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Weiss auf schwarz

Es darf gelacht werden. Wohin Antirassismus-Wahnsinn führt.

Der Mohrenkopf ist gegessen. Was solche aufwallende Erregung über angeblich ganz fürchterliche Manifestationen von Rassismus immer an sich haben: sie schäumen hoch wie dieses Schaumgebäck, und schluck, weg sind sie.

Höchste Zeit, aus gegebenem Anlass mal wieder an einige Höhepunkte (ich weiss, es gibt ein Meer mehr) solcher Anfälle zu erinnern. Obwohl die rassistische Verwicklung der Schweiz in Sklavenhandel und ideologischer Rechtfertigung dieses schlimmen Tuns noch nicht restlos aufgearbeitet ist. Aber auch da hat der Virus (welcher Rasse gehört der eigentlich an, wenn er maskulin ist, werden dadurch nicht weibliche Viren diskriminiert?) für Entspannung gesorgt. Aber Vorhang auf beim Panoptikum.

Prinzessin Tiana küsst Frosch. Na und?

Wer so reagiert, outet sich schon ganz am Anfang als unreflektierter Rassist. Dieser Disney-Film wurde nicht zuletzt nur mässig als neue Form des Blackfacing beschimpft, weil man vorsichtshalber Oprah Winfrey gebeten hatte, eine kleine Sprechrolle zu übernehmen. Und wenn Oprah damit dem Werk ihren Segen gibt, na gut. Da kann man nur noch hoffen, dass der Frosch kein Rassist ist.

Als Disney dann allerdings mit Pocahontas und Mulan weiter Inklusion und Diversität vorantreiben wollte, wurde der Konzern aber schwer beschimpft. Kulturimperialismus, unerlaubte Aneignung anderer Sitten und Gebräuche, Andersartige immer aus weisser Sicht, furchtbar.

Pfui, pfui, pfui. Dafür sollte sich der Globus heute noch schämen.

Uns fehlen die Worte, aber dieses Verhalten von Globi ist ja leider kein Einzelfall aus dunklen Zeiten:

Auch Asterix war Rassist. Leider.

Denn sonst hätte der Gallier eine solche Darstellung des Ausgucks auf dem Piratenschiff niemals akzeptiert.


Der Weisse am Steuer, der Hund aufmerksam, der Neger grinst.

Auch dieses düstere Struppi-Kapitel der belgischen Kolonialgeschichte ist noch nicht restlos aufgearbeitet.

Wer sieht hier die Anspielungen nicht?

Nichts harmloser (und hirnloser) als die Schlümpfe? Vorsicht, hier werden Kinderseelen ganz subtil rassistisch beschallt. Denn es ist doch offenkundig, wieso die Schlümpfe, mit einer Ausnahme, diese weissen Kappen tragen. Groschen noch nicht gefallen? Ku-Klux-Klan, Himmels willen. Erschwerend kommt noch hinzu: Werden die Schlümpfe krank, färben sie sich immer dunkler. Das ist doch unbestreitbar: damit wird dunkle Hautfarbe als Zeichen von Kranksein missbraucht.

Unerhört: das soll ein japanischer Cyborg sein?

Scarlett Johannson in «Ghost in a Shell». Etwas merkwürdig geschminkt, denkt da vielleicht der rücksichtslose Rassist, denn das sei doch eindeutig «modernes Blackfacing», erregten sich japanische Schauspieler. Blackfacing? Nun, so hiess der absurde Brauch, in «weissen» Clubs oder Bars, in denen in den USA keine Schwarzen auftreten durften, sie mit weissen Darstellern zu substituieren, die einfach schwarz angemalt wurden.

Wäre heute auch nicht mehr möglich: Orson Welles als Othello.

Nun gefiel es William Shakespeare (weiss, Mann), ein unsterbliches Theaterstück über den Mohren von Venedig zu schreiben. Dessen reales Vorbild war nun mal schwarz, also schminkten sich Schauspieler auch schwarz für die Rolle. Darunter auch mein absoluter Liebling Orson Welles, die herausragende Verkörperung der übergrossen Shakespeare-Figuren. Zudem war der Film ja noch schwarzweiss. Nein, mit einem solchen Kalauer käme heute weder er noch ich durch. Deshalb sind wir natürlich entrüstet.

Beschränkt sich diese beschränkte Suche nach Anzeichen von Rassismus nur auf Bilder und Filme? Aber nein. Es gibt einen aktuelle Anlass auf literarischem Gebiet. Also gut, literarisch wäre dann noch die Frage. Auf jeden Fall hat sich in den Niederlanden (und das wird überschwappen), ein Streit entwickelt, wer denn eigentlich dazu legitimiert ist, das Gedicht «The Hill we Climb» zu übersetzen. Für Kulturbanausen: Das trug Amanda Gorman bei der Inaugurationsfeier für Joe Biden vor.

Schwarz, jung, fantastisch gekleidet, klare Aussprache.

Ich würde ja sagen: jeder ist legitimiert, der es im Kopf aushält, sich mit diesem spätpubertären, aufgeblasenen Geraune zu befassen, bei dem man eine ganz grosse Portion Gesinnung drüberstreichen muss, will man es als Lyrik bezeichnen. Aber natürlich – der Leser ahnt es schon – geht die Debatte darum, ob jeder, der dazu qualifiziert ist, übersetzen darf. Auch ein Mann? Ein weisser Mann? Ein schwuler, weisser Mann? Oder ein schwarzer? Nicht besser eine schwarze Frau? Aber bitte nicht zu alt? Und überhaupt, schwarz ist doch nicht gleich schwarz, sollte es nicht jemand mit dem gleichen ethnischen Hintergrund sein? Wieso überhaupt? Na, sonst könnte es doch passieren, dass fürchterliche Dinge wie Kulturimperialismus, Aneignung, lyrisches Blackfacing, neuerliche Diskriminierung passieren könnten.

Aha. Wer dagegen einwendet, dass es keine schwarze oder weisse Mathematik gibt. Nur richtige oder falsche. Keine schwarze oder weisse Küche. Nur gelungene oder missratene. Keine schwarze oder weisse Lyrik. Nur solche, die dem Anspruch Hölderlins genügt: «Was bleibet aber, stiften die Dichter». Und solche wie die von Gorman, die dem nicht genügt: in jeder Hinsicht disqualifiziert. Schämen und ab in den Sensibilisierungskurs.

All das dürfte ich als älterer, weisser, privilegierter, dazu auch noch Bildung diskriminierend ausspielender Mann gar nicht sagen. Wobei ich noch errötend gestehen muss, dass ich zu allem zu heterosexuell bin, mich weder vegan, noch vegetarisch ernähre, ein Auto besitze (Diesel!), und mein E-Chopper reisst es da auch nicht mehr raus.