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Westliche Heuchelei

Nicht nur in der Ukraine werden westliche Werte verteidigt. Angeblich.

In Brüssel zeigen sich die Granden der EU freundlich lächelnd mit einem genauso freundlich lächelnden Mohammed bin Salman. Das ist der Herrscher von Saudiarabien. Eine Diktatur, deren Scheichs dem Wahhabismus anhängen, eine noch fundamentalistischere Spielart des Islams als die Schiiten im Iran ausüben. Die Anhänger  des Wahhabismus nehmen für sich in Anspruch, als Einzige die islamische Religion in authentischer Weise zu vertreten.

Wie sagt ein Abgeordneter der Grünen, was ja auch mal gelobt werden soll, so richtig: «Die Vorstellung, dass europäische Staats- und Regierungschefs lächelnd einem Mann die Hand schütteln, der wohl für die Zerstückelung eines Journalisten verantwortlich ist, ist zutiefst verstörend

Bekanntlich wurde der Oppositionelle Jamal Kashoggi vor sechs Jahren in der saudischen Botschaft in der Türkei getötet und in Einzelteilen entsorgt. Wovon der saudische Herrscher selbstverständlich keine Ahnung hatte.

Die Unterdrückung von Frauen und Oppositionellen ist in Saudiarabien an der Tagesordnung, auch wenn sich der Scheich gegen aussen einen modernen und fortschrittlichen Anstrich geben will, herrscht dort das finstere Mittelalter.

Jede Form von Kritik am Herrscherhaus wird gnadenlos und unnachgiebig verfolgt. So berichtet die Menschenrechtsorganisation Sanad, dass der Künstler Mohammed Al-Hassa zu einer Gefängnisstrafe von 23 Jahren verurteilt wurde. Sein «Verbrechen»: Seine Karikaturen sollen die Führungsclique der Wüstenlandschaft für Menschenrechte beleidigt haben.

Zunächst sei er deswegen zu einer Strafe von sechs Jahren verknackt worden. Nachdem er die beinahe abgesessen hatte, gab’s nochmal einen Nachschlag von 23 Jahren, womit er den grössten Teil seines restlichen Lebens im Knast verbringen dürfte. Obwohl anscheinend kein einziger Beweis für diese Anschuldigung vorgelegt wurde. Seine Karikaturen sollen sich vornehmlich mit der kleinen Wüstendiktatur von Katar befasst haben.

Offenbar ein Freundschaftsdienst der herrschenden Scheichs von Saudiarbien für ihre Kollegen in Katar, mit dem die EU ebenfalls beste Beziehungen unterhält. Denn die einen haben Erdöl, die anderen Erdgas. Und da die EU diese Energieträger aus russischer Produktion gerne boykottieren möchte …

Al-Hassa ist dabei kein Einzelfall. Amnesty International kritisiert, dass die Saudis in den letzten zwei Jahren Dutzende von Personen zu langen Gefängnisstrafen verurteilt hätten, weil sie sich in den sozialen Medien kritisch geäussert hätten.

Kein Wunder, dass sich ausserhalb der EU und abgesehen von den USA und einigen ihrer Verbündeten kein einziges Land der Welt dem absurden Sanktionsregime gegen Russland angeschlossen hat. Ausser der Schweiz.

Denn diesen Ländern nimmt doch niemand ab, dass es in der Ukraine um die Verteidigung westlicher Werte gehe. Sozusagen Kultur und Zivilisation gegen die Barbarei des Iwan.

Sicherlich wäre die Verurteilung des russischen Überfalls viel einhelliger, wenn die EU und die USA nicht gleichzeitig immer wieder unter Beweis stellen würden, dass für sie die Verteidigung von Menschenrechten und Blabla eng verknüpft ist mit wirtschaftlichen Interessen.

«Die Zukunft unserer beiden Regionen ist eng miteinander verbunden», säuselt der EU-Ratspräsident Charles Michel. Er meint damit den sogenannten Golfkooperationsrat. Ihm gehören demokratische Lichtgestalten wie Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrein, Oman, Kuwait und eben Saudiarabien an.

Wenn die Zukunft der EU mit diesen brutalen Diktaturen verbunden sein soll, dann gute Nacht Abendland.