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Beamter müsste man sein

Obwohl es diesen Status in der Schweiz gar nicht gibt.

Beamter, im Sinn von lebenslänglich garantierte Arbeitsstelle, das bleibt in der Schweiz ein feuchter Traum für viele Sesselfurzer. Wobei sie durchaus genügend Schmerzensgeld dafür kriegen, dass man sie theoretisch entlassen könnte. Aber wer will das schon.

Da gibt es nun die in vorderster Linie Stehenden, die auch ständig in der Öffentlichkeit beäugt werden. Also die Bundesräte. Die verdienen brutto 468’276 Franken im Jahr. Plus Spesenpauschale (30’000 Franken). Plus Kosten Telekommunikation, plus Repräsentations- plus Dienstfahrzeug. Plus GA 1. Klasse und GA für die Schweizer Seilbahnen. Radio- und TV-Gebühren zahlen die Bundesräte aber selber.

Das ist ganz hübsch, wobei bis heute ein Managing Director einer Bank nur müde lächeln würde bei einem solchen Angebot; ein CEO würde dafür nicht einmal einen halben Monat arbeiten.

Aber daneben ist ein Salärdschungel gewuchert, in dem subalterne Chefs oder Präsidenten leben, die bei der Verwaltung von Steuergeldern oder anderer Einnahmen null unternehmerische Verantwortung tragen, aber gigantisch abkassieren.

Da hätten wir mal den SRG-Generaldirektor Gilles Marchand. Der schlägt den Bundesrat mit 514’000 Franken. Man fragt sich, wofür er dermassen viel Kohle kassiert. Das gilt natürlich auch für die SRF-Chefin Nathalie Wappler, die allerdings mit 390’000 Franken doch unter einem Bundesratssalär liegt.

In einer anderen Liga spielt der CEO der Postfinance. Der hält sich offenbar für einen Banker mit bescheidenen Ansprüchen und gibt sich mit läppischen 800’000 zufrieden. Da kann natürlich der oberste Chef der Post nicht zurückstehen, Roberto Cirillo kriegt 821’000.

Die skandalgebeutelte RUAG zahlt ihrem Chef Andre Wall knapp 800’000 Franken. Ganz soviel verdiente er in seinem vorherigen Job als Chief Technical Officer bei der Iberia nicht. Grosse Ahnung von Rüstungsgeschäften hat er offenbar auch nicht, aber immerhin versteht er etwas vom Fliegen. Das kann bald einmal nützlich sein.

SBB-Chef ist auch kein Knochenjob, wird aber mit über einer Dreiviertelmillion entschädigt, was Vincent Ducrot ausnehmend freut. Dann hätten wir noch den staatlichen Unfallversicherer Suva, für den Schoggi-Job des CEO kassierte Felix Weber satte 630’000 Franken.

Im Vergleich dazu ist Marchand wiederum fast ein armer Schlucker. Trotz diesen absurden Gehältern (das Schweizer Durchschnittseinkommen liegt bei rund 85’000 Franken brutto, ein Bundesangestellter kommt im Schnitt dagegen auf 182’000 im Jahr, es Bitzeli mehr), passieren ständig Pleiten, Pech und Pannen.

Immerhin herrscht hier weitgehend Transparenz; das «Eidgenössische Personalamt» veröffentlicht jedes Jahr tapfer ein «Kaderlohnreporting», das jeder – auch Journalisten – einsehen kann. Aber darüber berichten sie mehr so im Vorbeigehen. Warum? Nun, nicht allzu wenige Medienschaffende wechseln gerne die Stelle – aus welchen Gründen auch immer – und fallen dann in ein gut gepolstertes und weiches Bett bei der Bundesverwaltung. So wie André Marty oder unlängst Pascal Hollenstein.

Besondere Qualifikationen, das ist das Sahnehäubchen, sind dafür nicht nötig.Vorherige Erfolge im Berufsleben auch nicht. Im Gegenteil; wenn sich ein Medienkonzern wie im Fall Hollensteins holterdipolter trennt – natürlich im gegenseitigen Einvernehmen –, dann mindert es die Bereitschaft zur Gegenwehr oder zum Protest, wenn bereits ein sanftes Ruhepöstchen zu einem netten Gehalt in Aussicht ist.

Als Leiter Kommunikation hätte Hollenstein eigentlich die Oberverantwortung für den fatalen Satz seiner Chefin während der Pressekonferenz über den Ramschverkauf der Credit Suisse. Dort sagte sie bekanntlich, dass das kein «bail-out» sei, womit sie dem Steuerzahler möglicherweise ein Milliardenproblem einbrockte. Aber das ist ja das Schöne an Quasi-Beamtenstellen: Verantwortlichkeit gibt’s nicht. Haftung noch viel weniger.

Die Höchststrafe ist normalweise eine Frühpensionierung oder die Versetzung auf ein Pöstchen (zu gleichem Gehalt, versteht sich), auf dem der Quasi-Beamte weniger Schaden anrichten kann.

SwissMediaForum: Gedöns

Wenn Medien über sich sprechen, wird’s peinlich.

Wer sich selbst so anpreist und auch fotografisch Mut zur Hässlichkeit bekundet, gibt klar zu erkennen: hier stellen sich für einmal Medien in den Mittelpunkt. Was kein schöner Anblick ist.

Dabei werden in Luzern auch heisse Themen angefasst:

Das hier ist zum Beispiel die Diskussionsrunde zum affenheissen Thema, ob die Medienbranche ein strukturelles Sexismusproblem habe. Mit grosser Mühe wurden drei Diskussionspartner zusammengekratzt, die sich eigentlich nur durch ihren Mut qualifizierten, hier überhaupt aufzutreten; es habe viele Absagen gehagelt, stöhnten die Organisatoren.

Überhaupt ist das Forum dieses Jahr gut für schräge Auftritte. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wollte originell sein (und sollte ihren Redenschreiber feuern). Die Medien seien die «Wachhunde der Demokratie» sagte sie launig, weil derjenige, der ihr diesen Quatsch aufschrieb, offensichtlich gegoogelt hat, was denn «watchdog» auf Deutsch heisst.

Aber damit nicht genug, wenn schon eine Metapher, dann muss sie gleich zu Tode gepeitscht werden. Es gäbe also «den Kläffer, den Wadenbeisser und den Kettenhund». Gegen den Wadenbeisser habe sich der Bundesrat Beinschoner zugelegt. Endlich einmal konnten sich die versammelten Medienschaffenden nicht über sich selbst, sondern fremdschämen.

Aber dann kam noch der Tiefpunkt im Höhepunkt, die sogenannte Elefantenrunde am Schluss der Veranstaltung. Anwesend waren Felix Graf (CEO NZZ), Michael Wanner (Neu-CEO CH Media), Nathalie Wappler (SRF) und Pietro Supino (Tx Group – oder wie das Teil zurzeit gerade heisst).

Dann wurde es wirklich richtig peinlich. Wie’s halt so ist, wenn man zuschauen muss, wie sich erwachsene Menschen auf offener Bühne abknutschen. Supino machte ein Kompliment an die Moderatorin, bei Wappler täuschte er einen Wangenkuss für ihre Arbeit bei der SRG an. Wappler schmachtete Graf an, mit dem sie «inspirierende Gespräche» geführt habe. Graf umarmte Wanner für seinen frischen Ansatz, und Wanner schliesslich versuchte, eine Zehe von Supino zu lutschen, den er für seine strategische Weitsicht lobte. Worin sich die zum Beispiel im Skandalfall Roshani/Canonica geäussert hatte, was wohl der degradierte Chefredaktor, Bauernopfer Rutishauser davon hält, ist hingegen nicht überliefert.

Eine Medienbranche, die bis zum Hals in Problemen steckt, ein Tx-Konzern, der seine Mediensparte zu Tode hungert. Ein CH-Media-Konzern, der von einem Familienclan beherrscht wird, wo der richtige Nachname wichtiger ist als Kompetenz. Ein Ringier-Verlag, der erst gar nicht an dieser sogenannten Elefantenrunde teilnimmt, was aber niemandem auffällt. Oder vermissten wir das Stichwort Resilienz? Und schliesslich die NZZ, die den CEO entsandte, weil der eigentliche Big Boss für solchen Pipifax keine Zeit hat. Dann gäbe es noch das Haus Lebrument, und Christoph Blocher soll scheint’s auch so ein kleines Zeitungsimperium haben.

Vielleicht hätte auch Roger Schawinski, der sich intensiv mit dem Skandal Roshani/Canonica auseinandergesetzt hat, Interessantes zum Thema Medien beizutragen gehabt. Aber eigentlich war es so: wer sich ernsthaft mit Medien befasst, wie auch ZACKBUM, hatte Besseres zu tun, als sich diese gegenseitigen Beweihräucherungen und das Werfen mit Wattekugeln anzuschauen.

Einmal Wappler, bitte

Die NZZaS versuchte, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Ein Interview mit Nathalie Wappler ist etwa so erkenntnisfördernd wie der Versuch, die «Tagesschau» zu interviewen.

Wappler versucht es immer wieder mit der gleichen Strategie. Leugnen, zurückfragen, dann wieder leugnen.

Die NZZaS konstatiert, dass die Sparnmassnahmen zu einer Qualitätseinbusse geführt haben, beispielsweise beim Flaggschiff von SRF, den Nachrichtensendungen. Verteidigungslinie eins von Wappler:

«Dass die Qualität der Sendungen ungebrochen hoch ist, wird uns regelmässig von unabhängiger Stelle attestiert.»

Wechsel von Defensivverteidigung zur Offensive: «Weshalb ist es aus Ihrer Sicht eine Qualitätsminderung, wenn ein Beitrag länger und vertiefter ist?»

Die NZZaS legt nach, dass sei nicht ihre Meinung, sondern Mitarbeiter hätten ausgesagt, dass sie ausdrücklich als Sparmassnahmen angehalten worden seien, Beiträge in Live-Schaltungen durch «längere Gespräche und Zusatzfragen in die Länge zu ziehen».

Nun geht Wappler etwas die Luft aus, also wird sie apodiktisch: «Das sind keine Sparmassnahmen.» Sondern das diene der «Vertiefung».

Wapplers ewig gleiche Taktik

Gleiche Taktik bei Fragen nach dem Abbau in der Kultur. Zuerst Gegenoffensive, dann halbes Eingeständnis: «Das mit dem Sparen ist ernst. Glauben Sie mir, ich hätte lieber neue Formate entwickelt und gleichzeitig die alten behalten. Das ging aber nicht.»

Die NZZaS hakt nach, dass Kultursendungen gestrichen wurden, ohne einen Ersatz zu präsentieren. Da versucht sich Wappler in absurder Logik: «Was soll ich entwickeln, bevor ich weiss, wie viele Mittel ich für die Weiterentwicklung habe?»

Das könnte man in einer ordentlichen Finanzflussplanung theoretisch hinkriegen, aber wieso auch. Dann setzt sie noch einen drauf: «Zu unserer Unabhängigkeit gehört auch, dass wir die Finanzen in Ordnung halten.»

Das muss man nun zumindest als nassforsch bezeichnen, bezüglich Finanzgebaren, Verzögerungen, Zusatzkosten beim Newsroom usw. spricht sogar der sonst um christliche Sanftmut bemühte Parteipräsident der «Mitte» Gerhard Pfister von einem «Saftladen». Aber das kratzt natürlich eine Wappler nicht.

Auch auf die Frage, wieso SRF nicht von den drei TV- und sechs Radiosendern ein paar streiche, die Konzession fordert nur insgesamt fünf, versucht es Wappler mit einer Gegenfrage: «Wieso soll ich in einer Welt mit immer mehr Medienkanälen ausgerechnet Kanäle streichen?»

Knappe Replik der NZZaS: «Weil Sie sparen müssen, um Geld für neue digitale Projekte zu haben.» Da macht Wappler den Wackelpudding: «Die heutigen Sender laufen ja gut.»

Abgesehen davon, dass das sehr relativ ist; wo ist hier der Bezug zur Frage? Im weiteren Verlauf des Interviews verwendet Wappler diesen Trick wieder und wieder.

Antworten auf Fragen, die nicht gestellt wurden

Kritische Fragen an einen Bundesrat? «Sagen Sie mir, wo nicht.» Interne Unruhen und viele namhafte Abgänge? «Erklären Sie mir das mit den vielen Abgängen, bitte.» Die NZZaS erklärt mit langer Namensliste. Darauf Wappler: «Ich finde es immer schade, wenn Kolleginnen und  Kollegen das Haus verlassen.»

Das mag ja so sein, nur war das nicht die Frage. «Wir sind immer noch ein attraktiver Arbeitgeber», die NZZaS kontert mit einer Mitarbeiterbefragung, in der desaströse 54 Prozent SRF als attraktiven Arbeitgeber bezeichnen. Kühle Antwort:

«Eine derart grosse Transformation ist mit Irritation verbunden.»

Natürlich ist es einer Chefin unbenommen, ihre Politik, ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen zu verteidigen. Aber dermassen realitätsfern, abgehoben, arrogant und uneinsichtig, das ist bedenklich. Das riecht nach überspielter Unsicherheit. Nach leichtem Angstschweiss. Nach Hilflosigkeit, Prozesse zu lenken und zu verstehen, Keine schöne Sache für die Mitarbeiter bei SRF.

RTS: Romands mit Trieben und Sexgelüsten

Schon wieder ein Abgrund. Nein, diesmal nicht bei Tamedia. Aber beim welschen Staatsfunk.

Man (auch Mann, Frau, divers und überhaupt) ist erschüttert. Mehr als das:

«Einzelne Mitarbeiterinnen begannen in der nachfolgenden Fragerunde zu weinen und sprachen angesichts der Befunde von einem «absoluten Skandal», während ihre Kollegen die Fakten als «niederschmetternd» bezeichneten oder sich bei den Anwältinnen für die «unglaubliche Arbeit» bedankten

Echt jetzt? Weinende Journalistinnen? Was ist denn passiert? Wurde ein Gendersternchen gemeuchelt? Nein, das ist kein Platz für Scherze. Tamedia vermeldet:

«Rassismus, unerwünschte Küsse, Anfassen von Brüsten, Berührungen am Gesäss, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, Arbeitsüberlastung, Beleidigungen gegen Schwangere, Festhalten in einem Raum: Die Missstände beim Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) sind weit komplexer, vielfältiger und gravierender als bislang bekannt.»

Der Trompeter von Jericho, auch als Philippe Reichen bekannt, spielt wieder sein Lieblingsinstrument. Als – man erinnert sich noch? – «Le Temps» mit Anlauf den ehemaligen News-Star von RTS in die Pfanne hauen wollte, war Reichen schon zur Stelle. Die Vorwürfe gegen Darius Rochebin erwiesen sich zwar als haltlos und falsch; entsprechende Schadenersatzforderungen laufen. Aber Reichen formulierte kühn «Die Mauer des Schweigens bricht».

Auch bei Übergriffen muss enthüllt werden

Er «enthüllte» weitere, länger zurückliegende Probleme rund um die Einstellung einer TV-Talkshow, die nach 12 Folgen mangels Publikumsinteresse eingestellt wurde – 2015. Das war dann auch nicht so der Knaller, aber nun hat das Genfer Anwaltsbüro «Collectif de Défense» intern die Resulate seiner Untersuchung der jüngsten Vorwürfe präsentiert.

Die Mitglieder des Anwaltskollektivs.

Weil wir beim seriösen Staatsfunk sind, wo sorgfältig zwischen intern/vertraulich und öffentlich/skandalös unterschieden wird, fanden die Ergebnisse sofort den Weg in die Medien. Also nicht ganz, den Weg zu Reichen. Der lässt wieder keinen Stein auf dem anderen:

«Die Arbeitsrechtsexpertinnen bezeichneten Mobbing und Übergriffe bei RTS als «systemisch». Sie betonten, die untersuchten und ungeahndet gebliebenen Missstände hätten über einen Zeitraum von 20 Jahren stattgefunden. Bei RTS habe ein «Gesetz des Schweigens» geherrscht.»

Dagegen haben die AnwältInnen des Kollektivs was, so ihre Selbstanpreisung: «Les avocat-e-s du Collectif de Défense sont soucieux de pratiquer aussi bien une écoute attentive de la personne, qu’un professionnalisme rigoureux. L’efficacité et la combativité font la marque de l’Etude

Effizienz und Kampfbereitschaft als Markenzeichen, da wird offenbar kein Pardon gegeben. Auf der anderen Seite: «Die Anwälte des Verteidigungskollektivs glauben an eine für alle zugängliche Gerechtigkeit. Daher wendet das Verteidigungskollektiv einen Stundensatz an, der nicht abschreckend ist und unter den im Berufsstand üblichen Sätzen liegt.»

Da können wir für uns Zwangsgebührenzahler nur hoffen, dass sie diesem löblichen Prinzip auch in diesem Fall nachgelebt haben. Denn solche Untersuchungen gehen normalerweise ganz schön ins Geld; Beträge von einer Million aufwärts sind völlig handelsüblich.

Für einen kann’s nun ganz eng werden

«230 Zeuginnen und Zeugen, also mehr als ein Zehntel der RTS-Belegschaft, haben sich beim Anwaltsbüro gemeldet und für den Bericht ausgesagt», weiss Reichen im Weiteren. Damit dürfte eine siebenstellige Honorarnote garantiert sein.

Besonders heikel kann’s nun für SRG-Generaldirektor Gilles Marchand werden. Der war noch im April vom SRG-VR auf eine «sekundäre Aufsichtsverantwortung» runtergestuft worden, wobei man ihm keine groben Fehler vorwerfen könne. Also salviert, Job gerettet, nur keine Unruhe ganz oben.

Sollten die Vorwürfe dieser Untersuchung sich tatsächlich erhärten lassen – im Gegensatz zu den bislang völlig beweisfreien Behauptungen der Tamedia-Protestfrauen –, dann dürfte es doch eher eng werden für Marchand.

Das ist dann nicht nur für ihn persönlich eine ganz schlechte Nachricht. Denn sollte sich der SRG-VR zu einem Opfer entschliessen, dann müsste natürlich die Nachfolge für Marchand gleich geregelt werden. Und dessen Stellvertreterin ist – Nathalie Wappler. Damit wäre dann der Weg in eine gloriose TV-Zukunft geebnet.

 

 

 

Bibber, schlotter, schimpf

Gegen das sogenannte Mediengesetz wird das Referendum ergriffen. Die Verleger sind überhaupt nicht amused.

In diesen Tagen gab es eine echte Strafaufgabe für die bis hierher überlebenden Journis in den Medienkonzernen. Wer kriegt die Arschkarte und muss über das Referendumskomitee berichten? Welches? Na, das Komitee, das Unterschriften für ein Referendum gegen die zunehmende Staatsfinanzierung von Privat-Clans sammelt.

Wohin das führt, sieht man beim Staatsfunk; Pardon, bei der zwangsgebührenfinanzierten, aber ansonsten völlig unabhängigen und objektiven SRG. Die mit aller nötigen Distanz über die Pandemie-Bekämpfung des Bundesrats, über den Anschluss an die EU, über Umweltgesetze, über Ex-Präsident Trump und über auch sonst alles auf der Welt berichtet.

Aber bei der SRG wird das Geld immerhin nur so sinnlos verröstet, indem zwei Sesselfurzer auf einen tatsächlich medial Arbeitenden kommen. Indem von Nathalie Wappler abwärts und aufwärts kein Kader den geringsten Zusammenhang zwischen der Höhe seines exorbitanten Gehalts und seiner Leistung sehen will. Der oberste Chef steht in der Affäre um den ehemaligen Romandie-News-Star mehr als jämmerlich da? Na und, eine halbe Million ist das alleweil wert. Wappler wappelt von einem Flop zum nächsten? Pah, so viel wie ein Bundesrat verdient, das verdient sie locker.

Das Ende vieler Bemühungen.

Susanne Wille, die noch nie durch besondere Affinität zur Kultur auffiel (und auch noch nie irgend einen Erwachsenen als Vorgesetzte geführt hat), kassiert als Mitglied der Geschäftsleitung knapp 400’000 Franken, während ihr armer Gatte als Aushängeschild von SRF in der «Tagesschau» auf vielleicht 130’000 kommt? Na und?

Noch schlimmer ist es bei den Privat-Clans, die die Schweizer Medienszene beherrschen. Da fliessen weiterhin hübsche Gewinne in den Unterhalt des Lebensstils der Coninx, Ringiers, Wanners und Lebruments. Das war schon immer so, das soll auch so bleiben.

Aber eben, Referendum, Komitee, muntere Versammlung von aktiven Mitarbeitern, könnte sogar klappen, dass die 50’000 Unterschriften zusammenkriegen. Totschweigen geht nun schlecht, aber was tun? Viele haben sich natürlich in die Ticker-Meldung der SDA geflüchtet. Berichterstatterpflicht erfüllt, kann keiner Zensur krähen, uff.

Im Wanner-Imperium CH Media mussten Otmar von Matt und Dennis Frasch ans Gerät. Bei dem schönen Wetter. Scheiss-Idee von Arschlöchern, das können die natürlich nicht schreiben. Also umschreiben sie es:

Das Komitee bestehe aus «zwanzig Unternehmern und Verlegern. Sie sind fast alle parteiungebunden, gehören aber dem rechtsbürgerlichen Milieu an – und verfügen über beträchtliche finanzielle Potenz». Hübsche demagogische Spitze Nummer eins. Von Matt ist zwar Lohnabhängiger von Wanners Gnaden, aber ansonsten ganz parteiungebunden. Selten so gelacht. Über beträchtliche finanzielle Potenz verfügt er eher nicht, sondern muss sich als Mietmaul verdingen.

Also, rechtsbürgerlich, Haufen Kohle. Federführend scheinen ein gewisser Philipp Gut (ehemals stellvertretender Chefredaktor der WeWo) und Bruno Hug, ein «schillernder Verleger aus der Ostschweiz», zu sein. Am Schluss schwant von Matt Übles: «Damit rollt eine Politlawine auf die Medienkonzerne zu.»

Gut, dass er einen Lawinenmelder auf Mann hat. (Noch) gewohnt neutral berichtet die NZZ: «Widerstand gegen mehr Bundesgeld für Medien: Komitee will Referendum lancieren»

Tamedia hingegen ist noch in Schockstarre und – berichtet nichts. Ist ja auch so viel los wieder, «die Rache der Landschweiz» bei den Abstimmungen, Frauenstreiktag, man (und frau) kommt ja zu nichts. Ausserdem konnte Supino vielleicht nicht auf der Coninx-Yacht erreicht werden; der Handyempfang in der Karibik ist halt so eine Sache.

Ringier, «Blick»? Ach, das Organ mit dem Regenrohr vermeldet auch Wichtigeres, als Start oben: «Heute landet der US-Präsident in der Schweiz». Wahnsinn, gut, dass wir das wissen. Und heiss werden soll es auch, wie wär’s da mit einem Mini-Klimagerät?

Also bleibt dem geneigten Leser von ZACKBUM.ch im Moment nur, sich hiermit schlau zu machen:

Zweimal «Blick», zwei Blicke in die seriöse Zukunft.

Denn keine Bange, wenn geklärt ist, wer den Büttel spielen muss und gegen das Referendum wäffeln, kommt dann schon noch Stimmung auf. Garantiert.

 

Nach dem Wappler nun wappeln

Ein Wappler ist die neue Messeinheit für einen TV-Flop. Wenn man alles zerredet, nennt man das inzwischen wappeln. Oben ein Blick in den SRF-Newsroom.

Eric Gujer ist Chefredaktor der NZZ. Daher ist er von Natur aus ein Mann mit Mass und Mitte. Vielleicht nicht in der Gestaltung seiner Ferien, aber sonst. Wie Politiker überlegt er sich zudem lange, ob er unserem Staatsfunk, Pardon, dem gebührenfinanzierten Service Public, an den Karren fahren will.

«Die SRG ist zur PR-Agentur des Bundesrates mutiert»,

schimpft Gujer über die unkritische Corona-Berichterstattung. «Saftladen», so kommentiert der normalerweise christlich milde Parteipräsident der «Mitte», Gerhard Pfister. Auch er weiss, dass damit seine Chancen, die Birne vor eine Kamera halten zu können, nicht gerade steigen. Das ist aber für einen Politiker existenziell wichtig.

«Play Suisse» (wer’s nicht kennt: ein neues Streaming-Angebot mit wackeligem Datenschutz), Sendungen mit nicht messbarer Einschaltquote, Streichungen von Sendungen mit messbarer Einschaltquote. Schawinski raus, konfliktiv, aber mit Herzblut der Meister der Talkshows. Gredig rein, sympathisch, aber so spannend wie der Farbe beim Trocknen zuschauen.

Sparmassnahmen, Entlassungen, Verlust, ein Newsroom, der in Konkurrenz mit dem Berliner Flughafen steht (nur kleiner und billiger, der Neubau-Flop kostet die SRG schlappe 400’000 Franken im Monat). Kurzarbeit unten, der SRG-Generaldirektor verdient stolze 533’000 Franken, trotz sehr überschaubarer Performance. Nathalie Wappler, SRG-Direktorin, kassiert 450’000 Franken, Liga Bundesrat, nur mit im Vergleich mikroskopischem Verantwortungsbereich.

Berliner Flughafen von aussen. SRF-Newsroom von innen.

Vor ziemlich genau 6 Jahren machten 3694 Stimmen den Unterschied aus: die geräteunabhängige Zwangsgebühr wurde so knapp wie noch nie eine Vorlage angenommen. Die einen, wie Susanne Wille, steigen ohne grossen Leistungsausweis in die Geschäftsleitung auf und verdienen so auch nette 390’000 Franken im Jahr. Mal Hand aufs Herz, würde der Kultur oder SRF etwas fehlen, wenn Wille ihren Gatten Franz Fischlin nach dessen «Tageschau» als Hausfrau und Mutter am heimischen Herd erwarten würde?

Rare Erfolgsmeldungen bei SRF

Sandro Brotz rotzt auf den sozialen Plattformen einen raus gegen Coronamassnahmen-Kritiker, diese «Flacherdler». Als er damit überraschungsfrei einen Shitstorm auslöst, zieht er sich beleidigt aus den Social Media zurück – kurzzeitig. Eigentlich müsste auch er den neuen Leitfaden, die «Publizistischen Leitlinien», auf Mann tragen. Auf den neugebackenen 100 Seiten (!) heisst es, «wir stehen für die Werte und die Haltung von SRF» auch «in unseren privaten Posts auf Social Media ein». Scheiss drauf, sagt Brotz zu diesem Wertediktat.

Das ZDF kommt übrigens mit 4 Seiten Leitlinien aus, aber immerhin: mit dieser Fleissarbeit haben die jeweils zwei SRF-Mitarbeiter, die hinter einem tatsächlich medial Tätigen stehen, bewiesen, dass sie nicht nur scheintot in ihren Büros schnarchen.

Aber damit hat es sich auch schon mit den Erfolgsmeldungen, seit das «Fallbeil vom Leutschenbach» ihren Job angetreten hat. Gerade bei der gross angekündigten Digitalisierung harzt es ungemein, und mit gelegentlich sehr knackigen Aussagen nach innen und aussen macht sich Wappler zudem ungemein beliebt. So beliebt, dass die SVP inzwischen ergrimmt wieder einen Anlauf nehmen will, der SRG den Geldhahn wenn nicht ab, dann wenigstens zuzudrehen.

In dieser Lage, in der gerade bei einem Medienunternehmen Kommunikation ungemein wichtig ist, liess sich Nathalie Wappler auf ein Interview mit Edith Hollenstein von persoenlich.com ein

Würden Sie dieser Frau Ihre Karriere anvertrauen?

Hier zeigt die SRF-Chefin, wie man jeden beliebigen Wappler wappeln kann. Hollenstein ist nicht gerade als gnadenlose Interviewerin bekannt, aber die eine oder andere kritische Frage musste sie natürlich – angesichts von Zustand und Stimmung bei SRF – anbringen. Das führte dann zu folgenden Höhepunkten beim Wappeln.

Die Antworten glitschen weg wie Öl

Hollenstein steigt mutig mit der Witzfrage ein, was eigentlich der Unterschied zwischen dem Berliner Flughafen und dem SRF-Newsroom sei. Die gewappelte Antwort: «Unser Newsroom ist von aussen gesehen fertig – eine Baustelle ist er nicht mehr.» Von aussen gesehen war das der Flughafen auch – jahrelang.

«Zwar sind die Studios und der «Master Control Room» noch nicht in Betrieb, doch ich bin zuversichtlich, dass Ende 2021 oder sonst im Frühling 2022 das ganze Gebäude», und wappel, wappel. Kostet eine Stange Geld, 400’000 jeden Monat? «Es handelt sich nicht um externe Kosten, die ich aus einer unserer Kassen begleichen muss, sondern um interne Leistungen.»

Aber Kosten sind doch Kosten? Schon, aber: «Zentral ist für mich, dass die Sicherheit der Systeme gewährleistet ist.» Das ist wappeln mit Sternchen und Auszeichnung. Sparen, Unzufriedenheit? «Ich verstehe, dass das eine belastende Situation ist für unsere Mitarbeitenden.»

Die könnten sich aber darauf verlassen, dass «wir so wenige Kündigungen aussprechen, wie es irgendwie geht». Ungemein beruhigend, andere Arbeitgeber würden sich bemühen, so viele Kündigungen wie möglich auszusprechen. Da können die SRF-Medienschaffenden froh sein, eine Wappler zu haben.

Freiwllige oder unfreiwillige Abgänge von Aushängeschildern?

«Selbst wenn mich jeder Abgang schmerzt, finde ich diese Fluktuation gut. Denn sie nützt der Medienlandschaft Schweiz.»

Das ist auch bekannt als der Doppelwappler mit extra Pommes. Was meint Wappler hingegen zur neusten Drohung der SVP? «Unsere Unabhängigkeit ist unser wertvollstes Gut. Sie ist nicht verhandelbar.»

Dann noch die Salärfrage …

Oooch, muss da die SVP sagen, schade, dabei wollten wir genau die verhandeln. Nun spricht Hollenstein gegen Schluss noch die turmhohen Gehälter der Chefetage an, ob es angesichts Verlust, Kündigungen und Einsparungen nicht ein Signal gewesen wäre, auch nur symbolisch auf einen Teil des üppigen Salärs zu verzichten?

«Wie soll ich das jetzt sagen? (überlegt). Die SRG zahlt keinen Bonus, es handelt sich um eine variable Lohnkomponente. Deshalb kann man das nicht miteinander vergleichen.» Als Hollenstein insistiert, bei den SBB habe es solchen Lohnverzicht gegeben, wappelt sich Wappler mit dem üblichen Argumentationsbesteckt durch: Vergleich, unteres Drittel, absolut gesehen ein hoher Betrag, viel verständnis für Emotionalität.

Hollenstein gibt nicht auf, Wappler natürlich auch nicht: «Ich möchte meinen Lohn nicht öffentlich machen, denn das wäre meinen Kollegen in der SRG-Geschäftsleitung gegenüber nicht fair. … Wenn man betrachtet, dass ich Direktorin bin eines Betriebs mit 3000 Mitarbeitenden,

ist mein Lohn im Vergleich zu bundesnahen Betrieben aus meiner Sicht gerechtfertigt.»

Dass Lohn vielleicht auch entfernt etwas mit Leistung zu tun haben könnte, auf diese abstruse Idee kommt Wappler als Staatsangestellte natürlich nicht. Wie sieht’s insgesamt so aus? «Wir sind also sehr gut auf Kurs.»

Das erinnert an die grossartige Szene in Asterix, als der besoffene Piratenkapitän für einmal sein Schiff nicht selber absaufen lässt, als er die Gallier erspäht, sondern dem Steuermann klare Befehle gibt, wie der Kurs zu setzen sei. Befriedigt meint der Käpt’n: «So macht man das», während das nächste Bild des Comics in die Totale geht – und den absurden Zickzackkurs des Schiffs zeigt.

Hier handelt es sich aber nicht um ein fiktives Schiffchen, sondern um die – angesichts des Niedergangs der Privatmedien – immer wichtiger werdende Informationsquelle der Deutschschweiz.

Zu der kann man nur sagen: So sollte man das nicht machen.

Im Newsroom wird die stabilste Technik verbaut.

Schamlose SRG

Ein Elefant lässt sich nicht so schnell aus dem Tritt bringen. Die SRG ist ein Elefant.

Medienwandel, Spardruck, auch bei der SRG gibt’s Entlassungen? Das «Fallbeil vom Leutschenbach» macht ihrem Übernamen alle Ehre? Der Generaldirektor Gilles Marchand hat die Affäre beim welschen Ableger der SRG, dessen Chef er war, nur knapp überlebt?

Na und? Kein Grund, im Geschäftsbericht für 2020 keine Jubelarien anzustimmen. Schön gemacht, bunt, viele bunte Bilder, Grafiken, Illustrationen. 215 Seiten, alles wunderbar im Staate SRG.

Höchstwahrscheinlich wurde auch die Anzahl weiblicher Mitarbeiter im Foto mit den männlichen korreliert und ins Verhältnis eins zu eins gesetzt. Man könnte höchstens meckern, wieso die anderen ca. 164 offiziellen Geschlechter nicht genügend berücksichtigt wurden.

Ist jemand in einer Gesprächssituation mit anderen fotografiert und trägt keine Maske, dann wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass diese Aufnahme vor Corona gemacht wurde. Also korrekter, transparenter und ausgewogener kann so ein GB nicht erstellt werden.

Ab Seite 114 widmet sich der SRG-GB den «Mitarbeitenden», genauer «unserer Verantwortung für die Mitarbeitenden». Frauenförderung, prozentuale Vertretung weiblicher Mitarbeiter, Lohnspanne (unter 1 zu 10!), alles transparent, alles paletti.

Irgendwann geht es um Kohle, natürlich

So robbt man sich auf Seite 130 vor; «Vergütung Verwaltungsrat SRG» und Vergütung der Geschäftsleitung. Auch hier herrscht Transparenz. Die Total Compensation wird aufgeführt, man muss nicht wie bei Banken auf den 650 Seiten noch alle versteckten Incentiv- und Bonus-Programme finden und dazuzählen.

Der VR-Präsident verdiente 2020 für ein 50-Prozent-Pensum 153’300 Franken, ein VR für ein 20-Prozent-Pensum 45’428 im Schnitt. Medienprofis wie die Leser hier können sicherlich alle Namen ohne zu stocken aufsagen, nicht wahr?

Der Generaldirektor Gilles Machand kassierte 532’857 Franken, die übrigen GL-Mitglieder rund 390’000 Franken im Schnitt. In den Geschäftsleitungen der Unternehmenseinheiten waren es rund 260’000 im Schnitt. Ist das viel, ist das wenig, ist das zu viel?

Es ist auf jeden Fall elefantös. Denn in dieser Einkommensklasse hat die Höhe des Salärs nur mehr sehr wenig mit der Leistung zu tun. Genauso wenig wie in der Führungsetage von Banken. Es geht hier auch um Statussymbol, um das Signal: wir sind das auch wert. Allerdings: wie bei Banken ist es natürlich so, dass es Gebrüll gibt, wenn das Ergebnis schlecht ausfiel, gespart und entlassen wird, während auf der Teppichetage jede Menge Flops geboren und gesäugt werden.

Wieso sollen Elefanten sensibel reagieren?

Da könnten sich Mitarbeiter, Öffentlichkeit und Politik eine etwas sensiblere Reaktion vorstellen als: Ich, Lohnverzicht? Gohts no? Schliesslich habe auch jeder Mitarbeiter grosszügig eine Extra-Geschenk von 200 Franken erhalten. Richtig, fürs grosse Engagement, und macht Euch eine schöne Woche damit. Nun ja, einen schönen Tag. Oder vielleicht halt eine schöne Stunde.

Vorbild? Selbst weisse Weste Urs Rohner verzichtete bei der Credit Suisse auf seinen Bonus? Na und, wir sind hier doch bei einem Staatsbetrieb. Pardon, bei einem gebührenfinanzierten, staatsunabhängigen Sender. Da ist der Geschäftsgang doch sowieso nicht dermassen wichtig. Gewinn, Verlust, was soll’s. Also muss doch auch bei den Gehältern ganz oben gelten: was soll’s.

Das ist letztlich so wie früher bei einer GV einer Grossbank. Die vorne anwesenden Mitglieder der GL und des VR wussten: das kann ein langer Tag werden, bis sich der letzte Kleinaktionär ausgeschimpft hat. Trotz Redezeitbeschränkung und allem. Aber: einmal im Jahr, normalerweise, es geht vorbei. Und dann kann man sich wieder darum kümmern, wie man all das viele Geld, dass man zwar nicht verdient, aber kassiert, ausgibt.

Und bei der SRG? Falsches Signal, Leistung muss sich lohnen, Sozialneid, verdient ist verdient? Mag alles sein. Nur: so als Geste 10 Prozent des dann immer noch üppigen Einkommens, ach, damit die Kaviarbüchsen nicht kleiner werden müssen, 5 Prozent des Jahreslohns in einen Solidaritäts-Irgendwas-Fonds? Nützt nix, bringt nix, Symbolpolitik? Auch das mag alles sein.

Aber es würde dem Image, Renommee, dem Vertrauen und vielen anderen positiven Dingen sehr gut tun. Aber Elefanten nehmen solche Mückenstiche nicht einmal wahr. Genauso wenig, wenn sie mit dem Hintern das wieder einreissen, was sie mit dem Rüssel aufzubauen versuchen.

Im Gegensatz zu Elefanten haben aber alle Mitglieder der obersten Führung die Befähigung zur Selbstreflexion. Sie können ihre Wirkung analysieren. Sogar, wirklich wahr, selbstkritisch werden. Einsicht zeigen (nicht heucheln). Können, könnten, sollen, sollten. Hätte, hätte, Fahradkette, wie Nathalie Wappler sicher in Deutschland gelernt hat. Und Scham gehört nicht zu den Kernkompetenzen von Menschen, die sich bis nach oben durchgeboxt haben.

 

 

Die Langweilerin des Jahres

SRF-Sendungen mit Einschaltquoten von 0,0 Prozent.

Letzten Mittwoch sackte die Einschaltquoten von SRF 1 auf den Nanobereich ein. 1000 Zuschauer (Zielgruppe 15-59 Jahre) verfolgten die langweilige Sendung «Wunderwelt Kräuter: Liebstöckel / Thymian / Salbei». Das entspricht 0,8 Prozent in der Zielgruppe.

«Im Labor», so der Einstieg in die Kräutersendung, «wollen die Forscher die unbekannten Seiten des Liebstöckels kennen lernen.» Mit dem Rasterlektronenmikroskop gab es dann schöne Bilder.

Auch am Vortag rutschte SRF 1 am Nachmittag einmal unter 1 Prozent. Und am Montagnachmittag schaffte der «G&G Flash» sogar 0,0 Prozent. Eine Stunde früher machte auf SRF 2 die  Sendung «Zäme stah» gleich viele Zuschauer glücklich, nämlich null. Sogar unter dem Mikroskop sieht es nicht besser aus.

Wer die aktuellen Einschaltquoten von SRF 1 und 2 studiert, erkennt folgendes Muster: Die «Tagesschau» am Abend ist der Renner. Nach Jahren der Stagnation schafft die Sendung wieder über eine Million Zuschauer vor dem Fernseher zu versammeln. Davor und danach sieht es düster aus.

Vor allem um das Vorabendprogramm sieht es schlecht aus. In den letzten Jahren kam es zu keinen Neuerungen. Sogar das «Guetnachtgschichtlichi» hat massiv abgegeben. Am Montag guckten in der ersten Zielgruppe (3 Jahre und älter) nur 26’000 Personen zu. Das gibt eine Quote von 5,3 Prozent. Die Sendung «Kater Miro – Dracheflüge», ein billig produzierter Animationsfilm, ödet selbst Dreijährige an.

Daran schuld ist in erster Linie SRF-Direktorin Nathalie Wappler. Sie ist bald zwei Jahre Chefin. Ausser Entlassungen hat sie bisher keine Spuren hinterlassen. Welche Sendung hat sie neu eingeführt? Welche Mitarbeiter hat sie gefördert? Welche Innovationen tragen ihren Stempel?

Und ausgerechnet diese Frau hat der Ex-Chefredaktor des «Schweizer Journalist», David Sieber, zur «Medienmanagerin des Jahres» gekürt. Mit dem Argument: «Während sie auf der einen Seite alte Zöpfe abschneidet (…), investiert sie auf der anderen Seite in den Journalismus.»

Wer so einen Blödsinn schreibt, taugt nicht einmal zum Coiffeur.

Drei Meldungen, eine Geschichte

Peter Wanner schreibt einen Brief, Jean-Martin Büttner muss gehen. SRF baut ab und um.

Er ist wohl das, was man ein Urgestein nennt. Noch länger als Rainer Stadler bei der NZZ harrte Jean-Martin Büttner beim Tagi, bei T, bei TX, bei Tamedia aus. 37 Jahre verbrachte er dort, sein ganzes Berufsleben.

Er ist Jahrgang 1959, fing 1983, nach Abschluss seines Studiums, beim Tagi an. Das heisst, dass er ein paar Jahre zu früh gefeuert wurde, um problemlos ins Rentnerdasein zu rutschen. Aber solche Kleinigkeiten spielen heutzutage keine Rolle mehr.

Wanner hat einen Brief mit Beilage geschrieben

Wie persoenlich.com exklusiv vermeldet, hat Hausherr Wanner allen Journalisten bei CH Media einen Brief geschrieben. Weihnachtsgrüsse, schwierige Bedingungen, «schätzen Ihren Einsatz sehr», Blabla.

Da dem Schreiben kein Zehnernötli beilag, obwohl sich ja auch dieser Verlag das traditionelle Weihnachtsessen sparen kann (der Zunft geschuldet mehr ein Weihnachtstrinken; welche fabulöse Alkoholrechnungen enthemmte Journalisten verursachen können, sagenhaft), schauten sich die Betroffenen eine Beilage genauer an.

«Leitlinien für den Lokaljournalismus», so der Titel des E-Mail-Anhangs. Interessant. Wird hier erklärt, wieso die Leitlinie daraus besteht, Aussenstationen zuzuklappen, Lokaljournalisten rauszuschmeissen oder zu Regional-, wenn nicht Kantonaljournalisten zu machen?

Leitlinien im luftleeren Fantasieraum

Das ist zwar die bittere Realität, aber davon will sich ein publizistischer Ausschuss doch nicht seine Illusionen nehmen lassen. Der Lokaljournalist müsse «den Stallgeruch spüren», vor allem «nahe dran bleiben», nicht zuletzt: «Man muss ihn mögen, damit er an Informationen herankommt.» So stellt sich das ein Club von überwiegend älteren Herren vor, die noch nie oder seit Jahrzehnten nicht mehr so etwas wie Lokaljournalismus gemacht haben.

Schliesslich sitzt der «Kommunikationsberater» Peter Hartmeier* dem «Publizistischen Ausschuss» von CH Media vor, unterstützt von Koryphäen wie Esther Girsberger oder Peter Wanner himself. Natürlich darf auch die publizistische Leiter nach unten nicht fehlen, Pascal Hollenstein.

Man ahnt es, da kann ja nichts Gutes herauskommen. Nachdem man das den älteren Herren erklärt hat, sind sie nun überzeugt: «Mobile first». Irgendwie. Denn dank des Internets wisse man jetzt, «welche Titel und Artikel besonders gut klicken.» Da hat’s auch beim publizistischen Ausschuss (nomen est omen) spät, aber immerhin klick gemacht. Denn wenn man schon beim digitalen «Change» ganz vorne dabei ist, weiss man auch: «Der moderne Journalist ist ein Video-Journalist.» Denn auch das klickt ungemein.

Neuigkeiten von der Fernbedienung

Wunderbar, man hat sich sagen lassen, dass man nicht mehr nur mit der Fernbedienung, sondern auch mit – wie heisst das Zeugs schon wieder – Streamen bewegte Bilder anschauen kann. Multichannel, you know, Text ist so was von gestern, heute ist Bild und Ton und Text und Illu und Link, und Blog, und Social Media, und, und, und.

Wie macht das der moderne Journalist? Na, piece of cake, wie da der Digital Native sagt: «Mit Video‐ und Audio‐Schnipseln und Fotos bastelt der Journalist eine multimediale Story.» Manchmal gelingen selbst Pfeifen Sätze, die jeden weiteren Kommentar erübrigen. Ausser, dass noch nicht klar ist, ob das der Video-Journalist mit eigenen Mitteln und Selbststudium basteln soll oder nicht.

Bei SRF gibt es keine Bastelstunde

Entschieden weiter mit Video- und Audioschnipseln und überhaupt im Netz ist SRF. Als die Direktorin Nathalie Wappler im Livestream (nimm das, publizistischer Ausschuss) ihre Untergebenen darüber informierte, dass es ihr wirklich ernst ist mit dem digitalen Umbau, meinte man gigabyte-mässig immer noch Unglauben und «lassen uns doch nicht die Festtage völlig versauen» zu spüren.

Denn Wappler kündigte konkret an, dass im Januar die ersten 66 Vollstellen gekündigt werden. Sozialplan vorhanden. Insgesamt verabschiedet sich SRF in den nächsten zwei Jahren von 211 Stellenbesitzern. Das ist bei rund 3000 Angestellten nicht mal 10 Prozent, aber dennoch ist das üppig bezahlte Personal erschüttert, gerüttelt, gerührt und angefasst.

Gleichzeitig aber werden in einem ersten Akt 89 neue Stellen geschaffen. Was bedeutet, dass offenbar viele des Bastelns von Videos und Audios mächtige Mitarbeiter nicht in der Lage sind, ins Modern-Digitale umzusteigen. Eine Zeitenwende wie damals, als man den letzten Printjournalisten ihre Schreibmaschine wegnehmen musste und sie darauf aufmerksam machen, dass faxen nicht mehr die beste Übertragungsmethode ist.

Drei Meldungen, drei Erkenntnisse, eine Frage

Was sagen uns diese drei Ereignisse? Sie verschaffen drei Erkenntnisse. Texte von Büttner wären garantiert nicht besser geworden, wenn er sie mit Video- und Audioschnipseln verunstaltet hätte. Schlichtweg schon deshalb, weil ein guter Schreiber kaum auch ein guter Fotograf, Radio-Reporter oder gar VJ ist.

Was CH Media hier als Blick in die Zukunft vergeigt, ist das typische Resultat eines abgehobenen Altherrenvereins, der selbst vom Millionengrab watson.ch nicht gelernt hat, dass Internet nicht einfach Flimmern statt Drucken bedeutet. Und dass ein Lokaljournalist mit Kamera normalerweise schlechter ist als ohne. Insofern es ihn überhaupt noch gibt.

SRF hingegen, gebadet in genügend Zwangsabgaben, kann es sich leisten, bei der digitalen Transformation Nägel mit Köpfen zu machen. Zuerst ein wohlüberlegter Plan, dann die Strategie zur Umsetzung, dann die personellen Konsequenzen. Muss auch nicht unbedingt funktionieren. Aber im Vergleich zu Tamedia oder CH Media liegen Welten dazwischen.

Zwei Grosskonzerne ohne Konzept, ausser nach Staatshilfe zu krähen. Und ein mehr oder minder Staats-TV, dass verblüffenderweise nicht der Letzte im Umzug ist, wenn es um Paradigmenwechsel geht, sondern den Umzug anführt. Wie absurd ist das denn?

 

*Da sieht man, wie schnell ich abschalte, wenn sein Name erscheint. So heisst er richtig, nicht Hartmann. Schon wieder. Ich schreibe hundert Mal an die Wandtafel: Ich muss meinen Namens-Check verbessern. Aber immerhin, Dürrenmatt habe ich im ersten Anlauf richtig geschrieben.

 

Das «Päckli» von Gilles Marchand und Nathalie Wappler

Die SRG schweigt Sexismusdebatte im eigenen Magazin tot.

«link» heisst das Mitarbeiter- und Mitgliedermagazin von der SRG Deutschschweiz. Der Namen ist wohl abgeleitet vom englischen «link» für Verknüpfung. Oder «Das Glied einer Kette». In der aktuellen Dezemberausgabe ist das «Glied» – um diese zugegebenermassen mittel originelle Brücke zu schlagen – aber in keinerlei Hinsicht ein Thema. Obwohl die SRG-Führung wegen dem Star-Moderator Darius Rochebin vom Westschweizer Fernsehen (RTS) und seinen im Raum stehenden sexuellen Übergriffen arg unter Druck steht. Was viele SRG-Mitarbeitende beschäftigt, wird totgeschwiegen. Doch der Reihe nach.

«Keine Kenntnis gehabt»

Rochebin soll seine berufliche Stellung und sein Ansehen ausgenutzt haben, um zu Sex zu kommen. Ein weiterer Kadermitarbeiter sei ebenfalls übergriffig geworden, und «alle hätten davon gewusst». Darum forderten 550 Mitarbeitende von RTS, immerhin gut ein Drittel der ganzen Belegschaft, in einer Petition die Absetzung der beiden Kaderleute und eine externe Untersuchung. Und was hat das mit der SRG zu tun? Der heutige SRG-Generaldirektor Gilles Marchand war von 2001 bis 2017 RTS-Direktor. Gegenüber watson.ch sagte die SRG-Medienstelle, Marchand habe von den falschen Facebook-Profilen Rochebins, nicht jedoch den Vorwürfen der sexuellen Belästigung Kenntnis gehabt. Sein Nachfolger als RTS-Direktor habe im Herbst 2017 «Massnahmen gegen Rochebin bezüglich der Einhaltung der Berufsregeln» ergriffen, über die Marchand informiert worden sei. Nun fordern kritische SRG-Angestellte und Mediengewerkschaften gar den Rücktritt von Marchand.

Ladina Heimgartner als Nachfolgerin?

Felix E. Müller gab kürzlich in der NZZaS noch einen drauf und brachte Ladina Heimgartner als Nachfolgerin ins Spiel. Sie ist seit gut einem Jahr bei Ringier, vorher arbeitet sie lange bei der SRG. Sie hat einige Vorteile gegenüber Marchand. Sie ist eine Frau, sie ist in der rätoromanischen Schweiz aufgewachsen. Und sie ist erst 40-jährig. Das ideale Alter, um den angestrebten «Transformationsprozess» der SRG auch durchzuziehen. Sprich, mehr digital, weniger Gewicht auf linear ausgestrahlte Sendungen.

«Lassen Sie mich das erklären»

Aber was hat das nun mit dem SRG-Heftli zu tun? Viel und nichts. Denn das Thema Rochebin-Sex-Marchand ist auch in Leutschenbach allgegenwärtig. Viele Mitarbeitende sind sauer, wie die SRG und demzufolge auch SRF das Problem angehen. Man bekommt den Eindruck, wie wenn die Chefs einander decken wollten. Aussitzen lautet die Devise. Dass in den nächsten Wochen Kündigungen anstehen, spielt dem Kader sicher in die Karten. Wer will schon aufmucken, wenn seine Stelle in Gefahr ist? In diese Strategie des Schweigens und Aussitzens passt nun eben die neuste Ausgabe von «link». Kein Wort über das Rochebin-Thema. Kein Wort. Dafür schreibt SRF-Direktorin in salbungsvollen Worten viel und doch wenig Konkretes über das «Transformationsprojekt SRF 2024». «Lasen Sie mich das Prinzip der Transformation am Beispiel der Volksmusik erklären», schreibt die Chefin etwa. Gestelzter geht fast nicht. Und das in einem Mitarbeiterheft, einem internen Produkt von und für Mitarbeitende. Theoretisch. Immerhin erfährt der Laie nebenbei, dass bei SRF heute weniger als 10 Prozent «unserer Mittel ins Onlineangebot fliessen, in einem Jahr sollen es etwa 20 Prozent sein.» Der Verlegerverband wird sich freuen.

Wie eine Programmzeitschrift

Was bleibt sonst vom «link»? Das Heft wirkt wie eine Programmzeitschrift. Der Text «Play Suisse» könnte auch im «Tele» stehen. Ebenso wie die Rubrik «Neu im Programm». Dafür kommen porträtierte Mitarbeiter eher zu kurz. Das Heft wirkt ziemlich unpersönlich, ja fernab von der Basis. Da ist das von zackbum.ch auch schon kritisierte Ringier-Blatt Domo noch um einiges menschlicher. Doch hier wie dort zeigt sich, dass die Chefs das letzte Wort haben. Darum ist im «link» kein Wort zum Thema Sexismus und Darius Rochebin zu finden.

In einer ersten Version wurde «link» als Mitarbeitermagazin bezeichnet. Das stimmt nicht ganz. Es richtet sich neben den Mitarbeiteiterinnen und Mitarbeitern auch an die Mitglieder der SRG. Die Auflage beträgt gut 16000 Exemplare.