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Ist das peinlich

Da basteln zwei «Magazin»-Journalisten einen siebenteiligen Podcast. Und keiner nimmt’s zu Kenntnis.

Christof Gertsch und Michael Krogerus hatten ihre Chance, mal Rückgrat zu zeigen. Als die gefeuerte und rachsüchtige Kollegin Anuschka Roshani im «Spiegel» eine Breitseite gegen ihren ehemaligen Chef abfeuerte, den sie vergeblich aus dem Amt zu mobben versucht hatte.

Da behauptete Roshani unter anderem, Finn Canonica habe sie vor versammelter Redaktion verbal übel angegangen. Also auch vor Gertsch und Krogerius, der zudem der Lebensgefährte der Kampffeministin Franziska Schutzbach ist, die keine Gelegenheit auslässt, die brutale, männerdominierte Welt zu kritisieren.

Also hätten die beiden, das Vorhandensein von Rückgrat vorausgesetzt, die einmalige Gelegenheit gehabt, als Zeugen zu bestätigen, was Roshani behauptete – oder ihrem ehemaligen Chef den Rücken zu stärken, der diese Anschuldigungen energisch zurückwies.

Aber eben. Sogar bei der Verleihung des Schweizer Journalistenpreises eierte Gertsch auf eine entsprechende Frage herum. Beide schwiegen verkniffen, als ihnen ZACKBUM die Gelegenheit für ein klärendes Wort bot. Sind das vielleicht feige, opportunistische Wendehälse, die einmal im Lebenetwas Zivilcourage hätten beweisen können.

Getoppt werden sie nur von der schreibenden Schmachtlocke. Denn Daniel Binswanger war auch dabei, sogar eng mit Canonica. Und als inzwischen «Republik»-Chefredaktor hätte er nichts zu befürchten gehabt. Ausser, dass er, wenn das Organ endlich untergeht, sich seinen mögliche Rücksturz zu Tamedia nicht vermasseln möchte. Also schweigt auch er verkniffen.

Die heiden Moralheros Gertsch und Krogerius haben nun in Zusammenarbeit mit der «Süddeutschen Zeitung» einen aufwendigen siebenteilige Podcast über Florence Griffith-Joyner gemacht. Florence who? Das war ein Unterschichtengrirl, das im Rennen Rekorde aufstellte, die bis heute nicht übertroffen wurden, und jung starb. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass sie bei ihren Läufen nachgeholfen hatte, also gedopt war.

Das alles interessiert eigentlich keinen wirklich, und die kühne Idee, damit die Olympischen Spiele  in Paris zu begleiten, war ein Totalflop. Niemand schaut, niemand hört, keinen interessiert’s. Nun legt Tamedia verzweifelt noch mit einem Video nach. Wenn schon niemand die aufgewärmte Story von Flo interessiert, dann interessiert noch weniger, wie Gertsch und Krogerius wichtigtuerisch über ihre Recherche berichten. Umrahmt vom «Chopped Salat», der neusten Verzweiflungstat der Köchin Elif, und der Abhandlung über «Männlichkeit im Alltag».

Zum Video über und mit Gertsch/Krogerius werden nur positive Kommentare zugelassen. Daher sind es ganze sechs, wobei zwei von diesem Dreamteam selbst stammen.

Ist das mal wieder peinlich. Aber dieses «digitale Storytelling» wird von Kerstin Hasse verantwortet. Und sie ist Mitglied der Chefredaktion – und eine Frau.Also unkaputtbar, unbeschadet davon, dass sie den Online-Auftritt des Tagi kaputt macht. Von dieser Tätigkeit lässt sie nur ab, wenn sie sich zum rasend brennenden Thema «nackte Brüste» äussert, so als Feministin, die die Offenlegung des Lohns fordert, selber aber kneift.

Die wenigen verbliebenen Journalisten bei Tamedia sind wirklich nicht zu beneiden. Die meisten schleppen sich zur Frühpensionierung und hoffen, dass sie nicht vorher einer neuen Sparwelle zum Opfer fallen. Denn so Nieten wie Gertsch und Krogerius und viele mehr müssen ja bezahlt sein.

Die Jagd nach? Was für ein präpotenter Titel.

Preisträger erfinden Zitate

Hört das denn nie auf? Diesmal haben Christof Gertsch und Mikael Krogerius knackige Dialoge erfunden – und damit einen Preis geholt.

Die gute Nachricht: Christof Gertsch und Mikael Krogerius haben beim Deutschen Reporterpreis Rang 1 geholt in der Kategorie «Sport». Das den Preis vergebende Reporterforum beschreibt ihren Entscheid so: «In ihrer Geschichte Der Boxer, der keiner sein wollte, erschienen im Magazin des «Tagesanzeiger», zeichnen sie nach, wie sich ein junger Mann Anfang der 90er Jahre an die Weltspitze boxt – und sich letztlich selbst besiegt. Sie brechen mit dem Klischee vom bitterarmen Straßenschläger, der über Leichen geht, sondern zeigen einen sensiblen Mann, der in dieser rauen Männerwelt eigentlich nichts verloren hat, der sich sehnt nach Anerkennung, Glück und der Liebe seines Vaters. Ein Stück, das berührt, das ausgeht vom Boxen, vom Sport, und am Ende bei den ganz großen Fragen landet.»

Die schlechte Nachricht:
Der Dialog am Anfang der Reportage ist erfunden. Die Gespräche in direkter Rede zwischen Mutter und Vater von Boxer Buster Douglas und von Mutter und Sohn Douglas haben vielleicht sinngemäss so stattgefunden. Aber sicher nicht in so geschliffener, klarer Sprache.

«Stimmt es,was man über den Gegner unseres Sohnes sagt?», fragt die Mutter. «Stimmt es, dass er ein Tier ist?»
«Ja», sagt der Vater.
«Ist er …. so wie du?»
«Ja», antwortet der Vater, früher selbst ein gefürchteter Boxer. «Ja, er ist wie ich. Er ist ein Killer.»

Und so weiter und so fort. Stattgefunden habe der Dialog am Neujahrstag 1990. Also vor 30 Jahren. Damals war Gertsch 8 Jahre alt, Krogerius immerhin schon 14.

Gertsch und Krogerius versuchen sich in der Reportage herauszureden: «Die Szenen klingen zwar wie ausgedacht, aber genau so schildern sie sowohl Buster wie auch sein jüngerer Bruder Billy.»

Seite 1 der Reportage mit dem knackigen Dialog.

Doch das geht gar nicht. Direkte Rede bringen Journalisten nur, wenn sie das Gespräch aufgenommen oder mitgeschrieben haben.
Bezeichnend ist, dass der Deutsche Reporterpreis bis 2018 viermal an Claas Relotius ging. Nachträglich versuchte sich das Reporterforum in ellenlangen Erklärungen zu rechtfertigen.
Cigdem Akyol, freie Journalistin, Zürich, schrieb 2019 zum Beispiel entschuldigend: «Es gibt durchaus Geschichten aus dem Ausland, die mich stutzigmachen: Manche Szenen und Dialoge passen einfach zu gut in dieDramaturgie, es wirkt perfekt.»

Umso fragwürdiger ist also der Einstieg in die Reportage.

Da kommt einem die legendäre Reportage von René Pfister in den Sinn. Unter dem Titel «Am Stellpult» hatte er die private Seite des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer als Modelleisenbahner dargestellt. Das durchaus originelle Bild: René Pfister  verglich die Herrschaft über Seehofers Miniaturwelt mit jener über den Freistaat in Beziehung. Später gab der Autor allerdings zu, dass er die Modellbahn im Keller von Seehofers Ferienhaus nie selbst gesehen hatte. Er musste den  Henri-Nannen-Preis in der Kategorie «Reportage» wieder zurück geben.

Was beim Reporterpreis 2020 und den erfundenen Dialogen in der Kategorie «Sport» passiert, ist noch offen. Es ist «eine der ganz grossen Fragen», wie es im Jurybericht unfreiwillig zweideutig heisst.