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Liebelei mit der NZZ

Gleich drei Vorurteile sind zerbrochen.

ZACKBUM hat die «Interviewreihe Radikale Liebe» bislang für grenzdebilen Unsinn gehalten. Das können wir auch begründen. ZACKBUM hat Rafaela Roth bislang für eine selten unfähige Interviewerin und Porträtschreiberin gehalten und kann das auch begründen. ZACKBUM hat Anna Rosenwasser bislang für eine eher peinliche Influencerin gehalten, die zum Beispiel über die Grösse ihrer Brüste schreibt.

Ach, und was wir vom «NZZamSonntag Magazin» halten, haben wir schon mehrfach und ausführlich zum Ausdruck gebracht. Nun sind gleich drei dieser Vorurteile zerbrochen; das vierte über das Magazin wäre es auch, wenn der restliche Inhalt nicht wieder grenzdebiler Unsinn wäre.

Aber der Reihe nach. In der Interviewreihe «Radikale Liebe» ist diesmal die Nationalrätin Rosenwasser zu Gast. Erstaunlicherweise gibt sie, soweit das die Fragen zulassen, intelligente und reflektierte Antworten. Gleich am Anfang wird sie leicht staubig, was aber dem Interview guttut. Denn als Einstiegsfrage ist dem Duo Sacha Batthyany und Rafaela Roth nichts Besseres als die Frage eingefallen: «Sind Sie die erste Liebesministerin der Schweiz?» Antwort: «Eine phantastische Frage und ein phantastischer Weg, dafür zu sorgen, dass man mich noch weniger ernst nimmt in Bern

Das sollte man aber, wenn jemand zu solchen Überlegungen fähig ist: «Ich bin die Allgegenwärtigkeit von Strategie und Taktik noch nicht gewohnt. Das ist jetzt noch nicht das, was gemeinhin als schmutzige Politik gilt, aber es fühlt sich weniger sauber an als genuine Herzlichkeit. In aktivistischen Kreisen bist du auch mal an einer Demo mit deinem halben Freundeskreis. Das ist nicht konfliktfrei, aber es ist das, was ich gewohnt bin.»

Auch auf die eher dämliche Frage «Lieben Sie die Schweiz?», hat sie eine passende Antwort: «Sollte man ein Land lieben? Ich habe mir noch nie überlegt, ob ich ein Land lieben kann.» Das erinnert an den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Heinemann, der auf die gleiche Frage antwortete: «Ich liebe meine Frau

Da noch weitere eher einfältige Fragen folgen, gibt Rosenwasser nochmals den Tarif durch: «Gott sei Dank gebe ich dieses Interview nicht in meiner PMS-Woche vor meiner Mens, ich hätte ja nur geheult bei diesen Fragen.» Aber immerhin, die Antworten sind wirklich gut:

«Ich könnte mich nicht den ganzen Tag mit Gewalt, Ungerechtigkeit und Bedrohungen beschäftigen, wenn ich Menschen nicht so stur gernhaben würde. Es ist die einzige Art, wie ich dem Negativen gerecht werde, indem ich das Positive auch empfinde – und diese Widersprüchlichkeit in der Gleichzeitigkeit zulasse. Ich bin nicht nur Feministin geworden, um ständig hässig zu sein.»

Es ist nun wirklich eine Kunst, selbst auf die bescheuertste Frage noch eine gute Antwort zu finden: «Das Beste an Microdosing LSD ist . . . Keine Ahnung. Ich microdose Koffein.»

Daraus lernen wir zwei Dinge. Wer so vif und reflektiert ist wie Rosenwasser, antwortet selbst auf flache Fragen mit Höhenflügen. Und es gibt doch den ersten Lichtblick in dieser Serie.

Das hätte dann ein sauberes Lob abgesetzt, wenn nicht der Rest des Magazins wäre. Christoph Zürcher muss mal wieder Schmonzetten aus seiner bewegten Vergangenheit als ganz scharfer Reporter zum Besten geben. Herbeigezerrter Anlass ist ein Remake über einen Flugzeugabsturz, bei dem die Überlebenden die Toten essen mussten. «Ich bin jedenfalls schon einmal in den tiefsten Dschungel Papua-Neuguineas getrekkt …» Dann räumt Zürcher ein, dass es «schon etwas komisch gewesen» sei, einen der Überlebenden «zu fragen, wie denn nun Menschenfleisch schmecke». Das ist noch gar nichts gegen die Komik, das dann auch noch zu beschreiben.

Acht Seiten über Amis, die als Cowboys verkleidet ihre sanfte Seite entdecken wollen. Interessiert uns das? Reicht es nicht, dass der Riemen im September im «GQ Magazine» erschienen ist? Ist wieder dermassen Leere im Hirn beim Magazin?

Auch unser Lieblingsgefäss «Bellevue» übertrifft sich mal wieder selbst: «In «Saltburn» trinkt der junge Oliver das Badewasser seines Freunds, in das der zuvor onanierte. Im Glas gibtʼs nun nicht den Rest davon, sondern gottlob nur eine Duftkerze.» Das ist nun fast noch unappetitlicher als Kannibalismus.

Schöntrinken kann man sich das auch nur sehr bedingt. Denn Peter Keller schwärmt in seinem «Weinkeller» diesmal von einem «Sensationellen Grand Cru aus dem komplizierten Burgund». Dabei handle es sich um den  ««Chapelle-Chambertin 2017» von Cécile Tremblay». «Finesse, Eleganz, Komplexität», etwas Stehsatz aus dem Weinkennerblabla. Dann aber: «rar und heute leider sehr teuer ist der Wein». Rar geht so, teuer stimmt: das Flascherl gibt’s im gehobenen Weinhandel so ab 630 Eier. Pro Stück versteht sich, wenn man wie Keller den 2017er nimmt. Es bitzeli mehr müsste man für den 2015er springen lassen: 2’100 Franken. Sollte aber doch für den gehobenen NZZ-Leser kein Problem sein.

Sonst noch was? «Forest Gump wird 30», das ist ja mindestens so bedeutend wie der 100. Todestag von Lenin. Aber zurück zu «man gönnt sich ja sonst nix». Kleiner Ausflug nach Mailand gefällig? Als Absteige empfiehlt das Magazin das Luxushotel «Porträt», das Zimmerchen von 1000 Franken aufwärts pro Nacht. Die angebotene Alternative ist allerdings auch nicht billiger, das «Armani Hotel» will für ein Superior-Zimmer auch gleich 2116 Euro. Immerhin Frühstück inklusive.

In beiden Hotels, das beruhigt, ist es eher unüblich, dass Gäste das Badewasser, aber lassen wir das.

 

 

Was ist denn hier los?

Das Magazin mit dem langen Namen schlingert vor sich hin.

Auf dem Cover tut das «NZZ am Sonntag Magazin» so, als sei es der kleine (oder grosse) Bruder vom Tamedia «Magazin». Die verschneite Foto einer Reportage über den CEO der Jungfraubahnen, als Beigemüse Fanny Ardant, «Ikone des französischen Kinos». Schwein gehabt, dass sie nicht Gérard Depardieu genommen hatten, die andere Ikone. Und Kate Moss wird 50, was ansonsten eher spurlos an uns vorüberging.

Ein Inhaltsverzeichnis mit der News, dass Frauen keine Röcke mehr tragen. Dafür Hosen. Strumpfhosen. Wow. Nach der Geistreichelei von Christoph Zürcher dann eine recht banale «Selbstbetrachtung» mit einer Kuratorin.

Das Herzstück, sieben Seiten über Urs Kessler. Eine unspektakuläre Abarbeitung einer etwas speziellen Karriere. Irgendwie so blass wie die Fotos, die den Text begleiten.

Dann eine Hammerstory, «Da fehlt doch was». Eben die Hose. Der Beweis: «Die Schauspielerin Paige deSorbo ohne Hosen an einem Event in Las Vegas». Paige who? An was für einem Event? Ach, und dann gibt es als Beweis noch ein Schwarzweissfoto von Edie Sedgwick. Edie who? Na, «bekannt als das Mädchen mit den Strumpfhosen». Devise: Trend, kommt heraus, du bist umzingelt.

Schliesslich weiss die französische Filmikone Fanny Ardant: «Sich als ältere Frau in einen jüngeren Mann zu verlieben, ist heute eines der letzten Tabus.» Wirklich wahr? Sagen wir mal so, sich so fotografieren zu lassen, das braucht tatsächlich Mut:

Was lässt sich zum Interview sagen? Die Autorin habe schon viele Stars getroffen. «Aber das Treffen mit Ardant war eines der unvergesslichsten.» Wahnsinn.

Und schon sind wir bei ZACKBUMs Lieblingsgefäss «Bellevue». Gratiswerbung für eine englische Bettwäsche- und Pyjama-Firma. Was man auf dem Bild sieht, kostet zusammen bloss rund 1000 Franken. Dann die Wimmelseite «was auf dem Schreibtisch landete und nicht in den Papierkorb wanderte». Darunter ein Toastständer aus Keramik. Wer um Himmels willen braucht einen Toastständer? Aus Keramik? Für 150 Franken?

Und wer braucht einen «Zitrusfrüchtesalat mit Fenchel und Oliven»? Und wer braucht eine «kleine oder grosse kulinarische Reise» für 255 oder 295 Franken auf dem Sonnenberg in Zürich? Ausser, er muss sie nicht selbst bezahlen. Braucht man Lebenshilfe beim Thema «Wie umgehen bei Büroklatsch»? Will man all die Möchtegerns bei der «Eröffnung des «Mandarin Oriental Savoy»» sehen?

Und will man die Gratulation von Andrea Bornhauser zum 50. des verblühten ehemaligen Topmodells Kate Moss lesen, dessen Heroin-Chick vielleicht in den 90ern shocking war, aber heute nicht mal mehr als Erinnerung taugt?

Nein, will man nicht. Daher stellt ZACKBUM die Lektüre ein und hofft, dass das Gleiche dem Magazin passiert.

 

Darf’s etwas weniger sein?

NZZamSonntag und ihr Magazin dümpeln unter neuer Leitung.

Vielleicht ist der Stossseufzer über dem Titel des «NZZ am Sonntag Magazin» ernst gemeint: «Bringt uns die Chefs zurück!».

Zwar hat die NZZaS inzwischen fast mehr Häuptlinge als Indianer. Das Resultat ist aber nicht wirklich eine Friedenspfeife wert; der Leser fühlt sich eher an den Marterpfahl gebunden.

Fangen wir mit der grossen Folter an, dem Magazin. Kann man so ein Cover wirklich ernst meinen?

ZACKBUM liest auch nicht zum Spass, muss sich das aber schöntrinken. Als überzeugte Kampffeministen fragen wir uns einleitend, ob so eine Werbung noch geht:

Aber gut, heutzutage muss jede Redaktion schauen, wo das Geld herkommt. Aber gleich mit Kleingeld klimpern und eine Idee der Konkurrenz rezyklieren, gehört sich das heutzutage auch, lieber Herr Christoph Zürcher?

Trump, Milet, Wilders, Johnson, wie oft werden deren Frisuren wohl noch durchgehechelt? Und braucht es wirklich zwei Nasen, um Weinnase Peter Keller zum x-ten Mal Antworten über alles, «was man über vergärten Traubensaft wissen muss», zu entlocken? Und gibt es denn keinen Redigator bei der NZZ, der diese Krampfumschreibung für Wein streicht?

Gut, wahrscheinlich traut sich Beat Balzli vor Weihnachten nicht, das Magazin zu spülen. Aber fürs nächste Jahr besteht doch wohl Hoffnung.

Immerhin, die Front kommt viel aufgeräumter daher als vorher, wo irgend ein bis auf die Unterhose schwarz gekleideter AD die hirnrissige Idee hatte, an bester Stelle einen Weissraum einzurichten:

Sechs Anrisse, darunter eine hübsche Illustration zur Bauernmacht, dazu vier Artikelstarts. Nicht schlecht. Bloss das Zitat könnte man sich entweder sparen oder halt etwas Kräftigeres als das Gedöns von Gordana Mijuk  («Dubai steht für …») finden.

Dass Balzli in seinem Editorial sein Lieblingssteckenpferd reitet, das Banking, nun ja, er fängt ja erst an, eine Sonntagszeitung zu machen. Wieso er eigentlich zu diesem Job kam (ursprünglich war er bei der NZZ für Deutschland vorgesehen), muss noch enträtselt werden. Genauer: wer im letzten Moment absagte.

Dass die Bauern in der politischen Schweiz über eine noch schlagkräftigere Lobby als Pharma und Finanzen verfügen, ist nun auch eine Erkenntnis, die dem Wetterbericht von gestern ähnelt.

Leider pflegt dann die NZZaS die Unsitte, jemanden, der ihr nicht passt, mit einem demagogischen Bild eins in die Fresse zu hauen. Erstaunlich, auf welch primitives Niveau die alte Tante immer wieder sinken kann:

Es mag viele Gründe geben, die AfD oder ihre Protagonisten nicht zu mögen. Aber deswegen jeglichen journalistischen Anstand zu verlieren, das geht dann auch nicht.

Ziemlich lustig hingegen ist der Versuch der NZZaS, die Aussage von Bundesrätin Baume-Schneider zu stützen, dass die Schweiz ohne weiteres 12 Millionen Einwohner haben könne. Wie das? Nun, von Japan lernen, empfiehlt Felix Lill aus Tokio. Schliesslich beherberge dieser «grösste Ballungsraum der Welt auf deutlich weniger Raum als die Schweiz gut viermal so viele Menschen», nämlich 37 Millionen.

Die Tipps gehören aber eher in die Sendung «Es darf gelacht werden». Waschsalons sparen den Platz für eine «sperrige Waschmaschine», als ob in der Schweiz viele Mieter darüber verfügen würden. Sauglatt ist auch der Hinweis, dass «billige Schnellrestaurants» die «eigene, enge Küche entlasten» können. Liebes-Hotels gäben «Raum für jeden Fetisch». Dazu Wohnungen ohne Bad, zu Fuss einkaufen, schliesslich die «letzte Ruhe im Urnenturm». Wieso die NZZaS – vorausgesetzt, sie will einen gewissen Qualitätsanspruch behalten – diesem «International Journalist» ihre Spalten öffnet, der aus «mehr als 40 Ländern» berichtet haben will, bleibt schleierhaft. Ausser als Sparmassnahme.

Unter diese Rubrik fällt wohl auch «Corona, willkommen zurück!» Pädagogisch wertvoll, sonst aber schnarchlangweilig ist die Reportage, wie denn Videos aus Nahost auf Jugendliche wirken. Aber, es gibt Lichtblicke. So die Reportage über einen zwielichtigen iranischen Vertrauensanwalt der dortigen Schweizer Botschaft.

Gleich um die Rettung der Demokratie («Republik», aufgepasst) kümmert sich Alain Zucker. Wie? Er interviewt den Politologen (who the fuck is) Daniel Ziblatt. Der sei «Politikprofessor an der Harvard University». Allerdings gehört er nicht zu den genau 25 University Professors, ein Ehrentitel dort. Sondern zu den über 2000 dort Lehrenden oder Forschenden. Auch dieses Interview, immerhin ein Service am Leser, hat einen Titel, der es einem leicht macht, auf die Lektüre zu verzichten: «Reiche Demokratien sterben nicht».

Sterbenslangweilig ist dann die Seite «Report und Debatte». Beides findet dort nicht statt. Sondern Schnarchkolumnen vom selbst bei Tamedia abgehalfterten Michael Hermann, der nichts Eigenes zustande bringenden Aline Wanner und vom sich selber rezyklierenden Rolf Dobelli. Einwandfrei der Tiefpunkt des Blatts.

Interessant wird es dann im Wirtschaftsteil. Dort bekommt Iqbal Khan von der UBS Gelegenheit, sich von allen Sünden reinzuwaschen, Lobeshymnen auf seinen Chef Ermotti zu singen und sich so in die Pole Position für dessen Nachfolge zu bringen. Das nennt man Beziehungspflege à la NZZ. Muss es aber sein, selbst solche Flachheiten ohne kritische Nachfrage hinzunehmen? «Die Grösse der UBS sorgt für mehr Stabilität». Wie schon der Kapitän der Titanic sagte.

In der Kultur setzt man auf sichere Werte. Ein Interview mit Christoph Waltz, dessen Schauspielkunst an diejenige von Arnold Schwarzenegger erinnert. Beide kommen mit zwei, maximal drei Gesichtsausdrücken durchs Leben. Und thanks God it’s Christmas. Zeit, «Unsere Besten 2023» auszupacken, das Recycling-Angebot für die Alzheimer-Kranken unter den Lesern.

Dann noch «Die Summe all …», irgendwie soll der Titel weitergehen, aber das hat ZACKBUM nicht ausgehalten.

 

 

Von allen guten Geistern verlassen

Die NZZaS lotet die Untiefen im Seichten aus.

Es gab mal Zeiten, da hätte irgend ein Entscheidungsträger zu diesem Titelblatt der seriösen und ehrwürdigen NZZaS gesagt: Gohts no? Wand dusse? Sind wir hier bei der «Praline»?

Aber zurzeit amtiert eine Viererbande, bei der zwei schon geistig (oder auch körperlich) weg sind, die anderen zwei nicht wissen, was sie tun, wobei einer furchtbar gerne Chefredaktor würde (es aber nicht wird), der andere mehr der Not und Pflicht als der Neigung gehorchend auf der Kommandobrücke sitzt.

Man könnte nun meinen, es sei ein schlechter Scherz, die mit allen Mitteln in die Medien drängende «Edel-Escort» mit dem verblasenen Pseudonym Salomé Balthus zu porträtieren. Wie die versucht, um jeden, wirklich jeden Preis Aufmerksamkeit zu erregen, davon kann Roger Schawinski ein Lied singen. Und als die «Weltwoche» das Experiment unternahm, viel Geld dafür auszugeben, um von der Dame mässig gut unterhalten zu werden («Wie stöhnst denn Du?»), machte sie auch ein grosses Trara, Drama und Gefuchtel draus.

Die Dame ist wohl nicht nur für ihre Kunden toxisch. Über sie und ihre Stöhnkünste ist nun soweit alles erzählt und gibt es auch nichts Neues. Die Prostituierte Klara Lakomy versuchte das letzte Mal, via WEF und «Blick» in die Schlagzeilen zu kommen:

Eine typische Quatsch-Geschichte einer mediengeilen käuflichen Dame: ««Ich wollte in mein eigenes Hotelzimmer gehen, als mir auf dem Flur ein Sicherheitsbeamter mit der Waffe im Anschlag entgegenkam.» Die Situation konnte aber schnell entschärft werden, so die Escort-Dame. «Er hat relativ schnell gemerkt, dass unter mein Negligé gar keine Waffe passt», scherzt sie nur wenige Stunden nach dem Vorfall.» Ist das vielleicht putzig.

So preist sie sich auf ihrer Webseite an, inkl. Preisliste:

Also alles ziemlich halbseiden und für Menschen, die es mögen, für solche Dienstleistungen zu bezahlen. Das hält aber das «NZZ am Sonntag Magazin» nicht davon ab, auf dieses Niveau zu sinken:

Nein, lieber Leser, das ist kein Werbeangebot, sollte man die NZZaS abonnieren. Und der Herr rechts ist nicht käuflich zu haben. Aber irgendwie passt auch mal die Reihenfolge im Heft; zuerst das hier:

Und dann das hier:

Die beiden Interview-Fachkräfte Sacha Batthayany und Rafaela Roth starten hier eine «Interview-Serie», was man als echte Drohung empfinden muss. Als Lead leisten sie sich den Uralt-Kalauer: «Ein Gespräch über wahre Liebe und Liebe als Ware.»

Dann folgen in bewährter «Republik»-Länge über 24’000 A gequirlter Flachsinn. Zunächst stellt Lakomy klar, dass sie Lakomy genannt werden möchte. Und dann wird der Leser schon ganz am Anfang mit diesem Dialog gequält:

«Was bedeutet Liebe, Frau Lakomy?
Sie: Ich möchte keine philosophische Antwort auf die Frage geben.
Florian Havemann: Wäre ja noch schöner.
Sie: Liebe bedeutet für mich Florians wunderschöne Füsse. Liebe ist eine irrationale Zärtlichkeit.»

Kann man noch tiefer sinken? Aber ja:

«Ist Ihre Liebe denn eine körperliche?
Er: Das geht Sie nichts an.
Sie: Das geht Sie überhaupt nichts an. Ich habe schon seine Füsse gelobt, und dann hat er diesen schönen Kopf. Alles dazwischen ist Privatsphäre.»

Früher, ja früher, hat man Nicht-Antworten aus Interviews gestrichen. Aber heute …

Aber nun kommt der dicke Hund des Interviews:

«Als mich Hanna kennenlernte, da war ich Verfassungsrichter, und später habe ich im Bundestag gearbeitet und war Berater von Gregor Gysi. Mir ging es gut, bis ich plötzlich alles verlor. Ein Schicksalsschlag, auf den ich nicht weiter eingehen möchte.»

Genauer gesagt, war Florian Havemann Laienrichter am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. Diese Karriere verdankte er im Wesentlichen der Tatsache, dass er der Sohn des berühmten DDR-Oppositionellen Robert Havemann ist. Der «Schicksalsschlag» bestand dann darin, dass er ein übles biographisches Buch über seinen Vater und sich selbst veröffentlichte, in dem er eine Vielzahl von unbewiesenen und bösartigen Behauptungen aufstellte. Darunter die, dass der Bänkelsänger und Oppositionelle Wolf Biermann eine intime Beziehung zur damaligen Volksbildungsministerin und Gattin des Staatsratsvorsitzenden Margot Honecker unterhalten habe. Sein Vater sei kein Dissident gewesen, sondern staatstreu und habe für den KGB und die Stasi spioniert. Das Buch musste vom Suhrkamp Verlag zurückgezogen werden, viele Stellen wurden geschwärzt.

Das als «Schicksalsschlag» unwidersprochen schönreden zu dürfen, das ist nun in diesem Seichtgebiet eine zusätzliche Untiefe.

Wollen wir noch eine Duftmarke stinken lassen, bevor wir diesen seltenen Tiefpunkt des Hauses NZZ verlassen?

«War der Sex in der DDR freier?
Er: Das müssen Sie mich nicht fragen.
Weil?
Sie: Darf ich antworten?
Er: Nein, darfst du nicht. Ich hatte sehr wenig sexuelle Beziehungen.
Sie: Männer sind schüchterner, und diese Schüchternheit hat physische Gründe. Der Körper verrät einen als Jungen, sie brauchen Hilfe im sexuellen Akt. Ich fand immer, Frauen sind schamloser und frecher

Die Fragen sind schon mal bescheuert, die Antworten nicht minder. Hier soll der Leser einen Einblick in eine merkwürdige Beziehung bekommen, wo ein älterer Mann sich von seiner jüngeren Partnerin aushalten lässt, die horizontal das Geld für Miete und Unterhalt seiner Kinder verdient.

Will die NZZaS dieses Niveau halten, müssen wir uns demnächst auf ein Interview mit Kim de l’Horizon gefasst machen …

Irgendwie konsequent erscheint, dass sich im nächsten Text eine Lea Hagemann Gedanken über eine Trivialität macht: «Meine Meinung ist: Ich habe keine!» Eigentlich würde auch hier der Titel genügen, aber damit können ja beim schlechtesten Willen nicht zwei Seiten gefüllt werden.

Geht’s noch abgehangener? Aber ja, wenn Helge Timmerberg sein Archiv aufräumt und auf seine «neun Jahre Marokko» zurückblickt. Die begannen 1992, und dass der Basar von Marrakesch ganz wunderbar ist, weiss jeder, der schon mal da war oder zumindest Fotos davon gesehen hat. Aber schön für Timmerberg, dass er einen Abnehmer gefunden hat. Weniger schön für den Leser.

Es geht (leider) so weiter. Die schon berüchtigte Seite «Bellevue». Diesmal preist sie «Cashmere für fast alle» an. Wieso nur für «fast alle»? Nun ja, weil die Preise so bei 1000 Franken anfangen und weiter nach oben klettern …

Günstigere Angebote? Aber ja, die «Grand Meatery» im Luxushotel Dolder Grand. Wie wär’s als «Starter» mit einem «Tatar mit Austern, Kaviar und Rande» für schlappe 62 Franken? Dann ein Stück Filet, natürlich am Knochen gereift, 200 gr für 65 Franken? Ein Schnäppchen? Stimmt, dann doch eher das Entrecôte aus Japan, diätverträgliche 100 gr für eine Portemonnaie-Diät: 110 Franken. Ein Sösschen dazu für 6 Franken, ein wenig «Pop Up-Fries mit Baconnaise», 10 Franken.

Nix Billiges in Sicht? Doch, ein Perlenohrring für lächerliche 290 Euro. Nur: potthässlich. Dann noch «Lichtskultpturen» von Gabi Deutsch. Hört sich teuer an, lässt sich aber schwer beurteilen: man findet sie nicht.

Dann gibt es noch einen zweiten Warnhinweis, dass wohl bald ein Interview mit Kim droht:

Kann es da Zufall sein, dass das Kochrezept auch nur mässige Begeisterung auslöst?

Sozusagen als olfaktorische Verabschiedung, um hier ein sprachliches Niveau zu setzen, dass dieses Magazin von A bis Z inhaltlich unterbietet, noch das hier:

Das ist eine Würdigung von Andrea Bornhauser, die dann inhaltlich gar nicht so stinkig ausfällt, wie es der Titel suggeriert.

Es ist mal wieder Zeit, für die Berichterstatterpflicht Schmerzensgeld zu verlangen. Dem Leser einen solchen Schrottplatz zu servieren, das braucht schon eine gehörige Portion Arroganz.  Oder Wurstigkeit. Oder soll das etwa nochmals ein Hilferuf sein: Gujer, übernehmen Sie! Sofort! Bitte!»

 

Kalte Dusche

ZACKBUM watete knietief im Mediensumpf. Labsal von der NZZaS?

Wie ein Ertrinkender nach dem Strohhalm, falsches Bild, wie ein Wüstengänger nach der Oase, so griff ZACKBUM nach der Lektüre der NZZaS. Leider war es dann eine Fata Morgana.

«Beim Erben nichts verderben»? Also das Sommerloch entschuldigt auch nicht alles. Das «Magazin» ist wieder aus dem Sommerschlaf erwacht, und das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht. Immerhin, das Cover ziert nicht ein unscharfes Artsy-Bartsy-Foto, sondern eine Pennälerkarikatur:

Man beachte den Köter, der Brüller.

Überhaupt will man in der Bildsprache lustig sein. Wie macht man das? Nun, indem man einen Artikel über den Schulweg (gähn) so anteasert:

Also gut, aber die Coverstory geht ums Erben. Was macht man da, wenn man’s richtig billig machen will? Richtig, man macht ein Interview mit einem Scheidungsanwalt, der sich über so viel Gratis-PR freut. Wenn bei dem – trotz dem Einsatz von Nicole Althaus und Patrizia Messmer – nichts Nennenswertes rauskommt, macht man so einen Titel:

Dazu noch etwas «Facts & Figures», «Kuriose Testamente», und fertig ist das Sommerloch. Fehlt noch was? Klar, das unscharfe Foto mitsamt Geschwurbel:

«Textualisierung der Gefühle … eskapistisch, utopisch und historisch zugleich … Zurschaustellung von Körper und Seele …», Himmel, hilf. Aber wer etwas zu lachen haben will, sollte unbedingt ihre Webseite besuchen, anastasiabull.com. Leider sind keine Preise angeben, weil ihre Werke «are created on made-to-order basis». Vermutlich werden hier schmerzliche Gefühle im Portemonnaie textualisiert.

Gibt’s noch was Irres, aber Bezahlbares? Natürlich, hier wird auch dem Hund geholfen:

Das könnte nötig werden, wenn man beim Gassigehen mit einer Leine von «Kitsuno & Jo» etwas übertrieben hat, bei dieser Mörderhitze.

Fehlt noch was? Nicht viel, wie wär’s mit einem Lokaltip? Natürlich nicht lokal, sondern in Berlin. Aber bitte im Zug anreisen, gell?

Während die NZZaS Ausgabe für Ausgabe – bei abbröckelnder Führungscrew – nach einer lenkenden Hand ruft, schreit das Magazin danach, dass die Macher und die Leser von dieser Qual erlöst werden.

Aber zurück von der Spielgruppe zu den Erwachsenen. Da nimmt die NZZaS immerhin und endlich eine Story auf, die dem amtierenden Präsidentengreis im Kampf mit seinem wahrscheinlichen Herausforderergreis noch schwer in Troubles bringen wird:

Wobei der Titel doch zu zart ist. Hier geht es nicht um Vaterliebe, sondern um einen geldgetriebenen, knallharten Clan mit üblen Geschäften in der Ukraine. Als dort ein Staatsanwaltschaft zu forsch zu ermitteln begann, forderte der damalige Vizepräsident Joe Biden, dass der gefeuert werde – sonst gäbe es keine weitere US-Unterstützung. Zufrieden konstatierte dann Biden Senior, dass der «son of a bitch» weg sei. Dass dann sein ungeratener und zeitweise schwer drogenabhängiger Sohn sein Laptop reparieren lassen wollte und im Shop einfach vergass, das ist natürlich Künstlerpech. Denn was sich da an Daten fand, nun, ist nicht von schlechten Eltern.

Nicht einmal dem etwas tiefergelegten Niveau der NZZaS entspricht der Artikel «Gehirnwäsche an der Schule». Autorin ist die Angestellte des Wiener «Standard» Adelheid Wölfl. Thema ist die bedauerliche Tatsache, dass in Bosnien-Herzegowina die verschiedenen Ethnien verschiedene Schulbücher benützen, was die Spaltung der Gesellschaft weiter fördert. Allerdings steigt sie mit dem Zitat eines TikTok-Videos ein, das ein besoffener serbischer Jugendlicher ins Netz stellte und sich anschliessend mit zu viel Alkohol erklärte.

Daraufhin steigt Wölfl in die serbische Geschichtsschreibung ein, Srebrenica darf natürlich nicht fehlen und wie das aus serbischer Sicht dargestellt würde. Die bosnische, kroatische, muslimische, katholische, orthodoxe Sicht wird zwar erwähnt, aber nicht weiter mit Beispielen untermauert. Das ist weder informativ, noch hilft es dem Leser, das unglaubliche Schlamassel in Ex-Jugoslawien besser zu verstehen. Ausser, er teile die Ansicht der Autorin, dass im Zweifelsfall die Serben an allem Schuld sind und die anderen nur Opfer.

Etwas billig ist dann das Porträt von Nile Rodgers, der «Disco-Legende». Eine Legende ist normalerweise jemand, der viel, viel früher mal jemand war. Rodgers ist nun in der Schweiz zu einer Art Berühmtheit gelangt, weil die SVP so blöd war, den Refrain seines Uralt-Hits «We are Family» abzukupfern, ohne sich um die Rechte zu kümmern. Anlass für Rafaela Roth, eine ihrer berüchtigten Lobeshymnen (Medienanwältin Zulauf!) zu singen. Duftmarke: «Er spielte zeitweise so gut Gitarre wie sonst niemand auf der Welt». Das wird aber Gitarreros wie Eric Clapton und viele andere schmerzen, obwohl diese Fähigkeit weitgehend unbemerkt blieb, bis sie von Roth ans Tageslicht gezerrt wurde.

In der Wirtschaft gähnt das Sommerloch weiterhin, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten; Aufmacherstory: «Direktzug nach Paris soll bleiben». Aber immerhin, einen kleinen Lichtblick gibt es:

Ein schöner Beitrag zu: Geschichten, die man sonst nicht liest. Und danach? Werfen wir gnädig den Mantel des Schweigens über Mediokres, Uninteressantes, Langweiliges. Abgeschlossen von «Die Summe aller Frauen, Teil 25». Das ist zu bösartig? Nun, dieser Einwand erfolgt nicht ungestraft; wir zitieren aus dem Ende dieser Episode:

«Das aus Gefühlsatomen unvollständig zusammengesetzte und andauernd in Gefahr befindliche Panorama ihrer Seele übertrug sie auf riesige Leinwände, auf denen sie pastös Schicht um Schicht aufbrachte, ohne jemals zu einem Ergebnis zu kommen, welches sie als endgültig für ein Bild hätte ansehen können. Munk fand das faszinierend. Und merkte nicht, wie katastrophal sich diese Arbeitsweise auswirkte. Auf sie beide.»

Sonst noch Fragen?

 

Sommer-Sauglattismus

Was ist die Steigerung von überflüssig?

Et voilà. Wobei:

Mehr Sauglattismus geht nicht. Dreiwöchige Sommerpause, in der es niemandem auffallen wird, dass es das «NZZ am Sonntag Magazin» nicht geben wird.

Christoph Zürcher, der in seiner neuen Rolle als Blattmacher immer noch Zeit findet, Locken auf der Glatze zu drehen, muss natürlich zum Thema «Der Dadaismus des Besitzens» gleich mal David Hume zitieren, damit den Philosophen Lambert Wiesing einleiten. Muss man den kennen? «Bilder können, sie müssen jedoch nicht als Zeichen fungieren» – nein, nicht unbedingt.

Um dann mit «einem leicht Marie-Antoinette-haften Move» zu schliessen. Das war nun Geschwurbel auf Niveau WeWo-Bahnerth, also eines Zürcher eigentlich unwürdig.

Wenn wir schon bei Wiesing sind, auch Christopher Kulendran Thomase muss man nicht kennen, obwohl der irgendwas in der Kunsthalle Zürich ausstellt und ebenfalls dem Sauglattismus frönt: «An welcher Weggabelung im Leben befinden Sie sich gerade? – Müesli oder Granola

Nun kommt der grosse Auftritt von Patrizia Messner, gerade zurück aus Uruguay und Autorin eines Lobliedes über Gülsha Adilji (nein, die muss man auch nicht kennen). Nun hat Messner, was denn sonst, einen neuen Trend entdeckt. Das hat sie ziemlich exklusiv, so wie jeder Trend, den es eigentlich nicht gibt, eine Weltsensation ist.

Der Beweis:

Und der fotografische Beweis: «Vom Bauerndorf zum Digitalhub

Dazu fehlt dann vielleicht doch noch ein Mü, aber immerhin, Elektrizität hat’s. Was für ein Nonsens. Geht’s noch nonsensiger? Aber ja:

Mitte Juli noch Ferientipps geben? Für die Winterferien? Die Herbstferien? Nein. Geht’s noch nonensiger? Aber sicher, es gibt doch das Thema Flugscham, nicht wahr? Kann man aus dem noch was Originelles ausmelken? Man kann’s versuchen – und daran scheitern:

Und wir schreiben mit der Klosettbürste.

Geht’s noch nonsensiger? Der Magazin-Kenner weiss: aber ja, denn es kommt ja noch «Bellevue». «Atelier- und Projekträume im historischen Kasernenareal», wobei auch jeder Nicht-Zürcher weiss, dass das in Zürich liegt, ein Fotoband über «Freiheit, Sexualität und Queerness», ein «Sihl-Stuhl» von «Studio Krach» (banales Holz in «Ubootgeld», schlappe 848 Franken, gepolstert dann 1’242, dafür als Hocker bloss 437), dafür kriegt man schon ganz anständige Ensembles. Und schliesslich ein «Roboterschuh», an dessen Sinn sogar «Bellevue» zweifelt.

Geht’s noch nonsensiger? Nun ja, wenn man eine neue Pizzeria in Zürich so anpreist, dass sie Tomatensauce und Mozzarella «schon mal mit Vanillebéchamel oder Petersilie, Dill und Zitrone auf Ricotta» ersetze. Beliebt sei auch «die Variante mit veganem Lahmacun, der türkischen Spezialität, überzogen mit Mayo» (in der Ei hoffentlich nichts zu suchen hat).

Geht’s noch nonsensiger? Nun, wenn «Hat das Stil» aus drei Fragen besteht, das Magazin aber nicht auf drei zählen kann. Die Frage Nochmal-Zwei lautet zudem: «Wie viel Nacktheit darf im Schlafwagen sein»? Problem: ein offenbar dem Fragenden nicht bekannter Mitreisender habe in Boxershorts genächtigt und erst noch geschnarcht. Ersteres ist aber erlaubt, zweiteres kann man ihm schlecht vorwerfen.

Geht’s noch …? Oh ja, wenn Nicole Althaus in die Tasten greift: «Auf der Bühne war Freddie ein Naturereignis». Zu seinem Glück ist Freddie Mercury schon tot. Denn damit gratuliert Althaus zum 50. des «Debütalbums «Queen»». Denn eigentlich geht es Althaus nicht um den Sänger, sondern um sich selbst. Was sie damals anhatte, wie sie das Konzert im Hallenstadion erlebte, dass sie «als Geigenspielerin sozialisiert» sei. Ach ja, und etwas backfischartige Beschreibung der Musik kommt auch vor.

Allerdings gibt es hier eine gute Nachricht: damit hört das Magazin auf. Für diese Nummer. Für die nächsten drei Wochen. Aber vielleicht nicht für immer. Wobei es schwer vorstellbar ist, dass Eric Gujer einen solchen Quatsch schätzt.

 

 

 

 

 

 

 

Das NZZaS-Magazin ist zurück

Das ist nicht nur eine gute Nachricht.

Das Cover verspricht einiges:

Wieso sitzen Stephan Eicher und Franz Hohler in einem alten Eisenbahnwaggon? Deshalb:

Na, und seine Platte «Ir Ysebahn», ist doch aufgelegt, die Story. Die ist wirklich nicht schlecht; die Redaktion hatte ja auch lange genug Pause. Aber dann, ja, leider aber dann:

Kann man einen Text über «PDA, Public Display of Affection» schreiben, der noch abstossender ist als die ihn begleitenden Fotos? Jawoll, bravo, Andrea Bornhauser. Eine würdige Fortsetzung ihrer Reihe von Peinlichkeiten.

Aber sie ist immerhin nicht allein, denn nun geht’s wirklich ins Wellental des Journalismus:

Duftnote dieses eskapistischen Unsinns gefällig? «Ich denke an Shareef und dass es mir fehlt, von ihm begrüsst zu werden. Ich denke an den maledivischen Sommelier, der als Muslim eigentlich keiner sein darf, obwohl doch jeder Gotte Wein mag.» Dem Leser fehlt hier allerdings nichts, ausser ein Fluchtweg.

Der Höhepunkt des Tiefpunkts ist regelmässig hier erreicht:

Dsa Kleid links, meine Damen und Herren, der modebewusste Snob ahnt es schon wegen der Farbe (und nicht etwa, weil das Model über das Kleid stolpern würde, täte es auch nur einen Schritt), ist von der nach Paris geflüchteten Designerin «Anna October». Während sie es von Odessa in die Stadt der Mode schaffte, soll «ein Teil ihres Teams» weiterhin in Kiew produzieren. «Aufgeben stand nie zur Diskussion». Angesichts der überschaubaren Designkraft wäre das aber keine schlechte Idee gewesen. Doch Portemonnaie auf, hier kann man für 500 Franken oder so ein klares Zeichen der Solidarität setzen. Aber bitte den Rock lupfen.

Die Tellerchen oben rechts hingegen seien mit dem «Swiss Design Award 2022» ausgezeichnet, was toll ist, aber unter angegebenen Web-Adresse sind sie nicht erhältlich, was irgendwie auch snobistisch ist.

Oben rechts ist dann ein aus «lila Wildleder und und Gummisohle» gefertigter Sabot. Leider sind auch hier auf der angegebenen Webseite jede Menge Schuh-Scheusslichkeiten zu sehen, nur diese nicht. Aber dann, das «RADIANCE FIRMING SERUM with LYMPHACTIVE» von Iräyes ist für schlappe 115 Franken (30 ml) tatsächlich erhältlich. Und das Martini-Glas gibt es für beschwipste 95 Euro. Immerhin, man sieht nicht doppelt, sondern kriegt zwei dafür.

Hier kann eigentlich nur ein Doppelter von irgendwas helfen …

Doppeltreffer

Im Magazin der NZZaS sind zwei Artikel über den Journalismus.

Hier ist der Redaktion ein seltener Doppeltreffer gelungen. Zwei Artikel beschreiben den aktuellen Zustand und die Zukunft des Journalismus. Wie es sich für das Blatt für die gehobenen Stände und die Intelligenzler gehört, muss man von etwas Metaphorik abstrahieren können, denn sonst wäre es ja zu platt. Aber die Ähnlichkeiten sind nicht zufällig, sondern frappant.

Die erste Beschreibung journalistischer Tätigkeiten hat es sogar aufs Cover geschafft:

Wir sehen hier die Entwicklungsgeschichte eines Artikels. Oben links die Recherche, symbolisiert durch eine Ernte. Dann folgen die verschiedenen Stadien der Weiterentwicklung. Der Artikel wird verpackt, gut abgehangen, dann verläuft er verschiedene Stadien der Verwesung, Pardon, der Reifung. Ressortleiter, Blattmacher, Produzent, Korrektor, vielleicht auch das Rewrite und auf jeden Fall die Chefetage geben ihren Saft dazu. Natürlich werden diese Entwicklungsschritte leicht verfremdet dargestellt:

Statt Fermentieren muss der schlaue Leser  Produzieren lesen. Das Magazin geht dann noch in die Einzelheiten, ohne Rücksicht auf zarte Gefühle des Lesers:

Sagt da einer «pfuibäh»? Also bitte, das ist ein Teller des weltberühmten Restaurants «Noma» in Kopenhagen. Mit monatelanger Warteliste. Das Magazin hingegen kann man direkt käuflich erwerben und geniessen.

Aber damit nicht genug, neben dem Produkt ist es dem Magazin auch gelungen, ein gültiges Porträt des Herstellers all dieser Köstlichkeiten, also des Journalisten, nur leicht verfremdet ins Blatt zu heben:

Wir sehen hier den frei herumschweifenden Journalisten in seiner typischen Arbeitshaltung. Er verschafft sich einen Überblick, beobachtet die Entwicklungen genau und ausführlich. In seiner Beschreibung wird besonders betont, dass der Journalist ein sehr empfindsames und sensibles Wesen sei. In Gefangenschaft überlebt er nur selten, am liebsten will er in aller Ruhe seiner Tätigkeit nachgehen.

Erschütternd, wie dargelegt wird, dass es für Faultiere, Pardon, Journalisten, immer schwieriger wird, ihrem Daseinszweck nachzugehen. Wobei zugegebeneermassen auf diesem Foto die Frisur eines Journalisten ziemlich gut getroffen ist (wir wollen um Himmels willen nicht hoffen, dass es sich um eine kulturelle Aneignung handelt). Der Gesichtsausdruck hingegen, meint jedenfalls ZACKBUM, ist fast zu aufgeweckt-neugierig, um zu einem typischen Journalisten zu gehören:

Wir gratulieren dem «NZZ am Sonntag Magazin» für diesen Ausflug in die metaphorische Beschreibung der eigenen Zunft. Damit nimmt das Magazin natürlich mit modernen fotografischen Mitteln die grosse Tradition eines Grandville auf (Kindersoldaten, googeln):

 

 

 

NZZaS Magazin: da capo!

Aufmerksame Leser muss man haben. Da liefert man gerne nach.

ZACKBUM gefiel die vorletzte Ausgabe des NZZaS Magazin ausnehmend schlecht. Daher würdigten wir sie Anfang Woche. Das brachte uns die Kritik ein, wir hätten uns unter Hitzeeinfluss im Datum geirrt.

Keinesfalls, aber um solche Gerüchte im Keim zu ersticken, liefern wir gerne die Kurzrezension der AKTUELLEN Ausgabe nach. Auch sie vermochte unsere Laune nicht wesentlich zu steigern.

Nichts gegen Schlagersängerinnen, aber wollen wir wirklich die Ansichten von Beatrice Egli zu diesem und jenem hören? Oder wollen wir ein Promo-Interview mit Jeff Goldblum lesen, der für seinen neusten Dinofilm auf Werbetournee gehen muss? Wollen wir ein weiteres Stück innerlicher Befindlichkeitserforschung lesen?

Dreimal nein. Wir wollen eigentlich auch nicht solche Fotos sehen:

Das soll so eine hingehuschte Spontanität vermitteln, dabei ist es reine Platzverschwendung. Umrahmt von einer x-mal in Varianten erzählten Geschichte, wie ein einfacher Mensch im Lotto gewinnt und was dann passiert.

Aber natürlich kommen wir nun zu unserer Lieblingsrubrik «Bellevue». Wie immer eingeleitet von einem launigen Modetipp. Meistens ohne Rücksicht auf das Preisschild.

Aber diesmal ist alles anders. Es handle sich hier um eine (in vielen Gazetten bereits zuvor angepriesene) Zusammenarbeit zwischen der Fotografin Lea Colombo und dem Modelabel Cos. Cos gehört zum Billigklamottenkonzern H&M, und seit Karl Lagerfeld dort sein Pofil auf T-Shirts drucken liess, ist solches Upcycling Marketing-Kleingeld.

Das will «Bellevue» natürlich nicht auf sich sitzen lassen, daher empfiehlt es noch diesen Lautsprecher:

Sieht nach nicht viel aus. Kommt aber individuell aus einem 3-D-Drucker. Über seine Leistung ist nichts bekannt, dafür beeindruckt sein Preis: € 3000.-. Aber die gute Nachricht ist: Shipping inbegriffen. Plus natürlich ein wenig Zoll und MWSt. Aber wer sich so ein Ohr (besser zwei, von wegen Stereo) hinstellen kann, lässt sich davon auch nicht abschrecken.

Der Leser fragt sich allerdings ob so viel dekadenter Shopping-Angebote, ob er diese sommerlich-optimistische Frage mit ja beantworten will:

Alptraumsommerloch

Zugegeben, schon wieder das «NZZaS Magazin». Aber was soll man denn über das SoBli-Magazin oder gar «Das Magazin» noch sagen?

Auch diese Sommerausgabe riecht etwas streng nach betreutem Schreiben, Wurstigkeit, was den Leser interessieren könnte. Das fängt beim Cover an, das ja nichts verkaufen will, weil der Konsument das Produkt nicht kaufen muss.

Es geht nichts über ein schräg fotografiertes Zufallsbild eines Menschen mit geschlossenen Augen vor hässlicher Landschaft und noch hässlicherem Hintergrund. Das muss man aufblättern.

Zumindest kulinarisch anspruchsvoller ist dann das Inhaltsverzeichnis:

Sicher, die alte Regel, dass man Austern nur in Monaten mit einem r essen sollte, gilt nicht mehr uneingeschränkt. Aber mitten in den Monaten ohne r ein Artikel übers Austernschlürfen riecht wie eine schlechte Auster im Sommer …

Auf Seite 6 kommt dann das «Traumland» wie auf dem Titel abgekündigt. Künstlerisch möglicherweise hochstehende, aber recht aussagelose Fotos, anschliessend ein auch nicht gerade erhellendes Interview mit der Fotografin. Hier gähnt das Sommerloch sozusagen noch hinter vorgehaltener Hand. Auf solche Höflichkeit verzichtet es hier:

Man muss sich zunehmend fragen, woher Autoren (und Autorinnen!) die nassforsche Frechheit nehmen, den Leser mit höchstpersönlichen Befindlichkeiten zu belästigen. Es ist der Autorin doch unbenommen, sich nicht vermehren zu wollen. Oder vielleicht doch noch, vor der Menopause. Oder auch danach. Oder wie auch immer. Zumindest das Foto fängt die durchschnittliche Leserreaktion sehr schön symbolisch ein.

Beim Gähnen das Halszäpfchen sieht man allerdings hier:

Au, au, Austern. Im Winter gut. Auch im Sommer gut. Ewig gut. Ein Thema, das in seiner Brisanz, Originalität und im Newswert eigentlich nur von einem anderen Thema übertroffen wird. Das ist aber schon durch und steht erst nach Weihnachten wieder an: Wie nehme ich ab ohne zu leiden? Hier hätte man sich gewünscht, dass Blatt und Autor so verschlossen wie eine Auster geblieben wären. Stattdessen gähnt man sich durch vier (!) Magazinseiten.

Ein weiteres Glanzlicht an herbeigequälter Originalität setzt immer die Abteilung «Bellevue». Auch hier gibt man aktuell alles, also nichts:

Falsch gekleidet auf dem Gemüsemarkt? Ringelsocken in Schnürballerinas sind schwer im  Kommen? Was man macht, wenn man sich nicht zwischen einem pinken und einem beigen Mantel entscheiden kann? Warum ist die Verkäuferin verschleiert? Wieso schaut das Model so angegurkt wie der Leser aufs Foto? Alles gute Fragen, aber es geht hier, kommt keiner drauf, um die beiden Handtaschen. Ehrenwort: «Die Kindergartentasche für die Grossen von La Fetiche und L/Uniform könnte kaum eskapistischer wirken.» Die Tasche is übrigens ein Schnäppchen. Von ursprünglich £ 510 auf bloss £ 360 runtergesetzt. Wenn das nicht zur Massenflucht führt …

Nur: wohin? Vielleicht zu diesem Beistelltisch aus Kunstharz:

Ist hässlich un unpraktisch, sagen Sie da? Dafür kostet er auch bloss € 2975.- Also der Tisch, Shipping und so sind dann nochmal € 690.- obendrauf. Dafür dauert die Lieferung auch bloss 12 Wochen.  Also alles in allem ein Wahnsinnsagebot.

Und auch hier als Absackerchen:

Mal Hand aufs Herz: wer möchte schon an einem Event teilnehmen, bei dem man diesen Sympathieträgern begegnen müsste? Eben.