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NZZaS: scharf beobachtet

Wir meinen zu wissen, was nicht drinsteht. Schauen wir uns an, was schon.

Gross angekündigt auf der Frontseite: eine Reportage von Peter Hossli. Also doch. Endlich. Der Höhepunkt eines Bundesrats-Porträts. Reingefallen: das Werk nimmt als dünnen Aufhänger, dass in Zürich höhere Hochhäuser gebaut werden sollen.

Viel Turm um nichts.

Darüber denkt zumindest das Hochbauamt nach. Wahnsinn. Konkret bedeutet das: vielleicht. Vielleicht noch zu unseren Lebzeiten. Nachdem in rund 25 Jahren die letzte Einsprache vom Bundesgericht abgeschmettert wurde. Im besten Fall.

Das NZZaS-Cover schmückt daher der Burj al Arab. Der ist allerdings 322 Meter hoch; in Zürich sollen möglicherweise, unter Umständen, so als Idee Bauwerke bis 250 Meter zugelassen werden.

Vielleicht etwas überhöht, diese Story. Aber faktentreu; den Bericht des Amts scheint’s zu geben. Obwohl der vom «Tages-Anzeiger» veröffentlich wurde.

Leider noch mehr Bad News von der NZZaS

Also eher Bad News von der NZZaS. Noch mehr davon: «Autorin» Patti Basler werde «Kolumnistin». Die Dame versteht sich selbst als «Satirikerin» wobei die Frage ist, ob sie dieses Wort versteht. Zur Burka-Initiative äusserte sie sich auf jeden Fall völlig sinnbefreit: «Eigentlich müsse man doch verbieten, dass Männer Frauen Kleidervorschriften machen dürfen. «Aber stattdessen will man Frauen verbieten, wie sie sich kleiden».»

Kürzlich machte sie mit «Penissimo» peinlich auf sich aufmerksam. Damit nicht genug, als das kritisiert wurde, keifte sie zurück:

«Wer dies missversteht, handelt entweder ignorant oder bewusst hetzerisch. Schade, dass du als Journalist hier zynische Satire betreibst und ich als Satirikerin die Fakten erklären muss.»

Verstand auch niemand so richtig. Das gilt übrigens auch für ihre erste Kolumne. Da geht es um eine Entenmutter, Erpel und Raben. Bei der Lektüre denkt der sexistische Leser: Herr, meinetwegen auch Herrin, lass Hirn vom Himmel regnen.

Gibt’s auch was Nettes zu beschreiben? Nun ja, der Besuch bei Panzern auf einer Touristeninsel vor Schweden ist zumindest eine launige Reportage. Zwar ohne grossen Erkenntniswert, aber schön, dass wir wissen, dass es Gotland wirklich gibt.

Manchmal blitzen Lichtblicke im Dunklem auf

Das Interview mit dem Chef des US-Think Tanks Carnegie in Moskau beweist, dass es auch intelligente und interessante Analysen zum Ukraine-Konflikt gibt. Zudem ist Dmitri Trenin der lebende Beweis, dass man dort durchaus Kremlkritisches sagen kann («Russland ist eine Autokratie, geführt von einem Zaren»). An dieser Doppelseite kann man höchstens, mit Nachdruck und wiederholt meckern, dass es nun wirklich kein Riesenfoto eines Putins am Schreibtisch, im Gespräch mit US-Präsident Biden, braucht.

Die Seite «Meinungen» ist sicherlich der absolute Tiefpunkt der Ausgabe. Neben Basler vertreten sich hier der Pensionär Felix E. Müller und die «Chefredaktorin Magazine» Nicole Althaus (53) die Füsse. Ihr Alter muss wenig galant erwähnt werden, weil sie sich Gedanken zu Schauspielerinnen macht, die «the last fuckable day» hinter sich hätten. So launig zitiert sie eine US-Komikerin zum Thema «Frauen nach Menopause». Probleme gibt’s.

Müller hingegen setzt seinen Feldzug gegen «rechte Medien wie «Inside Paradeplatz», «Weltwoche», «Nebelspalter» oder «Ostschweiz»*» fort. Für die sei das mögliche Ende der Pandemie eine schlechte Nachricht, weil sie bisher von der «Opposition gegen die Corona-Politik gelebt» hätten.

Ist zwar Schwachsinn; ohne den Widerspruch zu seiner These zu bemerken, räumt Müller immerhin ein, dass die «Ostschweiz» im – Gegensatz zur NZZaS und eigentlich allen anderen Medien – Ende 2021 die regelmässige Berichterstattung über Corona eingestellt hat. Aber wieso sich eine dem Wunsch, nicht der Wirklichkeit entsprechende These von solchen Details kaputtmachen lassen.

Ach, Einfalt und Dummheit im Interview

Das grosse Doppelseiten-Interview im «Hintergrund» ist zumindest nicht so abgründig schlecht wie das Lobhudel-Porträt über eine Anwältin. Da es aber die gleiche Autorin hat, trägt die «österreichische Gerichtspsychiaterin», die «laut über Dummheit» nachdenke, nicht wirklich Intelligentes zum Thema bei. Rafaela Roth entlockt ihr lediglich eine Kette von Binsenwahrheiten («Wie merken wir, dass wir etwas Dummes tun?» – «Nachdenken ist immer gut»). Hätte das die Autorin doch nur getan, bevor sie mit Frauenbonus (Frau interviewt Frau, welcher männliche Vorgesetzte würde es wagen, das als zu flach abzulehnen?) diese intellektuelle Wüste ins Blatt rieseln liess.

Zudem weist ein aufmerksamer ZACKBUM-Leser zu recht darauf hin, dass vor genau drei Monaten die gleiche Psychiaterin zum gleichen Thema in der SoZ interviewt wurde. Da erhebt sich die Frage, wieso die NZZaS dieses Interview nicht einfach per copy/paste übernahm …

Nebenbei, wenn Hossli weiblich wäre, wer weiss, ob seine Berset-Schnüffelei nicht erschienen wäre.

Leider hat auch der sonst sehr stabile Daniel Meier einen kleinen Schwächeanfall, indem er sich als Royal-Experte outet und zum 70. Thronjubiläum der Queen (cheers!) die Verleumdung der Royal Family in Spielfilmen und Serien («Spencer», «The Crown») beklagt. Der alte Recherchierhase ging dabei der Frage auf den Grund, ob auf dem Landsitz von Sandringham bis heute eine alte Waage zum Einsatz käme. Die Frage ventilierte er mit diversen anderen Royal-Experten, die aber auch keine belastbare Aussage machen konnten.

Was bleibt? Natürlich, dranbleiben, an der «Medienstelle der königlichen Familie». Die ist sich Kummer gewohnt: «Mehrere Anrufe und E-Mails nach London sind nötig, um die schlichte Frage stellen zu können: Wird die Waage in Sandringham noch gebraucht

Bevor die Spannung des Lesers zum Herzinfarkt führt; Meier liefert die Antwort:

«Das ist nichts, zu dem wir uns äussern möchten.»

«Wissen» beweist mit einer Doppelseite «Und nach Omicron?», dass auch die NZZaS viel mehr unter dem Abgang dieses Themas leiden wird, als es sich Müller vorstellen kann. Vielleicht bemerkt dann das Sonntagsblatt wenigstens, wo echter Sparbedarf existiert.

Wir kommen kurz zum Höhepunkt

Für seine Verhältnisse eher locker vom Hocker berichtet die jugendfreie NZZaS über die Schreckensvorstellung vieler Männer: «Wenn das Ende auf dem Höhepunkt kommt». Denn:

«Menschen mit Herzproblemen können nach der Anstrengung beim Sex sterben».

Huch. Aber die NZZaS gibt gleich doppelt Entwarnung: «Den Spass im Bett muss sich aber niemand verderben lassen». Denn: «Plötzlicher Herztod nach dem Sex tritt sehr selten auf». Warum dann diese Leserschreckung? Um auch mal ein schlüpfriges, wenn auch dampfverhülltes Symbolfoto abdrucken zu dürfen?

Da dampft’s anzüglich aus dem seriösen Blatt.

Und die «Wirtschaft»? Genau, nichts Nennenswertes. Ausser, jemand interessiere sich noch dafür, dass nun selbst die streng vertraulichen Lohn- und Bonuszahlungen bei Raiffeisen öffentlich verhandelt werden können. ZACKBUM wird nächste Woche die Anfrage starten, ob man bitte schön die Konten samt Bewegungen und aktuellen Stand einiger ausgewählter Prominenten und Politiker bekanntgeben könne.

«Kultur» kommt hinten hoch, das Magazin auch 

«Kultur» schliesslich fängt mit einem mässig geschriebenen Zeitgeist-Stück über eine neue Modeerscheinung namens «Selbstsorge» oder knackiger «Sweet Selfcare» an. Aber wer da schon wegschnarcht, verpasst einen brauchbaren Nachruf auf Endo Anaconda und eine Hinrichtung der «Geld»-Ausstellung im Berner Historischen Museum.

Richtig Glück hatte das «NZZaS Magazin». Nach mehreren gebotenen Hinrichtungen erfreut es mit einer witzigen Reportage über «Dschingis’ letzten Kahn», die das Niveau dieses Kalauers hält.

Stimmung auf dem Mongolen-Kahn.

Man wusste, dass Sylvester Stallone überzeugt ist, dass er besser malt als schauspielert.

Da muss man ihm zustimmen (wenn man von «Copland» absieht). Und Mark von Huisseling zeigt, dass er die Investition des Galeristen und Stallone-Vertreters Mathias Rastorfer wert ist (kam «nebenbei erwähnt für meine Reise und Hotelübernachtung auf»). Denn den People-Journalisten trieb es nach Hagen (Ruhrgebiet), wo zum 75. Geburtstags des schauspielernden Malers eine «Retrospektive» stattfindet.

Dort wurde ihm ein Interview in der handgestoppten Länge von «10 Minuten und 48 Sekunden» gewährt. Ein begabter Schreiber füllt damit fast drei Textseiten.

Das Thema «Konsumkultur» wurde hingegen wieder dermassen blödel-blöd absolviert, dass wir dazu einiges sagen würden. Wären wir nicht durch das zuvor Gebotene milde und gnädig gestimmt.

Wer will sich damit wirklich zum Deppen machen?

 

*Packungsbeilage: René Zeyer schreibt mehr oder minder regelmässig in dreien davon.

Viel Gezimmer um nichts?

Die «Weltwoche» hat einen Angriff auf die NZZaS lanciert. Ist was dran?

Die Story ist gut. Der damals frischgebackene NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer zensiert einen Artikel des Grossrechercheurs Peter Hossli. Der wollte in monatelangem Muckraking herausgefunden haben, dass Bundesrat Alain Berset nicht nur eine, sondern mehrere Liebesaffären unterhalten habe.

Das gehöre deswegen nicht zur Privatsphäre, weil Berset angeblich auch sein Amt ausgenützt habe, um sich selbst und seinen Gespielinnen Vorteile zu verschaffen. Ein erstes Müsterchen hatte der «Weltwoche»-Redaktor Christoph Mörgeli ans Licht gebracht, dem die Akten einer Strafuntersuchung zugespielt wurden, die gegen eine abgelegte Geliebte Bersets lief.

Die hatte den Bundesrat im Nachgang der Affäre zu erpressen versucht, wogegen er die Bundespolizei in Marsch setzte. Dazu trug Hossli damals noch bei, dass Berset sich von seiner Staatskarosse von einem Liebeswochenende in Freiburg in Breisgau nach Bern zurückkutschieren liess. Da aber der Gebrauch auch zu privaten Zwecken anscheinend erlaubt ist, überstand Berset diesen Skandal im Amt.

Kurt W. Zimmermann zitiert in seiner Medienkolumne fleissig angebliche Erkenntnisse Hosslis: «Er redete mit mehreren Frauen, die intime Beziehungen zum Bundesrat hatten, unter anderem mit einer Diplomatin, einer Angestellten der Bundesverwaltung und einer Journalistin.» Dabei habe Hossli auch thematisiert, wie weit Berset seine Amtsbefugnisse missbraucht habe.

Auf Anfrage habe sich Projer «weggeduckt» und weder bestätigen noch dementieren wollen, dass es eine solche Recherche gegeben habe. Auf persoenlich.com keilte Projer zurück, dass eigentlich nichts an diesem «Weltwoche»-Text stimme.

Genauer betrachtet ist die Lage unübersichtlich

Hossli ist inzwischen wieder bei Ringier gelandet, diesmal als Leiter der Journalistenschule. Der für «Hintergrund» zuständige Redaktor der NZZaS hat ebenfalls gekündigt und twitterte, dass er keinen Journalisten kenne, der «höhere Qualitätsanforderungen an seine Arbeit» stelle. Damit will er offenbar Projer entgegentreten, der zwar auch seine Hochachtung vor Hossli bekundete, aber unerbittliche Qualitätsansprüche bei der NZZ erwähnte.

Damit insinuierte Projer, dass die Recherche von Hossli denen nicht genügt habe. Inzwischen ist natürlich das übliche Geraune losgegangen. Weder Tamedia, noch CH Media waren über die Personalie Projer sonderlich begeistert, Konzernjournalist Andreas Tobler schrieb sogar im Voraus einen vernichtenden Verriss über Projer:

«Als jetziger Chefredaktor bei einem Boulevardmedium wie Blick TV widerspricht Projer auch dem Qualitätsanspruch der «NZZ am Sonntag» – und der linksliberalen Positionierung des Blattes

Ringier ist sowieso nicht gut auf ihn zu sprechen, weil er nach nur knapp einem Jahr als Aushängeschild «Blick TV» verliess. Als Ausdruck der Ungnade und in Form einer kindischen Trotzreaktion wollte ihn Ringier nicht aus seinem Vertrag entlassen, was dazu führte, dass zwischen Ankündigung und Stellenantritt sechs Monate ins Land gingen.

Viele Beobachter fragten sich damals, ob Projer dieses Interregnum überlebt. Tat er. Nun ist es aber von der Zeitachse her so, dass dieser Artikel von Hossli, sollte es ihn denn geben, in dieser Zeit entstand. Mitte September hatte Mörgeli in der «Weltwoche» die erste Bombe platzen lassen: «Frau, von Bersets Truppe plattgewalzt».

Nach einer Schreck- und Schweigesekunde sprangen die Mainstreammedien dem Gesundheitsminister zur Seite, da funktionierten Seilschaften, auch nicht zuletzt im Hinblick auf das Mediengesetz, gegen das erfolgreich das Referendum ergriffen worden war.

Klare Diagnose: Projer, der Bremser. Oder Fehldiagnose?

Wenn nun die NZZaS mit weiteren Skandalen nachgelegt hätte, nicht nur mit einer Autofahrt, wäre das Schicksal von Berset wohl besiegelt gewesen. Also klare Diagnose: Vielleicht schon in der Zeit des Vorgängers Luzi Bernet, sicherlich aber während der Amtszeit der Reichsverweserin Nicole Althaus recherchierte Hossli wie wild, schrieb einen saftigen Zweiteiler, und als eine seiner ersten Amtshandlungen trat Projer auf die Bremse.

Daraufhin kündigte der Reporter und der Ressortleiter ebenfalls. Skandal, wieso will Projer diesen Bundesrat schützen? Er hat doch politisch nicht mal das Heu auf der gleichen Bühne.

Soweit die Aussensicht. Bei näherer Betrachtung gibt es aber ein paar Probleme. Die Öffentlichkeit kennt logischerweise den Inhalt des Artikels nicht. Seine Brisanz – und die seriöse Unterfütterung durch Fakten, Gespräche, Aussagen, Indizien – wird lediglich von Zimmermann behauptet. Über dessen Seriosität als Recherchierjournalist kann man durchaus geteilter Meinung sein.

So behauptete er schon mal, Christoph Blochers Kolumnen würden auch im «Tagblatt der Stadt Zürich» erscheinen, das zu dessen kleinem Medienimperium gehört. Eine Ente. Schon zum Antritt Projers widmete Zimmermann dem Ereignis eine ganze Kolumne, die aber vor Falschaussagen nur so tropfte. Patrik Müller und Christian Dorer hätten schon vor Projer die Chefredaktion angeboten bekommen. Blöd, dass die nichts davon wussten.

Schlimmer noch: während die loyal zu ihren Verlagshäusern stünden, hätte Projer «kein Problem mit Illoyalität». Zack. Bei Ringier habe der TV-Mann gehen müssen, weil er in «eine charakterliche Sackgasse» geraten sei. Bum. Zimi wollte wissen: «Am Schluss war der nicht teamfähige Projer im Newsroom des «Blick» völlig isoliert.»

Seine Erkenntnisse stammten – Überraschung – vom Hörensagen, aus nicht genannten Quellen. Auch ZACKBUM wurde damals dieser heisse Scheiss angeboten – wir forderten eine zweite Bestätigung mit Namensnennung – als die zugesagt wurde, aber ausblieb, lehnten wir ab.

Skrupellose Leberwurst

Zimi hatte weniger Skrupel, und als wir das damals kritisierten, spielte er beleidigte Leberwurst. Vorher hatte er noch getönt, dass er mal eine Kolumne über ZACKBUM schreiben wolle. Gestrichen.

Man kann also durchaus sagen: Zimi als Quelle seriöser, harter Fakten – kann man so oder so sehen. Zimi wollte Projer schon ganz am Anfang wegschreiben, ist ihm nicht gelungen. Da Zimi offensichtlich nachtragend ist, probiert er es nochmal.

Nur einige Wenige kennen den Inhalt der Reportage von Hossli. Wir sind also auf Informationen aus zweiter, dritter Hand angewiesen. Aus Quellen, die eher trübe sind. Es gibt allerdings ein Detail, das ZACKBUM tatsächlich von zwei voneinander unabhängigen Quellen bestätigt bekam.

Zimmermann behauptet in seiner Kolumne, «die Rechtsabteilung des Hauses NZZ checkte, wie üblich, den Text auf juristische Risiken ab». Was er nicht schreibt, und was ZACKBUM glaubhaft versichert wurde: der Text bestand diesen Check nicht.

Wir haben also eine eher irre Siutuation. Projer wird Zensur vorgeworfen, Zimis Fazit: «Die Bilanz von Chefredaktor Projer im Zeitraffer: Eine kritische Geschichte ist gestoppt. Zwei kritische Journalisten sind gegangen. Ein Bundesrat ist zufrieden

Was ist die gesicherte Faktenlage?

Der Zeitraffer der Faktenlage: Kein Kritiker kennt den Inhalt des Artikels. Vielleicht nicht einmal Zimmermann. Die direkt Beteiligten schweigen sich aus. Projer weist den Vorwurf der Zensur zurück und deutet an, dass es Qualitätsprobleme gegeben habe. Zimi führt seinen Feldzug gegen Projer weiter.

Dabei gerät als Kollateralschaden auch die «Weltwoche» in sein friendly fire. Denn er schreibt ja, dass Hossli auch recherchiert habe, wie denn Autor Mörgeli an seine Unterlagen gekommen sei. Das würde das Publikum natürlich lebhaft interessieren.

Aber die Chance, dass der Text doch noch publiziert wird, ist klein. Will Hossli nicht schon vor Amtsantritt die Auflösungsvereinbarung seines Arbeitsvertrags bei Ringier im Briefkasten finden, wird er selbst sicherlich nicht Hand dazu bieten. Höchstens der Heckenschütze aus der NZZaS wäre vielleicht in der Lage, nachzulegen.

Letztlich wieder ein Fall, bei dem zu schnelles «Zensur»-, «Skandal»-Geschrei in peinliches Schweigen münden könnte.

 

 

 

 

Wandeln auf dünnem Eis

Ein veritabler Krimi: wurde in der NZZaS zensiert?

Medienkenner Kurt. W. Zimmermann liess in der «Weltwoche» eine kleine Bombe platzen. Chefredaktor Jonas Projer habe eine zweiteilige Story über das Liebesleben von Bundesrat Alain Berset gekippt.

«Reporter Hossli recherchierte monatelang über Bersets Liebesleben in seinem politischen Umfeld. Er redete mit mehreren Frauen, die intime Beziehungen zum Bundesrat hatten, unter anderem mit einer Diplomatin, einer Angestellten der Bundesverwaltung und einer Journalistin.»

Resultat: «Der erste Teil handelte von den diversen Gespielinnen des verheirateten Bundesrats und ging der Frage nach, ob Alain Berset dabei seine Macht und seine Privilegien missbraucht hatte. Im zweiten Teil ging Hossli auch auf das Thema ein, wie die Strafakten an die Öffentlichkeit gelangt waren, die im letzten Herbst die sogenannte Erpressungsaffäre Berset ausgelöst hatten.»

Soweit Zimmermann. Während die «Weltwoche» aus den ihr zugespielten Strafakten zitierte, trug Peter Hossli in der NZZaS noch das Detail nach, dass sich Berset von einem Liebeswochenende in Freiburg im Breisgau mit der Staatslimousine nach Bern zurückkutschieren liess. Allerdings ohne das in weitere Rechercheergebnisse einzubinden.

Man fragt sich nun, ob der Wechsel von Hossli an die Spitze der Journalistenschule von Ringier und der Abgang des Ressortleiters Hintergrund bei der NZZaS einen Zusammenhang mit dieser verhinderten Publikation haben.

Projer verteidigt sich in dieser ersten echten Bewährungsprobe in seinem Amt nicht sonderlich geschickt. Gegenüber Zimi soll er gesagt haben, dass er nicht bestätigen könne, dass es eine solche Berset-Story gegeben habe.

Nun tritt er auf persoenlich.com nach und erklärt, dass Artikel in der NZZaS erst dann publiziert würden, wenn eine Recherche hieb und stichfest sei und den hohen Qualitätsansprüchen der NZZ genüge.

Das heisst mit anderen Worten, dass das auf die Arbeit von Hossli nicht zutrifft, wenn nun allgemein akzeptiert ist, dass es die Recherche gab, der Artikel in zwei Teilen fertig geschrieben und laut Zimi juristisch überprüft vorlag und auch vom Ressortleiter Hintergrund befürwortet wurde.

Noch eins auf die Kinnlade von Projer

Hossli ist inzwischen zu Ringier gewechselt, auch Michael Furger ist von Bord gegangen und meldete sich auf Twitter zu Wort. Er kenne Hossli seit einigen Jahren und «keinen Journalisten, der höhere Qualitätsanforderungen an seine Arbeit stellt als er».

Das ist nun indirekt eins in die Kinnlade von Projer. Der hatte gerade die Chefredaktion auf- und umgeräumt und sich seiner Nummer zwei entledigt. Damit wollte er offenbar auch signalisieren: ich bin gekommen, um zu bleiben.

Es ist kein grosses Geheimnis, dass seine Einwechslung von «Blick TV» und seine Vergangenheit als Fernsehmann ohne grosse Printerfahrung nicht gerade Begeisterungsstürme bei der NZZaS-Redaktion auslöste. Zudem schmerzte die erst zweite Abservierung eines amtierenden Chefredaktors in der langen Geschichte der NZZ und der kurzen der NZZaS. Schliesslich gab es auch einen oder zwei interne Anwärter, die sich das Amt zugetraut hätten und auch gerne auf dem Chefsessel platzgenommen hätten.

Nun hat Zimmermann sicherlich nicht das Redaktionsarchiv der NZZaS geknackt und dort den Artikel von Hossli im Quarantänebereich gefunden. Natürlich wurde ihm das zugesteckt, und zwar entweder von Hossli selbst oder aus der Redaktion der Zeitung. Was bedeutet, dass wir an der Falkenstrasse so eine kleine Imitation der Verhältnisse in der Credit Suisse haben. Ein Heckenschütze versucht, Projer durch diese Indiskretion abzuschiessen.

Da ist die Frage, ob er – wie im Fall von Horta-Osório – noch mehr Pfeile im Köcher hat oder damit bereits am Ende seiner Möglichkeiten angelangt ist.

Zudem ist die Redaktion verunsichert, wie und ob ein weiterer Zusammenschluss mit der NZZ-Stammmannschaft stattfinden wird. Sollte die NZZ den Weg von Tamedia gehen, braucht es eigentlich nur mehr einen Frühstückdirektor bei der NZZaS. Oder Eric Gujer regiert gleich direkt durch.

Wirrungen und Weiterungen

Diese bislang von Projer leicht verstolperte Affäre könnte Anlass bieten, so aufzuräumen. Dann wären seine Gegner zwar Projer losgeworden, dafür aber direkt in die harte Hand von Gujer gefallen.

Lustige Ausgangslage: wer bei der NZZaS möglichst viel Autonomie behalten möchte, muss eigentlich Projer unterstützen. Ob der ihm passt oder nicht. Projer wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen.

Lustig ebenfalls: Hossli sitzt nun auf einem fertiggeschriebenen Doppelstück, das zumindest die juristische Prüfung überstanden habe. Ob es qualitativ wirklich mässig ist? Das könnte man erst beurteilen, wenn es veröffentlicht würde. Auch er reagierte nicht auf eine Anfrage.

Nun ist es so, dass normalerweise der Autor im Besitz der Recht an seinen Werken ist. Nachdem Hossli bei der NZZaS nicht mehr in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, es ganz danach aussieht, dass er seine neue Stelle als Leiter der Journalistenschule bei Ringier nicht als Kurzzeitengagement sieht, könnte er natürlich …

Schon alleine, um zu belegen, dass einer, der Journalisten ausbildet, sich den Vorwurf nicht gefallen lassen kann, er liefere qualitativ ungenügende Artikel ab. Auf der anderen Seite ist bekannt, dass das Haus Ringier und sein CEO dem Bundesrat Berset nicht unbedingt kritisch gegenüberstehen.

Man könnte es also so formulieren: würde Hossli seine Story anderweitig publizieren, hätte er ein zumindest arbeitsrechtliches Problemchen mit der NZZ. Zudem würde es dann wohl mit seinem Stellenantritt bei Ringier nichts. Also wird er das lassen.

Nun ist es unbestreitbar so, dass Christoph Mörgeli von der «Weltwoche» das Thema «Liebesleben eines Bundesrats» an die Öffentlichkeit brachte. So wie Zimi für seinen Artikel angefüttert wurde, bekam auch Mörgeli entsprechendes Material zugespielt. In beiden Fällen ist die spannende Frage: von wem?

Werbung. Gratis. In der NZZaS

Über Seite 21 müsste stehen: «Branded Content». Ist’s nämlich.

Anwälte, dem Gesetz sei’s geklagt, dürfen keine Werbung für sich machen. Das ist blöd, weil man schliesslich klappern muss, um an neue Mandanten zu kommen. Besonders, wenn bestehende zwar nette Abflüsse aus dem Portemonnaie zu verzeichnen haben, aber nicht unbedingt grosse juristische Triumphzüge miterleben dürfen.

Da kommt es sehr gelegen, wenn unter dem Mogeltitel «Hintergrund Justiz» ein jeder Kritik abholder Schmeichelartikel über «eine der geschicktesten Medienanwältinnen des Landes» erscheint. Unter dem etwas mysteriösen Titel: «Mehr als Recht». Ob damit gemeint ist, dass eine Anwältin ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt hat?

Alles, was recht ist: bezahlte Werbung könnte es nicht besser.

Riesenporträt im modischen Oberteil mit hingefönter Wallefrisur. Aber damit bewegen wir uns sicherlich schon an der Grenze zu Sexismus, Reduktion einer Frau auf das Äussere. Also zum Inhalt.

Duftmarken ungehemmter Lobhudelei

Der Artikel selbst versprüht allerdings den schalen Charme eines Duftbäumchens, beziehungsweise geradezu teenagerartige Schwärmerei der Autorin. Eine Geruchsprobe:

«Als Medienrechtsanwältin Rena Zulauf diese Woche in jenem des Kantonsgerichts Zug steht, wirkt es, als hätte jemand auf das Raumspray getippt und einen Duft versprüht, «Frühlingsfrische» könnte er heissen: der entschlossene Schritt, die perfekten Locken, ein Flair von «Boston Legal», der amerikanischen Anwaltsserie.»

Distanzloses verbales Einschnaufen durch Rafaela Roth, Schülerzeitungsniveau in der NZZaS, peinlich. «Boston Legal» war eine 2008 beendete, eher durchgeknallte Anwaltsserie mit dem «Star Treck»-Helden William Shatner in der Hauptrolle, der überzeugt war, vom Rinderwahnsinn infiziert zu sein. Am Schluss der Serie geht die Kanzlei übrigens pleite …

Ähnlich geht’s auch bei Roth weiter: «Beim Besuch in ihrer Kanzlei lässt Rena ­Zulauf erst einmal Licht ins Sitzungszimmer, reisst die Fenster auf, verschiebt Zimmerpflanzen. Sie hat diese seltene Eigenschaft, Räume sehr stark auszufüllen.»

Die Dame muss eine unglaubliche Wirkung versprühen: «Hier kommen Leute hin, die sich medial ungerecht behandelt fühlen, Unternehmer, Journalistinnen, Banker, Verwaltungsrätinnen, Politiker. … Gestandene CEO brechen in Zulaufs Büros in Tränen aus, keine zwei Blöcke vom Medienhaus Ringier entfernt, von jenem der NZZ-Gruppe auch.» Ob das dann geschieht, wenn sie die Honorarrechnung betrachten?

Wir hingegen wischen uns die Lachtränen aus den Augen, sind als Fremdschämer von so viel Lobhudelei gerührt und geschüttelt, wenden uns mal dem Leistungsausweis und öffentlichen Auftritten von Zulauf zu.

Der Leistungsausweis ist weniger raumfüllend …

Zunächst einmal hat sie keine Berührungsängste. Sie ist sich nicht zu schade, an der Seite von Hansi Voigt in Sachen Jolanda Spiess-Hegglin zu kämpfen. Wie schrieb René Hildbrand über einen peinlichen Doppelauftritt der beiden im «Medienclub» des Schweizer Farbfernsehens: «Voigt sass direkt neben Zulauf und nickte deren Aussagen ab, als wäre er der Assistent der Anwältin.»

Die fiel durch genauso bissige wie inhaltsleere Einwürfe auf. Aber es war geschickte Eigen-PR, wann darf schon mal ein Anwalt anstelle seines Mandaten Gratis-Werbung für sich selbst am TV machen. Was Zulauf dabei verwedeln will: im Dienste von JSH hat sie bittere Niederlagen eingefahren. Nachdem der «Blick» wegen Persönlichkeitsverletzung verurteilt wurde, zog sie das Urteil ans Zuger Obergericht weiter.

Statt zu triumphieren, verlor sie auf ganzer Linie. Alle ihre Anträge wurden abgeklatscht. Ringier hingegen scheiterte lediglich mit seinem Versuch, die Persönlichkeitsverletzung wegzukriegen.

Aber frei von juristischen Kenntnissen trällerte ein Jubelchor um den Vorsänger Pascal Hollenstein von CH Media, dass hier ein grandioser Sieg eingefahren worden sei.

Auch im Fall des bigotten CVP-Politikers Christophe Darbellay, der christlich-katholische Werte in der Ehe hochhielt, sich aber einen Seitensprung mit Folgen leistete, sagte sie zu diesem befremdlich-skandalösen Verhalten, es gebe «kein öffentliches Interesse an Moralisierung eines Seitensprungs einer exponierten Person».

Damit zeigte Zulauf bedenkliche Unkenntnis der Grundlagen des Medienrechts, was ihren Fanclub aber nicht weiter stört. Mit dem missbrauchten Begriff des Persönlichkeitsschutzes versucht sie, Heuchelei, selbst an die Öffentlichkeit gebrachtes Fehlverhalten zuzudecken.

Ein Porträt sollte vielleicht Gegenstimmen enthalten

Auch Patrizia Laeri hat sich der Unterstützung von Zulauf versichert. Das brachte ihr bereits zwei Klatschen vor zwei verschiedenen Gerichten ein. Der Versuch, mittels superprovisorischer Verfügung einen Laeri-kritischen Beitrag auf «Inside Paradeplatz» zu löschen, scheiterte zweimal. Indem gleichzeitig ein Bezirks- und ein Handelsgericht angerufen wurde, verdoppelte sich zwar die Honorarnote der Anwältin. Da man aber nicht vor zwei Gerichten das Gleiche einklagen kann, schuf sie hier ohne Not einen Konflikt, weswegen sich das Gericht vorsichtig mal für «nicht offenkundig unzuständig» erklärte.

Nun sollte ein Porträt auf NZZaS-Niveau vielleicht auch Gegenschnitte, kritische Stimmen, Hinweise auf nicht Raumduft versprühende Eigenschaften der Porträtierten enthalten. Einen inzwischen pensionierten Tamedia-Anwalt zu zitieren, der neben leiser Kritik versöhnlich anmerkt, dass man sich – schlägt sich, verträgt sich – «später wieder zum Mittagessen traf» und man durchaus «mit ihr verhandeln» könne, das ist ja keine kritische Stimme, sondern ein winziges Feigenblatt auf einer Lobhudelei.

«Flair von Boston Legal»?

Erwähnungen weniger strahlender Seiten der Anwältin haben in einem Abknutsch-Artikel keinen Platz. Sonst könnte der sich am Schluss nicht in geradezu lyrische Höhen erheben: «Zulauf selber sieht sich als Verteidigerin der Qualitätsmedien. Wie sie sorge sie für Meinungsbildung innerhalb des Rechtsstaats. Nur ist ihre Waffe das Gesetz, der Minimalkonsens über gut und schlecht – immer gewürzt mit der richtigen Geschichte. Das ist das Material, aus dem Rena Zulauf Prozesse macht.»

Das ist das Material, aus dem journalistische Schmiere gemacht ist.

 

Lustige Zeiten bei der NZZ

Wenn die NZZ dem Schwesterblatt NZZaS eine reinwürgt.

Früher war es legendär, wie sich «SonntagsBlick» und «Blick» gegenseitig gehasst haben. Weiterzug einer Story, gemeinsame Kampfbündnisse? I wo, wenn man sich gegenseitig ignorieren oder in den Unterleib treten konnte: sehr gerne.

Das hat sich im Rahmen der Sparmassnahmen und der Skelettierung der beiden Blätter erledigt. Aber im Hause NZZ gibt’s noch Potenzial.

Die NZZaS wartete mit dem Primeur auf, dass sie einen der beiden Hauptbeschuldigten in der Affäre Vincenz kurz vor Prozessbeginn zu einem längeren Interview überreden konnte. Nachdem Beat Stocker eisern die ganzen, quälenden Jahre der Untersuchung geschwiegen hatte.

Immerhin, was man auch vom Inhalt seiner Aussagen halten mag. Da könnte man ja von der NZZ etwas Applaus erwarten.

Könnte man, gibt’s aber nicht. Im Gegenteil. Am Dienstag nach dem Interview meldet sich Lorenz Honegger in der NZZ zu Wort. Die zweite Generation Honegger zieht blank:

Das war wohl nix, daher ist sein vernichtendes Urteil natürlich gepaart mit der unausgesprochenen Frage, wieso sich die NZZaS dafür hergegeben habe.

Nun baut Honegger seine Anklage auf die Aussagen von «zwei führenden Schweizer Litigation-PR-Experten». Darunter versteht man die Benützung der Öffentlichkeit zwecks möglicher Beeinflussung von Richtern.

Der eine Experte ist «Patrick Krauskopf, Professor für Wirtschaftsrecht an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.» Das Problem: der ist völlig unbeleckt von Kenntnissen über das Strafrecht und auch sonst in der Branche niemandem als Litigation-PR-Experte bekannt.

Aber praktisch, dass er das interview kritisch sieht: «Ich würde den Angeklagten die Botschaft nicht selbst überbringen lassen.» Und: ««Qui s’excuse, s’accuse», sagt Krauskopf.»

Der zweite «führende Experte» heisst «Laurent Ashenden, Gründer und Geschäftsführer der PR-Agentur Voxia». Der ist ebenfalls noch nie öffentlich in dieser Funktion aufgefallen, was wohl auch den eher dürftigen Trackrecord auf seiner Webseite erklärt. Aber auch Ashenden darf zuschlagen:

«Seine Message ist: Ich bin unschuldig. Aber er schafft es nicht, zu überzeugen.»

Krauskopf darf dann noch das letzte Wort behalten: «Man wird sich fragen, ob es geschickt war, am zweiten Neujahrstag mit einem solchen Interview herauszukommen.»

Anlass, Honegger ein paar Fragen zu stellen:

  1. Halten Sie es für seriös, mit diesen beiden No-Names Kritik am Interview im Schwesterblatt zu üben?

  2. Aufgrund welcher Kriterien haben Sie die beiden ausgewählt?

  3. Sucht man nach den Begriffen «Litigation, Experte, Schweiz» kommt eine ganze Reihe von solchen Angeboten seriöser Kanzleien. Wieso haben Sie keine der so auffindbaren gewählt?

Trotz grosszügig bemessener Antwortfrist verfiel Honegger aber in finsteres Schweigen, was angesichts des sonstigen Niveaus der NZZ doch überrascht.

Da bleibt Platz für Interpretationen. Wie wär’s damit: die grösste Veränderung in den letzten Monaten war der Antritt des neuen NZZaS-Chefredaktors Jonas Projer. Der versucht, dem Sonntagsblatt etwas mehr Drive zu geben und vor allem die Interaktion mit der Leserschaft zu verstärken.

Projer hat dabei die Hypothek, dass er als TV-Mann abgestempelt ist und zudem von «Blick»-TV kommt. Da schüttelt es jeden alten NZZler durch, der das eigene «Format» als Benchmark für seriöse TV-Mache sieht.

Zudem ist es nicht ganz klar, wie eigentlich die Hierarchie zwischen God Almighty Eric Gujer und Projer aussieht. Bei seinen beiden Vorgängern war klar, wer Herr ist und wer Knecht. Durch die weitgehende Zusammenlegung von NZZ und NZZaS schrumpft ja auch das Königreich des NZZaS-Chefs.

Da ein unbedeutender Redaktor wie Honegger so ein Stück sicherlich nicht ohne Einverständnis aller oberen Chargen veröffentlichen konnte, stellt sich die lustige Frage, ob das ein öffentlicher Warnschuss von der Kommandobrücke des Dampfers NZZ vor den Bug des Beiboots NZZaS war.

Gujer könnte sich die naheliegende Frage stellen, wozu es eigentlich noch einen eigenständigen zweiten Chef im Hause braucht …

 

 

 

 

 

 

 

 

Doppel-Verwertung

Wie man aus einem Interview eine Fortsetzung saugt.

Das nennt man Arbeitsteilung. In der NZZaS erscheint ein ausführliches Interview mit dem in der Causa Vincenz Mitangeklagten Beat Stocker.

Ein kleiner Donnerschlag, denn obwohl so ziemlich alle Details, vor allem unappetitliche, in der jahrelangen Strafuntersuchung an die Öffentlichkeit durchgestochen wurden, haben die beiden Hauptbeschuldigten eisern geschwiegen.

Pierin Vincenz bis heute, abgesehen von einer kurzen Meldung, nachdem er aus der U-Haft entlassen wurde. Er sei unschuldig und werde das auch beweisen. Stocker hingegen, von der «Bilanz» auch schon als «Schattenmann» auf den Titel geklatscht, meldete sich nun kurz vor Prozessbeginn ausführlich zu Wort.

Er wolle sich erklären, er sei unschuldig, das wollte er offensichtlich rüberbringen. Natürlich nicht im SoBli und auch nicht in der Tamedia Muppet Show.

Nun zieht die NZZ nach und lässt zwei Litigation-Spezialisten die Absichten von Stocker in die Pfanne hauen:

«Justiz auf Amerikanisch hat im Fall Vincenz wenig Erfolgschancen», lautet das Verdikt.

«Ich würde den Angeklagten die Botschaft nicht selbst überbringen lassen», kritisiert einer der Fachleute: «Qui s’excuse, s’accuse». Der zweite sekundiert: «Seine Message ist: Ich bin unschuldig. Aber er schafft es nicht, zu überzeugen.»

Schliesslich sei dann das Strafmass und die Beurteilung der Reputation Stockers der Massstab, um den Erfolg – oder Misserfolg – dieser Strategie zu bewerten:

«Man wird sich fragen, ob es geschickt war, am zweiten Neujahrstag mit einem solchen Interview herauszukommen.»

Das war allerdings für Stocker – und das Schwesterblatt NZZaS – keine Frage.

Lustige Zeiten im Journalismus. Mehr oder minder offene Kollegenschelte greift immer mehr um sich.

 

 

Sonntag, 26. Dezember

Die Höchststrafe für Sonntagsblätter.

Am 25. Dezember das Blatt für den 26. Dezember vorbereiten müssen, mit Informationslage 24. Dezember, das ist nun echt hart. Da könnte man sich etwas einfallen lassen – oder daran scheitern. Wenn das die Wahl ist, weiss der Schweizer Journalismus, was zu tun ist.

Der Dreizack der mehr oder minder gepflegten Langeweile sah so aus:

 

Früher hatte «Frontseite» noch eine gewisse Bedeutung.

Ein Zusammenhang zwischen Artikel und Inserat wäre rein zufällig.

Zum Glück gibt’s den Rückblick. Sonst müsste man noch Peach Weber interviewen. Oh, das tat man.

Der SoBli hätte auch titeln können: Uns ist alles ins Abflussrohr gegurgelt.

Immerhin: Frank A. Meyer zerlegt gekonnt Philipp Loser von Tamedia. Ist aber auch keine Kunst.

So sieht eine Seite aus, wenn man nicht schreiben will: Die Alternative wäre ein Katzenfoto gewesen.

Auch die NZZaS begibt sich in die Niederungen des Sauglatttismus.

Ein Loblied auf Queen Elizabeth II.: Das wollte man unbedingt schon mal in der NZZaS lesen. Aber eher vor 50 Jahren.

Aber wir haben noch ein Absackerchen. ZACKBUM warnt schon lange, dass die Auswirkungen des Virus auf die Hirntätigkeit dringend genauer untersucht werden müssten. Felix E. Müller beweist das aufs Erschreckendste.

Schon im Titel seiner Medienkolumne hat er danebengegriffen. Aber der Reihe nach. Er sieht zwei Herangehensweisen an die Corona-Berichterstattung. Die Medien hätten versuchen können, «mit sachlicher Information den Wissensstand zu verbessern». Leider fällt ihm kein Beispiel dafür ein. Oder er ist zu bescheiden, die NZZaS zu erwähnen.

Aber da gab es auch die dunkle Seite der Macht, der sowohl die Linken wie auch die Rechten anheim fielen, nämlich die «Erregungsbewirtschaftung»: «In der linken Ausprägung hiess dies, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten oder extreme Prognosen zu Opferzahlen als wahrscheinliche Entwicklung darzustellen. Das rechte Lager dagegen hämmerte dem Publikum ein, sämtliche Prognosen seien falsch und alle Massnahmen der Behörden absurd.»

Das ist schon eine gewagte Vereinfachung, mit der sich Müller den gar nicht NZZ-liken Titel «terrible simplificateur» einhandelt. Aber nun wird’s leicht absurd:

«Diese Berichterstattung hat längst das leninistische Kommunikationsmodell der Agitprop übernommen, mit dem die Kommunisten den Boden für die Revolution vorzubereiten suchten.»

Im Sinne eines Rosta-Fensters des grossen Revolutionsdichters.

Echt jetzt? Linke wie Rechte frönen dem Agitprop? Majakowski lässt grüssen? Kann Müller einen negativen Corona-Test vorweisen? Ist er geboostert? Wenn nein, warum nicht?

Seine Spalte kommt zum Ende, er muss leider schliessen. Das geht natürlich nur mit einer conclusio, wie der ehemalige Gymilehrer gerne sagen würde: «Der Unterschied zwischen den beiden journalistischen Prinzipien macht den Unterschied zwischen einem verantwortungsvollen und einem verantwortungslosen Journalismus aus.»

Der Unterschied macht den Unterschied aus? Hallo? Brennt da im Oberstübchen noch ein Licht? Will niemand den schreibenden Rentner vor sich selbst schützen, vor weiteren Beschädigungen?

Ex-Press am Sonntag

Blüten aus dem Mediensumpf.

Am Tage des Herrn wird gern in Kleinklein gemacht. Aber immerhin, die NZZaS hat eine frohe Botschaft zu verkünden:

Es sieht danach aus, als ob das zweitteuerste Gesundheitssystem der Welt – nach zweijährigem Nachdenken – dazu bereit ist, möglicherweise mehr Intensivbetten anzubieten. Also die Absicht ist zumindest da.

Verdienstvollerweise hat die NZZaS auch zusammengestellt, was so ein einziges Bett auf einer Intensivstation an Mitarbeitern braucht – und was es kostet.

Es handelt sich um rund 6 Vollzeitstellen pro Bett und Kosten von 1,1 Millionen Franken pro Jahr. Das sind 3000 Franken pro Tag oder fast 100’000 Franken pro Monat. Ob das Bett leer ist oder nicht. Das erklärt die Tatsache, dass Spitäler natürlich immer so wenig Reserve wie möglich zur Verfügung halten wollen.

Wo Licht ist, ist auch Schatten.

Gar nicht vornehm-zurückhaltend und eigentlich ohne konkreten Anlass prügelt das Blatt auf den TV-Sender des Red-Bull-Besitzers ein. Der leistet sich seit Jahren «Servus»-TV. Ein munterer Privatsender, bei dem Kosten nicht so eine Rolle spielen und der ziemlich heftige Talkshows veranstaltet, an denen ZACKBUM auch schon teilnehmen durfte.

Dass dort aber auch Roger Köppel auf Sendung geht und bezüglich Corona keineswegs dem Mainstream gefolgt wird, das stösst der Sonntagstante dann sehr unangenehm auf.

Auch nicht ganz auf Niveau ist ein Zusammenschrieb von Peter Hossli zur Anschuldigung einer Jungredaktorin, dass sie ihr damaliger Chefredaktor sexuell belästigt habe. Immerhin machte sie das mit voller Namensnennung publik und sorgte damit dafür, dass der Chefredaktor nun seine Stelle los ist. Denn sein Verleger ist von der ursprünglichen Position, er wolle zuerst das Ergebnis einer Strafuntersuchung abwarten, abgewichen.

«Die Unschuldsvermutung scheint geritzt», salbadert Hossli. Nein, andere und nun auch er pfeifen auf solche störenden Details. Da er nicht Neues beizutragen hat, sondern einfach einen Rehash von schon Publiziertem liefert, ist das besondere stossend, zudem in der NZZaS.

So hingegen sieht eine Schlagzeile aus, wenn dem «SonntagsBlick» nun wirklich nichts mehr zum Thema einfällt.

Besonders gelungen will auch diese Seitengestaltung erscheinen:

Der Hauptartikel oben erzählt per copy/paste eine weitere Anschuldigungsstory aus Hollywood nach. Nun scheint es aber plötzlich aufgefallen zu sein, dass die rechts nicht genügend hergibt, um den Platz zu füllen. Nun, da kommt glücklicherweise ein «süsser Kerl» dahergeschwommen, der angeblich «Haie das Fürchten lehrt». Das ist sicherlich furchtbar interessant, nur, wo ist hier der Hauch eines Zusammenhangs?

Abgerundet wird das schittere Bild durch den Beginn der Inseratekampagne in eigener Sache. «Ja! zum Medienpaket». Immerhin, den Tell, der mit einer Zeitung eine Mauer kaputthaut, den spart man sich wohl noch auf.

Wir haben gesucht und gesucht und gesucht, denn es geht ja um unparteiische Berichterstattung über das Schaffen der Sonntagspresse. Aber diesmal war es bei der «SonntagsZeitung» verdammt schwierig. Glücklicherweise sind wir dann noch auf das hier gestossen:

Oh, verflixt, das ist ja «Sponsored», also gekaufter Inhalt. Na, da nehmen wir doch dafür doch eine Eigenleistung, völlig frei von finanziellen Interessen:

Kostet auch bloss 161’300 Franken, der sportliche Spass. In der Grundausstattung. Geht noch einer? also gut das Absackerchen, das Bäuerchen sozusagen, von Wissen-Chef Nik Walter, offenbar aus eigenem Leiden geschöpft:

Das muss wohl auch ein Appell an die SBB sein, endlich die Speisewagen abzuschaffen. Denn dort wird vielleicht unsolidarisch geschmatzt, dass es nur so eine Unart hat.

 

Es darf gelacht werden: Sohohonntag in den Medien

Die beliebte Quizfrage: würden Sie hierfür Fr. 17.40 ausgeben?

Das müsste nämlich der Leser hinlegen, der unsere drei Sonntagsblätter am Kiosk käuflich erwirbt.

Die «SonntagsZeitung» macht das, was man halt so tut, wenn ein Thema so ausgelutscht ist, dass inhaltlich eigentlich nichts mehr geht. Impfen? Schnarch. Triage? Gähn. Bundesrat? Dös. Himmel hilf, da braucht es den uralten Trick, die Ebene zu wecheln. Statt die x-te Corona-Koryphäe nun ein anderer Fachmann:

Der Psychiater über die Covid-Wut. So wie bei Jugendfragen unausweichlich die Allzweckwaffe Allan Guggenbühl zum Einsatz kommt, warnt hier Frank Urbaniok «vor den Folgen».  Fehlt noch etwas zum Leserglück? Natürlich, der unvermeidliche Cédric Wermuth. Der SP-Co-Chef weiss, dass man im Kampf um Aufmerksamkeit zuerst ziehen muss, schnell etwas äussern, und «provokativ» muss das auch sein.

Daher, gähn, zieht der Kämpfer gegen den Kontrollstaat ein Impfobligatorium in Betracht. Oder in der Originalformulierung: er fordert «rasch eine offene Debatte über Massnahmen wie G2 oder eine Impfpflicht». Das heisst nun genau nichts, aber Foto und Quote sind ihm sicher, was will er mehr.

Dann folgt ein Beitrag zum Thema «Paid Post». Laut der aktuellen Untersuchung der ZHAW sind bis zu 60 Prozent der Leser nicht in der Lage zu erkennen, dass die nächste Doppelseite ein bezahltes Inserat ist.

Zum Thema Ausland hat die SoZ einen besonderen Leckerbissen parat:

«Neukaledonien stimmt über seine Unabhängigkeit ab».

Himmel hilf, was interessiert das wohl den Schweizer Leser? Er ahnt aber: Autor Maximilian von Klenze ist ein Jungredaktor der «Süddeutschen Zeitung», von wo der Artikel stammt. Und die Teutonen sind immer noch etwas nachtragend, dass Frankreich bis heute so etwas wie ein Kolonialreich hat, während das Volk ohne Raum, das auch zur Sonne strebte, seine Kolonien im Versailler Vertrag weggenommen kriegte*.

Dass auch Symbolbilder Glücksache sind, zeigt die SoZ hier:

Was der grossartige Film «Falling down» mit Michael Douglas über einen durchrastenden kleinen Angestellten mit Corona zu tun hat, erschliesst sich wohl niemandem.

So viel kriegt man für 6 Franken.

Neuerdings probiert’s die NZZaS mit Sauglattismus:

Hat aber das Hörrohr nahe am Leser und führt mit Trara den Bund «2050» zum Thema Klimawandel weiter. Auch die NZZaS ist langsam verzweifelt, was man zum Thema Corona denn noch machen könnte. Aber dem Ingeniör ist nichts zu schwör:

Da sagt der Fuchs schon mal gute Nacht.

Einen besonderen Tiefpunkt setzt mal wieder Aline Wanner in der langsam peinlichen Medienkolumne. Als hätte es einen Rainer Stadler nie gegeben. Sie kritisiert die Medienmarotte, es immer wieder mit Spekulationen über mögliche Corona-Massnahmen zu probieren. Das käme bei «Tages-Anzeiger», «Blick» und «20 Minuten» vor, dort würde «mit einer merkwürdigen Mischung aus Katastrophenlust und  Regelsehnsucht» gemutmasst. Harsches Urteil: «Spekulationen sind Zeitverschwendung, sie bringen nichts ausser Angst und Aufregung».

Diesem Urteil mag man zustimmen. Nur sei die Prognose gewagt, dass Scharfrichterin Wanner mindestens doppelt so glaubwürdig daherkäme, wenn sie auch Beispiele aus dem eigenen Hause erwähnen würde.

Weiter 6.50 sind ausgegeben.

Schliesslich noch der «SonntagsBlick», um die 17.40 komplett zu machen. Dröhnen auf dem Cover, so ist’s recht für den Boulevard.

Im Editorial dann geht Gieri Cavelty der Frage nach:

«Sind die Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht Nazis?» Echt jetzt?

Gerade im Boulevard wäre das ein Klassiker für die Antwort: «Nein.» Aber dann könnte Cavelty nicht zeigen, dass er sich Kenntnisse über das Verhältnis der Nazis zum Impfen angeeignet hat. Dabei half ihm – wir rufen bravo! – die Lektüre eines Buchs. Wir wollen die Spannung auf die Spitze treiben, zu welcher Antwort Cavelty nach mehr als 4000 Buchstaben kam – das sei hier nicht verraten.

Und sonst? Wer auf den folgenden Seiten des SoBli irgend etwas findet, das mit grösstem Wohlwollen nach Aktualität, Neuigkeit, Analyse oder Horizonterweiterung riecht, soll sich hier melden. Wir werden dann die nötigen Schritte einleiten.

Aber aufgepasst, auf Seite 38/39 lernen wir, dass Sarah und Jan «nachhaltig wohnen». Warum? «Wir wollen eine intakte Welt übergeben.» Das ist nett von ihnen, noch netter ist, dass das von «BKW präsentiert» wird. Genau, die vormalige Bernische Kraftwerke AG hat sich ein doppelseitiges Inserat gegönnt. Hinweis für die bis zu 60 Prozent SoBli-Leser, die das für den interessantesten redaktionellen Beitrag halten.

Ach, und das Gefälligkeitsinterview mit ZuccheroVielleicht war ich in einem früheren Leben Schweizer») ist kein Inserat. Also zumindest ist es nicht so gekennzeichnet. Hier mussten wir dann doch zu Seite 2 zurückblättern, weil wir schon vergessen hatten, ob die Befürworter der allgemeinen Impfpflicht nun Nazis sind oder nicht.

Während wir das herauszufinden versuchten, wir gestehen es errötend, sind wir dann allerdings weggeschnarcht.

 

*Red. Das geschah nicht scheibchenweise, wie hier ursprünglich stand. Nach einem Leserhinweis korrigiert.

Einmal Wappler, bitte

Die NZZaS versuchte, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln.

Ein Interview mit Nathalie Wappler ist etwa so erkenntnisfördernd wie der Versuch, die «Tagesschau» zu interviewen.

Wappler versucht es immer wieder mit der gleichen Strategie. Leugnen, zurückfragen, dann wieder leugnen.

Die NZZaS konstatiert, dass die Sparnmassnahmen zu einer Qualitätseinbusse geführt haben, beispielsweise beim Flaggschiff von SRF, den Nachrichtensendungen. Verteidigungslinie eins von Wappler:

«Dass die Qualität der Sendungen ungebrochen hoch ist, wird uns regelmässig von unabhängiger Stelle attestiert.»

Wechsel von Defensivverteidigung zur Offensive: «Weshalb ist es aus Ihrer Sicht eine Qualitätsminderung, wenn ein Beitrag länger und vertiefter ist?»

Die NZZaS legt nach, dass sei nicht ihre Meinung, sondern Mitarbeiter hätten ausgesagt, dass sie ausdrücklich als Sparmassnahmen angehalten worden seien, Beiträge in Live-Schaltungen durch «längere Gespräche und Zusatzfragen in die Länge zu ziehen».

Nun geht Wappler etwas die Luft aus, also wird sie apodiktisch: «Das sind keine Sparmassnahmen.» Sondern das diene der «Vertiefung».

Wapplers ewig gleiche Taktik

Gleiche Taktik bei Fragen nach dem Abbau in der Kultur. Zuerst Gegenoffensive, dann halbes Eingeständnis: «Das mit dem Sparen ist ernst. Glauben Sie mir, ich hätte lieber neue Formate entwickelt und gleichzeitig die alten behalten. Das ging aber nicht.»

Die NZZaS hakt nach, dass Kultursendungen gestrichen wurden, ohne einen Ersatz zu präsentieren. Da versucht sich Wappler in absurder Logik: «Was soll ich entwickeln, bevor ich weiss, wie viele Mittel ich für die Weiterentwicklung habe?»

Das könnte man in einer ordentlichen Finanzflussplanung theoretisch hinkriegen, aber wieso auch. Dann setzt sie noch einen drauf: «Zu unserer Unabhängigkeit gehört auch, dass wir die Finanzen in Ordnung halten.»

Das muss man nun zumindest als nassforsch bezeichnen, bezüglich Finanzgebaren, Verzögerungen, Zusatzkosten beim Newsroom usw. spricht sogar der sonst um christliche Sanftmut bemühte Parteipräsident der «Mitte» Gerhard Pfister von einem «Saftladen». Aber das kratzt natürlich eine Wappler nicht.

Auch auf die Frage, wieso SRF nicht von den drei TV- und sechs Radiosendern ein paar streiche, die Konzession fordert nur insgesamt fünf, versucht es Wappler mit einer Gegenfrage: «Wieso soll ich in einer Welt mit immer mehr Medienkanälen ausgerechnet Kanäle streichen?»

Knappe Replik der NZZaS: «Weil Sie sparen müssen, um Geld für neue digitale Projekte zu haben.» Da macht Wappler den Wackelpudding: «Die heutigen Sender laufen ja gut.»

Abgesehen davon, dass das sehr relativ ist; wo ist hier der Bezug zur Frage? Im weiteren Verlauf des Interviews verwendet Wappler diesen Trick wieder und wieder.

Antworten auf Fragen, die nicht gestellt wurden

Kritische Fragen an einen Bundesrat? «Sagen Sie mir, wo nicht.» Interne Unruhen und viele namhafte Abgänge? «Erklären Sie mir das mit den vielen Abgängen, bitte.» Die NZZaS erklärt mit langer Namensliste. Darauf Wappler: «Ich finde es immer schade, wenn Kolleginnen und  Kollegen das Haus verlassen.»

Das mag ja so sein, nur war das nicht die Frage. «Wir sind immer noch ein attraktiver Arbeitgeber», die NZZaS kontert mit einer Mitarbeiterbefragung, in der desaströse 54 Prozent SRF als attraktiven Arbeitgeber bezeichnen. Kühle Antwort:

«Eine derart grosse Transformation ist mit Irritation verbunden.»

Natürlich ist es einer Chefin unbenommen, ihre Politik, ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen zu verteidigen. Aber dermassen realitätsfern, abgehoben, arrogant und uneinsichtig, das ist bedenklich. Das riecht nach überspielter Unsicherheit. Nach leichtem Angstschweiss. Nach Hilflosigkeit, Prozesse zu lenken und zu verstehen, Keine schöne Sache für die Mitarbeiter bei SRF.