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Gurgel, gurgel

Endlich: Georg Häsler hat einen Bruder im Geist gefunden.

Der NZZ-Redaktor, der gerne als Oberst in Uniform zu journalistischen Anlässen erscheint (seine Bewaffnung scheint er aber bislang nicht mit sich zu führen), interviewt Jürgen-Joachim von Sandrart. Pardon, den blaublütigen Generalleutnant, Ex-Kommandant der «exponiertesten Nato-Truppe: das Multinationale Korps Nordost».

Häsler leitet seine erste Frage gleich martialisch ein: «Herr General, Sie sind Panzermann, versteht die Bundeswehr das Handwerk noch: das «Gefecht der verbundenen Kräfte»

Wenn man als Ungedienter einwerfen darf: das ist der fescheste Panzermann seit Rommel selig:

Hart wie Kruppstahl; mit diesem Blick kann der General sicherlich Panzerplatten zersägen.

Martialisch ist auch sein Vokabular:

«… auf einen Gegner einstellen, der in der Entscheidungsfindung viele Vorteile auf seiner Seite hat … mentale Einstellung muss sich durchsetzen … bin nicht dafür bekannt, sehr geduldig zu sein … überzeugt sein, dass wir gewinnen, wenn wir uns verteidigen … oder sind wir zu schwach dafür … auch in der Verteidigung eine offensive Mentalität … müssen die Entscheidung so früh wie möglich suchen … dass wir als Europa – und damit meine ich auch die Schweiz – mehr tun müssen … geht es aber immer noch darum, dass die Ukraine den Krieg gewinnt».

Man hört geradezu das Rasseln von Panzerketten, das Aufheulen der Motoren, den ohrenbetäubenden Krach, wenn die Kanone abgefeuert wird. Der könnte auch in der Werbung für Fisherman’s Friend auftreten, so in der Art: Ist der Russe zu stark, bist du zu schwach.

Hier liegen sich zwei Sandkastengeneräle in den Armen. Also einer mit Sandkasten, der andere mit Realitätsbezug. Aber dennoch wollen beide etwas sändelen und sich einen möglichen Krieg mit Russland so herrichten, dass energische Panzerbewegungen noch eine Rolle spielen.

Daher lassen dann beide auch ein Thema aussen vor, dass die Dimension des Sandkastens sprengen würde. Sowohl die Nato wie Russland sind Atommächte. Und ein deutscher Generalleutnant hätte genau nix dazu zu sagen, ob Atomwaffen eingesetzt werden. Denn auf deutschen Territorium sind zwar Atomraketen stationiert. Aber ob die abgeschossen werden oder nicht, das entscheidet nicht Deutschland. Hingegen ist es sicher, dass Deutschland eine russische Reaktion erleben würde.

Und dann ist für diese beiden Kriegsgurgeln zu hoffen, dass sie in einem atombombensicheren Bunker sitzen. Ob das allerdings bei einem atomaren Schlagabtausch eine wünschenswerte Perspektive ist, ihn zu überleben, das wagt ZACKBUM doch zu bezweifeln.

Aber wir können ja auch nicht so martialisch mit militärischen Begriffen rasseln wie Häsler oder der deutsche Rommel-Verschnitt.

Radio Swiss Eriwan

Wenn zwei Drittel dagegen sind, ist doch ein Drittel dafür.

Lassen wir Gnade bei der Sprachvergewaltigung walten. Wobei falscher Sprachgebrauch meistens ein Indiz für falsche Gedankengänge ist. So auch hier.

Früher, als es noch professionelle Kriterien bei der Herstellung eines Titels gab, sollte er die Kernaussage des folgenden Artikels zusammenfassen. Die Kernaussage hier ist, dass laut einer Studie «Sicherheit 2024» zwar 82 Prozent der befragten Schweizer die weltpolitische Lage negativ sehen. Hingegen 79 Prozent die Zukunft der Schweiz positiv, 92 Prozent gar haben ein positives Sicherheitsempfinden, und immerhin noch 68 Prozent Vertrauen in öffentliche Institutionen.

Ob SWI swissinfo.ch auch noch dazugezählt werden kann? Das setzt über diese Studie den Titel «Eine Mehrheit der Schweizer:innen will näher an die Nato», abwattiert durch «mit klaren Einschränkungen».

Das ist nun ein Titel aus Absurdistan, ein übler handwerklicher Fehlgriff. Ungefähr so wie die alte Militärparole: «vorwärts, wir ziehen uns zurück». Es ist ein Titel, der dem entsprechenden Resultat der Umfrage diametral widerspricht. Denn nur 30 Prozent haben sich für einen Nato-Beitritt ausgesprochen, satte 70 Prozent dagegen. Dass es bei Unterformen wie der gemeinsamen Entwicklung von Technologien Mehrheiten gibt, ändert nichts an diesem eindeutigen Resultat.

Immer noch 58 Prozent der Befragten lehnen eine Gastgeberrolle der Schweiz für Nato-Veranstaltungen ab. Wenn man sich als gebührenfinanzierter Staatssender besonders um Ausgewogenheit bemühen würde, wie es eigentlich Bedingung wäre, könnte ein solcher Titel niemals alle Kontrollinstanzen passieren. Wenn aber eine ideologische Brille den Blick auf die Wirklichkeit einfärbt, dann ist er natürlich als Wunsch möglich.

Ähnlich auch der Einstieg: «Für die amtierende Verteidigungsministerin Viola Amherd ist klar, dass es eine engere Kooperation der Schweiz und der Nato braucht.» Dass sie damit regelmässig schon im Bundesrat aufläuft, wird abtemperiert zu: «In der Politik sorgt das für Kontroversen.»

Im Wolkenkuckucksheim finden dann die «Analysen» einzelner Ergebnisse der Umfrage statt. Eingeleitet mit: «Mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 53%, sprechen sich für eine Annäherung an die Verteidigungsallianz aus.» Kleines Problem: diese Zahl kommt in den erwähnten Umfrageresultaten nirgends vor.

Dann wird schöngeschwurbelt, dass es kracht: «Einem Beitritt würde mit 30% der Befragten weiterhin nur eine Minderheit zustimmen. Auch hier ist der Trend aber eindeutig, der Schnitt über die letzten zehn Jahre lag bei 23%.» Auf Deutsch: gut, ist immer noch eine radikale Minderheit, aber es werden mehr.

Auch auf Nebenschauplätzen wird schöngeschrieben: «Einen Einbruch gab es bei der Entwicklungshilfe: 58% (-7%) sagen, die Schweiz solle mehr Entwicklungshilfe leisten, das ist weniger als der Zehnjahresschnitt (64%). Angesichts der drastischen Sparpläne im Parlament aber weiterhin ein solides Bekenntnis zur Entwicklungshilfe.»

58 zu 42 Prozent, Tendenz deutlich abnehmend, das soll ein «solides Bekenntnis» sein?

Eines der Probleme der zusammengebrochenen sozialistischen Staaten war, dass die veröffentlichte Meinung durch die Parteipresse immer weniger mit der Realität zu tun hatte. Während es auf Papier oder in Sendungen nur Planübererfüllungen, glückliche Menschen und volle Regale gab, sah die Wirklichkeit viel trister aus. Das führte dazu, dass selbst korrekte Triumphmeldungen nicht mehr geglaubt wurde.

Nicht nur Swissinfo wandelt auf diesen Spuren. Ob Natobeitritt, französische, deutsche oder amerikanische Wahlen, vom Ukrainekrieg ganz zu schweigen: es gibt bekanntlich keine objektive Berichterstattung. Aber es gab den Versuch, mit anerkannten journalistischen Mitteln der Wirklichkeit nahe zu kommen – und die Beurteilung dem Konsumenten zu überlassen. Wobei der Journalist seinen Trieb zur Bauchnabelbetrachtung in Kommentaren ausleben konnte.

Aber diese Einfärbung, diese offenkundige parteiische Perspektive, dieses Umdeuten klarer Zahlen, das hilft dem Anliegen dieser Journaille keinesfalls. Im Gegenteil, sie bestätigt die bösen Wörter von Lügen- und Lückenpresse. Die so absolut auch eine unzulässige Verallgemeinerung darstellen. Aber sich der Realität bei einigen Medienplattformen immer mehr annähern.

Häsler rides again

Wenn ein kalter Krieger heissläuft …

Von Operettengeneral Georg Häslers einstigem Optimismus, dass die Ukrainer nicht nur tapfer, sondern auch siegreich für unsere westlichen Werte sterben, ist nicht mehr viel übrig: «Das Szenario geht von einer weiteren Eskalation des Kriegs in Europa aus: Russland hat die Ukraine in die Knie gezwungen, Kiew musste die besetzten Gebiete abtreten. Eine Schutztruppe unter britisch-französischer Führung versucht, den Kreml vor einem weiteren Vorrücken abzuhalten.» Und in der Schweiz gehen die Lichter aus.

Über den Wehrwillen (und die Wehrfähigkeit) der Eidgenossen muss man sich allerdings Sorgen machen, wenn man weiss, dass Häsler auch noch Oberst der Schweizer Armee ist. Man beachte diese Lachnummer von Selbstdarstellung auf LinkedIn:

Der tieffliegende Hubschrauber sieht so schwarz in die Zukunft wie auf seinem Symbolbild, da die Schweiz viel zu wenig für die Landesverteidigung ausgebe: «Der grosse Krieg in Europa wäre womöglich schon wieder vorbei, bis die Schweizer Armee nach diesem Plan einigermassen kriegstauglich wäre – eine solche Sicherheitspolitik ist schlicht verantwortungslos.»

Nun, ein «grosser Krieg in Europa», also ein militärisches Vordringen Russlands in den NATO-Bereich, würde die Schweiz vor ganz andere Probleme stellen. Denn in einer radioaktiv verseuchten Umwelt hat Sicherheitspolitik eine eher geringe Priorität im Vergleich zum blossen Überleben.

Aber natürlich brennt’s niemals nur in Europa: «Die USA rechnen im Zeitraum zwischen 2027 und 2030 mit einem chinesischen Angriff auf Taiwan.» Dass China bis dahin nicht im Ansatz genügend eigene Kapazitäten für eine Chip-Produktion aufgebaut hätte, ist dem Weltstrategen offenbar entgangen. Daraus melkt Häsler ein weiteres Schreckensszenario. Die USA seien nicht mehr in der Lage, zwei Kriege gleichzeitig zu führen (wann waren sie das eigentlich mal?). Sie würden sich auf den Pazifik konzentrieren, Europa schutzlos zurücklassen, und: «Wer sich nicht verteidigen kann, zieht den Krieg förmlich an.»

Die Geschichte der Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg muss umgeschrieben werden. Da sie sich noch nie selbst verteidigen konnte, war sie offenbar Schauplatz unzähliger Kriege. Aber stell dir vor, es ist Krieg, und nur Häsler schaut hin.

Dann fällt er wieder in längst überkommene militärische Vorstellungen zurück. Luftverteidigung sei von oberster Priorität. Da ist selbst der militärische Laie und Alt-Bundesrat Kaspar Villiger weiter; chirurgische Eingriffe in essentielle Infrastruktur wären heutzutage gefährlich. Und von Cyberkriegsführung hat Häsler auch noch nie was gehört. Kein Wunder, als Fan von Hubschraubern …

Aber Häsler schreitet zur Befehlsausgabe:

«Eine externe Arbeitsgruppe erarbeitet bis im Spätsommer konkrete Vorschläge. Die konsequente Umsetzung ist eine Frage des politischen Willens.
Für den Wiederaufbau der Armee hingegen braucht es kurzfristig auch Mehreinnahmen. Zur Wahl stehen die direkte Bundessteuer, die eigentliche Wehrsteuer, die vor allem von den Besserverdienenden bezahlt wird, oder die Mehrwertsteuer. Weil es bei der Landesverteidigung um eine Gemeinschaftsaufgabe geht, ist eine Finanzierung über den Konsum, also die Mehrwertsteuer, vorzuziehen, weil davon alle betroffen sind

Und schon haut er wieder völlig daneben. natürlich wäre eine kurzfristige Finanzierung über die Direkte Bundessteuer, die nicht umsonst mal Wehrsteuer hiess, das richtige Mittel, nicht etwa die Mehrwertsteuer, deren Anhebung zu Verteidigungszwecken genauso abgelehnt würde wie für den Klimaschutz. Es macht ja genau den Charme der Wehrsteuer aus, dass sie Gutverdiener überproportional zur Kasse bittet, und nicht die Mehrheit der Stimmberechtigten.

Auch für die Armee hat Häsler knarrende Befehle parat: «In der Pflicht ist auch die Armee selbst. Alles, was nicht der Verteidigung dient, muss weg. Weniger Verwaltungsarbeit, weniger Immobilienaufwand, weniger Nostalgie, dafür mehr Flexibilität bei der Digitalisierung und mehr flüssige Mittel für Investitionen.» Kleiner Spartipp: wie wäre es mit dem Ausserdienststellen von Obersten?

Und am Schluss will er das, was schon immer der Traum aller militärischen Gaukler war, die eierlegende Wollmilchsau: «Die Schweiz braucht eine glaubwürdige Armee zur Kriegsverhinderung – und gleichzeitig gesunde Finanzen, um die Folgen einer weiteren Eskalation des Kriegs bewältigen zu können.»

Weitere Eskalation im Sinne eines europäischen Krieges? Da geht es dann allerdings mehr um die Frage, ob in einer atomaren Strahlenwüste die Lebenden die Toten beneiden werden oder nicht.

Die Welt spinnt

So hiess mal eine grossartige Spalte in der WoZ. Jetzt heisst die richtige Version «die WeWo spinnt».

Im steten Bemühen, uns die luziden Gedankengänge von Präsident Putin näherzubringen, öffnet die «Weltwoche» nun Peter Hänseler* die Spalten. Der betreibt den Blog voicefromrussia.ch. Dort veröffentlicht er so objektiv-aufmunternde Beiträge wie «Präsident Putin vertraut dem Volk» oder «Ein toter Nawalny ist ein Geschenk für Biden – cui bono»?

Zu seiner Entschuldigung kann man höchstens anführen, dass er in Moskau wohnt und dort gerne lebendig bleiben will. Und auch nicht in ein Straflager gesteckt werden möchte, was bekanntlich schon bei der kleinsten kritischen Bemerkung geschehen kann, wie der Fall Oleg Orlow gerade beweist. Als ob es weiterer Beispiele noch bedürfte.

Aber gut, die WeWo übernimmt Hänselers «Schlüsse» aus dem abgehörten Gespräch deutscher Militärs, die gerne Sandkastenspiele per offener Leitung betreiben.

Daraus «schliesst» Hänseler, dass «die höchsten Offiziere der deutschen Luftwaffe mit eigenen Worten unmissverständlich bestätigt haben, dass die Nato sich mit Russland im Krieg befindet». Das ist schon ziemlich tollkühn, aber er kann’s noch besser.

Greifen wir den absoluten Gaga-Satz heraus: «Verfolgt man die Reden Putins über die letzten 23 Jahre, so zeichnen sie sich vor allem durch eines aus: Im Gegensatz zu westlichen Politikern stand Putin stets zu dem, was er sagt. Er tut, was er sagt. Putin war und ist in seinen Aussagen transparent.»

Wenn wir das mit den Aussagen Putins gegenschneiden, die er im Januar 2022 machte, als er erklärte, dass Russland einfach mal ein wenig Militärmanöver abhalte, zufällig an der ukrainischen Grenze, zudem die Truppen bereits wieder abgezogen würden und keinesfalls, unter keinen Umständen beabsichtigt sei, die Ukraine zu überfallen, dann muss man vielmehr sagen: Putin lügt halt genauso wie die meisten anderen Politiker auch.

Wenn man dann noch seine Aussagen zu den Anfängen des Zweiten Weltkriegs und die Rolle Polens dabei nimmt, die er in seinem ewigen historischen Ausflug gegenüber dem US-Journalisten Tucker Carlson machte, dann muss man sagen: der Mann lügt nicht nur wie gedruckt, er hat auch ein sehr verpeiltes Geschichtsbild. So etwas entsteht halt, wenn der Autokrat nur Jasager um sich hat, die jedem Stuss von ihm begeistert applaudieren, weil sie wissen, dass ein kritisches Wort sehr weit nach Sibirien führen kann. Wenn nicht ein Fenstersturz oder ein plötzlicher Herztod das verhindert.

Man muss es nochmal in aller Deutlichkeit sagen: die Berichterstattung der Mainstreammedien über den Ukrainekrieg ist grösstenteils jämmerlich, einseitig, uninformiert und Propagandagedöns, wie es schlimmer im Ersten Weltkrieg nicht erschallte.

Inzwischen ist Wunderwuzzi Selenskyj weitgehend entzaubert, und selbst die grimmigste Schreib-Kriegsgurgel tritt den ungeordneten Rückzug an, unerschrocken nach mehr Waffen japsend.

Dagegen zu halten, das ist gut und sinnvoll und edel. Aber wenn man sich dabei ständig ins eigene Knie schiesst, wenn man den «Missverstandenen» eben «erklären» will, statt auf die Provokationen des Westens hinzuweisen, aber auch nicht unerwähnt zu lassen, dass er wie ein Trottel in dieses militärische Abenteuer stolperte, in eine «Spezialoperation», die er in wenigen Tagen mit der Eroberung Kiews abschliessen wollte, wenn man das nicht tut, dann spiegelt man doch unangenehm das Niveau der Pro-Ukraine-Berichterstattung in den meisten übrigen Medien.

Putin hält lachhafte Wahlen ab, bei denen es leider kein Gegenkandidat geschafft hat, zugelassen zu werden. Er ist ein korrupter Autokrat, der den Nahkampf mit den russischen Oligarchen dank Unterstützung der Armee gewonnen hat. Er neigt zum Salbadern und ist ein Versager, was sein militärisch-strategisches Vermögen betrifft.

Der Schaden, den er Russland (und der Ukraine) zugefügt hat, ist schwer zu ermessen, aber gigantisch.

Original-Töne von ihm oder von russischen Propagandasendern sind immer willkommen, das Verbot von «Russia Today» ist ein Schandfleck in der angeblichen Meinungsfreiheit des Westens. Aber man sollte solche Beiträge wie den von Hänseler wenigstens als Satire kennzeichnen.

*Nach Leserhinweis korrigiert.

WeWo sieht’s anders

Gegen den Strom aus Prinzip, dabei säuft man gerne ab.

Das Weltblatt aus Zollikon hat unbestreitbar eine gewisse Sympathie für den Herrn mit der anstrengenden Frisur und dem konsequenten Bräunungscreme-Unfall im Gesicht.

«Ich sagte, sie haben nicht bezahlt? Sie sind säumig? Nein, dann würde ich sie nicht beschützen. Ich würde sogar Russland dazu ermutigen zu tun, was auch immer zum Teufel es will.»

Das sagte Trompeter Trump bei einer Wahlveranstaltung in den USA, wo die NATO oder Europa oder die Ukraine ungefähr so weit entfernt sind wie der Mond. Das ist hanebüchener Unsinn, und das weiss Trump. Genauso wie seine nachgeschobene Behauptung, er habe als Präsident die übrigen Natostaaten dazu gezwungen, jede Menge Geld in das Bündnis zu pumpen. Aber Trump weiss auch, dass er mit seiner konsequenten «mad man»-Politik immer für Aufreger sorgt und im Gespräch bleibt. Die Reaktion in Europa ist ihm dabei schnurzegal, er richtet sich schliesslich an seine US-Wähler.

Aber dann gibt es einen Journalisten, der ihm diesen Quatsch sogar abnimmt. Wolfgang Koydl von der «Weltwoche» gewinnt den ersten Preis im Gläubigerclub Trumps. «Die Welt ist schockiert, aber er hat recht», glüht er vor Bewunderung. Dann überbeisst er vor Begeisterung: «Da hat er wieder einen rausgehauen! Schnappatmung allerorten. Man kann sich vorstellen, wie Olaf Scholz und Joe Biden die Hände vor den Mund schlugen wie blaustrümpfige Gouvernanten beim Anblick eines nackten Männerpopos.»

In Wirklichkeit haben die sich ins Fäustchen gelacht; Biden zumindest solange, bis er es wieder vergass.

Nach dieser Entgleisung unterstellt Koydl Trump etwas, wovon der Mann sicher noch nie gehört hat: «Zweitens steht Trump in einer Tradition des Isolationismus.» Dabei hätte der wohl Mühe, das Wort nur schon auszusprechen.

Zweites Beispiel. Der Treter-Hersteller On mit dem Saubermann Roger Federer als Galionsfigur steht völlig zu Recht in der Kritik. Bedenkliche Qualitätsmängel, schlechter Service, lausige Löhne, exorbitante Gewinnspanne, die alles schlägt, was sich die Konkurrenz traut. Und die Geschäftsleitung gönnt sich Millionengehälter.

Aber Michael Baumann schwärmt vom «Wunder von Zürich» und mäkelt: «So oder so wirkt die Kritik an der Erfolgsfirma etwas kleinkariert.» Der Kommentator in der WeWo kann die Begeisterung nicht ganz teilen:

«Ich hatte bereits zwei On-Schuhe, Laufschuhe. Mein Fazit: untauglich. Einzig fürs Büro und als Statussymbol geeignet … Und trotzdem sind die ON-Schuhe von schlechter und kurzlebiger Qualität mit einem entsprechend zu hohen Preis … Leider nicht wirklich haltbar, schon 4 Paar Schuhe wurden innerhalb jeweils eines Jahres reklamiert und ersetzt … Kaufte einmal – nie wieder … Leider lässt die Qualität zu wünschen übrig.»

Ein repräsentativer Querschnitt der Meinung von On-Besitzern auf der WeWo. Der K-Tipp zitiert einen Verkäufer von diesen Tretern: ««On-­Schuhe sind klassische Wegwerfprodukte.» Das Wunder von Zürich scheint eher darin zu bestehen, dass man sich mit einem solchen Schrott, geschicktem Marketing, Nachhaltigkeits-Gequatsche und Roger Federer als Aushängeschild dumm und krumm verdienen kann.

Aus der «kleinkarierten» Kritik: On-Treter im Online-Shop für 445 Franken. Herstellungskosten 20.80. Der «Roger Advantage» kostet die Bude in Vietnam 17.86, verkauft wird er für 190 Franken. Schuh-Näherinnen verdienen in Vietnam zwischen 120 bis 170 Franken. Im Monat. Aber «ab 2025» wolle On dort «existenzsichernde Löhne» zahlen, was immer das sein mag.

Für die eigene Existenzsicherung haben die drei Schweizer Firmengründer und ihre beiden Geschäftsführer gesorgt. Sie kassierten 19 Millionen im Jahr. Plus ein Bakschisch von über 80 Millionen nach dem Börsengang. Da lässt sich leicht von nachhaltig und verantwortungsbewusst faseln. Aber für Dummschwätzer Baumann ist Kritik daran «kleinkariert». Auch bei der WeWo funktioniert die Qualitätskontrolle nicht immer. Der Reflex «die anderen dagegen, wir dafür» immer öfter.

Kriegssirene «Blick»

Es gibt Themen, mit denen spielt man nicht.

Will man Alarmismus verbreiten, ohne dafür haftbar gemacht zu werden, dann probiert man’s mit dem Fragetitel:

«Putin steht vor einem Angriff auf die Nato», das wäre eine behaftbare Aussage; sollte sie nicht eintreffen, hätte sich der «Blick» blamiert. Aber so kann er die Alarmsirene erschallen lassen, war ja nur mal so eine Frage.

Allerdings braucht’s auch in den Niederungen des Nicht-Boulevards einen Vorwand, um so einen Titel durch das Regenrohr im Logo rauschen zu lassen. Darum muss sich «Redaktor Politik» Daniel Ballmer kümmern. Der kratzt mühsam zusammen, was sich als gebrechliche Stütze für den Titel eignen könne.

Der Einstieg ist nicht schlecht: «Boris Pistorius (63) lässt sämtliche Alarmglocken schrillen. Der deutsche Verteidigungsminister warnt vor einer Ausweitung des Ukraine-Kriegs.» Tut er das? Ach was, der «Blick» bezieht sich – auf sich selbst, bzw. auf ein durchgestochenes Strategiepapier aus dem Verteidigungsministerium, wo Sandkastengeneräle alle möglichen Varianten durchspielen, inklusive eines Angriffs aus dem All. Das Papier setzt inzwischen schon Staub an. Dann noch der schwedische Verteidigungsminister und der auch schon vom «Blick» breitgeschlagene «Nuklearforscher» Fabian Hoffmann, der an der Uni Oslo unter einem Aufmerksamkeitsdefizit leidet.

Anschliessend legt sich Ballmer mit quietschenden Reifen in die Kurve: «Ist das alles nur Alarmismus, um die erlahmende Unterstützung für die Ukraine wieder neu anzukurbeln?» Es folgen Zitate von weiteren «Experten», die kurze Antwort: ja, ist Alarmismus.

Aber damit ist der Slalom noch nicht zu Ende gewedelt. Denn liesse er seinen Artikel so ausklingen, hätte er sogar einem Fragetitel eins in die Fresse gehauen. Also letzte Wendung: «Entwarnung wollen die Experten denn auch nicht geben. Die Bedrohung durch Russland bleibt real.»

Oder anders formuliert: Steht Putin vor einem Angriff auf die Nato? Kann man so oder so sehen. Eher nicht. Vielleicht schon. Im Prinzip nein. Aber möglicherweise doch. Einerseits, andererseits. Weiss man’s?

Oder realistisch gesehen; fragt die Oberchefredaktorin: was haben wir heute zu Putin? Sagt der Redaktor: eigentlich nichts. Sagt die Chief of Content: so geht das nicht, ist mir zu sparsam. Sagt der Redaktor: okay, bevor meine Stelle eingespart wird, mach ich was.

 

Geschichte ist, was einem passt

Selektive Vergangenheitsbetrachtung beim Tagi.

Stephan Israel schreibt – mal wieder die Geschichte um. Zunächst aber verteilt er Betragensnoten vom Katheder: «Der Präsident der Ukraine hatte sich einen klaren Fahrplan für den Weg in die Allianz erhofft und sieht sich nun zu Recht enttäuscht.»

Denn Israel weiss: «Die Nato-Mitgliedschaft ist für Russlands Nachbarn die einzige Sicherheitsgarantie.» So kann man das natürlich auch sehen. Vielleicht könnte man es auch so sehen, dass die ständige Osterweiterung der NATO – entgegen allen Zusicherungen, die damals Gorbatschow gemacht wurden – genau diese Sicherheitsprobleme ausgelöst hat.

Aber Israel ist schnell mit der Hand auf der Tastatur, wenn «ein Grossintellektueller, eine Alt-Feminstin und eine Linkenpolitikerin» Sachen machen oder sagen, die dem Kleinintellektuellen Israel nicht in den Kram passen.

Natürlich hat Russland die Ukraine unter Bruch internationaler Vereinbarungen über deren territoriale Integrität überfallen. Aber die Geschichte ist nur halb erzählt, wenn man den Zusammenbruch der Sowjetunion und damit auch des Warschauer Pakts, des östlichen Verteidigungsbündnisses, unter den Tisch fallen lässt.

Aber wozu Fakten erwähnen, die den schönen Fluss eines schrägen Gedankens stören würden. Und wenn Israel schon schief unterwegs ist, dann richtig: «Westdeutschland durfte schon 1955 kurz nach Kriegsende und lange vor der Wiedervereinigung in die Nato.»

Durfte? Es ist richtig, dass alle heiligen Schwüre, dass Deutschland – wie Japan – von jeglicher militärischer Aufrüstung Abstand nehme, damit nach der Zivilisationskatastrophe des Zweiten Weltkriegs garantiert nicht nochmal ein Krieg von Deutschland ausgehe – vom Reaktionär Adenauer in das westliche Militärbündnis geführt wurde.

Als Reaktion darauf, was Israel natürlich auch unerwähnt lässt, als Reaktion darauf wurde der Warschauer Pakt gegründet, von damals acht Ostblockstaaten. Also die Wiederbewaffnung Westdeutschlands provozierte das östliche Verteidigungsbündnis, nicht etwa umgekehrt.

Alle grossen Versprechungen deutscher Politiker hatten sich mal wieder als Lügen auf kurzen Beinen erwiesen. So trompetete der spätere bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauss noch 1949: «Wer noch einmal das Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen.»

Wie ging’s weiter? Der Warschauer Pakt löste sich zusammen mit der UdSSR auf. Und die NATO führte ihre sogenannte Osterweiterung durch und wuchs auf 28 Mitglieder an. Wodurch sich Russland zunehmend eingekreist fühlte – und betrogen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die NATO nicht nur 2001 – nach den Anschlägen vom 11. September – den Bündnisfall erklärte und auch deutsche Truppen in Afghanistan einmarschierten um angeblich die Demokratie auch am Hindukusch zu verteidigen. Viel gravierender war das militärische Eingreifen im sogenannten Kosovokrieg, wo die NATO unter anderem Terror-Luftangriffe gegen das damalige Jugoslawien und auf Belgrad durchführte.

Das war sicherlich völkerrechtswidrig, weil dafür kein UNO-Mandat vorlag; die Bombardierungen Belgrads waren zudem mutmassliche Kriegsverbrechen.

Das alles entschuldigt den russischen Überfall auf die Ukraine nicht. Wer aber immer nur so einseitig das aus der Geschichte herausnimmt, was ihm gerade in dem Kram passt, disqualifiziert sich selbst. Besonders, wenn er aus solch selektiver Geschichtswahrnehmung heraus dann wohlfeile Ratschläge an die NATO-Mitglieder erteilt.

Aber immerhin; diesmal ist es ein verpeilter Tagi-Redaktor, nicht eine Fremdmeinung aus München. Man ist heutzutage bei Tamedia mit wenig zufrieden. Mit ganz wenig.

Gegenwahrheiten

«Provozierte» Nato-Erweiterung, «unprovozierter» Ukraine-Krieg, unheimliche «Bedrohung durch China». Teil 1

Von Felix Abt

Manche Behauptungen transatlantischer Politiker und ihrer Medienpartner stellen die Realität auf den Kopf – und würden selbst George Orwell verblüffen.

Eine Szene wie aus einem drittklassigen Mafia-Film: Produzent, Drehbuchautor und Regisseur (links) verlässt mit seinem Hauptdarsteller (rechts) mit gemächlichen Schritten diese orthodoxe Kirche in Kiew (beide sind nicht orthodox), während Sirenen heulen und vor einem bevorstehenden russischen Bombenangriff warnen. Obwohl Moskau vor diesem Besuch von Washington informiert wurde, um einen gefährlichen Zwischenfall zu vermeiden, jubelte „The Independent“, stellvertretend für die kriegslüsternen Mainstream-Medien, begeistert: „Biden trotzt Sicherheitswarnungen und Luftschutzsirenen für einen historischen Moment in Kiew.“ (Foto: Evan Vucci/Keystone)

US-Präsident Biden, westliche Politiker und ihre Medienpartner sind sich einig, dass der Einmarsch Russlands in die Ukraine «unprovoziert» war. Der Präsident des Landes, das für seine zahlreichen unprovozierten Angriffskriege berüchtigt ist, bezeichnete Putin dafür als «Verbrecher». Dass der Krieg in irgendeinem Zusammenhang mit der NATO-Erweiterung stehen könnte, die zur Stationierung nuklearfähiger Raketen in Polen und Rumänien mit einer Flugzeit von weniger als 10 Minuten nach Moskau führte, wird nicht einmal ansatzweise thematisiert. Ebenso wenig wie der Vorstoss der Obama/Biden-Regierung, die Ukraine der NATO einzuverleiben, mit einer 2.000 Kilometer langen gemeinsamen Grenze mit Russland und noch mehr Raketenbasen in der Zukunft. Wenn Kuba eine einzige russische Rakete stationieren würde, wäre das für Washington ein Grund für einen Krieg gegen die Insel; Russland hingegen wird es zugemutet, von zahllosen NATO-Raketen an seinen Grenzen und in seiner Nähe umzingelt zu werden, ohne sich dagegen zu wehren.

Russland hatte Deutschland friedlich wiedervereinigen lassen, nachdem der Westen auf diplomatischer Ebene versprochen hatte, die NATO keinen Zentimeter nach Osten zu verschieben. Darüber hinaus hatten die westlichen Länder 1999 in der Europäischen Sicherheitscharta dem Grundsatz zugestimmt, dass «jeder Staat verpflichtet ist, seine Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten zu stärken.»

Russische Limits ins Lächerliche gezogen

Der ach so vertrauenswürdige Wertewesten scherte sich aber einen Dreck um die Einhaltung von Versprechen und Vereinbarungen mit Russland. Moskau schluckte die große Kröte, als sich die NATO an Russlands Grenzen, nicht nur in Polen und Rumänien, zu einer ernsthaften Bedrohung aufblähte, hielt aber seit Jahren unvermindert an seiner Forderung fest, dass Georgien und die Ukraine unter keinen Umständen NATO-Mitglieder werden dürften. Westliche Politiker und Medien haben diese russische «rote Linie» nie ernst genommen und sie sogar ins Lächerliche gezogen. Spätestens seit den Angriffskriegen der NATO in Jugoslawien, im Nahen Osten und in Afghanistan dürfte sich Russland bewusst sein, dass die NATO nicht einfach eine Selbstverteidigungsorganisation, sondern ein aggressives Kriegsbündnis ist.

Es ist daher wohl kein Zufall, dass die Konsumenten der Mainstream-Medien nie erfahren haben, dass derselbe Joe Biden, als er noch ranghöchstes Mitglied des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des US-Senats war, die NATO-Erweiterung als gefährliche westliche Provokation Russlands bewertete und davor warnte, dass sie «eine energische und feindselige Antwort Russlands» hervorrufen würde.

Anstatt diese vorhersehbare Reaktion durch eine Sicherheitsgarantie für Russland zu verhindern, was für alle Beteiligten kostengünstig und schmerzlos gewesen wäre, hat er aktiv dazu beigetragen, sie zu provozieren! Nun, dem ehrlichen Joe Biden ist es hoch anzurechnen, dass er sich als korrupter Politiker geoutet hat, der den Geldgebern zu dienen hat: «Ich denke, Sie sollten nicht annehmen, dass ich nicht korrupt bin. Man braucht eine Menge Geld, um ins Amt zu kommen. Und die Leute mit diesem Geld wollen immer etwas

Konnten Sie zu alledem irgendetwas in Ihrer Zeitung lesen oder aus Ihren TV-Kanälen erfahren? Eher nicht. Man kann also davon ausgehen, dass ein gut geschmierter Senator, der Präsident werden will, zumindest dem Expansionsdrang des allmächtigen militärisch-industriellen Komplexes nicht im Wege steht und deshalb seine Meinung anpasst: Es war also Russland, das provoziert hat! Washington-treue Politiker und Medien haben sofort den Grund für die NATO-Erweiterung nachgeliefert: Im Kreml sitze ein imperialistischer Zar, der sich in einen gefährlichen neuen Hitler verwandelt habe, und deshalb brauche man eine hochgerüstete NATO an möglichst vielen Grenzen Russlands. Wahrlich, der Teufel im Kreml hat die NATO-Expansion provoziert!

32 Jahre dauerte es von der Auflösung des Warschauer Paktes bis zur fast vollständigen NATOisierung Europas – vergleicht man den Zustand des Jahres 1990 mit dem von 2022, dem Jahr des «unprovozierten Angriffskrieges»:

Europa 1990 (Quelle: Bryn Bache | CNBC)

Die obige Illustration zeigt, dass 1990 – dem Jahr 1 nach dem Fall der Berliner Mauer – zur russisch dominierten Sowjetunion die Ukraine, die baltischen Staaten und mehrere andere, inzwischen unabhängige Länder gehörten. Dem Warschauer Pakt, einem ebenfalls von Russland dominierten Bündnis, gehörten sechs Staaten an, die heute ebenfalls alle unabhängig sind.

Und in der nachfolgenden Grafik, sieht man, dass 2022 – also 32 Jahre, seit sich Deutschland wiedervereinigt hat – alle ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten zwischenzeitlich der NATO beigetreten sind. Drei Länder, die früher zur Sowjetunion gehörten – Estland, Lettland und Litauen – sind ebenfalls NATO-Mitglieder geworden.

Europa 2022 (Quelle: Bryn Bache | CNBC)

Wer hat den Ukraine-Krieg wann begonnen?

Bislang lautete das offizielle und ständig wiederholte Mantra Washingtons, seiner europäischen Vasallen und Medienpartner, dass Russland für das Verbrechen eines völlig «unprovozierten» Angriffskrieges verantwortlich sei, den es im Februar 2022 begann. Jetzt hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg das Datum des Kriegsbeginns korrigiert – und bestätigt, was die Konsumenten alternativer Medien schon seit Jahren wissen: Der Krieg begann acht Jahre zuvor, im Jahr 2014, als die demokratisch gewählte Regierung Janukowitsch in Kiew durch einen von den USA unterstützten Staatsstreich gewaltsam abgesetzt und durch eine antirussische Regierung ersetzt wurde, die anschließend hart gegen russische Minderheiten vorging.

Übrigens kann es kein Zufall sein, dass ausgerechnet acht Jahre nach dem Putsch in Kiew, also im Jahr des «unprovozierten» Angriffskrieges Russlands, der entscheidende Beweis für die Beteiligung der USA am Sturz der Regierung in Kiew von YouTube entfernt wurde.

Nach dem Staatsstreich began die NATO sofort mit der Ausbildung und Bewaffnung der ukrainischen Streitkräfte. Das neue, banderistische und russophobe Regime in Kiew nutzte ab 2014 die militärische Aufrüstung und begann noch im selben Jahr mit der Bombardierung der russischsprachigen Zivilbevölkerung im Donbass, was zu Tod und Verwüstung führte. All dies konnten Sie auch nicht aus Ihren Zeitungen oder Fernsehkanälen erfahren.

Fortsetzung folgt.

Giftgrüne Krieger

Frieden schaffen mit immer mehr Waffen.

Oder von der Friedenstaube als Symbol zu den friedenstauben grünen Kriegern als hässlicher Anblick.

Es gibt wohl keine andere politische Bewegung in Deutschland (und in der Schweiz), die dermassen prinzipienlos, opportunistisch, machtgeil ohne zu zögern bereit ist, sämtliche Grundsätze über Bord zu werfen – wie die Grünen.

Von «AKW, nein danke» zu «AKW, warum nicht». Von «Braunkohle ist des Teufels» zum Räumen von Protestlagern der Gegner des Braunkohleabbaus. Von Ausstieg aus der AKW-Stromproduktion zur Fortsetzung. Das alles waren mal Grundpfeiler der grünen Identität, die sich zu einem grossen Teil aus der Anti-AKW-Bewegung rekrutierten.

Ein letzter Pfeiler wurde auch schon lange angesägt, der grüne Aussenminister Joschka Fischer, der grösste Wendehals aller Zeiten, befürwortete lauthals die völkerrechtswidrige NATO-Intervention in Jugoslawien und redete die dabei begangenen Kriegsverbrechen schön.

Jetzt ist er Cheflobbyist und versilbert seine vielen in der Politik gewonnenen Kontakte mit seiner «Joschka Fischer & Company». Auf seinen Spuren wandeln die grünen Minister Robert Habeck und Analena Baerbock.

Schon längst sind sie im üblichen Politikergequatsche angekommen; so findet er, die Proteste in Lützerath fänden «am falschen Ort» statt.

Das Wort von der Macht der Maschine des Systems beweist seine Richtigkeit an den Grünen wie nirgends sonst. Claudia Roth, mal kleine Sekretärin der Fraktion, eiert inzwischen durch die Weltgeschichte und macht als Kulturministerin eine möglichst schlechte Figur. Viele andere Grüne sind in Deutschland oder gar im Europaparlament längst im Machtrausch angekommen. Büro, Mitarbeiter, Limousine, Personenschutz, Wichtigkeit.

Habeck äussert so kriegstreiberische Sätze wie den, dass die BRD doch nicht im Wege stehen solle, wenn Polen der Ukraine deutsche Leopard 2 Panzer liefern wolle. Dass dagegen bloss das deutsche Waffenausfuhrgesetz steht, was soll’s. Das ist ungefähr so strikt wie das schweizerische, nur ist der Unterschied, dass sich die Schweiz an ihre Gesetze hält. Deutschland schon länger nicht mehr. Im Gegenteil, deutsche Politiker wagen es sogar, die Schweiz dafür zu kritisieren, dass hierzulande nicht einfach Gesetze in die Tonne getreten werden, wenn sie nicht mehr opportun erscheinen.

Die für jeden billigen Fototermin durch die Welt jettende Aussenminister Baerbock fantasiert sogar davon, dass der Ukrainekrieg mit einem Sieg beendet werden müsse.

Der deutsche Bundeskanzler Scholz hingegen wird als der Zögerer und Zauderer belächelt. Dabei ist ein Satz von ihm ein einsamer Leuchtturm in der Finsternis: «Wenn es um Krieg und Frieden und die Sicherheit Europas geht, kann man Lösungen nicht einfach aus dem Ärmel schütteln.»

Gerade in Krisenzeiten, das bewies sich aller Orten schon bei Corona, kommt es eben darauf an, ob ein Politiker zum Staatsmann reift oder zum kleinen Würstchen zusammenschnurrt.

Geld, Waffen, schwere Waffen, leichte Artillerie, schwere Artillerie, leichte Panzerwagen, Geschützpanzer, Kampfpanzer bester Qualität; es kommt einem unwillkürlich das Bild der Schlafwandler in den Sinn, die meist ohne zu wollen und sicher nicht mit böser Absicht in den Ersten Weltkrieg taumelten.

Man kann über die Sinnhaftigkeit jeglicher Waffenlieferungen an die Ukraine geteilter Meinung sein. Soweit eine vom Mainstream-Narrativ abweichende Meinung überhaupt noch Resonanzkörper findet. Was aber unbestreitbar ist: jede waffentechnische Eskalation steigert das Risiko eines unkontrollierbaren Verlauf des Kriegs.

All diese kalten und warmen Krieger, die gerne über Leichen gehen (natürlich nur die der anderen, Forderungen nach dem Eingreifen von NATO-Truppen verstummten schnell), sie folgen einem bellezistischen Präsidenten, über dessen Realitätsnähe oder Fähigkeit zu einer vernünftigen Lagebeurteilung nichts Genaues bekannt ist. Er hat auf jeden Fall schon Forderungen aufgestellt, die man im Westen geflissentlich ignorierte.

So nach einer Flugverbotzone über der Ukraine, durchgesetzt von der NATO. Das, und andere Irrwitz-Ideen, hätten die direkte militärische Konfrontation der NATO mit Russland bedeutet – mit unabsehbaren Folgen.

Von Westlern auf dem Kriegspfad wird der Krieg in der Ukraine einerseits als Konfrontation zwischen den zivilisierten Werten des Westens und der asiatischen Barbarei der Russischen Konföderation beschrieben. Was kompletter Unsinn ist, es geht wie bei anderen völkerrechtswidrigen Angriffskriegen um die Durchsetzung von Machtansprüchen. Vietnam, Panama, Irak, Afghanistan, Jemen, Syrien und Ukraine, es geht um Herrschaft und Macht, unbeschadet, ob damit ein Land in Schutt und Asche gelegt wird.

Die andere Begründung für das Spielen mit einem Dritten Weltkrieg lautet, dass der Westen eben nicht energisch genug auf die Annexion der Krim reagiert habe. Hätte man damals Putin in die Schranken gewiesen, gäbe es dieses aktuelle Invasion nicht.

Da niemand genau erklärt, wie denn das Schrankenweisen damals hätte vonstatten gehen sollen, ist, auch das nicht tragfähig. US-Generäle forderten in Vietnam den Einsatz von Atomwaffen. China spielte im Korea-Krieg mit diesem Gedanken. Putin droht damit, sollte russisches Gebiet attackiert werden.

Ist dieser Gefahr gegenüber markige Mannhaftigkeit angebracht? Lieber verstrahlt als nachgiebig? Lieber die Welt in Schutt und Asche, dafür dem Prinzip treu geblieben? Da kann sich jeder seine Meinung dazu bilden.

Was aber jetzt schon klar ist: sollte es wirklich nach stetiger Eskalation zum grossen Knall kommen, wird niemand daran schuld sein im Westen. Alle werden mit den Zeigefingern, so sie noch welche haben, auf Putin deuten: der war’s.

Das zumindest in Deutschland in erster Linie Vertreter der früheren Friedenspartei Grüne kräftig auf die Kriegstrommel hauen, Waffenlieferungen zusagen, ankündigen, hysterisch von völliger Rückeroberung und Sieg faseln, das sollte zumindest for the Record festgehalten werden.

Bewaffnete Neutralität

Frieden schaffen mit viel Waffen.

Die deutschen Grünen legen noch den letzten Salto in Sachen Opportunismus, Wankelmütigkeit und Verrat an allen Prinzipien hin.

AKW? Gute Sache, sollte man gleich noch in Reserve halten. Kohlekraftwerke? Na ja, im Notfall …

Die Gründerväter (und -mütter) rotieren im Grab. Immerhin müssen das Petra Kelly oder Gerd Bastian nicht mehr erleben. Wer das war? Ach, so zwei prinzipientreue, pazifistische und aufrechte Kämpfer für grüne Anliegen, als es noch obligatorisch war, diese Buttons zu tragen:

 

Oder diese Fahne flattern zu lassen:

Das sehen die deutschen Grünen inzwischen sehr entspannt. Dass die Aussenministerin Annalena Baerbock eine unerträgliche Stimme hat, dafür kann sie nichts. Aber für das, was sie sagt, alles. Denn inzwischen befürwortet sie die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine.

Das wäre dann das weite Mal in den letzten 80 Jahren, dass in der Ukraine deutsche Räder rollen bis zum Sieg. Oder so. «Luftabwehr, Artillerie, Mehrfachraketenwerfer», Baerbock hört sich inzwischen an wie eine Waffenhändlerin, nicht wie eine grüne deutsche Aussenministerin. Aber das hat bei den Grünen Tradition, schon Joschka Fischer, damals Aussenminister, verteidigte 1999 den völkerrechtswidrigen Einsatz der Nato im Jugoslawien-Krieg. Dafür fiel ihm auf dem Sonderparteitag der Grünen ein ungeheuerlicher Vergleich ein: «Auschwitz ist unvergleichbar. Aber ich stehe auf zwei Grundsätzen, nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus.»

Der Kosovo-Krieg war dann eine «humanitäre Intervention». Man sieht, dass Kreml-Herrscher Putin nicht ganz alleine ist im Erfinden euphemistischer Beschreibungen für Kriegsverbrechen. Ein solches war beispielsweise die Bombardierung von Belgrad ohne Zweifel.

Schon damals rumorte es etwas an der grünen Basis, aber da alle Grundsätze der Gründungsgrünen der Teilhabe an der Macht geopfert worden waren, kam Fischer damit durch.

Nun haben wir einen grünen Wirtschaftsminister in Deutschland, der von Wirtschaft keine Ahnung hat. Und eine grüne Aussenministerin, die wohl lieber Kriegsministerin wäre.

In der Schweiz sind die Grünliberalen auf den Spuren der deutschen Grünen. Die Fraktionschefin Tiana Moser befürwortet Schweizer Waffenlieferungen an «demokratische» Länder, «wenn die angegriffen werden». Gut, damit wären solche Lieferungen an die Ukraine eigentlich ausgeschlossen, denn dort wird die Präsidentschaft nicht in Wahlen entschieden, sondern gekauft. Aber mit solchen Details will man sich bei den Grünliberalen nicht aufhalten.

Die Schweizer Grünen sind noch etwas zurückhaltender, weil hierzulande noch diese dumme bewaffnete Neutralität im Raum steht. Inklusive Verbot, an Kriegsparteien Waffen zu liefern, unabhängig von der demokratischen Ausrichtung. Und auch unabhängig davon, wer Angreifer und wer Angegriffener ist.

Allerdings mehren sich auch in der Schweiz die Stimmen, dass man sich von einem angeblich überholten Neutralitätsbegriff verabschieden müsse. Wenn es (mal wieder) um Gut gegen Böse ginge, könne die Schweiz nicht einfach abseits stehen. Sie müsse sich auf einer Seite engagieren, natürlich auf der guten. Die gute Seite ist dort, wo die Nato steht, so die Banallogik der Analyse. Dabei wird auch geflissentlich übersehen, dass die Schweiz nicht Mitglied bei der Nato ist.

Allerdings, das ist wahr, stand sie im Kalten Krieg unter dem Schutzschirm des westlichen Verteidigungsbündnisses, und bei allen Sandkastenspielen der Schweizer Militärs kam Rot, also der Feind, immer von Osten. Nie von Norden oder gar Süden, obwohl aus diesen Richtungen schon entschieden mehr Gefahr gegen die Schweiz ausgegangen war.

Wie viele edle Haltungen ist Neutralität kein Problem, wenn sie nicht auf dem Prüfstand steht. «Wir sind neutral» zu sagen, wenn das niemand in Frage stellt, ist einfach. «Ich bin ehrlich, anständig und kein Dieb», das ist eine wohlfeile Aussage, wenn die Lebensumstände angenehm und der Mensch gesättigt ist. Anders sieht’s schon aus, wenn es ums Überleben ginge, ums Verhungern. Eine edle Haltung ist wohlfeil, wenn sie keinen Versuchungen oder Prüfungen ausgesetzt ist.

Ist die Schweizer Neutralität Versuchungen ausgesetzt? Zumindest Forderungen, dass sie überdacht werden sollte, nicht mehr zeitgemäss sei, man sich doch nicht nur den Sanktionen, sondern auch militärischer Hilfe anschliessen solle. Nach dem üblichen Argument: Neutralität heisse, indirekt oder gar direkt den Aggressor Russland zu unterstützen.

Das ist Unsinn, aber verführerischer Unsinn. Natürlich war die Neutralität der Schweiz nie unbefleckt und vollkommen. Natürlich hat die Schweiz schon Waffen an Länder geliefert, die sie dann in inneren oder äusseren Konflikten einsetzten. Aber das waren eindeutig Fehler. Wieso dann solche Fehler wiederholt werden sollten, entzieht sich ebenfalls jedem logischem Verständnis.