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Der Rohner-Run

Der Meister des Hürdenlaufs hat eine beeindruckende Strecke zurückgelegt.

Es war das, was man wohl in Bankerkreisen einen bewegenden Abschied nennt. «Lieber Urs, wir hätten dir einen anderen Abschied gewünscht», sülzte der Roche-Boss und CS-Verwaltungsrat Severin Schwan. Denn schliesslich habe Urs Rohner «Tag und Nacht» für die Bank gearbeitet.

Vielleicht hätte Rohner das sein lassen sollen. Denn das Ergebnis seiner Arbeit lässt sich ganz einfach messen. Aktienkurs der CS am Anfang seiner Amtszeit: knapp 40 Franken. Am Ende knapp über 9 Franken. Ein Minus von rund 75 Prozent. Ein Desaster.

Erinnert sich noch jemand daran, dass der Aktienwert in diesem Jahrtausend schon mal an der 100-Franken-Marke kratzte? Ja, weit vor dem Beginn der Amtszeit Rohners.

Zu deren Ende behauptete Rohner an seiner letzten Generalversammlung:

«Ich entschuldige mich für die Enttäuschung.»

Es ist nicht überliefert, ob es zu bitterem Gelächter kam. Dann leistete sich der Versager noch ein wohldosierte Portion «Gefühl»: «Mitarbeiter sind verärgert, und ich bin auch wütend.»

Als Sahnehäubchen zum Ende hatte die CS zwei weitere Skandale und Milliardenabschreiber zu verdauen: «Das sind nicht entschuldbare Verluste. Wir haben unsere Kundinnen und Kunden, aber auch unsere Aktionärinnen und Aktionäre, enttäuscht. Und das leider nicht zum ersten Mal.»

Ein Hürdenlauf des Schreckens

«Milliarden-Strafe im US-Steuerstreit, Mosambik-Krimi, Thiam-Flop, Wirecard-Pfusch, Luckin-Coffee-Abenteuer, York-Capital-Abschreiber, Rechts-Niederlagen. Kaum hatte die CS ein Problem gelöst, tauchte das nächste auf – oft ein grösseres.» So fasste Lukas Hässig auf «Inside Paradeplatz» die Strecke von Rohner zusammen, auf der er so ziemlich jede Hürde gerissen hatte. Es fehlt noch die Beschattungsaffäre, die Installation des Vollversagers Brady Dougan, nach zu langem Festhalten der von Rohner im Sololauf durchgestierte Ersatz mit Tidjane Thiam.

Er war der Meister der Methode: Problem taucht auf, Rohner taucht ab. Nachdem der Jurist alle Optionen abgecheckt hatte, tauchte er wieder auf und murmelte etwas juristisch Unverfängliches. Nur einmal rutschte ihm heraus, was ihn von da an verfolgte. Dass er persönlich «eine weisse Weste» habe.

Juristisch gesehen stimmt das. Rohner ist nicht vorbestraft, nicht verurteilt, es wurde kein ernsthafter Versuch unternommen, ihn für das CS-Desaster verantwortlich zu machen. Das wäre auch zum Scheitern verurteilt. Obwohl es seit einiger Zeit Haftbarkeiten für Verwaltungsräte gibt, wurde bislang noch kein einziger zur Verantwortung gezogen.

Selbst wenn man das bei Rohner probiert und sogar erfolgreich durchgezogen hätte; selbst wenn man sein Gesamtsalär von ein paar Dutzend Millionen eingezogen hätte: das hätte nicht mal den Tageszins auf einen einzigen Milliardenverlust beglichen. Das wäre unmerklich in den Milliardenverlusten der Aktionäre verdampft.

Genauso wie sein Teilverzicht im letzten Amtsjahr nicht mal bitteres Gelächter auslösen kann, so unbedeutend ist das.

Mosambik ist wohl die grösste aller Schweinereien

Bei all den verdammten Schweinereien, in die die CS unter der Oberaufsicht des ehemaligen Legal Councel und Juristen Rohner verwickelt war, ist der Fall Mosambik wohl die schlimmste.

Wie in der hyperventilierenden Presse üblich, war Mosambik noch vor 15 Jahren «Afrikas aufstrebender Star» (NYT). Das stimmt leider bei keinem schwarzafrikanischen Staat, oder wenn, ist es immer eine Sternschnuppe.

Wie aber unter Überfahren aller Rotlichter, bei Nichtbeachtung aller selbst geforderter Prozeduren, unter Nichtbeachtung eines vom IMF ausgesprochenen Kreditverbots, über eine lusche Yachtfirma ein Milliardenkredit direkt an den korrupten Präsidentenclan gesprochen werden konnte, der angeblich für eine ganze Milliarde die Fischereiflotte des Landes aufmöbeln sollte, das schlägt nun alles.

Als der Skandal dann platzte, versteckte sich die CS wie immer hinter einigen Mitarbeitern, die mal wieder mit krimineller Energie interne Kontrollen überfahren hätten. Und überhauptbehauptete die CS René Zeyer gegenüber: «Innerhalb der Credit Suisse sind die Genehmigungsprozesse für verschiedene Arten von Transaktionen klar geregelt. In Übereinstimmung mit diesen Richtlinien wurden diese Transaktionen von den britischen Banktöchtern Credit Suisse International (CSi) und Credit Suisse Securities Europe Limited (CSSEL) durchgeführt und von den zuständigen Mitarbeitern in Grossbritannien genehmigt.»

Wie klar und sinnvoll und kompetent diese Regeln gestaltet waren, belegt die Zahlung von einer halben Milliarde Franken, mit der sich die Bank aus verschiedenen Rechtshändeln in den USA und in England freikauft.

Gutgläubige Kunden, denen die CS diese faulen Kredite in ihre Portefeuilles drückte und Mosambik selbst wollen das Geld zurück, bzw. einen Schuldenerlass. Das könnte nochmals eine halbe bis sogar eine Milliarde kosten.

Ganz abgesehen davon, welchen Beitrag die Bank dazu geleistet hat, die Bevölkerung von Mosambik noch mehr ins Elend zu stossen. Sicher, sie selbst müsste sich ihrer korrupten Clique an der Macht entledigen. Aber während früher Kolonialmächte mit Kanonenbooten und Waffen herrschten, tun sie es heute mit der Macht des Geldes.

Blutrote weisse Weste

Die weisse Weste Rohners ist in Wirklichkeit blutrot. Hinter den roten Zahlen seiner Bank steht auch echtes Blut. Natürlich ist Jurist Rohner dafür in keiner Form verantwortlich zu machen. Er ist ein ehrenwerter Mann, der sich beim Rasieren jeden Morgen freundlich ins Gesicht schauen kann und einen neuen Tag als Rentner geniesst. Nach gutem und erquickendem Schlaf.

Deshalb erscheint hier nochmals ein Artikel zu diesem Thema, das nicht direkt mit dem Medienelend in der Schweiz zu tun hat. Indirekt aber schon, denn über lange Jahre hinweg skandalisierte nur ein einsamer Rufer auf dem Newsblog «Infosperber» den Mosambik-Skandal. Die Plattform war dabei gewaltigen Pressionen von Beteiligten ausgesetzt, denen sie aber widerstand. Während die übrigen Medien eher gelangweilt bis gequält bis gar nicht ein Thema aufnahmen, das halt komplex ist und sich weit, weit weg im dunklen Afrika abspielte.

Man ist doch lieb zueinander …

Wer den Nerv hat, sollte sich die akkurate Aufarbeitung durch ein norwegisches und mosambikanisches Forschungsinstitut antun.

Der Medienskandal besteht nämlich darin, dass all diese Fakten mehrfach aufgearbeitet und nicht zuletzt im Kroll-Report von 2017 (!) detailliert aufgelistet worden waren.

Reaktion der Schweizer Medien – oder der CS: nicht erkennbar.

Tut das eine seriöse Bank?

Dieser Artikel von René Zeyer konnte noch am 14. Januar 2019 in der «Basler Zeitung» erscheinen.

Obwohl keine dafür verlangten Bedingungen erfüllt wurde, bekam Moçambique einen Milliardenkredit von der Credit Suisse. Dieser Entschluss hat ihr wieder mal Ärger mit der US-Justiz eingehandelt.

Moçambique ist eines der ärmsten Länder der Welt. Spät in die Unabhängigkeit entlassen, zerfleischte es sich in einem jahrelangen Bürgerkrieg, bis die marxistische Frelimo im Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West siegte. Erst Mitte der 1990er-Jahre konnte mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur begonnen werden.

Die Frelimo sagte sich zwar vom Marxismus los, regiert das Land aber bis heute. So korrupt wie das Regime in Angola, nur mit weniger Rohstoffen ausgestattet. Von einem funktionierenden Rechtsstaat zu sprechen, wäre ein schlechter Scherz. Die Staatsverschuldung liegt bei fast 90 Prozent des Bruttoinlandprodukts; seit 2016 ist das Land zahlungsunfähig, der IWF hat seine Zusammenarbeit eingestellt. Ursache dafür ist ein Riesenkredit, der dem Land versteckt gegeben wurde.

Korrupte Regierung in einem bettelarmen Land ohne Rechtsstaatlichkeit und dem Militär als eigentlicher Herrscher: Ist das ein Land, dem die Credit Suisse einen Milliardenkredit geben sollte? Ist das ein Land, dem die CS einen Kredit geben sollte, obwohl keine der dafür verlangten Bedingungen erfüllt wurde? Aber sicher, sagte die Credit Suisse, und das hat ihr wieder mal Ärger mit der US-Justiz eingehandelt. Aber der Reihe nach.

Im Jahre 2013 sprach die Credit Suisse London zusammen mit der russischen Bank VTB einen gigantischen Kredit von 2,07 Milliarden Dollar an Moçambique. Schon vorher war das Land mit über zehn Milliarden im Ausland verschuldet, der jährliche Zinsdienst betrug 405 Millionen Dollar, ein Sechstel der gesamten Staatseinnahmen. Dieser Kredit wurde zudem direkt vom damaligen Präsidenten organisiert und über drei staatlich kontrollierte und neu installierte Firmen – unter Leitung der Staatssicherheit – abgewickelt. Die Nationalbank, die Regierung, das Parlament, der IWF oder die Weltbank: Niemand wurde informiert.

Ein Fall für Kroll

Offiziell sollte der gigantische Kredit für den Bau einer Fischereiflotte dienen, für die Aufrüstung der Küstenwache und die Infrastruktur für künftige Erdgasgeschäfte. Als Sicherheit diente eine moçambiqueanische Staatsgarantie, die aber inzwischen für verfassungswidrig erklärt wurde, da bei einem solchen Betrag das Parlament hätte zustimmen müssen. Bis 2015 funktionierte die Geheimhaltung einigermassen. Vorher war behauptet worden, dass es im Wesentlichen um einen Kredit von 80 Millionen Dollar für die Fischereiflotte ginge. Dann flog auf, dass es sich in Wirklichkeit um 850 Millionen handelte, zusammen mit zwei weiteren Kredittranchen um eben 2,07 Milliarden.

Daraufhin stoppten der IWF und Geberländer ihre Zusammenarbeit mit Moçambique, das Land geriet in Schwierigkeiten und erklärte Ende 2016 seine Zahlungsunfähigkeit. Im November 2016 musste die Regierung von Moçambique auf Druck des IWF eine unabhängige Untersuchungskommission akzeptieren, die international angesehene Firma Kroll übernahm. Trotz erheblicher Widerstände aufseiten des Regimes veröffentlichte die Audit-Firma ihren «Kroll-Report» Ende Juni 2017.

Diese 60-seitige Zusammenfassung beschreibt ein Desaster. Vertragsdokumente sind unvollständig, es liess sich nicht eruieren, wohin die Kredite genau geflossen sind, es ist unklar, nach welchen Kriterien Moçambique die Privatfirma Privinvest als ihre Vertragsfirma für die Abwicklung bestimmte. An diese Firma wurden 1,8 Milliarden ausbezahlt, minus 200 Millionen Bankgebühren, wie Kroll auflistet. Die CS widerspricht: Ihre Gebühren hätten «nur 23 Millionen betragen».

Laut Webseite ist das Tätigkeitsgebiet von Privinvest ausschliesslich der Bau von Marineschiffen und Superyachten. Das Audit ergab, dass der Verbleib von mindestens 500 Millionen Dollar nicht aufgeklärt werden konnte. Dazu kommen überteuerte Preise im Gesamtwert von über 700 Millionen und Preisdifferenzen verschiedener Firmen für gleichwertige Produkte in der Höhe von 440 Millionen.

Zur gleichen Zeit sickerte durch, dass Millionenbeträge des Kredits für Waffengeschäfte ausgegeben wurden, die ein Sohn des damaligen Präsidenten überwachte. Weiter förderte der Kroll-Bericht die Namen weiterer Beteiligter an diesem Riesenskandal zutage. Privinvest und ihre Chefs, das libanesisch-französische Brüderpaar Iskandar und Akar Safa, werden merkwürdigerweise im Kroll-Bericht nicht erwähnt, obwohl diese Firma der finanzielle Dreh- und Angelpunkt der Verteilung der zwei Milliarden war.

Massives Ausfallrisiko

In erster Linie die federführende CS hat ein weiteres, gröberes Problem. Indem die Staatsgarantie für verfassungswidrig erklärt wurde, hat sie ein massives Ausfallrisiko durch den sowieso zahlungsunfähigen Staat.

Darüber hinaus hatte die CS drei Bedingungen für die Auszahlung der Kredittranchen gestellt: Sie sollten von der Nationalbank bewilligt, vom Verwaltungsgericht überprüft und dem IWF gemeldet werden. Nichts davon geschah; das Geld wurde trotzdem an Privinvest überwiesen. Womöglich auf Nimmerwiedersehen.

Weder die CS noch das moçambiqueanische Regime sind lebhaft daran interessiert, den Verbleib der zwei Milliarden aufzuklären. Aber inzwischen mischt sich wieder einmal die US-Justiz ein.

Vor einem Federal Court in New York wurden drei ehemalige CS-Mitarbeiter angeklagt, sie seien an einem Betrugsfall von über zwei Milliarden Dollar beteiligt. Da es sich um US-Dollar handelt, sieht sich die amerikanische Strafverfolgungsbehörde als zuständig. Die drei Ex-Mitarbeiter wurden in London verhaftet; die USA verlangen ihre Auslieferung, sie sind zurzeit gegen Kaution auf freiem Fuss.

Einer von ihnen, der hochrangige, ehemalige Managing Director Andrew P.*, wechselte später von der CS zu einer Finanzfirma, die an diesen Kreditdeals beteiligt war.

Firmen als Fassade

Die Strafverfolger führen in ihrer Anklageschrift weiter aus, dass mindestens 200 Millionen Dollar direkt an die Angeklagten abgezweigt wurden. Die offenbar als Fassade errichteten drei Firmen in Moçambique erklärten 2016 und 2017 Bankrott, nachdem sie die Rückzahlung einer Kredittranche von 700 Millionen Dollar nicht leisten konnten, heisst es weiter in der Anklageschrift.

Aufgrund der Untersuchung von Kroll ist zudem klar, dass diese drei Firmen weder über die operationellen, noch über die strukturellen Voraussetzungen verfügten, sie produzierten nie einen Ertrag und wurden von aussen alimentiert.

Bereits vor einigen Tagen wurde auch auf Betreiben der USA der ehemalige Finanzminister von Moçambique, Manuel Chang, in Südafrika verhaftet und erwartet ebenfalls die Auslieferung an die USA. Chang hatte im Kroll-Audit zugegeben, dass er sich vom Sicherheitsdienst zu Unterschriften habe überreden lassen, mit denen er die Verfassung brach.

Ob der Skandal im bitterarmen Moçambique aufgeklärt wird, steht in den Sternen. Es kommt erschwerend hinzu, dass die staatliche Kontrollstelle von Abgaben durch im Land tätige internationale Konzerne «völlig überfordert ist», sagt Fátima Mimbire, Mitarbeiterin der NGO «Centro de Integridade Público», «dadurch gehen dem moçambiqueanischen Staat Einnahmen in Millionenhöhe verloren. Korruption und Misswirtschaft und generell schwache Regierungsführung verschlimmern die Situation extrem.»

Reicht die übliche Erklärung?

Die Credit Suisse sagt: «In der Anklageschrift wird behauptet, die ehemaligen Angestellten hätten die internen Kontrollen der Bank überwunden, aus persönlichem Profit motiviert, und versucht, diese Aktivitäten vor der Bank zu verbergen.» Die CS arbeite weiter mit den Behörden zusammen, «gegen die CS sind keine Schritte unternommen worden.» Ob die Bank mit der üblichen Erklärung hier durchkommt, Untergebene hätten interne Kontrollen ausgehebelt und ohne Wissen der Bank aus Profitgier gehandelt, ist allerdings sehr die Frage.

Während aber die Schweizer Behörden mit aller Amtsgewalt gegen den Schweizer Geschäftsmann Jean-Claude Bastos vorgehen, und belegfrei behaupten, er könnte Steuern hinterzogen haben und deswegen die Konten seiner Firmen in der Schweiz arrestierten, sagt die Finma lediglich, dass sie seit längerer Zeit mit der CS bezüglich Moçambique in Kontakt stünde und abkläre, «ob die CS-Gruppe in diesem Kontext schweizerische aufsichtsrechtliche Bestimmungen eingehalten hat».

Vielleicht gibt es in Zukunft eine gerunzelte Augenbraue als Bestrafung. Das ist mal wieder der Unterschied zwischen einem KMU-Geschäftsmann und einer Grossbank, die immer «too big to fail» ist, deshalb auch «too big to jail». Deshalb sitzt Bastos in einem Höllenknast in Angola, aber der VR der CS hat zum Jahreswechsel sicher rauschende Feste gefeiert.

Verwaltungsrat in Verantwortung

Der Finanzblog «Inside-Paradeplatz» weist darauf hin, dass bei einem Kredit in dieser Höhe das oberste Risk Committee zuständig – und letztlich der Verwaltungsrat in der Verantwortung ist. Wie konnte er diesen Kredit abnicken, obwohl das mausarme und hochverschuldete Land nicht einmal die daran verknüpften Bedingungen erfüllte?

Der ehemalige Finanzminister und die ehemaligen CS-Mitarbeiter sind sehr motiviert, gegen Strafminderung einen Deal mit der US-Staatsanwaltschaft abzuschliessen. Informationen sind ihre Währung. Ausserdem: Die CS hat diese Kredite nicht in ihren Büchern behalten, sondern an Investoren weiterverkauft – die aktuell auch nicht gerade gut auf die Bank zu sprechen sind.

Ob auch diesmal die Weste des VR-Präsidenten der Credit Suisse, Urs Rohner, blütenweiss sauber bleibt? Auf einen längeren Fragenkatalog verweigerte allerdings die Bank jede spezifische Auskunft.

*Name der Redaktion bekannt.

Stellungnahme der Credit Suisse Group AG:

«Die in diesem Text beschriebenen Transaktionen, die relevanten Genehmigungsverfahren sowie die Rolle des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der Credit Suisse Group AG (CSG) werden falsch dargestellt.

Innerhalb der Credit Suisse sind die Genehmigungsprozesse für verschiedene Arten von Transaktionen klar geregelt. In Übereinstimmung mit diesen Richtlinien wurden diese Transaktionen von den britischen Banktöchtern Credit Suisse International (CSi) und Credit Suisse Securities Europe Limited (CSSEL) durchgeführt und von den zuständigen Mitarbeitern in Grossbritannien genehmigt.»

Der Autor hält an seiner Darstellung fest. (Basler Zeitung)

Mosambik und die Schweiz

Wozu haben wir eigentlich noch Grossbanken, wenn man sie nicht für Vergleiche nutzen kann?

Schweiz, Credit Suisse, Mosambik. Wir haben die Verbindungen kurz skizziert. Kümmern wir uns nun um die Unterschiede. Richtig, die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung hat eine andere Hautfarbe als die Mehrheit in Mosambik. Ausserdem redet man verschiedene Sprachen.

In Mosambik geht es den Menschen mehr so ums Überleben; die korrekte Verwendung einer gendergerechten Sprache ist ihnen eher wurst. Das hingegen ist den Klimaktivisten eher wurst:

Kein Spass, aber auch nicht ernstzunehmen.

Denn sich auf den Mosambik-Skandal zu konzentrieren, das wäre viel zu schweisstreibend und anstrengend. Lieber dümmliche Forderungen aufstellen wie «sofortige Offenlegung aller Finanzflüsse». Orthografische Unsicherheiten zeigen sich auch:

«Das ganze soll mit Hilfe der SNB (schweizer Nationalbank) gesetzlich verankert werden.»

Aber bitte, keine Beckmesserei, wenn es um das grosse Ganze geht. Um den Planeten. Die Welt. Die Zukunft. Einfach um alles, daher um nichts.

Andere Vergleiche wären viel naheliegender

Dabei wäre doch ein ganz anderer Vergleich zwischen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und den beiden (noch) überlebenden Grossbanken naheliegend gewesen. Abgesehen davon, dass man die einstnals stolze CS inzwischen zu einem wahren Schnäppchenpreis kaufen könnte (50’000 Mitarbeiter, rund 175-jährige Geschichte, zu haben für schlappe 21 Milliarden Börsenwert).

So zum Vergleich: Partners Group (1500 Mitarbeiter) bringt an der Börse ein Gewicht von 41 Milliarden auf die Waage. Aber es gibt noch einen viel dramatischeren Vergleich, um das Elend der Grossbanken zu beschreiben. Sie tröten ja heraus, dass es ihnen gelungen sei, endlich mal wieder einen halbwegs anständigen Quartalsgewinn zu machen. Falls der CS nicht ein paar kleine Milliardenfehltritte die Bilanz verhagelt hätten; so bleibt nur ein Pipifaxgewinn von einer Viertelmilliarde im zweiten Quartal.

Die UBS brüstet sich immerhin mit 2 Milliarden. Toll. Toll? Alles ist relativ. Nehmen wir das ganze 2021 als Vergleichsraum. Da spielte die UBS 4,3 Milliarden ein, die CS eine runde Null. Corona, widriges Umfeld, Negativzinsen, Weltwirtschaft, Blabla? Blabla.

Stellen wir mal 43,5 Milliarden dagegen. Gewinn. Mit weniger Mitarbeitern als die Partners Group, nämlich ganzen 950. Von denen sich etwas mehr als 100 um die Anlagestrategie kümmern. Zu durchaus beamtenstaatlichen Gehältern, ohne Millionenboni, Statussymbolen und wichtigem Getue. Denn das alles ist der SNB völlig fremd. Mit ihrem Bilanzvolumen von über einer Billion Franken (das sind 1000 Milliarden, weit mehr als das Schweizer BIP und unvorstellbar viel Geld) hat sie gerade mal wieder 5000 Franken Gewinn erwirtschaftet. Pro Eidgenosse. Die CS mit einem Bilanzvolumen von 806 Milliarden brachte nur eine Nullnummer zustande.

Dagegen könnte die SNB pro Kopf der Schweizer Bevölkerung ein 13. Monatsgehalt auszahlen. Die eigentlich, so sahen es die Gründer der SNB vor, die Besitzerin der Notenbank ist. Daher ist die SNB eine der ganz wenigen an der Börse gehandelten AGs unter den Nationalbanken. Natürlich mit Einschränkungen, aber im Prinzip auch zu kaufen.

Was tun mit den ganzen Gewinnen?

Nun gibt es hier die grosse Debatte, ob der SNB-Chef Thomas Jordan Recht hat, wenn er immer wiederholt: «Finger ab de Röschti.» Denn in weiser Voraussicht haben die Gründer der SNB sie dem Einfluss von Politik, Parlament und Regierung weitgehend entzogen. Sie haben allerdings nicht im Traum daran gedacht, dass der Franken einmal zur Handelsware werden könnte, die in grösseren Mengen hergestellt, immer reissenden Absatz findet.

Notgroschen, Reserve für strube Zeiten, so verteidigt Jordan das auf 250 Milliarden Franken angeschwollene Eigenkapital der SNB. Zum Vergleich: die grosse EZB (Europäische Zentralbank) hat gerade mal 12 Milliarden Euro EK. Denn eine Notenbank braucht das eigentlich nicht. Solange Vertrauen in die Währung vorhanden ist, kann sie Neugeld herstellen, sollte sie es brauchen.

Worüber sich die Klimajungend allerdings auch mal Gedanken machen könnte: Wenn es die SNB schafft, mit rund 100 überschaubar bezahlten Beamten einen Gewinn von 43,5 Milliarden zu machen, alleine im Jahr 2021, was ist dann am Geschäftsmodell einer CS falsch? Dass die den Klimawandel nicht verhindert? Was für ein Quatsch.

Falsch daran ist, dass die CS mit 50’000 mehr als üppig bezahlten Mitarbeitern (in der Teppichetage) von einem Skandal in den nächsten stolpert und kaum Gewinn macht. Abgänge, Neuanfänge, zuerst energisch-tatkräftig dreinschauende Manager, die dann zunehmend elegisch-unbeeindruckt dreinschauen, bis sie früher oder später, letzthin eher früher, mit einer hübschen Abfindung in den Olymp der abgehalfterten Riesenbanker abschwirren.

Begegnen sich auf dem Finanzplatz Schweiz und Mosambik?

Wäre es unfair, daher die SNB und die Credit Suisse wie eine Begegnung von Schweiz und Mosambik zu beschreiben? Ja. Denn die CS produziert bekanntlich gerne rote Zahlen mit weisser Weste, also in den Landesfarben der Schweiz. Die SNB hingegen produziert schwarze Zahlenmeere, was nun zumindest der vorherrschenden Hautfarbe in Mosambik gleicht. Damit wären wir sicher bereits tief im Sumpf der politischen Unkorrektheit.

Immer freundlich lächeln, wenn man wenig versteht.

Solche Zusammenhänge sind zwar offensichtlich, man braucht aber vielleicht etwas mehr Grundkenntnisse als für solches Gehampel:

Ein ganz subversive Idee am Schluss: Mit etwas mehr als 10 Milliarden könnte man die CS kaufen. Da ihr Buchwert höher ist als der Börsenwert, kriegt man das Geld relativ schnell geliehen. Oder schon mit 3 Milliarden hätte man ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und Anspruch auf einen Sitz im Verewaltungsrat.

Sollte es nicht gelingen, die CS auf Kurs zu bringen (und neben bei auch ihre Investitionen in angeblich klimaschädliche Projekte zu stoppen), könnte man die Bank zerschlagen und die Einzelteile mit Gewinn verkaufen. Damit könnte man dann tausende von Quadratkilometern Regenwald retten, halb Afrika mit Schulzimmern ausstatten oder alternative Energiequellen fördern. Wär’ doch was, oder nicht?

Hat auch nix gebracht.

Eine Meldung und ihre Geschichte

Es gibt Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Mosambik und der Schweiz. Ein Bindeglied heisst Credit Suisse.

Die wie immer sehr kompetente Qualitätspresse ist froh, dass es noch die Nachrichtenagentur SDA gibt. Die erspart eigene Bemühungen, dem Leser die Welt verständlicher zu machen.

«CS muss vor Gericht

Der Credit Suisse droht offenbar weiteres juristisches Ungemach. Wie die britische «Financial Times» (FT) am Dienstag schrieb, muss sich die Schweizer Grossbank wegen ihrer Rolle im 2-Milliarden-Dollar-Skandal um sogenannte Thunfischanleihen in Mosambik vor Gericht verantworten.

Der Richter am Londoner High Court, der einer Klage von Gläubigern gegen die Credit Suisse vorsteht, habe im vergangenen Monat einen Termin für eine 13-wöchige Verhandlung im September 2023 festgelegt, so die FT, die sich auf mit der Angelegenheit vertraute Personen bezieht.

Der Fall geht auf das Jahr 2013 zurück und ist ziemlich kompliziert. Im Prinzip geht es um Kredite in Höhe von über 2 Milliarden US-Dollar – unter anderem von der Credit Suisse – an den Staat Mosambik, die ohne Wissen des dortigen Parlaments und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen wurden. (SDA)»

Alles klar, alles verstanden? Eigentlich nicht? Nun, warum sollten sich unsere kompetenten Wirtschaftsjournalisten, Journalistinnen sowie Journalist*Innen* um so einen Pipifax kümmern. Ist doch nur ein Land tief unten in Afrika, das unter freundlicher Beteiligung der Credit Suisse in eine Finanzklemme und dann in den Staatsbankrott geriet. Genauer: mal wieder hatten einige Mitarbeiter interne Kontrollen ausgetrickst und Dinge getan, die die CS natürlich nie tun würde.

Was kümmert eine solche Schweinerei die Klimajugend?

Dabei ist die Sache weder sonderlich kompliziert noch harrte sie der Aufarbeitung. Sie wurde bereits mehrfach in aller Ausführlichkeit untersucht. Es gibt einen von Schweden finanzierten Untersuchungsbericht der Firma Kroll und neuerdings einen von Norwegen bezahlten Studie über die Kostenfolgen dieses Skandals. Schliesslich gibt es Thomas Kesselring, der jahrelang an einer Uni in Mosambik unterrichtete und seit 2016 unermüdlich über diesen Skandal berichtet. Allerdings auf der gerade nicht zum Mainstream gehörenden Plattform «Infosperber».

Unermüdlich: Kesselring auf «Infosperber».

Wer also wollte, könnte mit wenigen Strichen den Umriss einer der grössten Schweinereien zeichnen, die sich in den letzten Jahren in Sachen Korruption und Leiden in Afrika abgespielt haben. Allerdings haben hier linke NGO eine gewisse Beisshemmung, die sonst immer schnell bei der Hand sind, Schweizer Banken an den Pranger zu stellen. So wie vor Kurzem auf dem Paradeplatz Zürich mit einem dümmlichen Happening. Von Mosambik war dabei allerdings nicht die Rede.

Denn hier herrscht seit der Unabhängigkeit von Portugal die ursprünglich linksrevolutionäre Frelimo. Der erste Präsident Samora Machel war noch ein charismatischer Führer; er kam unter ungeklärten Umständen 1986 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Seither ging’s mit Mosambik und der Frelimo steil bergab. Korruption bis in die höchsten Ämter hinein, Misswirtschaft, Staatsversagen, ein weiteres Trauerspiel.

Immer tiefer im Korruptions- und Kreditsumpf

Seit 2013 beschaffte sich Mosambik Kredite in Multimillionenhöhe, über deren Verwendung niemals Rechenschaft abgelegt wurde. Während das Land dem IMF gegenüber behauptete, keine weiteren Gelder geheim geliehen zu haben, kam heraus, dass dennoch über 2 Milliarden Dollar in fragwürdige Projekte per Kredit geflossen waren. Über eine Milliarde davon wurden von der Credit Suisse beschafft, die andere Hälfte von der russischen Bank VTB.

Als das im April 2016 bekannt wurde, sistierten der IMF und weitere Geberländer ihre Zahlungen an Mosambik, es folgte der Staatsbankrott. Die Aufarbeitung dieses Skandals beschäftigt seither die Gerichte in fünf verschiedenen Ländern. Mitarbeiter der CS haben sich in diesem Zusammenhang bereits für schuldig erklärt und wurden abgeurteilt, die Bank selbst bestreitet jegliche Verwicklung oder Verantwortung. Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung.

Der neuste Bericht aus Norwegen zeigt exemplarisch auf, welche Folgekosten eine solche Kreditaufnahme, vorbei am Parlament und an allen Kontrollinstanzen, für ein armes Land haben kann. Kesselring fasst hier die Katastrophe zusammen:

«Bis Ende 2019 ist trotz bisher erfolgter Tilgungs- und Zinszahlungen von 674,2 Millionen Dollar eine Schuld von 2031 Millionen Dollar aufgelaufen. Dieser Betrag liegt höher als die Summe der Ausgaben in Höhe von 2007 Millionen.

Berechnet man die Zinsen bis zum vertraglich vorgesehenen letzten Rückzahlungsdatum im Jahr 2031 mit ein, so wird sich die Gesamtschuld auf 3‘930 Millionen Dollar summieren. Zusammen mit den erfolgten Tilgungszahlungen kommt man auf 4‘619 Millionen Dollar. Das ist mehr als das Doppelte der ursprünglichen Kreditsumme.»

Der norwegische Bericht kommt zum verheerenden Schluss:

«Zählt man die Direktzahlungen infolge der geheimen Kredite, die Kosten für die Bewältigung des Debakels und die verheerenden Auswirkungen auf die Wirtschaft zusammen, so haben die Mosambikaner zwischen 2016 und 2019 über 11 Milliarden US-Dollar oder 403 US-Dollar pro Kopf bezahlt. Weitere 4 Milliarden US-Dollar werden sie für den noch bevorstehenden Schuldendienst leisten müssen.»

Eine Schlussbemerkung in eigener Sache. Als die BaZ noch nicht zum Qualitätsverbund Tamedia gehörte, beziehungsweise als letztes Lebenszeichen der früheren Liberalität und Angriffigkeit, konnte ich noch im Januar 2019 einen Bericht veröffentlichen, der die Bank zur Weissgult brachte. Aber mehr als eine schlappe «Stellungnahme» schaffte sie nicht. Das wäre heute undenkbar. Denn ein solcher Artikel würde erst gar nicht publiziert werden; juristisches Risiko viel zu hoch.

Rabenschwarze Kritik: Brachte die Bank zur Weissglut.