Afrika für Anfänger
Mohr war gestern. Heute sind wir weiter.
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Das Problem mit Niger haben wir soweit im Griff. Zurechnungsfähige Beherrscher der deutschen Sprache sagen Niger zu Niger. Das muss man betonen, weil das zum Beispiel SRF entschieden anders sieht. Da müssen sich die Sprecher der «Tagesschau» (spricht man Tagesschau) neben allen anderen Zungenverrenkern an «Nischee», bzw. «Nischeer» abmühen.
Warum? Darum. Beziehungsweise aus drei Missverständnissen heraus. Das lateinische Wort für schwarz – niger – ist nicht zu verwechseln mit dem abwertenden Ausdruck Nigger. Das Wort Nigger wurde in den USA längst von den Schwarzen, Pardon, den PoC, den Person of Colour, zurückerobert. Dahinter steht drittens der fundamentale Irrtum, dass man mit Sprachreinigung die Welt besser machen könne. Haben schon die Nazis in Deutschland probiert, hat auch nicht geklappt.
Obwohl man dort immer noch «Kraftstoff» sagt.
Aber wer mit Niger Probleme hat, wie löst er das dann beim Nachbarstaat Nigeria? Da gab es schliesslich mal die Royal Niger Company, pfui Teufel. 1914 grenzte dann die Kronkolonie, das britische Protektorat Nigeria an das deutsche Kamerun. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde unter den Siegermächten Kamerun aufgeteilt.
Diverse Putschs später ist Nigeria heute die Federal Republic of Nigeria. Das spricht man auf Englisch Naidschiiria aus. Dann hätten wir noch die Amtssprache Hausa (Najeriya), Igbo (Naijiria) und Yoruba (Nàìjíríà). Nun ist Nigeria – genau wie Niger – eine Ableitung des lateinischen niger, mit dem der zentrale Fluss bezeichnet wurde, der in seiner ursprünglichen Aussprache «ghir n-igheren» («Fluss der Flüsse» auf Tuareg) für europäische Zungen etwas schwierig auszusprechen war.
Wenn also Niger als Nischee ausgesprochen werden muss, weil das die Amtssprache ist, wird die Sache bei Nigeria komplizierter. Englisch? Amtssprache, aber natürlich postkolonialistisch. Hausa, Igbo oder Yoruba? Schon, aber welche Version? Alle drei, um niemanden zu diskriminieren? Schwierige Sache für Sprachgutmenschen. Abgesehen davon, dass die meisten nicht einmal wissen, wie die Hauptstadt von Nigeria heisst (nein, nicht Lagos).
Man könnte nun noch beliebig viele weitere afrikanische Beispiele nehmen.
Aber es gibt ein viel näheres, viel heikleres Problem. Ein echtes Problem. Aus der eigentlich harmlosen Welt des Sports. Gut, als was non-binäre oder Transmenschen antreten dürfen, das ist auch ein ungelöstes Problem. Und wer für die Frauenfussball-WM fante, hat damit mindestens 160 weitere Gender diskriminiert.
Aber darum geht es hier nicht. Es geht um unsere Fussball-Nationalmannschaft (männlich, obwohl die Mannschaft – welch lustiger Widerspruch für Idioten, die Genus mit Geschlecht verwechseln). Wie heisst denn die? Richtig, die heisst Nati. So geht’s ja noch, aber wie wird das ausgesprochen?
Empfindliche Menschen müssen nun ganz tapfer sein. Wahrscheinlich haben das auch schon viele so ausgesprochen, die niemals das Wort Mohrenkopf in den Mund nehmen würden (und das schmackhafte Gebäck von Dubler erst recht nicht).
Also, wir halten uns die Nase zu, machen mit beiden Händen abwehrende Bewegungen, versprechen, anschliessend eine Initiative für die Entfernung des Wortes «Mohr» von einer Hausfassade zu unterschreiben, nehmen allen Mut zusammen und sagen:
Unsere Natzi. Gesprochen Nazi. Wie Nazi. Einzig mit kurzem a statt langem. Das versteht man in der Schweiz, das versteht man in Deutschland und Österreich miss.
Es ist ungeheuerlich, dass man sich im Schweizer Farbfernsehen zwar Gedanken über die korrekte Aussprache von afrikanischen Elendsstaaten macht, aber dieses gravierende Problem nicht adressiert. Und kein Zuschauer hat sich bislang unwohl gefühlt, niemand an das Dritte Reich erinnert, keiner braune Zeiten assoziiert. So gefühllos sind Sprachreiniger dann wieder.