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Kindersoldaten am Gerät

Das Blatt der kompetenten Berichterstattung: «Blick».

Auf der Welt passiert so viel, da ist es schwer, den Überblick zu behalten, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und bei der Berichterstattung einigermassen in der Spur zu bleiben.

In einer doch eher nebensächlichen Randnotiz zeigt sich das geradezu idealtypisch:

Das nennt man eine unglückliche Umkehrung von Ursache und Wirkung. Dabei wäre vom Zeilenfall her auch «Jan Bömermann geht auf Schwarzer los» möglich gewesen. Aber man hat ja in der Verrichtungsbox nicht alle Zeit der Welt.

Der nächste Ausrutscher folgt gleich im Lead: «Alice Schwarzer, die sich selber als Feministin bezeichnet, schiesst scharf gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann». Die sich selbst als Feministin bezeichnet? Hat der «Blick»-Autor den Hauch einer Ahnung, was diese Frau für die deutsche Frauenbewegung getan hat? Welche unzähligen Kämpfe sie geführt – und gewonnen hat?

Das ist ungefähr so bescheuert, wie wenn man schreiben würde «Angela Merkel, die sich selbst als Demokratin bezeichnet». Unglaublich.

Aber weiter im Geholper: «Die Publizistin und Journalistin Alice Schwarzer (80) erteilt eine Spitze gegen den ZDF-Moderator Jan Böhmermann (42) …» Erteilt eine Spitze? Ist das Dummdeutsch? Geht sie nun los, schiesst sie scharf oder «erteilt sie eine Spitze»?

Der Brachial-Comedian Böhmermann hat zuvor in seiner vom Zwangsgebührenzahler finanzierten TV-Show geäzt: «Die ‹Emma› hetzt inzwischen regelmässig gegen Transmenschen».  Weiter im wilden «Blick»-Geholper: «Und nicht nur das, er zitierte in seiner Show auch noch die AFD-Politikerin Beatrix von Storch, welche sich zu Geschlechtsanpassungen äusserte und sich dabei auf Schwarzers Magazin berief. Böhmermanns Kommentar dazu war: «Ach guck mal an, Nazis lesen ‹Emma›»

Die Partei schreibt sich AfD, und dass Böhmermann dies Politikerin indirekt als Nazi bezeichnet, ist eine seiner typischen Geschmacklosigkeiten und Grenzüberschreitungen.

Was «Blick» unterlässt, ist die Begründung von «Emma» zu zitieren, wieso sie Böhmermann zum «Sexist Man Alive 2023» gewählt hat, also zum grössten lebenden Sexisten in Deutschland. Zum Beispiel, weil der mit dem Begriff «Nazi» um sich wirft, als wäre es Konfetti:

«Sandra Maischberger ist Nazi, sein Ex-Arbeitgeber Harald Schmidt ist Nazi und CDU-Chef Friedrich Merz ist quasi der Ober-Nazi.»

Schmidt konterte das mit der knappen Hinrichtung: «Krawallschachtel».

Wenn’s nur das wäre. Der Mann ist in Wirklichkeit richtig bösartig. Er denunzierte den Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik als «Cyberclown mit Kontakten zum russischen Geheimdienst». Der verlor daraufhin seine Stelle. Die anschliessende Überprüfung ergab: nichts dran.

Unvergessen seine masslose «Schmähkritik» am türkischen Autokraten Erdogan. An dem liesse sich einiges bemeckern, aber Böhmermann kaprizierte sich darauf, ihn einen «Ziegenficker» mit «Schrumpelklöten», dessen «Gelöt nach Döner stinkt» zu beschimpfen. Das war allereunterste Schublade.

Der Ruf «Fick dich, Opa» gegen den damaligen Innenminister Horst Seehofer ging nicht gerade als Glanzlicht der deutschen TV-Satire in die Geschichte ein. Auch zum Thema Geschlechter schwatzt er Unsinn: «Es ist längst wissenschaftlicher Konsens, dass es sehr wohl mehr als zwei biologische Geschlechter gibt.»

Nein, es ist weiterhin allgemeiner Konsens, dass es viele verschiedene Geschlechterrollen gibt, aber nur zwei biologische.

Und eine geschmackvolle Aussage von Böhmermann zu Schwarzer? Bitte sehr: Schwarzer sei «eigentlich eine ganz normale 80-Jährige, die auf ihren letzten Metern gerne hätte, dass alles so bleibt, wie es nie war».

Selbst bezeichnet sich Böhmermann launig als «Arschloch mit Herz». Das nimmt «Emma» gerne in ihr furioses und vernichtendes Verdikt auf, wieso er dieses Jahr den Preis «Sexist Man Alive» bekommt:

«Dieses Arschloch ohne Herz ist kein Aufklärer, sondern ein Demagoge; ein Biedermann und Brandstifter, der von den Gebühren der Öffentlich-Rechtlichen fett gefüttert wird. 651.000 Euro Jahresgehalt sollen es sein, steigend. Für einen Denunzianten und Volksverhetzer. Der Gipfel aufgeblasener Männlichkeit.»

 

 

Hirnlos, Part II

Linkes «Nazi»-Gekeife ist unerträglich.

Wenn man’s positiv sehen will: da die Linken die Diskurshoheit verlieren, viele öffentliche Debatten schwer an ihnen vorbeilaufen, sie keine mehrheitsfähigen Lösungen zu Themen wie Masseneinwanderung, Altersversorgung, Energieproduktion oder Gesundheitssystem anzubieten haben, werden sie zunehmend hysterisch und kreischig.

Negativ daran ist, dass nicht nur Organisationen wie Campax jedes Mass verlieren. Ob es «FCK NZI» heisst oder ob irgend jemand direkt als «Nazi» beschimpft wird, ob das Adjektiv «faschistisch» oder die Abschwächung aus juristischen Gründen «faschistoid» nachgeschoben wird, ob Angebräuntes denunziert wird oder an braune Zeiten erinnert: die Diffamierung mit braun Anstreichen wird inflationär.

Vorne dran sind meistens Provokateure, die mangelnde Hirnmasse durch die Wucht der Polemik auszugleichen versuchen. Sei das in Deutschland der sogenannte Satiriker Jan Böhmermann, der unliebsame Konkurrenz aus der Talkshow-Ecke oder gleich die CDU unverblümt oder verbrämt als «Nazis mit Substanz» beschimpft, oder in der Schweiz der Brachialblödler MikeArschloch») Müller, der von einer «Reichskristallnacht» faselt.

So hält Christina Neuhaus in der NZZ fest, dass Nazivergleiche inflationär geworden sind, «in den sozialen Plattformen macht sie gefühlt jeder, der entweder ein Zeichen «gegen Hass und Hetze im Netz» setzen will oder sich als Opfer fühlt.»

Diese Entwertung einer historischen Monstrosität wird aber nicht nur von Linken verbrochen; auch Coronapolitik-Gegner, die sich einen gelben (Juden)Stern mit der Aufschrift «ungeimpft» aufklebten, trugen dazu bei, das Böse zu banalisieren.

So empört sich Neuhaus: «Mit jeder Äusserung wird der Nationalsozialismus banalisiert. Jede Gleichsetzung ist eine Verhöhnung der Opfer. Wenn sich schon die Schweizer FDP mit Nazis gleichsetzen lassen muss, haben sich die Grenzen des Sagbaren nicht nur verschoben, sie sind bereits gefallen

Sie muss sich allerdings vorhalten lassen, dass sich die NZZ erst dann kräftig ins Zeug legt, wenn es auch die FDP trifft. Das Problem dahinter ist, dass für viele Dummbeutel, die am politischen Diskurs teilnehmen, das Wort «Nazi» oder «Faschist», jeder offene oder verklausulierte Vergleich mit dem Dritten Reich schlichtweg ein Ersatz für die Verwendung des Wortes «Arschloch» ist. Da das aber strafbar wäre, schleicht man sich halt auf braunen Umwegen so nahe wie möglich daran heran.

Wobei «Verhöhnung der Opfer» noch eine sehr staatsfraulich-zurückhaltende Formulierung ist. Es gibt ein paar wenige Ewiggestrige, die tatsächlich heute noch der Ideologie des Nationalsozialismus anhängen, insofern das überhaupt ein erkennbares Denkgebäude war. Sie darf man getrost als Nazis bezeichnen.

Allen anderen gegenüber ist die Verwendung dieses Vokabulars viel mehr als eine Verhöhnung der damaligen Opfer, eine Relativierung eines singulären Jahrhundertverbrechens, eine geschichtsvergessene Hirnlosigkeit. Wer diese Begrifflichkeit zur Herabsetzung des politischen Gegners missbraucht, ist nicht nur ein Idiot. Er ist schlichtweg ein Arschloch, ihm sollte das Rederecht entzogen werden.

Ins Bild passt auch, dass diese imbezilen Brandstifter nicht im Traum daran denken, sich für ihre geschmacklosen, primitiven, dummen, geschichtsvergessenen Ausrutscher zu entschuldigen. Daher ist die Vermutung erlaubt: sie tun es nicht, weil sie es nicht besser wüssten. Sie tun es mit Absicht, es ist keine Fahrlässigkeit, es ist pure Bösartigkeit. Wenn es jemand verdient hat, von allen Demokraten aus dem öffentlichen Diskurs verbannt, ausgegrenzt und mit Schimpf und Schande in seine Löcher zurückgejagt zu werden, dann sind es all die, denen das Wort «Nazi» so locker sitzt, als wäre es eine erlaubte Qualifikation.

So wie es gegen wahre Nazis kein Zögern oder Zaudern geben darf, so müssen all diese kleinen oder grossen Böhmermanns oder Müllers geächtet werden.

 

Wumms: Jan Böhmermann

Letzter Auftritt des Brachialkomikers.

Trost für Mike «Arschloch, Kristallnacht» Müller. Jan Böhmermann schlägt regelmässig alles an Geschmacklosigkeit. So macht er aus der deutschen FDP eine «Lindner/Lehfeldt-Bande» und präsentiert ihre Exponenten im Stil eines Fahndungsplakats aus den dunklen Zeiten der RAF, der Baader-Meinhof-Gruppe.

Zu den Abgebildeten gehörte auch der ehemalige «Spiegel»-Chefredaktor Stefan Aust, der seinerseits auf der Todesliste der RAF stand. Launiger Text Böhmermanns: Sie würden wegen «Beteiligung an staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung, gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer staats- und menschheitsgefährdender Straftaten gesucht».

Es gab dann sogar, wie immer, verpeilte Intellektuelle, die das eine zulässige Satire fanden. Auch über den türkischen Machthaber Erdogan war Böhmermann mit einem «Spottgedicht» hergezogen: «Ziegenficker, Fellatio mit 100 Schafen, Präsident mit kleinem Schwanz», wer sich diese Sudelei nochmals vollständig reinziehen will, bitte sehr.

Das Problem von Krachwumm-Komikern ist immer: sie müssen ständig einen drauflegen, sonst wird’s langweilig. Aber wie, wenn man schon alle Grenzen des Anstands und guten Geschmacks überschritten hat?

Einer geht immer, dachte sich wohl Böhmermann:

Das muss man zweimal lesen:

«Sandra Maischberger lädt Nazis in ihre Talkshow ein, damit Nazis nach der Machtergreifung Sandra Maischberger auch ihre Talkshow einladen.»

Original-Orthografie.

Zum Verständnis: Maischberger hatte in ihre Talkshow unter anderen den «Zeit»-Chefredaktor Giovanni di Lorenzo, die TV-Moderatorin Pinar Atalay und den Publizisten Wolfram Weimer eingeladen. Alle nicht wirklich im Verdacht, Nazis zu sein.

Thema der Sendung waren die miesen Umfragewerte für die deutsche Regierungskoalition und das Hoch (fast 20 Prozent) der AfD. Dazu diskutierten dann FDP-Fraktionschef Christian Dürr – und der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla. Unvorstellbar für den Antidemokraten Böhmermann, dass in einer Sendung über die AfD auch ein AfD-Vertreter zu Wort kommt.

Wenn das aber ein Nazi sein soll, dann wären ja rund 20 Prozent der Deutschen, die zurzeit AfD wählen wollen (im Osten sogar bis ein Drittel in einzelnen Bundesländern) alles Nazis.

Dann wollte sich – laut Böhmermann – Maischberger bei denen ranschmeissen, denn die planten schon wieder eine Machtergreifung.

Nach der es immerhin noch Talkshows und Maischberger gäbe. Diese Nazikeule, dieser Vergleich, diese antidemokratische Haltung, diese Denunziation machen Böhmermann zum grösseren Feind der Demokratie und der Meinungsfreiheit, als es die AfD jemals werden könnte.

Ist das ein unappetitlicher Stinkstiefel, der nebenbei mit diesem geschmacklosen Vergleich alle wirklichen Naziopfer verhöhnt. Letzter Auftritt Böhmermann bei ZACKBUM; hoffentlich nimmt sich das ZDF daran ein Beispiel. Denn Böhmermann ist auch ohne Machtergreifung unerträglich.