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Wumms: Simon Graf

Langweilig vorhersehbar: drescht Djokovic.

Vielleicht war Graf gerade damit beschäftigt, sein x-tes Buch über Roger Federer zu schreiben. Auf jeden Fall brauchte er einen Tag, um sich Novak Djokovic vorzunehmen.

Welch ein Kontrast zu Federer. Der ist nämlich «Weltsportler», «Wohltäter», «Idol», «Stiftungsgründer» und «Ehrendoktor». Djokovic hingegen ist «eine kontroverse Figur», sorgt «schon wieder für einen Eklat». Früher einmal bedeutete das einen glanzvollen Auftritt, aber das weiss Graf sicherlich nicht.

Dafür schimpft Graf, der Tennisspieler habe «mit dieser Provokation bei serbischen Nationalisten Punkte gesammelt», aber «auf internationaler Bühne erntet er damit Kopfschütteln». Zumindest Graf schüttelt stellvertretend den Kopf. Denn Djokovic hat laut Graf ein langes Sündenregister. So sei er 2020 disqualifiziert worden, weil er «versehentlich eine Linienrichterin mit dem Ball abgeschossen» habe. Typisch Serbe halt. Schlimmer noch: «Seine Einreisesaga am Australian Open 2022 als Ungeimpfter hielt die Tenniswelt in Atem.»

Das ist leicht untertrieben, so japste Tamedia damals: «tiefer Fall eines Tennisspielers», gar eines «Schwurblers», der Tagi veranstaltete eine Hinrichtung: «Der Weltranglistenerste ist zum Symbol der Egozentrik, der Uneinsichtigkeit, der Ungleichheit und zu einem weltweiten Anführer der Impfgegner geworden», keifte René Stauffer.

Nun hat Djokovic nicht etwa eine ukrainische Fahne geschwenkt oder sich wie die deutsche Fussball-Nationalmannschaft den Mund zugehalten. Sondern er hat ein Ende der Gewalt im Kosovo gefordert. Unverschämt, dafür müsste er streng bestraft werden. Doch was tun die Franzosen? «Das French Open reagierte nun 24 Stunden nach dessen Botschaft mit einem nichtssagenden Statement.»

Dabei ist der Tennisspieler weiterhin auf dem Weg nach unten, zumindest ins Out: «Djokovic geht im Herbst seiner Karriere immer mehr auf in seiner Rolle als Aussenseiter.»

Aber immerhin, das muss man Graf im Gegensatz zum Kläffer Stauffer lassen, er zitiert am Schluss einen hübschen Satz von Djokovic: «Angesprochen auf eine jüngst erschienene Studie, gemäss der er auf den sozialen Medien prozentual die meisten negativen Reaktionen auslöse, sagte er: «Überrascht Sie das? Ich wäre überrascht gewesen, wäre es anders gewesen. Wie Kobe (Bryant) zu sagen pflegte: Gehasst zu werden ist ein gutes Problem. Niemand hasst die Guten, gehasst werden nur die Grossartigen.»»

Wumms: René Stauffer

Der Sportjournalist hofft aufs Vergessen der Leser.

Beim Tennis geht es darum, einen Filzball so über ein Netz zu dreschen, dass er auf der anderen Seite rechtzeitig wieder den Boden berührt – ohne dass ihn dann der Gegner zurückdreschen kann.

Die Fähigkeit des beschreibenden Journalisten besteht darin, den Kopf regelmässig von rechts nach links und zurück bewegen zu können und das Ergebnis zu beschreiben. So berichtet Stauffer über den 1001. Sieg von Novak Djokovic in Rom: «Der Serbe behielt aber ruhig Blut.»

Das kann man von Stauffer nicht behaupten; noch vor vier Monaten setzte er zu einer verbalen Blutgrätsche an:

«Der Weltranglistenerste ist zum Symbol der Egozentrik, der Uneinsichtigkeit, der Ungleichheit und zu einem weltweiten Anführer der Impfgegner geworden.»

Der ungeimpfte Djokovic war damals trotz ordentlicher Einreisebewilligung an der australischen Grenze aufgehalten worden und hatte dagegen von seinen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Noch schlimmer für Rechtskenner Stauffer, ein Richter hatte zunächst seine Einreise bewilligt; das sei «wie ein Schlag ins Gesicht.» Denn das Urteil sei «brandgefährlich für Melbourne und Australien». «In der Stadt drohen nun Tumulte … Sollte er tatsächlich als Spieler in die Rod Laver Arena schreiten, ist ein Aufruhr garantiert.»

Dank eines ministeriellen Eingreifens in die Justiz konnte aber das Schlimmste verhindert werden; Djokovic durfte schlussendlich nicht einreisen. Damit blieb Australien der Bürgerkrieg erspart. Allerdings sah das Haus Tamedia schon den «tiefen Fall eines grandiosen Tennisspielers» voraus.

Auch der unterblieb, und Stauffer ist inzwischen zu seiner Kernkompetenz zurückgekehrt und beschreibt das Ergebnis von Ballwechseln. Dabei hofft er auf das Vergessen des Lesers und möchte an sein damaliges Hyperventilieren sicher nur sehr ungern erinnert werden.

Gern geschehen.

 

 

 

Meinungsvielfalt à la Ringier

Ein Konzern lebt Pluralismus vor. Allerdings länderübergreifend.

«Der Aufenthalt des ungeimpften Novak Djokovic in Melbourne und sein Auftritt beim Grand Slam war vor allem eine desaströse PR für die australischen Politiker an der Macht, weil ihre Bürger und Wähler seit zwei Jahren unter einer der strengsten Quarantänen der Welt leben.»

Djokovic aus dem Land zu «schmeissen», das sei einer der «grössten Sportskandale des 21. Jahrhunderts». Schreibt das Ringier-Blatt «Blick». Das ist Meinungspluralismus.

Denn gleichzeitig hämt eine deutlich überforderte «Chefredaktorin Sport»: «Und täglich grüsst der Drama-King». Dann geht sie in die Vollen:

Oh, ich sehe gerade, das erste Zitat stammt von hier:

Das ist ja der serbische «Blic». Gleicher Besitzer, gleiche Marke. Nur eben anders. Der Devise des CEO Marc Walder folgend, dass man die jeweilige Regierungspolitik unterstützen solle. Das gilt offenbar nicht nur für Corona, denn Serbiens Regierung ist natürlich bestürzt über den Entscheid, dem Tennisspieler zum zweiten Mal das Visum zu entziehen.

Schön, dass es Translator gibt …

Echter Meinungspluralismus wäre allerdings, wenn diese konträren Meinungen auch in der Schweiz im «Blick» Platz fänden.

Aber wenn man eine Steffi Buchli nicht daran hindert, sich lächerlich zu machen, was will man da erwarten …

Bildbetrachtung

Wenn gekeilt wird, darf auch gemalt werden.

Weiter hinten holzt, rempelt und keift ein Tamedia-Redaktor mit Migrationshintergrund gegen den serbischen Tennisstar Novak Djokovic und gleich auch gegen die Serben als solche.

Wie ein sogenanntes Qualitätsmedium eine solche Schmähkritik ausser Rand und Band publizieren kann, bleibt das Geheimnis aller Kontrollinstanzen von Tamedia.

Ergänzt wird das Machwerk durch eine Grosskarikatur auf der Frontseite. Natürlich darf Satire eigentlich alles. Sie darf wohlfeil sein, geschmacklos, bösartig, überspitzt, frech, beleidigend.

Front des «Tages-Anzeiger» vom 8. Januar 1914. Pardon, 2022 (Screenshot).

Dennoch gibt es vielleicht Grenzen des guten Geschmacks. Sehen wir darüber hinweg, dass der russische Präsident Putin verblüffende Ähnlichkeiten mit Menschen hat, die unter dem Down-Syndrom leiden, was man politisch korrekt nicht mehr mongoloid nennen darf.

Betrachten wir aber die Physiognomie des serbischen Präsidenten Vucic etwas genauer. Da fallen sofort seine wulstigen Lippen auf.

Wäre Vucic ein Schwarzer, gäbe das sofort fürchterliche Haue. Der Neger mit Wulstlippen, fehlt nur noch das Baströckchen und der Menschenknochen durch die Nase. Grauenvoll, rassistisch, übelste Diskriminierung. Selbst Asterix sei davon nicht frei, was der Schwarze im Ausguck des ewig versenkten Piratenschiffs beweise.

Schaad müsste sich im Staub wälzen, sich entschuldigen wie weiland der Karikaturist, der es wagte, eine schwarze Tennisspielerin mit solchen Lippen zu zeichnen.

Aber he, Vucic ist glücklicherweise nicht schwarz. Sondern Serbe. Geht doch.

 

 

Wenn ein -ic im Netz hängenbleibt

Besser geht’s nicht. Serbe, Veganer, hält sich für was Besonderes. Auf ihn.

Man kann Menschen schon durch eine bösartige Auswahl des Fotos denunzieren:

Vorsicht, bissiger Serbe …

Man kann auch einen offenbar komplexen Sachverhalt simplifizieren. Dann geht die offizielle Story so: ein «arroganter» Serbe, der auch bei seinem Tennisspiel auf eine «teuflische Strategie» setzt, meint, er sei von allen Regeln befreit.

So ein kleiner Horta-Osório, sozusagen; der VR-Präsident der CS meint ja auch, für ihn gälten keine Corona-Regeln.

Mit dieser Haltung sei Novak Djokovic nach Australien gereist. Obwohl er um seinen Impfzustand ein Geheimnis macht. Wahrscheinlich ist er ein Impfgegner, ein Verschwörungstheoretiker, ein Serbe halt, was kann man da schon erwarten.

Wäre Roger Federer nie passiert. Der lebt schliesslich bescheiden, zurückhaltend, nett, ist aus Teflon gemacht. Kann für so ziemlich alle Produkte gleichzeitig werben, unser Roger.

Hier komme ich, Bahn frei, dachte Djokovic sicherlich, bis ihn die australische Einwanderungsbehörde eines Besseren belehrte. Jetzt sitzt der Trottel in einem Quarantänehotel, während ganz Serbien mordlüsterne Drohungen ausstösst.

Wieso sollte man sich von der Realität eine tolle Vorurteils-Story kaputtmachen lassen? Es ist offenbar so, dass sowohl der ausstralische Bundesstaat Victoria wie auch der Turnierveranstalter Djokovic grünes Licht gegeben haben. Als Genesener sei die Einreise kein Problem, welcome.

Sahen die Grenzer anders, und schwups, schon ist’s eine Affäre, in der es um Gesichtswahrung und Kneten von Emotionen geht.

Viele Spieler beantragten eine Ausnahmebewilligung, nicht nur Djokovic

Insgesamt haben laut Tennis Australia immerhin 26 Spieler am Turnier eine Ausnahmebewilligung und eine Befreiung von der Impfpflicht beantragt.

Geradezu lyrisch wird «The Australian»: «Djokovics Trotz bedroht seine Odyssee, der Beste zu sein», titelt das Blatt. Er stünde «am Rande der Endgültigkeit und am Pranger des Spotts».

Mit dieser Aktion werde sein Vermächtnis unwiderruflich zerstört, behauptet die Zeitung. Häme auf allen Kanälen ist ihm tatsächlich sicher. Hunderte von arroganten Spott-, äh Sportjournalisten geben ihm den guten Ratschlag, doch einfach wieder nach Hause zu fliegen, sich nicht so anzustellen und überhaupt, sich endlich impfen zu lassen.

Dass ein Tennisstar wie Djokovic, ein kleiner Konzern mit Entourage, eng getaktetem Zeitplan, sicherlich nicht einfach so 15 Stunden nach Australien fliegt, um dort mal zu schauen, ob man ihn rein- und spielen lässt, ist zwar offenkundig, würde aber die Möglichkeiten für Häme und Spott deutlich mindern.

Einer haut bei solchen Themen furchtbar gerne auf die Kacke

Richtig auf die Kacke haut wie meist bei solchen Themen Enver Robelli. Vielleicht sollte Tamedia die Berichterstattung über den Balkan nicht einem Mitarbeiter mit, nun ja, Migrationsgeschichte, überlassen. Denn Robelli geht es offensichtlich weniger um die Aufklärung der Leser, mehr um die Abarbeitung eigener Vorurteile.

Über die Abschiedsreise der deutschen Ex-Bundeskanzlerin durch den Balkan zeigte er sich «irritiert», denn: «Merkel umarmt die Autokraten». Da war er aber noch sanft gestimmt. Der gebürtige Kosovare leistet gegenüber Kroatien einen gewaltigen Beitrag zur Völkerverständigung:

«Kroatiens Präsident als Provokateur: Er poltert gerade wie ein Betrunkener – gegen Minister und Bosniaken».

Ein besoffener Präsident, da hat die nüchterne Merkel Schwein gehabt. Auch die Sache mit dem Osmanischen Reich hat Robelli nicht vergessen: «Der Westen darf vor Erdogan nicht einknicken.»

Aber zur Höchstform läuft Robelli bei der Affäre um Djokovic auf. «Serbische Krawallpresse», schimpft Krawallant Robelli, «Belgrader Hetzblatt», hetzt Robelli. «Selbstverständlich hätten die aufopferungswilligen Serben 1389 in der Amselfeld-Schlacht gegen die Osmanen die ganze westliche Zivilisation gerettet», behaupte ein verpeilter «ultranationalistischer Pseudohistoriker» in seinen «Machwerken», die Djokovic promote.

Dabei sollte Robelli wissen, das die historische Wahrheit über dieses Gemetzel – wie meistens – viel komplexer ist, feststehende Tatsache hingegen, dass die Serben tatsächlich aufopferungsvoll gegen das Osmanische Reich in die Schlacht zogen.

Dann diagnostiziert Robelli bei den Serben «Grössenwahn», «verletzten Stolz» und überhaupt «krude Ansichten». Kein Wunder:

«Schwurbler Djokovic geniesst eine ungewöhnlich grosse Narrenfreiheit.»

Dabei sähen wir nun den «tiefe Fall eines grandiosen Tennisspielers».

Die bittere Wahrheit ist aber: Robelli verbreitet hier ungebremst seine kruden Ansichten, die mit dem Versuch, dem Schweizer Publikum die unglaublich komplizierte jüngere Geschichte des Balkans zu erklären, null zu tun haben. Besoffener Präsident, ein Volk im Grössenwahn, Hetzblätter, ein Sportler als Schwurbler.

«Wer in diesen Tagen die serbische Krawallpresse liest, der wähnt sich kurz vor einem Weltkrieg.» So leitet Robelli sein Schmierenstück ein. Dabei ist er selbst recht verpeilt: Wer diesen Artikel aus seiner Feder liest, der wähnt sich tatsächlich in den schlimmsten Zeiten von Hetzern und Schwadroneuren und verantwortungslosen Demagogen.

Deutschsprachige Krawallpresse, 1914 …

Wieso ein angebliches Qualitätsmedium wie der «Tages-Anzeiger» so etwas publiziert, ist unverständlich. Nein, ist eine Schande.

Ein Kommentarschreiber bringt die niedere Gesinnung, in der dieser Artikel entstand, auf den Punkt:

«Bitte in dieser Angelegenheit das Wort Serbe oder Serbien rauszulassen. Er ist als Djokovic hingegangen und nicht als Serbe. Auch die verrückten Nationalisten aus Serbien, sowie seinen Vater nicht mit Serbien in Kontext bringen, nur weil sie Bürger des Landes sind. Serbien verdient diesen Kontext nicht, sowie keine andere Nation den Kontext zu Ausreissern unter ihren Bürgern verdient.Damit setzt ihr sie mit mir und anderen Leuten, die diese Stempel zufällig mit der Geburt erhalten haben, in das gleiche Boot. Weder er noch Federer vertreten mich, noch identifiziere ich mich mit ihnen, auch wenn sie die selben Pässe wie ich haben. Mit diesem Stempel setzt ihr euch auf die gleiche Ebene wie die, über die ihr hier berichtet, das ist der Schweiz nicht würdig.»

Nein, weder der Schweiz noch einem sogenannten Qualitätsorgan, das dafür noch Steuergelder erwartet.