Das Heesters-Phänomen
Die fidelen Tagi-Rentner
Irgendwann wurde es peinlich. Als Johannes Heesters noch mit 80 «Ich werde jede Nacht von Ihnen träumen» trällerte, hörte sich das eher nach Katzenmusik an. Das Problem war, dass Hesters noch weitere 27 Jahre lang leben sollte und mit Frack und Zylinder in jedes Mikro krächzte.
Martin Ebel durfte 150 Mal literarische Sprachanalysen in die laufende Kamera sprechen. Mit der «Kleinen Sprachsprechstunde» wollte der langjährige Kulturchef das «Sprachgefühl pflegen und gegen sprachlichen Egalismus angehen». Damit die Sache nicht zu spannend wird, sollten die Videos ausserdem «ein Bewusstsein wecken für so vieles, was man tagtäglich (…) an subtiler Beeinflussung zugemutet bekommt.»
Jetzt könnte eigentlich Schluss sein. Denn Ebel geht in den wohlverdienten Ruhestand. Oder eben doch nicht. «Martin Ebel», so der Verlag, «wird auch nach seiner Pensionierung in einem reduzierten Pensum weiterhin für Tamedia tätig sein.» Folgen also noch weitere dieser unverzichtbaren Literaturbetrachtungen? «Wir bitten um Verständnis», antwortet die Pressedame, als wäre jemand gestorben, «dass wir keine weiteren Details zu den Anstellungsverhältnissen unserer Mitarbeitenden kommunizieren.»
Res Strehle hört auf
Ebel ist nicht der einzige frischfröhliche Tagi-Pensionär, der anderen Journalisten vor der Sonne steht und das Redaktionsbudget belastet. Res Strehle hatte bis im Oktober ein Autorenfixum, das im «gegenseitigen Einvernehmen beendet» wurde, wie er auf Anfrage schreibt. Auch die anderen Rentner Ruedi Baumann, Miklós Gimes oder Fredy Wettstein hauen arthrosenbefreit in die Tasten und versperren dadurch anderen, jüngeren Journalisten die paar Redaktionsseiten, die noch übrig geblieben sind.
Und auch Ruedi Baumann
Einspruch allerdings bei Ruedi Baumann, dem alten Schlachtross des Lokaljournalismus›. Seine Antwort sagt auch viel über die Nachrückenden und ist so bestechend, dass wir sie in der ganzen Länge lesen wollen: