben bieten weitere Formate, etwa eine Kolumne zu scheinheiligen Diversitätsbemühungen von Konzernen oder Gespräche mit Frauen über Geld, ein Angebot, das sonst im deutschsprachigen Raum allzu rar ist: optisch und inhaltlich ansprechenden Wirtschaftsjournalimus, nutzerinnenorientiert, farbig und hin und wieder sogar ein bisschen lustig.»

Ein kritisches Wort zur astronomischen Bewertung der Plattform, zum Mini-Umsatz, zur Weigerung, Zahlen für 2023 bekannt zu geben, zur angenommenen Umsatzsteigerung um 15’000 Prozent in drei Jahren?

Man muss sich fragen, ob «ElleXX» für diese Publireportage, die nicht so ausgezeichnet wurde, wenigstens anständig bezahlt hat, denn genug Geld ist doch zurzeit vorhanden.

Immer wieder Sonntag

Das übliche Morgengrauen …

Eigentlich wollte ZACKBUM mit der «NZZam Sonntag» beginnen. Aber wir rauschten, ohne durch bemerkenswerte Inhalte aufgehalten zu werden, bis zu Seite 16 durch. Dort lasen wir, dass Patti Basler abtrete. Doch zu früh gefreut: sie macht nur eine überlange Sommerpause. Aber man nimmt heutzutage, was man kriegen kann.

Das ist auch das Motto von Nicole Althaus. Sie erfreut den Leser mit einer bahnbrechenden Erkenntnis des «Verhaltensforschers Joonghwan Jeon von der University of Texas in Austin». Zu der kam er zwar schon 2007, dafür aber als Erster: «Mater semper certa est». Für die wenigen Nicht-Lateiner unter unseren Lesern: «die genetische Abstammung von der Mutter ist sicher, die des Vaters nicht.»

Was Althaus eigentlich sagen will: sofern es zu keiner Verwechslung im Spital kommt, weiss die Mutter, dass das ihr Baby ist. Der Vater so spontan nicht. Es geht hier allerdings nicht um die genetische Abstammung des Vaters, sondern vielleicht darum, dass es einen Gentest bräuchte, um seine Vaterschaft zu beweisen. Oder so. Aber mit bahnbrechend neuen Erkenntnissen ist es eben so eine Sache, da verrutscht die Sprache schon mal gerne. Oder aber, verflixt, es handelt sich hier um Frauensprache, die dem Mann weder genetisch noch sonst wie leicht erschliessbar ist.

Dann kommt eine Story, die sozusagen einen Kontrapunkt gegen den drohenden Hitzesommer setzen will: «Immer mehr Frauen lassen ihre Eizellen einfrieren». Also genauer: in einer Einfrierklinik waren es früher «eine Frau alle paar Monate», nun seien es pro Woche «zwischen fünf bis zehn Frauen». Wenn das mal kein Trend ist.

Voll im Trend ist auch R. James Breiding. Er will dem harmlosen Leser am Sonntagmorgen einen solchen Schrecken einjagen, dass dem das Gipfeli aus der Hand fällt: «Wie die Schuldenkrise die Welt in den Abgrund reissen könnte». Merke, lieber Leser: Titel die «wie Blabla könnte» enthalten, plus das Wort Abgrund, sind ein klarer Hinweis für: überblättern.

Putzig ist hingegen der Titel «Die Brust versiegt». Also nicht wirklich, industrielle Säuglingsnahrung ist einfach weiter auf dem Siegespfad. Schrecklich ist hingegen diese News: «Vögel meiden die Schweiz». Aber immerhin, der Eieranschlag auf eine «Autorperson» ist der NZZaS keine Zeile wert. Dafür hat sie halt Jan Weiler mit seiner unendlichen Fortsetzungsgeschichte. Also sie ist bei Folge 13 angelangt, kommt einem aber unendlich vor.

Während sich Patti Basler* wenigstens direkt, allerdings früh in die Sommerpause abmeldet, tut das die «SonntagsZeitung» ebenfalls früh, dafür indirekt:

Typisch Tamedia, die wollen einem auch alles vermiesen. Scheint mal die Sonne, wird der fehlende Regen bemängelt – oder die hohen Preise bejammert.

Dann fordert Arthur Rutishauser den Skalp von Barbara Schmid-Federer. Institution Schweizerisches Rotes Kreuz, überfordert, nicht denkbar, dass sie sich noch halten könne. Mal schauen.

Dann kommen wir zu einem Höhepunkt für jeden Schweizer Leser. Das grosse Interview, der Hammer, die Themen, der Gesprächspartner, der Wahnsinn. Boris Herrmann, Nicolas Richter und Robert Rossmann vereinen die guten Kräfte, um den Eidgenossen ein Gespräch zu schenken. Nun sind die Drei im Sold der «Süddeutschen Zeitung» in München, und nicht mal dort interessiert brennend, was der deutsche «Oppositionsführer» (so würde man ihn in Deutschland allerdings nicht nennen) Friedrich Merz so zu sagen hat. Ob er den Geist Adenauers beschwören wolle, wird Merz einleitend gefragt. Wetten, dass kaum ein Schweizer Leser sich für die Antwort interessiert? Überblättern …

Dann weiss Bettina Weber sozusagen Intimes vom frischgebackenen und fehlgestarteten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron DeSantis, inzwischen schon gerne DeSaster genannt: er höre «nur auf seine Frau». Wahnsinn, da kommt endlich mal einer ohne grossen Beraterstab aus. Oh, DeSantis hat einen grossen Beraterstab? Ach was.

Woran merkt man sonst, dass anscheinend schon Ende Mai das Sommerloch gähnt? Wenn im «Fokus» der Chef-Butler (eine Frau, darf man die heute in der SoZ noch Chef-Butler nennen? Wo bleibt die Genderpolizei? Weiss das Birrer, wieso hat Tobler nicht eingegriffen) des Dolder Grand interviewt wird. Auch hier war das grosse Interview mal eine Institution. ZACKBUM rätselt aber: Chef-Butlerin? Chefin-Butlerin? ChefIn-Butler*? Wo bleiben die Gender-Päpste und -Päpstinnen, wenn man sie mal braucht.

Und so nebenbei. Dieser Gender-Lapsus erinnert doch daran, dass es auch der SoZ scheissegal ist, dass eine leitende Mitarbeiterin über Jahre hinweg von einem Hassmob verfolgt wurde, angeführt von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet, haarklein aufgezeigt in einer mehrteiligen Serie über interne Chatprotokolle. Aber  Jolanda Spiess-Hegglin ist halt nicht in der SVP

Die Spargelsaison neigt sich so langsam dem Ende zu; höchste Zeit, die jährliche Sommerlochstory zu schreiben: «Wie viel Arbeit wirklich hinter dem Trendgemüse steckt». Hinter? Hm.

Dann will Rutishauser, das Bauernopfer auf dem Kriegspfad, auch noch den Skalp von Tidjane Thiam. Beziehungsweise an dessen Bonus: «Karin Keller-Sutter hat fünf gute Gründe, seinen Bonus zurückzufordern.» Wetten, dass sie es nicht tut?

Apropos Sommerloch im Mai: «Richtig essen für ein langes Leben», abgestaubter Stehsatz.

Eigentlich wollte ZACKBUM die erste Ausgabe unter neuer Leitung des «SonntagsBlick» genauer anschauen. Aber:

Es gibt Gähnreflexe, die fast in einer Kiefersperre enden.

Kaum hat man die überwunden, liest man, was Reza Rafi höchstpersönlich recherchiert hat: «Schweiz will Andrei Melnitschenko loswerden», behauptet er. Und will wissen: «Der Russe verbringe zu viel Zeit im Ausland und nicht an seinem gesetzlichen Wohnsitz, womit er die Bedingungen (für eine Niederlassung C, Red.) nicht mehr erfülle

Nun wird’s etwas peinlich, wenn man dem Chefredaktor des SoBli Nachhilfeunterricht in Faktenkenntnis erteilen muss. Melnitschenko steht auf der EU-Sanktionsliste, die von der Schweiz gehorsam übernommen wird. Seine Frau übrigens auch, obwohl EU-Bürgerin. Also ist ihm die Einreise in die Schweiz verwehrt.

Das ist nun tatsächlich ein kafkaeskes Problem. Ein Besitzer der Niederlassung C darf sich, auf Antrag, bis zu zwei Jahre am Stück im Ausland aufhalten. Allerdings sollte er danach wieder zurückkehren. Wie kann das nun Melnitschenko tun, der zwar als langjähriger Aufenthalter, Mieter und bedeutender Steuerzahler, der sich in der Schweiz nie etwas zu Schulden kommen liess und jegliche Nähe zu, geschweige denn Unterstützung von Putin bestreitet, dieser Vorschrift seiner Niederlassung entsprechen?

Das wäre eigentlich die interessante Frage gewesen. Aber Rafi ist nicht für interessante Fragen zuständig, sondern blödelt halt im Text vor sich hin. Man kann also konstatieren, dass er das Niveau seines Vorgängers problemlos tieferlegt. Unter die Relevanzschwelle, unter jede Schwelle. Unterirdisch.

*Nach Leserhinweis korrigiert …

Gruppentherapeutin Wanner

Keine zu klein, Beckmesser zu sein.

Von Aline Wanner, um gleich dem Sexismusvorwurf Schub zu geben, sind eigentlich keine beeindruckenden journalistischen Werke bekannt. So als «Redaktionsleiterin». Allerdings gebietet sie dort nur über drei Redakteure, Gruppendynamisches ist nicht bekannt.

Nun mäkelt sie etwas spät, aber immerhin, an der Recherche «Anuschka und Finn» herum: «Fragwürdige neue Details von Schawinski». So ein Titel ist schon mal fragwürdig, wenn er vom Text nicht gestützt wird. Er wird noch fragwürdiger, wenn der Text einer angeblichen «Medienkritik» auf die Kernaussagen und das Kernproblem mit keinem Wort eingeht.

Das besteht nämlich darin, wie Roger Schawinski ausführlich und begründet nachweist und aufzeigt, dass eine frustrierte Redaktorin noch Karriere machen und den Chefsessel des «Magazin» besteigen wollte. Der war aber besetzt, ihre «Initiativbewerbung» um den Posten wurde abgeschmettert. Darauf versuchte sie es erfolgreich mit Mobbing. Ihr Chef wurde entlassen, aber welche Tragödie, statt seine Nachfolgerin zu werden, wurde auch sie gefeuert. Sie hatte zu viele unwahre, falsche oder erfundene Behauptungen über ihn und das Arbeitsklima auf der Redaktion aufgestellt. Nach Ablauf der Kündigungsfrist holte sie zu einem Rache-Artikel in ihrem ehemaligen Organ «Spiegel» aus. Der Rufmord wurde von den übrigen Medien, weil ins «#metoo»-Narrativ passend, begeistert aufgenommen. Canonicas Ruf ist unrettbar ruiniert, er wurde sogar in die Nähe des verurteilten Straftäters Harvey Weinstein gerückt. Prozesse laufen, der «Spiegel» musste bereits diverse Behauptungen von Roshani löschen, das wird aber nichts daran ändern, dass hier ein Mensch fast vernichtet wurde.

Das alles hätte Wanner referieren können. Aber ihr passt halt die ganze Richtung bei Schawinski nicht. Statt also wenigstens die Kernpunkte seiner Recherche wiederzugeben, mäkelt sie an Nebensächlichkeiten rum. Das auch gerne mit reinen Behauptungen: «Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass auch in Schawinskis detailgetreuer Nacherzählung vieles unklar und unprüfbar bleibt.» Es liegt in der Natur dieses Arguments, dass man vielleicht ein einziges Beispiel anführen müsste.

Restlos argumentationsfrei behauptet Wanner dann: «Schawinski ­breitet berufliche und persönliche Details verschiedener Protagonisten zu Entlassungen, Liebesbeziehungen, ungewollter Kinderlosigkeit und Krankheiten aus. Ob es daran ein öffentliches Interesse gibt, ist mindestens hochgradig frag­würdig.»

Schliesslich wirft sich Wanner zur Hobbybetriebspsychologin auf und behauptet, in der «Magazin»-Redaktion seien «zu viele erwachsene Leute über zu viele Jahre in ungesunden Verhältnissen zueinander» gestanden.

Dann macht sie als Schlusspointe noch eine fiese, halbe Täter-Opfer-Umkehr: «Es ist das traurige Ergebnis einer dys­funktionalen Kultur, für die alle ­Betei­ligten eine gewisse Verantwortung tragen, je weiter oben sie in der Hierarchie sind, desto mehr.»

Auf Deutsch: Canonica als Chef trägt mehr Verantwortung als Roshani dafür, dass sie seine Position erobern und ihn wegmobben wollte. Um nach dem Scheitern mit einem Rache-Artikel einen Rufmord an ihm zu verüben. Wäre Canonica eine Frau und Roshani ein Mann, würde Wanner den gleichen Unsinn verzapfen? Ach, und der Oberverantwortliche für diese «dysfunktionale Kultur» wäre dann wohl Pietro Supino? Das wird ihn sicherlich freuen zu hören.

Diese Kolumne ist auf jeden Fall ein weiterer Beweis dafür, dass dieses Gefäss ersatzlos gestrichen werden sollte …

Bärenstark, oder?

Schon blöd, wenn der Druck wieder funktioniert, aber die Redaktion …

Sagt mal, liebe kompetente NZZaS-Journalisten, ist das Euer Ernst? Oder habt Ihr spielerisch mit dem «SonntagsBlick» einfach die Front getauscht?

Ausser dem Regenrohr im Logo, dem gewagten Kugel-Insert oben rechts, diese Front hätte sich doch auch bei NZZaS gut gemacht. Und Bärenumarmen sowie eine aufgeplusterte Geschichte über gestiegene Flugpreise hätte bestens auf den Boulevard gepasst.

Gut, anschliessend kommt im SoBli ein Editorial von Gieri Cavelty, da lässt’s dann wirklich schwer nach.

Aber auch auf Seite 2 beweist die NZZaS, dass die Debatte damals, ob die alte Tante überhaupt Fotos braucht, und erst noch in Farbe, durchaus ihre Berechtigung hatte:

Vier Betende vor dem Bundesgericht, welche Platzverschwendung.

Wunderbar auch diese Duftnote:

Aber immerhin, es gibt einige (wenige) Stücke, die versöhnen. Zum Beispiel die Hinrichtung des neusten Machwerks des PR-Genies Benjamin von Stuckrad-Barre. Der machte schon aus seiner Drogensucht einen öffentlichen Auftritt, nun will er Ersatz generieren für die üppigen Honorare, die er über Jahre hinweg für kleine Leistung für den Springer-Verlag erbrachte.

Mit «Noch wach?» schafft er es, und das ist nicht einfach, sogar Lukas Bärfuss zu unterbieten, gewinnt aber sprachlich den Nahkampf mit der/die/das Kim. Die Rezension in der NZZaS beginnt völlig richtig: «Eigentlich ist es falsch, diesen Text zu schreiben. Weil man damit einem Mann die Aufmerksamkeit gibt, nach der er giert.»

Um dann in einer fulminanten Hinrichtung zu enden:

««Noch wach?» ist aber trotzdem kein #MeToo-Roman. Er gibt nur vor, einer zu sein: Stuckrad-Barre kritisiert ein Machtsystem, von dem er selbst über Jahre profitiert hat. Jetzt eignet er sich die von Frauen hart erkämpften Errungenschaften an, die unter #MeToo zusammengefasst werden, und macht daraus Marketing für sich selbst. Sein Roman ist nicht literarisch interessant, sondern als Symptom für den grassierenden Zwang zur Selbstdarstellung. Wie sehr die Lust, sein Ego über die Sache zu stellen, dem Journalismus schadet, immerhin das transportiert er.»

Ähnliches könnte man allerdings über den Kulturchef der NZZaS sagen. Peer Teuwsen interviewt nämlich John Irving. Denn kann man kennen, muss man aber nicht. Einen Anlass fürs Interview gibt’s auch nicht, und so plaudert es sich halt dahin. Ach doch, Irving hat mal wieder einen ellenlangen (mehr als 1000 Seiten!) Familienroman geschrieben. Das ist aber noch lange kein Grund, ihm solche Fragen zu stellen:

«Was ist Familie eigentlich?
Familie ist die plötzliche Erkenntnis, jemanden mehr zu lieben als sich selbst.
Garp sagt: «Lachen ist meine Religion.»
Meine auch.
Ihre einzige?
Ja, Lachen ist meine einzige Religion.»

Nun muss ZACKBUM sowohl loben wie tadeln: «Die geschmierte Gewalt. Österreichs Medien erhielten im letzten Jahr von den öffentlichen Stellen Inserate im Wert von gesamthaft über 200 Millionen Euro.»

Es kann natürlich reiner Zufall sein, dass Beitrag und Thema verblüffende Ähnlichkeit mit diesem Stück haben: «Tamedias tiefes Schweigen». Das erschien am 17. April hier. Auch mehr in den Bereich Tadel gehört die Frage, wieso die NZZaS zwei Seiten für österreichische Zustände aufwendet, aber kein Wort über spiegelgleiche Verhältnisse in Deutschland und durchaus auch staatliche Jornalistenschmiere in der Schweiz verschwendet. Weil da peiplicherweise auch NZZ-Journalisten auftauchen?

Auch darüber hat ZACKBUM schon berichtet, aber vielleicht passte der NZZaS die eigentliche Quelle der Schweizer Untersuchung nicht, denn das war der «Nebelspalter».

Grossartig ist hingegen, das wollen wir gerne einräumen, eine Verteidigung von Lukas Bärfuss durch Manfred Papst. Also glücklicherweise keine Verteidigung dessen letzten Machwerks. Aber dessen Verwendung des Sprichworts «nach der Decke strecken». Unter Zuhilfenahme des Röhrich (für Sprachbanausen: «Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten», gehört in jeden besseren Haushalt) weist Papst nach, dass damit nicht die Zimmer-, sondern die Bettdecke gemeint ist. Das nutzt Papst, um seinem Kollegen von der NZZ eine reinzuhauen, der sich über das Sprachbild von Bärfuss, einer müsse sich nach der Decke strecken, wolle er keine kalten Füsse bekommen, lustig machte. Was, wir gestehen’s, auch von ZACKBUM geteilt wurde.

Aber: mit Verweis auf GoetheWer sich nicht nach der Decke streckt / dem bleiben die Füsse unbedeckt») klärt Papst auf, dass damit eben gemeint ist, dass eine kleine Decke zur Folge haben kann, dass die Füsse kalt bleiben. Die NZZaS als Bildungsanstalt, aber hallo.

 

 

Spar-NZZaS

Früher Abschluss, weniger Inhalt. Merkt man was?

«Auf einen Teil der Aktualität verzichten, Produktion früher abschliessen und den Umfang leicht reduzieren.» Das bedauert der NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer ausserordentlich.

Der immer noch nicht bewältige Cyberangriff macht der alten Tante weiterhin zu schaffen. Und das gerade an Ostern, wo sich die Redaktionen sowieso mühsam von Thema zu Thema hangeln und bei jedem Fundstück lauter gackern als die Henne beim Eierlegen. Oder der Hase beim Eierverstecken, oder so.

Wagen wir wieder einen Blick aufs Cover, womit will die NZZaS den Leser erfreuen?

Vergiftete Trüffelsuchhunde im Piemont (gut, das ist das «Magazin», das ist sowieso ausser Kontrolle und Konkurrenz), die Psychologin sagt etwas zur Arbeitskultur, dann ein Anriss auf die (Verlags-)Beilage Bildung (ein Inserateschmiermittel).

Dann ein Titel mit dem sich, mutig, die NZZaS beim Schweizer Hauptexporteur (mit Abstand) nicht gerade beliebt macht. Ein netter Hinweis darauf, dass nicht nur im «Kosmos», sondern in der Kultur ganz allgemein Millionen verlocht werden, insbesondere während Corona.

Die brennende Riesenrose soll, welche merkwürdige Wahl an Ostern, dafür Werbung machen, Artikel über Paartherapien zu lesen. Vielleicht sollte der verantwortliche Blattmacher auch mal …

Seite zwei ist dann nicht gerade ein Beweis dafür, dass der geschrumpfte Platz sinnvoll genutzt wurde. Ein suspendierter Geistlicher, der gleichgeschlechtliche Paare segnete – in Italien. Ein Riesenfoto und minimaler Text über Trump. Der wurde doch, breaking news, angeklagt.

Dann ein Abgesang auf den verglühenden Politstar Robert Habeck. Fast boulevardesk, die NZZaS. Zuerst einen hochschreiben, um ihn dann besser niedermachen zu können.

Dann ein Artikel, wie er auch problemlos im Ersten Weltkrieg hätte erscheinen können. Abgründig:

Das hätte Ernst Jünger nicht besser dichten können: «Ukrainische Kriegsversehrte kommen als Helden in das Prothesenzentrum in Kiew und werden erst einmal zu dem gemacht, was sie sind: Patienten. Sie wollen aber nur eins, zurück an die Front

Den Patienten wurden meistens Beine oder Arme weggeschossen oder -gesprengt. Beim Kriegshetzer-Autor muss man sich eher ums Hirn Sorgen machen.

Was macht eine Redaktion, wenn sie schon ziemlich auf dem Zahnfleisch läuft? Richtig, einen Artikel über das E-Voting. Den muss man nicht mal neu schreiben …

Wirklich lustig in seiner gelungenen Mischung aus Einblicken ins eigene (hoffentlich nicht erdichtete) Beziehungsleben und allgemeinen Schlussfolgerungen ist dann der Hauptkommentar von Chefredaktor Projer. Der erwähnt allerdings die beiden wohl wichtigsten Schmiermittel in einer Ehe nur indirekt: Humor und Selbstironie.

Dann kolumnieren allerdings Aline Wanner und Patrick Imhasly. Also hatte man doch zu viel freien Platz. Aber dann, auf Seite 15, aber immerhin, wird ein Thema aufgenommen, das an diesem Wochenende eine gewisse Bedeutung hatte: «An Ostern ist Wirklichkeit geworden, was niemand für möglich hielt». Ja was denn, dass eine katholische Priesterin diesen Kommentar schreibt? Nicht ganz, es ist eine reformierte Pfarrerin …

Dann kommt der eindeutige Tiefpunkt der Ausgabe. Dennis Frasch behauptet, viele Menschen seien «Im Banne des Gauklers». Er fragt sich und den Leser: «Warum glauben Menschen, was nachweislich falsch ist? Ein Abend mit Ganser und seinem Publikum.» Wer den Artikel liest, findet spontan eine erste Antwort: weil es solche Artikel gibt.

Er ist vier Spalten lang. Fast zwei davon verbraucht Frasch, um ausgewählte Exemplare des Publikums zu beschreiben. Dann will er ganze zwei Tricks der «Ganserichen Rhetorik» entlarven. Mässig überzeugend. Fraschs Tricks sind hingegen offensichtlich. Ausgewählte Beobachtungen und Behauptungen «Eine weisse Taube flimmert über die Leinwand. Bald sind es Verschwörungstheorien.» Bis dann aber mal eine kommt, sind wir bereits auf der letzten Spalte angelangt.

Der «Höhepunkt des Abends» sei «der angebliche Putsch 2014 in Kiew, der mit der Flucht des ehemaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch endete. Ganser sagt, das Ganze sei eine von amerikanischen Geheimdiensten gesteuerte Verschwörung gewesen

Obwohl das nicht nur Ganser sagt, sondern auch eine ganze Reihe ernstzunehmender Wissenschaftler, zitiert Frasch eine Nada Boskovska, Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich. Die ist zwar ausgewiesene Spezialistin für Makedonien oder «Die russische Frau im 17. Jahrhundert», aber als Ukraine-Kennerin ist sie noch nicht sonderlich aufgefallen. Auf jeden Fall sagt sie hier wunschgemäss, es sei «kein ausländischer Putsch» gewesen.

Womit dann Ganser wohl als Verschwörungstheoretiker entlarvt und bis auf die Knochen blamiert wäre. Nein, das ist eher der Autor – und das Blatt, das so eine erbärmliche und weitgehend argumentenfreie Hinrichtung publiziert. Denn selbstverständlich kann man Gansers Ansichten kritisieren. Aber können sollte man das halt schon. Dass Frasch als freier Journalist  häufig für das Qualitätsmedium «watson» arbeitet, muss nicht unbedingt gegen ihn sprechen. Aber auch nicht für ihn.

Schon alleine wegen des Autors muss der Artikel «Der Warner, der abgestraft wurde», gelobt werden. Denn Felix E. Müller hat hier schon einige Male Dresche bezogen. Nun aber hat er offenbar den ehemaligen VR der Credit Suisse Jean-Daniel Gerber dazu gebracht, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Beziehungsweise Müller seine Abschiedsrede zugänglich zu machen, die Gerber 2015 beim «Chairman’s Dinner» hielt. In Anwesenheit von Urs Rohner und der GL sowie dem VR kanzelte er die Entschädigungspolitik ab und nannte viele Faktoren, die schliesslich zum Untergang der CS führten.  Dafür sei er dann nachträglich von Rohner per Mail gerüffelt worden.

Einen hübschen Knaller hat dann der Bund «Kultur» zu bieten. «Was ist mit den 80 Millionen passiert?» So viel schüttete der Bund während Corona-Zeiten für sogenannte «Transformationsprojekte» aus, zusätzlich zu Ausfallentschädigungen. Knackeboul, (30’000 Franken), die Fondation Beyeler (95’800) und natürlich der «Kosmos»-Bruchpilot Samir (173’142) bekamen Steuergelder für «Transformationsprojekte».

455 Millionen zahlte der Bund, um Kulturbetriebe während der Pandemie am Leben zu erhalten. Darüber hinaus gab es bis vor Kurzem (allerdings wohl nicht bis «Oktober 2023» wie die NZZaS schreibt) 80 Millionen obendrauf. Allerdings: von den entsprechenden «Transformationsprojekten» ist keine Spur sichtbar. Was machte Knackeboul mit seinen 30’000 Franken? Auf wiederholte Anfragen antworte sein Management: «keine zeitlichen Kapazitäten für ein Interview».

Da bleibt der NZZaS nur spitze Ironie: «Womöglich befindet er sich gerade in einer intensiven Phase der Transformation.» Allerdings fände er Zeit, bis zu fünfmal am Tag zu twittern. Ach, und Samirs Produktionsfirma antwortet erst gar nicht auf die Anfrage. Ach, und der gescheiterte «Kosmos», bei dem Samir regelmässig für leere Kinosäle und jede Menge interne Querelen sorgte, kriegte auch noch 300’000 Franken. Wohl dafür, sich in den Bankrott zu transformieren.

Allerdings: Ende Oktober müssen Schlussabrechnungen eingereicht und von einer externen Treuhandfirma überprüft werden. «Spätestens dann könnte der eine oder andere Betrieb ziemlich ins Schwitzen kommen«, vermutet die NZZaS. Wetten, dass allen genügend Geschwurbel und Geschleime einfallen wird?

Man würde sich fast versöhnt von der NZZaS verabschieden, wenn auf Seite 53 nicht die 6. Folge einer Fortsetzungsgeschichte von Jan Weiler erschienen wäre. Ein Kulturchef, der das zu verantworten hat, müsste fristlos einer anderen Tätigkeit zugeführt werden. Welcher? Schwer zu sagen, denn was kann Teuwsen eigentlich?